Und unter der Rüstung???
Ja, diesen Punkt hatte ich lediglich beim ottonischen Miles des 10. Jh. ganz kurz mit gelistet, ansonsten jedoch verschwiegen :winke: :grübel:
Spätestens ab dem 12. Jh. trug man unter dem Kettenpanzer ein mit Wolle, Werg (Hanf/Flachs) oder später im Orient auch mit Baumwolle gefüttertes gestepptes Untergewand (mehrere cm dick): mhd.
senftenier,
gambeson; altfrz.
gambaison,
gamboison,
hauqueton - im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich die Bezeichnung
Gambeson eingebürgert.
Nachweisbar ist ein solches Gewand unter der Rüstung mit der Ordensregel der Templer (nach 1120), worin die Ausrüstungsteile gelistet sind, welche zur Standardausrüstung eines Ritters gehörten.
Stellt sich natürlich die Frage, warum ein gestepptes Unterwams o.ä. getragen wurde, wenn doch zuvor die einfache Tunika (mit langen Ärmeln und etwa knielang) auch genügte... :grübel:
Mehrere Entwicklungen bzw. neue Erkenntnisse kommen zusammen:
1. Der Kettenpanzer wird verlängert und verstärkt, wodurch einfache Stoffgewebe recht schnell verschleißen bzw. sogar zerstört werden.
Anm. dazu: Wenn in Spielfilmen Gerüstete ein langes Kettenhemd auf der blanken Haut tragen, ist dies ein deutliches Zeichen dafür, daß die Filmemacher - wohlwollend ausgedrückt - nur sehr begrenzt Ahnung von diesen Rüstungen haben. Kettengeflechte reißen bei direkter Auflage die Haut auf und wirken bezüglich der Haare epilierend... :S
2. Noch viel stärker aber ist der Aspekt - und eigentlich auch der viel bedeutendere -, was die Wirkung von Waffen auf einer metallenen Rüstung betrifft: ein Kettenhemd ist natürlich ein vorzüglicher Schnittschutz (selbst gegen sehr scharfe Klingen), aber die Wucht des Schlages dämpfen kann es überhaupt nicht. Dafür ist eine zusätzliche Polsterung notwendig, ansonsten bricht nämlich der Knochen, der unter der Rüstung liegt bzw. werden innere Organe zertrümmert! :S
3. Für die Zeit der Kettenpanzer stellte diese zusätzliche Polsterung zudem auch einen gewissen Schutz gegen Pfeilbeschuß dar, sofern die Fütterung des Gambeson entsprechend dick und gestopft war! Erst durchschlagkräftigere Waffen (wie die Armbrust oder später der englische Langbogen) machten diese zusätzliche Schutzwirkung obsolet...
Analog - und auch zeitgleich nachweisbar - wird unter Kettenhaube und Helm ebenfalls eine gepolsterte Kopfhaube getragen, die sogenannte
batwat :fs:
Daß reine Wuchtwaffen wie bspw. die stumpfen Hiebwaffen ihre verheerende Wirkung entfalteten, konnte natürlich auch eine noch so gepolsterte Rüstung kaum verhindern!
Der Gambeson war im 12. und 13. Jh. gerade geschnitten und hatte entweder eine einfache Röhrensteppung oder eine Kombination aus Röhren- und Rautensteppung.
Im 14. Jh. wurde der Gambeson gemäß der spätmittelalterlichen Mode tailliert.
Zur Verdeutlichung noch zwei Bilder aus dem Reenactment-Bedarf (weil es da nicht so eindeutig ist: der Gambeson hatte grundsätzlich einen Stehkragen!)...