Sind TV-Dokumentationen historisch korrekt?

AmicusCertus

Neues Mitglied
Guten Abend,

ich wollte mal fragen, ob Dokumentationen generell historisch korrekt und von Experten/Historikern auf Korrektheit überprüft werden?

Ich besuche ein Abendgymnasium und gucke für den Geschichtsunterricht Dokumentationen. Wie verlässlich sind Dokus? Sollte man Informationen aus Dokus für historisch korrekt halten und die darin enthaltenen Informationen in bspw. Klausuren wiedergeben?

Danke im voraus
 
ich wollte mal fragen, ob Dokumentationen generell historisch korrekt und von Experten/Historikern auf Korrektheit überprüft werden?

Ich besuche ein Abendgymnasium und gucke für den Geschichtsunterricht Dokumentationen. Wie verlässlich sind Dokus? Sollte man Informationen aus Dokus für historisch korrekt halten und die darin enthaltenen Informationen in bspw. Klausuren wiedergeben?

Wie verlässlich eine Doku ist, hängt zunächst einmal von der einzelnen Doku ab. Also ein Pauschalurteil ist sicher nicht angemessen.

Jedoch ist natürlich - je kürzer die Darstellung - desto weniger Zeit für präzise Darstellungen.
Vor einigen Jahren lief mal eine Doku über das Nibelungenlied, wo als Experte fast ausschließlich der Germanist Joachim Heinzle zu Wort kam. Dieser hat sich in seinen Büchern dezidiert gegen die ältere Behauptung ausgesprochen, dass im Nibelungenlied an die Varusschlacht erinnert würde. In der Doku, in welcher er als Experte auftrat, wurde aber vom Sprecher aus dem Off genau diese These als Fakt verbreitet. Heinzle, der in der Doku als Germanist (Mediävist) und nicht etwa als Altertumshistoriker auftrat, hat sich in dieser Doku zu dieser Thematik nicht geäußert (aber hatte damals aktuell ein Buch zum Nibelungenlied herausgebracht, in dem er diese These ablehnend streifte).

Der Prof., der meine Examensarbeit abnahm, hat bei der ZDF-Serie Die Deutschen mitgewirkt. Er erzählte, dass er für die Wortbeiträge in diese Serie nur wenige Minuten hatte und diese dann noch auf max. 90 Sekunden Redezeit gekürzt wurden (in 45 Minuten).

Und natürlich wird immer gerne inszeniert. Großartige Funde in archäologischen Ausgrabungen werden zufälligerweise immer dann gemacht, wenn gerade die Kamera von Terra X (früher auch Sphinx, Sphinx und Terra X waren früher meist archäologisch orientierte Histotainmentsendungen auf dem ZDF, Sphinx gibt es ja nicht mehr und Terra X hat seinen Themenkreis erweitert) draufhielt. Inszenierung ist nicht schlimm, solange sie der Information dient. Es gab in diesen Sendungen aber auch immer mal wieder richtiggehenden Humbug, von Wünschelrutengängern bis hin zu inszenierten Funden (also nicht der Fund wurde inszeniert, sondern es wurde ein Fund inszeniert - ist das verständlich?) oder unangemessenen Mystifizierungen. Und das wurde fürs ÖRTV produziert, für das ich sonst jederseits eine Lanze brechen würde. Was auf ntv oder welt läuft, ist i.d.R. noch mal ne Spur reißerischer.

Häufig werden in solchen Dokus Faktoide ungeprüft wiederholt.

Also... ich habe jetzt natürlich nur Negativbespeispiele gebracht. Liegt daran, dass ich mich darüber geärgert habe und sie mir daher im Gedächtnis geblieben sind. Sollte also nicht per se auf alle Dokus übertragen werden. Generell solltest du davon ausgehen, dass die Dokus des ÖRTV (trotz meines Geschimpfes auf Sphinx und Terra X) denen aus dem Privvatfernsehen vorzuziehen sind. Was Dokumentationen auf den einschlägigen Videoplattformen im Internet angeht: Die sind so vielffältig, dass von gut bis schlecht alles dabei ist. Zitationsfähig sind sie i.d.R. nicht. Es sei denn, du kannst den Abschnitt in der Klausur sekundengenau benennen.
 
Noch mal zum vorherigen Beitrag, weil ich glaube, dass ich mich unklar ausgedrückt habe. Ich unterscheide in eine
legitime und eine illegitime Fundinszenierung.

Legitime Fundinszenierung: Für die Kamera wird ein in den Tagen oder Wochen zuvor gemachter Fund nachinszeniert. Also Bsp. habe ich da den Ende der Neunziger gemachten Fund einer gut erhaltenen Frauenstatue in einer ZDF-Doku vor Augen. (Thema? Irgendwas mit römischer Antike)

Illegitime Fundinszenierung:
Etwas wird zum Fund erklärt, obwohl es öffentlich sichtlich ist und schon immer bekannt war. Hier habe ich eine ZDF-Doku vor Augen, die auch Ende der Neunziger entstanden sein muss, über die Templer in Spanien.
Kameraeinstellung: Spanien, eine Burg und ein Dorf, in den staubigen Boden wird der Spaten angesetzt und man stößt tatsächlich auf einen Geheimgang.
Kameraeinstellung wechselt, der "Geheimgang" wird aus dem Inneren gezeigt, man sieht von unten, wie er oben geöffnet wird, die Kamera streift dabei über eine Art Kellertüren mit Vorhängeschlössern. Der Schacht mag tatsächlich mittelalterlich gewesen sein, aber er war nicht unbekannt. Über einen anderen Zugang haben die Dorfbewohner ihn als Keller benutzt, der Fund ist inszeniert.
 
Kommt darauf an.

Wenn ich es für irgendeine Sache brauche, als Quelle verwenden möchte/muss, dann wäre es schon erforderlich/nützlich wenn man nachrecherchiert.
Und beim nachrecherchieren glaubt man es manches Mal nicht auf was man da mitunter für interessant Dinge stößt, aber auch Widersprüche.

Bei so vielen „historischen Dokus/Filmen gilt ja was Aristoteles mal sagte:

„Die künstlerische Darstellung der Geschichte ist wissenschaftlich und ernsthafter als die exakte Geschichtsschreibung. Die Dichtkunst nämlich geht auf den Kern und Wesen, während der exakte Bericht nur Einzelheiten aneinanderreiht.“

Die Betonung liegt auf „künstlerische Darstellung“ und nicht auf „Action“. Die Unterschiede merkt man ja in der Regel in der Art und Weise wie der Film/die Doku läuft.

Dieses Zitat habe ich entnommen:
Lion Feuchtwanger: „Die Füchse im Weinberg“, erschienen in der Reihe „Bibliothek der Weltliteratur“ (BDW), Aufbau-Verlag Berlin und Weimar, 1972.
 
ich wollte mal fragen, ob Dokumentationen generell historisch korrekt und von Experten/Historikern auf Korrektheit überprüft werden?

Neben den bereits genannten Dingen würde ich sagen, dass ein gennerelles Problem bei Fernseh-Dokumentationen sehr oft darin besteht, dass sie erwiesene Tatsachen häufig nicht sauber von mal mehr mal weniger begründeten Einschätzungen trennen und häufig auch keine Diskurse, wie sie tatsächlich stattfinden wiedergeben, bzw. lediglich eine Lesart innerhalb eines Diskurses wiedergeben ohne Gegenpositionen vorzustellen und auch ihnen den entsprechenden Raum zu geben.

Überprüft, was das Gesamtprodukt angeht, wird da i.d.R. gar nichts, sonst würde schon aus diesem Umstand heraus fast alles krachend durchfallen.
Auch wenn einzelne Historiker zu Wort kommen, ist das, wie @El Quijote schon schrieb sehr häufig verkürzt dargestellt/ zurechtgeschnitten, damit es zur Inszenierung und zeitlich in das Drehbuch passt.


Ich will damit nicht sagen, dass sich aus Dokumentationen nichts lernen ließe.
Ich für meinen Teil habe z.B. aus der Doku-Reihe "Vom Reich zur Republik" einiges über die Weimarer Zeit lernen können, weil ich mal hinter den Namen einiger Persönlichkeiten hinterherrecherchiert habe, die in der Reihe eher als Randfiguren auftauchen.
Für so etwas, als Stichwortgeber für eigene Recherche und zur Weckung des eigenen Interesses sind Dokumenationen, oder Dokumentarspiele, wenn sie ordentlich und nicht einfach nur reißerisch gemacht sind, durchaus ganz gut.
Es empfielt sich allerdings nicht Darstellungen von Personen und zusammenhängen einfach zu übernehmen und davon auszugehen, dass das schon irgendwie den Tatsachen entsprechen würde, weil man es sonst nicht im Fernsehen zeigte.
Die Realität ist dann meist doch um einiges komplizierter und wie gesagt, leisten Dokumentationen vor allem die Darstellung der Grenze zwischen gesicherten Tatsachen und mal besser, mal schlechter belegten Meinungen innerhalb eines Diskurses und damit die Trennung von Tatsachen und Vermutungen nicht.
 
Wie verlässlich sind Dokus? Sollte man Informationen aus Dokus für historisch korrekt halten und die darin enthaltenen Informationen in bspw. Klausuren wiedergeben?
Bereits aus der Machart des Dok’films kann man ableiten, was die Motivation für die Herstellung war: das Vermitteln von Information oder schlichte Unterhaltung, um dazwischen Werbung zeigen zu können. Ein sicheres Anzeichen für geringen wissenschaftlichen Anspruch ist z.B. das weit verbreitete Retardieren einer Kernaussage; die Zuschauer werden hingehalten, um möglichst viele Werbeblöcke anzugucken. (Die von El Quijote bereits erwähnte Sendung Terra X oder Galileo{Pro7} wären solche Beispiele). Diese Sendungen können ja das Interesse für ein Thema erwecken, sind aber ansonsten nicht viel wert (und würden als Referenz sehr seltsam wirken).
 
Gut, bei Terra X gibt es meines Wissens keine Werbeunterbrechungen und auf dem ZDF wird in den Abendstunden ja auch keine Werbung mehr ausgestrahlt. (Im Analogfernsehen Ausstrahlung i.d.R. 19:30 - 20:15, da findet also allenfalls vor der Sendung Wwerbung statt.) Aber in der Tat, es wird gerne retardiert (oder um es positiv zu deuten: der Spannungsbogen aufrecht erhalten).
 
Am Ende steht in der Regel die Unterhaltung im Vordergrund. Das führt oft dazu, dass besonders steile Thesen eine gute Chance haben ins Fernsehen zu kommen. Eine Überprüfung ist für den aufmerksamen Zuschauer auch sehr leicht ohne jede Vorkenntnisse möglich. Viele Dokumenationen haben ein schlechtes Drehbuch und sind voller Widersprüche. Da werden schlampige Spielszenen und Schnipsel aus Experteninterviews irgendwie aneinandergereiht, während eine Erzählerstimme aus dem Off zwamgshaft versucht einen roten Faden zu präsentieren, den dasausgewählte Material gar nicht hergibt. Wenn man genau zuhört, erkennt man, dass die Argumentation nicht schlüssig ist.

Als Faustformel gilt: Je ferner die Vergangenheit desto schlimmer wird es.
Dokumentationen zu Themen aus dem 20. Jahrhundert erlauben sich nicht die gleichen Fehlgriffe, die beim Thema Vor- und Frühgeschichte zum Standard gehören.
Es gibt eine jahrzehntelange Traditionen ganz besonderen Querdenkern viel Raum im Fernsehen anzubieten. Sie dürfen ihre kreativen Einfälle zur alternativen Vorgeschichte unwidersprochen in die Kamera erzählen. Der frühste und bekannteste Vertreter ist Erich von Däniken, der bereits 1970 seinen Paläoaustronautik-Unsinn im deutschen Fernsehen präsentieren konnte. Andere erfolgreiche Vertreter dieser Indiana-Jones-Fraktion sind Thor Heyerdahl und Jared Diamond. Von der Fachwissenschaft weitgehend ignoriert, bekamen sie in der Glotze endlich eine Bühne.
Beim Thema Nazis bleibt die Fernsehredaktion lieber beim Thema Klatsch und Tratsch (Hitlers Frauen usw.) und holt keine Ufologen vor die Kamera. Zum Glück!
 
Gut, bei Terra X gibt es meines Wissens keine Werbeunterbrechungen und auf dem ZDF wird in den Abendstunden ja auch keine Werbung mehr ausgestrahlt.
Schaue selten Dokumentarfilme wie Terra X, glaube aber, auch schon Folgen gesehen zu haben, die eindeutig US-Produktionen waren, samt den wiederholten (Cliffhanger-)Fragen nach der Kernaussage, worauf jeweils (dem ursprünglichen Konzept nach) ein Werbeblock geschaltet wird.

Inwieweit das ZDF seine Terra X-Sendungen selber produziert, weiß ich nicht. Es dürften aber einige Fremdproduktionen dabei sein. Für 2018 bspw. hieß es beim ZDF zu den Dokumentarfilmen generell: »Rund 600 Filme wurden angekauft und die besagten rund 100 eigenen Dokumentationen umgesetzt.«(@ medienkorrespondenz.de)
 
Bei so vielen „historischen Dokus/Filmen gilt ja was Aristoteles mal sagte:

„Die künstlerische Darstellung der Geschichte ist wissenschaftlich und ernsthafter als die exakte Geschichtsschreibung. Die Dichtkunst nämlich geht auf den Kern und Wesen, während der exakte Bericht nur Einzelheiten aneinanderreiht.“

Da wird das, was Aristoteles gemeint hat, aber ziemlich umgebogen. Die exakte Geschichtsschreibung teilt Fakten ("was wirklich geschehen ist") mit, die Dichtkunst produziert Fiktion ("was geschehen könnte"). Im Zusammenhang (und in anderer Übersetzung) lautet die Stelle:

Aus dem Gesagten ergibt sich auch, daß es nicht Aufgabe des Dichters ist mitzuteilen, was wirklich geschehen ist, sondern vielmehr, was geschehen könnte, d. h. das nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit Mögliche. Denn der Geschichtsschreiber und der Dichter unterscheiden sich nicht dadurch voneinander, daß sich der eine in Versen und der andere in Prosa mitteilt - man könnte ja auch das Werk Herodots in Verse kleiden, und es wäre in Versen um nichts weniger ein Geschichtswerk als ohne Verse -; sie unterscheiden sich vielmehr dadurch, daß der eine das wirklich Geschehene mitteilt, der andere, was geschehen könnte. Daher ist Dichtung etwas Philosophischeres und Ernsthafteres als Geschichtsschreibung; denn die Dichtung teilt mehr das Allgemeine, die Geschichtsschreibung hingegen das Besondere mit.

Aristoteles: Von der Dichtkunst (1)

Hier noch eine andere Übersetzung samt griechischem Originaltext:
Aristotelous Peri Poiētikēs = Aristoteles über die Dichtkunst : Griechische und Deutsch und mit sacherklärenden Anmerkungen : Aristotle : Free Download, Borrow, and Streaming : Internet Archive
 
Zuletzt bearbeitet:
Was mir gerade bei aktuelleren Dokumentationen nicht selten noch am historisch korrektesten zu sein scheint, sind Szenen die bspw. aufzeigen, dass zeitgenössische Forscher (gehäuft im Archäologie-Genre auftretend) in der Lage sind einen Flieger benutzen, von der Schiffsreeling in Blauwalblas zu blicken, oder mit dem Kaffeehumpen in der Hand ihren Jeep über holpriges Gelände in den Sonnenaufgang zu steuern um von A nach B zu kommen.
Ganz besonders herrlich empfinde ich auch Türszenen (vor/an/in/bei Hochschulen, Museen, Forschungscamps oder im Irgendwo) mit unsäglichen Begrüßungsfloskeln wie: "Was ein Glück, dass ich sie antreffe! Ich hätte da eine Frage zu..."
Beim Zusammenaddieren solcherart gestellten Mumpitzes ballt sich in mancher Doku mitunter ziemlich erkleckliche Sendezeit. Für mich zuallermeist ein mehr als verdächtiges Indiz für vorrangig auf Einschaltquoten ausgerichtete Skripte. Das vorgegebene Thema vertiefende inhaltliche Gesichtspunkte fallen arg hinten runter, wohingegen sich meines Empfindens dem Zeitgeist der Selfie-Mentalität folgend Gesichter einbrennen...
 
Was mir gerade bei aktuelleren Dokumentationen nicht selten noch am historisch korrektesten zu sein scheint, sind Szenen die bspw. aufzeigen, dass zeitgenössische Forscher (gehäuft im Archäologie-Genre auftretend) in der Lage sind einen Flieger benutzen, von der Schiffsreeling in Blauwalblas zu blicken, oder mit dem Kaffeehumpen in der Hand ihren Jeep über holpriges Gelände in den Sonnenaufgang zu steuern um von A nach B zu kommen.
Der neue Großmeister dieser Art der Selbstinszenierung ist Christopher Clark. Bei ihm wird selbst ein banaler Ausflug in die deutsche Provinz zur großen Expedition. Sein klischeehafter Kleidungsstil erinnert mich häufig an Prof. Henry Jones aus "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug". Man muss sich schon selbst ein bisschen liebhaben, um bei diesem Zirkus mitzuspielen.
 
Ganz besonders herrlich empfinde ich auch Türszenen (vor/an/in/bei Hochschulen, Museen, Forschungscamps oder im Irgendwo) mit unsäglichen Begrüßungsfloskeln wie: "Was ein Glück, dass ich sie antreffe! Ich hätte da eine Frage zu..."
Beim Zusammenaddieren solcherart gestellten Mumpitzes ballt sich in mancher Doku mitunter ziemlich erkleckliche Sendezeit. Für mich zuallermeist ein mehr als verdächtiges Indiz für vorrangig auf Einschaltquoten ausgerichtete Skripte. Das vorgegebene Thema vertiefende inhaltliche Gesichtspunkte fallen arg hinten runter, wohingegen sich meines Empfindens dem Zeitgeist der Selfie-Mentalität folgend Gesichter einbrennen...

In (vorwiegend US-amerikanischen) populärwissenschaftlichen Büchern ist es Usus, dass Wissenschaftler, deren Theorien erörtert werden, dem Leser erst mal persönlich vorgestellt werden. Der Autor erzählt also gern mal vom ersten Treffen (Prof. Soundso im gestreiften Pulli, Mittwoch früh vor dem Eingang zur Unibibliothek), dann kommt eine kleine Anekdote, dann erst geht es inhaltlich zur Sache.
Mag sein, dass bei manchen Dokus diese Tradition noch mitschwingt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Einen mich ansprechenden Anhaltspunkt für eine gewisse inhaltliche Verlässlichkeit einer historischen TV-Dokumentation sehe ich darin, wenn in dieser unterschiedliche Interpretationsansätze oder im Raum stehende Fragen bezüglich eines vergangenen Ereignisses oder eines Zusammenhangs aufgegriffen werden. Selbst dann, wenn durch die gewählte Gegenüberstellung nur ein Ausschnitt des aktuellen Forschungsstandes wiedergeben werden sollte, schon allein deshalb, weil es dazu animieren kann, mich andernorts schlauer machen zu wollen.
 
Noch mal zum vorherigen Beitrag, weil ich glaube, dass ich mich unklar ausgedrückt habe. Ich unterscheide in eine
legitime und eine illegitime Fundinszenierung.
Das ist nicht so leicht zu unterscheiden. Ich habe mal bei einer Doku in einigen wenigen Szenen mitgespielt. In einer wurde eine Archivalie gezeigt, die ich zwar im Rahmen meiner Forschungen eingesehen hatte, die aber schon seit sehr langer Zeit bekannt ist und in der einschlägigen Literatur zitiert wird.
Das Archiv sieht so aus, wie kleinere Archive halt oft so aussehen, graue Aktenschränke, Neonröhren an der Decke.
Das Filmteam hat für die "Archivszene" eine historische Räumlichkeit mit mächtigem uraltem Holzgebälk ausgewählt und eigens mit ein paar Möbeln und schummrigen Lampen ausstaffiert, da habe ich mich dann in die "Lektüre" der Archivalie vertieft. Die immerhin war echt, alles andere inszeniert, fernab der Realität.
 
Das ist nicht so leicht zu unterscheiden. Ich habe mal bei einer Doku in einigen wenigen Szenen mitgespielt. In einer wurde eine Archivalie gezeigt, die ich zwar im Rahmen meiner Forschungen eingesehen hatte, die aber schon seit sehr langer Zeit bekannt ist und in der einschlägigen Literatur zitiert wird.
Das Archiv sieht so aus, wie kleinere Archive halt oft so aussehen, graue Aktenschränke, Neonröhren an der Decke.
Das Filmteam hat für die "Archivszene" eine historische Räumlichkeit mit mächtigem uraltem Holzgebälk ausgewählt und eigens mit ein paar Möbeln und schummrigen Lampen ausstaffiert, da habe ich mich dann in die "Lektüre" der Archivalie vertieft. Die immerhin war echt, alles andere inszeniert, fernab der Realität.
So sehen nicht nur kleinere Archive aus, auch Landes- und Bundesarchive sehen so aus. Eine uriges Ambiente zu schaffen, indem ein in deutscher Kurrent verfasstes Dokument nicht vor dem Stahlschrank, sondern vor einem dem Dokument zeitgemäßerem Mobiliar präsentiert wird, halte ich für gerade noch licit, wenn es dem Zuschauer erleichtert, sich in die Epoche einzufühlen.
 
So sehen nicht nur kleinere Archive aus, auch Landes- und Bundesarchive sehen so aus.
Da sitzt man als Nutzer kaum zwischen den Aktenschränken, sondern in einem Lesesaal mit etlichen Tischen.
Aber natürlich auch nicht unter historischem Gebälk im Schummerlicht, sondern eher unter Neonröhren.
 
So sehen nicht nur kleinere Archive aus, auch Landes- und Bundesarchive sehen so aus. Eine uriges Ambiente zu schaffen, indem ein in deutscher Kurrent verfasstes Dokument nicht vor dem Stahlschrank, sondern vor einem dem Dokument zeitgemäßerem Mobiliar präsentiert wird, halte ich für gerade noch licit, wenn es dem Zuschauer erleichtert, sich in die Epoche einzufühlen.

Die Frage ist, ob Sepiola in dieser Szene den tatsächlichen Ablauf seiner Forschung zum Verständnis für den Zuschauer nachstellt oder ob er als Schauspieler die Szene in einer Umgebung nach Drehbuch spielt. Das ist dann auch eine Frage der Glaubwürdigkeit der Sendung. Ich weiß nicht, wie sehr man sich in dieser Sendung an die Fakten hielt oder Spannendes und Interessantes dazudichtete. Dass man den Ort seiner Forschung ändert und fernsehgerechter gestaltet, ist für mich schon ein Schritt in Richtung Fiktion/Indiana Jones.
 
...wie könnte es anders sein: Festungen... ;)
An den Titel der zweiteiligen Dokureihe erinnere ich mich nicht mehr, es ging um die Geschichte des Festungsbaus, welche nur sehr oberflächlich angedeutet wurde; das meiste Bild- und Filmmaterial zeigte Abschnitte der Maginotlinie. Das kuriose an dieser Doku: alle Nase lang wurde mit zitternder Stimme, bibbernder Lippe und erhobenem Zeigefinger darauf hingewiesen, wie gräßlich und inhuman Waffen, Kriege, Festungen, Militär etc sind. ...evtl. bin ich zu hartherzig oder zu naiv, aber bei einem militärgeschichtlichen Thema denke ich nicht an Lichterketten...
 
Zurück
Oben