Ich dachte, das Lager war für geschätzte 6.000 Mann, d.h. ca. eine Legion? Es geht ja viel Platz für die Speicher und das große Prätorium drauf.
Mag sein, dass meine Schätzung zu hoch gegriffen ist. Eine Fläche von 22 Hektar scheint mir für eine einzige Legion aber mächtig groß zu sein. Zum Vergleich: Das Hauptlager von Haltern war "nur" knapp 17 Hektar groß und bestand zu einem beachtlichen Teil aus Bereichen, die weniger militärischen als vielmehr "städtischen" Charakter hatten - mit Handwerksvierteln, Wohngebieten und vorgelagertem Friedhof. Die Magazingebäude und das ungewöhnlich große Praetorium von Anreppen haben zweifellos Platz weggenommen. Gemessen an der Gesamtgröße bleiben sie trotzdem "überschaubar". So bedeckte das Praetorium eine Fläche von 3375 Quadratmetern. Das ist ein Drittel Hektar. Nur geringfügig größer war das größte Magazin mit 56 Metern Breit und 68 Metern Länge. Haltern hatte nur ein Magazin, Anreppen mehrere. Trotzdem blieben dort beachtlich große freie Flächen.
@maelonn:
Mit gut gesichert meinte ich eher eine Sicherung gegenüber feindlich gesinnten Germanen. Hochwasser war in dieser Gegend wohl kaum eine wirkliche Gefahr. Das Lager befand sich am Oberlauf der Lippe, also unweit der Lippequellen. Da wird die Gefahr eines Hochwassers nicht wirklich akut gewesen sein.
Anreppen lag an einem Punkt, an dem die Lippe noch schiffbar war. Die Umgebung des Lagers ist relativ flach. Wenn so ein Flüsschen nur ein bisschen über die Ufer tritt, überschwemmt es weite Flächen. Dass Hochwasser durchaus zum Problem werden konnte, sieht man daran, dass die mäandrierende Lippe einen Teil der Überreste des Lagers weggeschwemmt hat.
Dass Du mit Sicherung die militärischen Verteidigungsanlagen gemeint hast, ist mir klar. Auch für die Planung militärischer Anlagen spielten topografische Faktoren aber eine große Rolle. Zum Beispiel wäre es für einen Angreifer relativ leicht gewesen, die Lippe zu stauen und so das Lager zu fluten oder zumindest die Wälle zu unterspülen. Beispiele dafür sind die Schlacht bei den pontes longi und der Bataveraufstand.
Ich ziehe daraus den Schluss, dass Anreppen in relativ gesichertem Gebiet lag und dass die Römer die direkte militärische Bedrohung für gering gehalten haben. Anderenfalls hätten sie an der Stelle auch sicher kein Lager angelegt, das in erster Linie als Versorgungsbasis gedient zu haben scheint. Mit "Eigenversorgung" sind die gewaltigen Lagerkapazitäten nicht zu erklären - besonders nicht, wenn tatsächlich nur eine Legion in Anreppen stationiert gewesen sein soll. Das Lager befand sich demnach nicht an der "Front" sondern in der "Etappe".
Geographisch gut war das Lager aufgrund seiner tiefen östlichen Lage! Es war eigentlich am tiefsten in Germanien gelegen! Das hat nicht nur mit Nachschubfunktionen zu tun, sondern auch als eine Art Zeichen der Besetzung!
Noch deutlich weiter im Osten befand sich das Lager bei Hedemünden. Dessen strategische Funktion ist aber klarer. Wolters ordnet es der Okkupationsphase unter Drusus zu.
Die meisten Funde in Anreppen sind gerade Funde aus irgendwelchen Abfällen. Das spricht eher für meine These!
Die meisten Funde in JEDEM Lager sind Abfälle. Von einem vergleichsweise schwachen Fundaufkommen hat Wiegels geschrieben. Ich selbst habe die Funde nicht ausgewertet. Dazu wäre ich auch gar nicht qualifiziert. Ich kann ihm nur vertrauen und versuchen, daraus meine Schlüsse zu ziehen. Dass diese Schlüsse nicht zutreffend sein müssen, ist auch klar. Es ist also eine Laienmeinung, wenn ich sage, dass Anreppen eine besondere Funktion gehabt haben muss, die sich klar von anderen Lagern wie Oberaden, Haltern oder auch Hedemünden unterschied.
MfG