Außerdem lernen wir heute viel mehr die Handhabe zur Wissensaneignung zu nutzen. Antizipieren, Assoziieren, logisch Denken, usw...
Da bin ich mir leider nicht so sicher.
Es mag zwar heute durchaus eine Intention der (höheren) Schule sein, dies zu vermittlen, in der Praxis jedoch wollen Schüler lernen,
dass etwas so ist, interessieren sich aber kaum dafür,
warum es so ist. Sie werden von Seiten der Schule auch nicht von dieser rein konsumierenden Haltung weg geführt. Der aktuelle Stoff wird kaum hinterfragt, Diskussionen dazu finden nicht statt (Außer, es steht in Deutsch zufällig gerade "Diskutieren und Argumentieren" auf dem Lehrplan)
Übrigens hat die berüchtigte erste PISA-Studie genau
dies bewiesen: Nicht, dass unsere Schüler zuwenig gewusst hätten, sondern dass ihnen die Problemlösungstechniken und die Transferfähigkeiten fehlen. (In den regionalen Folgestudien, in denen die einzelnen Bundesländer versuchten, ihre Gesicht zu retten, stand dann wieder das reine Fachwissen im Vordergrund, die Metafertigkeiten wurden wohlweislich wieder ignoriert.)
Ob das früher tatsächlich besser war, vermag ich mangels früher Geburt nicht zu sagen, es kann aber kaum schlechter gewesen sein.
Ich denke, der Unterschied zwischen damals und heute von Seiten der Schule ist folgender:
Die gymnasiale Schulbildung - und auf die möchte ich mich jetzt mal beschränken - hat nicht etwa zur Aufgabe, den Schüler für einen Beruf direkt zu qualifizieren, wie viele heutzutage fäschlich annhemen. Das Abitur heißt offiziell "allgemeine Hochschulreife" und genau das soll es intentional auch sein.
Die ganzen 9 Jahre Gymnasium sollen einen nur für eine einzige Sache vorbereiten: Ein Studium egal welcher Fachrichtung. Dazu muss der Schüler genau die Techniken erlernt haben, die Anselm erwähnt hat. Früher stand am Gymnasium dieses Ziel auch noch im Vordergrund, was äußerlich auch daran erkennbar war, dass die "Herren Professores" im Talar unterrichteten. (Die Feuerzangenbowle lässt grüßen) Ob sie es in der Praxis tatsächlich schafften, ihre Schüler zu diesem Metalernen zu befähigen vermag ich, wie erwähnt, nicht zu sagen, aber wenigstens akzeptierte man das ganz offensichtlich als seine Aufgabe.
Diese seine ureigenste Aufgabe hat das Gymansium heute leider weitgehend vergessen. Es sieht seine Existenzberechtigung nur noch darin, dass man hier halt mehr lernt als in der RS oder der HS.
Die Aufarbeitung des Stoffes, die notwendige Hinterfragung, die Verknüpfung - all das findet im Rahmen der Unterichtsvorbereitung
vom Lehrer statt, mit dem Ziel, den Stoff so aufzubereiten, dass er vom Schüler leichter resorbiert werden kann. Dies resultiert natürlich in einem forcierten Lerntempo, entmündigt aber eigentlich den Schüler, weil ihm viele oder gar die meisten der Denkschritte abgenommen werden, die eigentlich zum wirklichen Verstehen des Stoffes notwendig sind.
Überspitzt könnte man sagen, je besser ein Unterricht vorbereitet ist, um so weniger vermag er dem Schüler das Lernen beizubringen.
Damit mag es nun zwar tatsächlich durchaus so sein (und ist sicherlich tatsächlich auch so), dass man heute am Schimpansium rein quantitativ
mehr lernt als fürher. Ob man aber tatsächlich
anspruchsvoller lernt, sei dahingestellt. Die Eingangsfrage ist diesbezüglich auch ambivalent und lässt beide Interpretationen zu.