Zunächst einmal - herzlichen Dank Mashenka für Deine Überlegung, die sehr interessant ist. Trotzdem will sie mich nicht so recht überzeugen, aus zwei Gründen.
1.)
Der Babenberger Markgraf Leopold III., genannt der Heilige (vor seiner Heiligsprechung der Fromme) spielte bei den Habsburgern eine wichtige politische Rolle als "Familienheiliger", angeblicher Vorfahre etc., aber er passt nicht wirklich zu den anderen Figuren, denn immerhin scheint das Programm des Spanischen Saals eine Darstellung der Tiroler Landesfürsten zu sein.
Markgraf Leopold III. von Österreich war aber sicher kein Landesfürst von oder in Tirol. (Übrigens war er auch nicht Herzog von Österreich, noch Herzog von Steiermark, die Erhebung der Markgrafschaft Österreich zum Herzogtum war unter seinem Sohn Heinrich, das Herzogtum Steiermark kam durch einen Erbvertrag erst unter seinem Enkel Leopold V. an die Babenberger.)
Was die Zahl III. betrifft, würde ich ihr außerdem nicht zu viel Bedeutung zumessen, denn sowohl im Maximilian-Grabmal in der Innsbrucker Hofkirche (16. Jh., auch der Spanische Saal stammt aus dem 16. Jh.) und in der "Babenberger-Galerie" in Stift Melk (17./18. Jh.) findet sich eine Statue bzw. ein Bild von Markgraf Leopold, wo er Leopold IV. ist.
2.)
Bei einem Rundgang durch den Saal hatte ich den Eindruck, dass die Bilder in einer Reihenfolge sind, die, abgesehen von ein paar Kleinigkeiten, insgesamt eine sinnvolle chronologische Reihung ergibt, in der dieser Markgraf Leopold nicht wirklich hineinpasst.
1.) Die Reihe wird von Albertus I. eröffnet, der mit Graf Albert III. von Tirol (gest. um 1253) ident sein dürfte.
2.) Dann folgt Mainhardus Senior, die Erbtochter von Albert III. war mit Meinhard I. von Görz verheiratet.
3.) Der Nächste ist dann Gebhardus. Eine andere Tochter von Albert III. war mit einem Grafen von Hirschberg verheiratet, der ebenfalls einige Besitzungen von ihrem Vater in Tirol erbte. Den Namen dieses Grafen habe ich nicht gefunden, aber in Internet findet sich jedenfalls die Information, dass sein Sohn Gebhard IV. Graf von Hirschberg diese Besitzungen um 1284 später an Meinhard II. von (Görz-)Tirol verkauft hat.
4.) Mainhardus Junior: Meinhard I. hatte die Söhne Meinhard (als Graf von Tirol Meinhard II. und als Graf von Görz Meinhard IV.). Um 1271 kam es zwischen ihm und seinen Bruder Albert zu einer Teilung, wobei er u. a. Tirol und Albert Görz erhielt.
Meinhard II. hatte mindestens 4 Söhne: Albert, Otto, Ludwig und Heinrich, die gemeinsam herrschen. Heinrich (der als Heinrich VI. auch Herzog von Kärnten ist) versuchte, "legitimiert" durch seine 1. Ehe mit einer Tante von König Wenzel III., dessen Nachfolge anzutreten, konnte sich aber gegenüber den Luxemburgern nicht durchsetzen. Er überlebte seine Brüder und war zuletzt alleiniger Herrscher.
Auf den folgenden Bildern finden sich nun:
5.) Albertus II.
6.) Otho
7.) Ludovicus I.
8.) Henricus
9.) Nächster ist Leopoldus, also der Leopold, auf den sich meine Frage bezieht und der erste von insgesamt drei Herren mit diesem Namen.
Dann folgen:
10.) Johannes
11.) Ludovicus II. Boius
12.) Mainhardus III.
13.) Margarita Maultaschia (die einzige Dame in dieser Bildreihe): dass es sich bei ihr um Margarete Maultasch, die Tochter des Grafen Heinrich von Tirol handelt, dürfte eindeutig sein.
Margarete Maultasch war in 1. Ehe mit Johann Heinrich von Luxemburg (dem Bruder von König / Kaiser Karl IV.) verheiratet, dann in 2. Ehe mit Ludwig dem Brandenburger (dem ältesten Sohn von König / Kaiser Ludwig IV. dem Bayern). Aus dieser 2. Ehe lebte ein einziges Kind etwas länger: ein Sohn, der als Meinhard III. seinem Vater nachfolgte. Nach seinem Tod fiel Tirol an Margarete zurück und kam durch diese an die Habsburger, wobei die entscheidende Rolle dem Habsburger Rudolf dem Stifter, mit dessen Schwester Meinhard III. verheiratet war, zufällt. (Dass bereits sein Vater einiges an "Vorarbeit" geleistet hatte, wird gewöhnlich übersehen.)
Bisher ergibt sich also eine recht eindeutige chronologische Reihenfolge der Bilder, in die einzig der "erste" Leopoldus nicht zu identifizieren ist.
Neben Margarete Maultasch befindet sich:
14.) Rudolphus IV.
15.) Albertus III.
16.) Leopoldus III. Probus, also ein 2. Leopold
Die Grafschaft Tirol kommt durch Rudolf den Stifter, als Herzog von Österreich gewöhnlich Rudolf IV. an die Habsburger.
Dessen Brüder sind Albrecht III. und Leopold III., die im Vertrag von Neuberg an der Mürz eine Teilung der Erblande beschließen, wodurch sich zwei Familienzweige bilden: eine albrechtinische (oder auch albertinische) Linie und eine leopoldinische Linie. Bei der Teilung geht die Grafschaft Tirol zusammen mit dem Herzogtum Steiermark und weiteren Besitzungen an die Leopoldinische Linie (fällt also an Leopold III. und somit an seine Kinder und Enkel).
Bei dieser Teilung wird allerdings auch vereinbart, dass alle männlichen Familienmitglieder aus beiden Linien jeweils alle Titel führen, außerdem gibt es noch eine ganze Reihe von Regelungen, mit denen offensichtlich versucht wird, eine weitere Aufteilung der sogenannten Erblande an andere Familien außer eigene zu verhindern.
Dass alle männlichen Familienmitglieder aus beiden Linien jeweils alle Titel führen, könnte eine Erklärung dafür sein, dass im Spanischen Saal auch einige Habsburger dargestellt sind, die wir wohl heute kaum als Landesfürsten von Tirol einstufen würden.
Albertus III. ist eindeutig als Herzog Albrecht III. von Österreich (Bruder von Rudolf dem Stifter) zu identifizieren, aufgrund dessen, dass er mit einem Zopf um den Hals dargestellt ist. Er hat nämlich den Beinamen Albrecht mit dem Zopfe.
Warum aber sollte nun Leopoldus III. Probus nicht Leopold III. (1351 - 1386) der Bruder von Rudolf IV. und Albrecht III. sein? Bisher ergab sich bei den Bildern eine Reihenfolge, die chronologisch durchaus Sinn machte. Dass die drei Brüder aufeinander folgen, passt doch ausgezeichnet dazu.
Herzog Leopold III. von Österreich (1351 - 1386) hatte mindestens vier Söhne: Wilhelm (bei den Habsburgern ein eher seltener Name), Leopold IV. (1371-1411), Ernst den Eisernen und Friedrich IV. ("Friedel mit der leeren Tasche").
Es folgen nun auf den Bildern:
17.) Wilhelmus II. Avlicus
18.) Leopoldus Junior Ambitiosus, der dritte Leopold
19.) Ernestus I. Ferrens
Auf Leopold III. (1351 - 1386) folgen somit ein Wilhelm, ein Leopold der Jüngere und ein Ernst der Eiserne. Am Naheliegendste ist da doch, dass es sich dabei um drei seiner Söhne handelt, und dass sich Leopold (1371-1411) zwischen zwei seiner Brüder befindet, wirkt auch stimmig. Hinzu kommt noch, dass zumindest Leopold IV. für Jahre und Ernst der Eiserne wenigstens für einige Zeit tatsächlich als Tiroler Landesfürsten waren. Wilhelm war ältestes Mitglied der Familie nach dem Tod von Albrecht III. (mit dem Zopfe).
In der Folge haben wir noch:
20.) Albertus .... Caesar II. (das Foto, das ich bei der Besichtigung von Schloss Ambras gemacht ist, ist unten leider abgeschnitten, so dass mir ein Wort fehlt), aber eine Identifizierung mit König Albrecht II. (1397-1439) dürfte doch recht plausibel sein.
21.) Fridericus V. Senior [Herzog Friedrich IV.]
22.) Fridericus VI. Junior Pacificvs Caesar IV. [Friedrich III.]
23.) Sigismundus Opvlentvs [Sigmund der Münzreiche]
24.) Maximilianvs I. Caesar [Maximilian I.]
25.) Carolus V. [dieses Foto ist leider auch unten abgeschnitten, aber mich würde nicht wundern, wenn da auch Caesar gestanden hat] [Karl V.]
26.) Ferdinandvs I. Caesar [Ferdinand I.]
21.) Ferdinandvs II. Archidux Austria [Erzherzog Ferdinand II. von Tirol, in dessen Auftrag dieser Spanischen Saal errichtet wurde]
Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass die Reihenfolge der Bilder im Spanischen Saal eindeutig chronologisch ist. In diesem Fall würde das aber bedeuten, dass der erste Leopoldus im zeitlichen Umfeld von Heinrich oder seiner Tochter Margarete Maultasch zu finden sein müsste. Insofern würde ein früh verstorbener Bruder oder Halbbruder von Margarete durchaus Sinn machen.
Außerdem ist mir bei dieser Auflistung jetzt noch etwas anderes aufgefallen:
- Mainhardus Senior und Mainhardus Junior sind also Vater und Sohn.
- Leopoldus Junior Ambitiosus ist, wenn ich das richtig aufgelöst habe, der Sohn von Leopoldus III. Probus.
- Fridericus V. Senior ist zwar nicht der Vater, aber immerhin der Onkel von Fridericus VI. Junior, und war auch dessen Vormund.
Die Bezeichnung Junior wird hier also nur dazu verwendet, um einen Sohn von seinem gleichnamigen Vater zu unterscheiden.