Ich möchte mal einen Gedanken (ohne Anspruch auf Wissenschaftlichkeit) in die Diskussion werfen, der mich umtreibt :
1. Der hauptsächlich Unterschied zwischen Homo Sapiens und Homo Erectus besteht in der Ausbildung des präfrontalen Cortex' (Vorderhirn). Dieser ist beim Erectus weniger ausgeprägt, was sich äußerlich in seiner flacheren Stirn zeigt.
2. In der Pubertät findet bei einem/r Jugendlichen nicht nur die sexuelle Reifung statt, sondern, was wahrscheinlich viel mehr Einfluss auf sein/ihr Verhalten hat, ist die Neuorganisation des Vorderhirns. Es bilden sich in diesem Zeitraum alle diejenigen Eigenschaften aus, die beim Pubertierenden gerade wg. der momentanen "Baustelle" besonders schwach ausgeprägt sind : Sozialverhalten, Selbstbeherrschung, vorausschauendes Handeln. Diese Eigenschaften sind auch für unser "Menschsein" wesentlich.
Man sagt ja, dass bei der Entwicklung eines Embryos alle Phasen der Evolution durchlaufen werden. Oben (#7) habe ich geschrieben, dass der Mensch als Frühgeburt - mit einem noch sehr unfertigen Gehirn - zur Welt kommt. Wie wäre es, wenn diese Entwickung der embryonalen/ evolutionären Menschwerdung erst mit der Pubertät ihren Abschluss fände ?
Wäre also die Gehirnentwicklung des vorpubertären Homo Sapiens mit der des erwachsenen Homo Erectus vergleichbar ? Ist das, was uns von diesem unterscheidet das - während der Pubertät - stärker entwickelte Vorderhirn ?
Vielleicht sollte die Eingangsfrage besser heißen : Sind wir alle vor der Pubertät Homo Erectus ?
Als philosophischer, spekulativer Ansatz gefällt mir das ganz gut. Nicht so sehr wegen der Vorderhirngrößenentwicklung, sondern eher als Bild für die immer schneller folgenden Entwicklungsschübe.
Mal angenommen, beim Erectus wäre die Pubertät nicht so stürmisch verlaufen, wie sie das bei uns oftmals tut, hätten die dieses automatische Korrektiv nicht gehabt, als das ich die Pubertät gern bezeichne.
D.h. alles was die Eltern und Vorfahren wußten und als Kulturtechniken kannten, wurde kritiklos von den Kindern übernommen.
Auf heute übertragen, würde das bedeuten, alter Lehrbuchinhalt würde in Endlosschleifen wiederholt.
Ganz so innovationsresistent und unflexibel sehe ich den Erectus zwar nicht, das Bild könnte man aber diskutieren.
Je weiter zurück also noch keine Artschranke bestanden haben sollte, desto wahrscheinlicher ist diese Hypothese. Im Umkehrschluss könnte man aber auch postulieren: Je größer der Formenreichtum des heutigen oder des in historischer Zeit und mit den entsprechenden Fähigkeiten belegten Menschen ist, desto weiter zurück muss diese Artschranke liegen.
Die Schimpansen, die mit uns am nächsten verwandten Menschenaffen haben 24 Chromosomenpaare, wir nur 23. Irgendwann muß es eine Mutation gegeben haben, bei der die Informationen von 2 Chromosomen auf eins verdichtet wurden. Bisher habe ich nicht gefunden, wann das war.
Wenn Chromosomensätze zahlenmäßig nicht zusammenpassen, kann nach meiner Kenntnis keinesfalls eine erfolgreiche Fortpflanzung stattfinden, ab diesem Zeitpunkt bestand auf jeden Fall eine Artgrenze.
Das könnte jedoch schon gaaanz früh in Afrika passiert sein und danach war Vermischung theoretisch immer möglich, praktisch ist sie nur vorgekommen, wenn sich verschiedene Gruppen begegnet sind und das hing natürlich von der Besiedlungsdichte, Regionslage und weiteren Faktoren ab.
So rein theoretisch gefällt mir deshalb dein Ansatz.:winke:
Ich habe noch was gefunden zum Zusammenhang zwischen Aufrechtem Gang und Hirnkapazität von Homo X :
(In dem Artikel
Sport und Hirnentwicklung: Nichts als Bewegung im Kopf - Spektrum.de) geht es eigentlich um Sport, aber - könnte es nicht auch so sein, dass unser Hirnvolumen deshalb so stark gewachsen ist, damit wir den aufrechten Gang überhaupt hinbekommen ?
Du argumentierst meist mit der Hardware, Klaus. Sind ein paar Prozent mehr Hirnkapazität, Vorderhirngewichtung oder Fältelung wirklich so entscheidend. Kommt es nicht vielmehr auf die Software/Nutzung an. Die Unterschiede bei der Gehirngröße schwanken doch auch bei heute lebenden Menschen beträchtlich. Frauen haben idR weniger Volumen. Warum soll das bei Erectus anders gewesen sein. Der Durchschnittstrend ist allmählich gestiegen, wobei der Neandertaler im Schnitt der gefundenen Schädel noch mehr Volumen gehabt haben soll.
Aufrecht bewegt hat sich Erectus doch in jedem Fall, wie alle Hominiden, das ist doch eins der Klassifizierungsmerkmale. Oder meinst du, das durch den aufrechten Gang das Gehirnwachstum zunahm. Da hatten wir doch schon die proteinreichere Ernährung, die komplexen sozialen Beziehungen, die Sichtanforderungen bei Abständen und und und