Die Norddeutsche Tiefebene ist ein ziemlich umfangreiches Gebiet.
Aufgrund der hohen Dichte gerade von Schuhen bei den Lederfundlagen, ist davon auszugehen, daß Schuhe von vielen getragen wurden, ohne verallgemeinern zu wollen.
Primär beziehe ich mich mal auf die Fundlage von Haithabu
(GROENMAN-VAN WAATERINGE, Willy: „Die Lederfunde von Haithabu.“; Berichte über die Ausgrabungen von Haithabu Bericht 21, Karl Wachholtz Verlag, Neumünster 1984 ISBN 3 529 1921 6), die dem von Dir anvisierten Zeitraum - in der mir vorliegenden Literatur - nahekommt..
Demnach liegt die Verteilung der Funde bei 23% Kinder-, 27% Frauen- und 50% Männerschuhen, also sind alle Altersklassen eingeschlossen, sodaß man tatsächlich von einem Allgemeingut sprechen kann (mit der Ausnahme von Kleinkindern).
Aufgrund der Vergleichsfunde gesamt Nordeuropas, einschließlich Novgorods und Staraja Lagodas, kann man feststellen, daß sich die Schuhmodelle ähneln, und lediglich in marginalen Punkten voneinander abweichen (zumindestens ab dem 8. Jahrhundert n.Chr.).
Bis auf wenige Ausnahmen gelten folgende Charakteristika für die Schuhmode des frühmittelalterlichen Nordeuropas:
"1. Ausschließlicher Gebrauch von pflanzlichen Gerbstoffen
2. Neben Schuhen, die aus einem Stück gefertigt wurden, kommen zugleich solche vor, bei denen Sohle und Oberlder aus zwei oder mehreren Stücken zusammen-gesetzt sind
3. Sohle und Oberleder sind in Wendearbeit aneinander befestigt
4. Die Sohlenform verjüngt sich geradlinig auf die Ferse zu
5. Das Fersenende der Sohle läuft spitz zu und biegt sich nach oben um
6. Die Schuhspitzen können offen und schnabelförmig sein, der Rist trägt zuweilen kleinen Laschen
7. Verzierungen kommen in der Form von Kerblinien, reliefierten Motiven und Woll-stickereien vor; auf dem Vorderfuß liegen Ziernähte
8. Breite Randversäuberungen kommen in zwei Typen vor
9. Knöchelverschnürungen überwiegen
10. Die langen Senkel sind aus kurzen Lederstücken zusammengestellt; es gibt Weber- und Schlaufenknoten."
(
GROENMAN-VAN WAATERINGE, Willy:ebd., S. 59)
Zur Verdeutlichung hier eine Darstellung typischer Modelle (Bild 1).
Was die erwähnte Ausnahme betrifft, ist mir lediglich ein Modell bekannt, welches komplett - also Sohle und Oberleder - aus einem Stück besteht (Bild 2, 3, 4).
Gepilgert insgesamt ca. 250 km, hauptsächlich über Asphalt bei wechselhafter Wetterlage.
Möglicherweise sind die Schuhe auf den VA´s nicht einer extremen Belastung hinsichtlich der Sohlenabnutzung ausgesetzt, aber dennoch wird das Leder durch die entsprechende Witterung strapaziert. Ich gebe zu bedenken, hierbei handelt es sich nicht um modernes Schuhwerk, mit moderner Herstellungstechnik und -materialien.
Bei entsprechender Nutzung ist der hohe Schuhverschleiß von Wendegenähten des Mittelalters durchaus nachvollziehbar.
Ich hoffe dir ein wenig geholfen zu haben.
(Bildnachweise:
Bild 1:
GROENMAN-VAN WAATERINGE, Willy: ebd., Abb. 39, S. 60
Bild 2, 3, 4: WESTER, Stephan: „Praktische Alltagsgegenstände des Hochmittelalters.“; 2. Auflage, Verlag Barbarossa, Zülpich 2001 ISBN 3-935274-00-9, Abb. 74 - 78, S. 42f)