Unter seiner Regentschaft ereignete sich auch eine überaus blutige Christenverfolgung in Gallien, wobei der heilige Polykarpus in Lyon lebendig verbrannt wurde. Die Inflation seiner Regentschaft läßt sich recht eindeutig am abnehmenden Edelmetallgehalt der Münzen ablesen. In seinen Verteidigungskriegen konnte er nicht allzu wählerisch sein, zeitweilig schien das Gesetz des Handelns fast ganz bei den Germanen und Jazyken zu liegen. Das Reich wurde von schweren Krisen heimgesucht, die Kostoboken plünderten Eleusis, die Mauren plünderten Andalusien, die Marcomannen zerstörten Opitergium und belagerten Aquilea. Dazu wurden gut 10 % der Reichsbevölkerung von der Antoninischen Pest dezimiert.
Commodus hat durchaus eine umfassende klassische Bildung erhalten, eher hat da Marc Aurel wohl des Guten ein bißchen zu viel getan. Immerhin hat er aber bei sich selbst die aufgeklärte Atmosphäre des Hofs Hadrians und Antoninus kennengelernt. Es ist sicher die Frage berechtigt, ob es ein Verschulden Marc Aurels war, die Entwicklung seines Sohnes nicht abzuwarten und ihn zum Thronfolger zu ernennen. Marc Aurel hat die glänzendsten Erwartungen auf seinen Sohn projeziert, die groteskesten Allüren Commodus brauchte er glücklicherweise nicht mehr mitzuerleben.
Die Persönlichkeit, die sich aus der Lektüre der Selbstbetrachtungen erschließen läßt, war mit Sicherheit keine pflegeleichte, und ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich nach der ersten Lektüre etwas enttäuscht war, da Marc Aurel so gar nichts über seine Feldzüge, seine politischen Probleme, die historischen Entscheidungen schreibt, weil er so gar nicht auf der Linie einer römisch- senatorischen Historiographie eines Tacitus liegt. Spiele hat er gehasst, er legte sich viel darauf zugute kein parmularius oder scutarius, kein Blauer oder Grüner zu sein, während sein Lehrer Fronto noch Trajan für seine politische Klugheit rühmte, da die Getreideversorgung und Unterhaltungsindustrie eine wichtige Rolle spielte. Neben Tiberius war er der einzige Caesar, der es wagte, Gladiatoren- und Circusspiele einzuschränken. Er war auch gesundheitlich früh aufgebraucht, und zuweilen scheint er sich in einem Fatalismus ergeben zu haben.
Doch sind die Selbstbetrachtungen eine überaus interessante psychologische Studie, und es spricht durchaus für Marc Aurel, dass er sich ermahnt, nicht dem Zynismus und der Menschenverachtung zu verfallen, dass er sich überhaupt keine Illusionen darüber macht, dass man um ihn trauern werde, sondern sich vielleicht eher freut, wenn der Alte abtritt. Es sind die Selbstbetrachtungen ein eindrucksvolles Zeugnis einer Herrscherpersönlichkeit, so gar nicht im Stil der Res Gestae Divi Augusti, und Marc Aurels Ermahnungen an die Mächtigen der Welt sind durchaus zeitlos, und sie haben auf die "Fürstenspiegel" seit der Renaissance großen Einfluß gehabt.
Es ist, meiner Meinung durchaus nicht abwegig, zu behaupten, dass die Selbstbetrachtungen zum Besten gehören, was die Antike hervorgebracht hat, und daher auch sinnvoll, das Ende Marc Aurels als deutliche Zäsur zu sehen, wie es Edúard Gibbon in seinem Meisterwerk getan hat.