Sigismund hatte ich vorgeschlagen. Ein nicht zu dickes Buch über die Zeit wäre Wilhelm Baum, Kaiser Sigismund. Den Hintergrund der Zeit solltest Du schon soweit zur Kenntnis nehmen. Zumal da sicher auch einige Anregungen drin stecken. Auch bei den Habsburgern war da einiges los. Auch dazu solltest Du ein Bisschen lesen, wenn Du in einer etwas abgewandelten Steiermark startest. Zum Haus Habsburg gibt es unzählige Bücher. Vielleicht eher etwas zum Land selbst? Alois Niederstätter, Das Jahrhundert der Mitte. An der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. 1400-1522, 2. Auflage, Wien 2004. (Gehört zu der von Herwig Wolfram herausgegebenen Österreichischen Geschichte.)
Und auch Dieter Kühn, Ich Wolkenstein solltest Du lesen. Wolkenstein war ja lange ein armer wandernder Ritter.
Der Vorteil von Wilhelm Baums Sigismund-Biographie und Kühns Wolkenstein-Biographie sind, dass sie auch im öffentlichen Handel leicht zu kriegen sind (von Baum sind auch viele Aufsätze im Internet abrufbar) und beide Autoren über wissenschaftliche Know-How verfügen und sich mit ihren Themen wirklich ausgiebig befasst haben.
Uneingeschränkt kann ich sie aber trotzdem nicht empfehlen, denn beiden gelingt es eindeutig nicht eine kritische Distanz zu ihren "Helden" Sigismund und Oswald zu wahren, beide sind von ihren (on ihnen als vital und charismatisch gezeichneten) Hauptfiguren fasziniert, was ich noch nachvollziehen kann. Hier hat es aber leider zur Folge hat, dass den beiden selbst ihre Fehler, Untaten und Schattenseiten schön geredet werden.
So ist für Baum z. B. vollkommen verständlich (und auch in Ordnung), dass Sigismund einen Jan Hus und dessen Konflikt doch gar nicht verstehen konnte. Weiter kommt hinzu, dass Baums "positives" Sigismund-Bild auf Kosten der gezielten Abwertung anderer Figuren, vor allem seiner Gegenspieler aufgebaut ist. Das mag zur Zeit in der Wissenschaft der Trend sein, aber ich kann mir nicht helfen, für mich waren und sind noch immer jene Autoren überzeugender und zuverlässiger, die dieses Prinzip der Aufwertung bzw. Abwertung nicht einsetzen, wohl nicht notwendig haben, sondern mir dafür Erklärungen bieten, die auch dann noch stimmig sind, wenn ich sie unter einem ganz anderen Kontext aufgreife.)
Wenn Oswald z. B. eine Fehde nutzt, um Bauern zu berauben (selbst wenn das noch zu einem Zeitpunkt seines Lebens der Fall ist, als er gar kein armer Ritter mehr war), ist deutlich zu spüren, wie sehr Kühn von diesem "Kerl" beeindruckt ist, die Bauern, die eigentlich die Leittragenden sind blendet er aus.
Das soll nicht heißen, dass ich vom Lesen solcher wissenschaftlicher Bücher abrate, ganz im Gegenteil, gerade ihr Unterhaltungswert macht sie zu einer angenehmen Lektüre, gerade Kühn liest sich wirklich sehr spannend, hat sicher nicht zufällig starke Ähnlichkeiten mit einem Roman. Aber eine kritische Hinterfragung schadet nicht.
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Wenn Du in der Steiermark bleiben willst, könnte Dir vielleicht das Leben von Andreas Baumkircher einige Anregungen liefern. Hier zeigt sich recht gut, welche Möglichkeiten eine militärische Karriere für einen Aufsteiger bzw. Angehörigen des niedrigen Adels bot, aber auch die Risiken. Zwar gibt es zu ihm keine bekannte Biographie, aber vermutlich könnten Dir Anfragen an die Stadtmuseen in Graz und Wiener Neustadt weiterhelfen.
Sigismund war seit 1433 Kaiser (seit 1410 König), wenn du also tatsächlich in der Zeit des Kaisers Sigismund mit Deiner Geschichte beginnen willst und in der Steiermark bleiben willst, würde sich vielleicht folgender Konflikt anbieten:
Über das Herzogtum Steiermark (zusammen mit dem Herzogtümern Kärnten und Krain) herrschte seit ca. 1436 Herzog Friedrich V. von Österreich (bekannter als König bzw. Kaiser Friedrich III., das war er aber erst seit 1440 bzw. 1452.) Seine Residenzen waren vor allem Graz und besonders Wiener Neustadt, das damals zum Herzogtum Steiermark gehörte.
Was die tatsächliche Ausdehnung dieser Herzogtümer betrifft, würde ich unbedingt eine Landkarte des 15. Jahrhunderts zurate ziehen, da diese Herzogtümer in ihrer Ausdehnung keineswegs mit den heutigen gleichnamigen Bundesländern ident sind.
Die Nachbarländer von Steiermark-Kärnten-Krain (mit deren Herrschern es immer wieder Konflikte und nach 1440 auch Kriege gab) waren das Herzogtum Österreich (Teile der heutigen Bundesländer Ober- und Niederösterreich) und das Königreich Ungarn, die Republik Venedig und das Herzogtum Mailand sowie das Erzbistum Salzburg, zuzüglich weiterer italienischer Stadtherren und Herrschaften auf dem Balkan.
1436, während Friedrich III. auf Pilgerfahrt nach Jerusalem war, nützte Kaiser Sigismund seine Abwesenheit, um die Grafen Friedrich und Ulrich II. von Cilli zu Reichsgrafen zu erheben.
Diese Erhebung wurde von Herzog Friedrich V. nicht anerkannt, und das hatte dann eine Fehde zur Folge, die erst 1443 mit einem Vertrag beendet wurde, bei dem Friedrich V. (nun mehr Friedrich III.) diese Erhebung zu Reichsgrafen anerkannte (dies geschah allerdings in einer Form, die ihm erlaubte, sein Gesicht zu wahren) und als Gegenleistung dafür mit ihnen eine Erbvertrag schloss. (Was damals noch nicht vorhersehbar war, die Erhebung in den Reichsgrafenstand und der Erbvertrag zahlten sich nach dem Tod des Grafen Ulrich II. (1456) für Friedrich III. und seine Nachkommen aus.
Die Herkunft und tatsächliche Bedeutung der Grafen von Cilli bzw. ihr wirklicher Status als Adelige ist nach derzeitigen Forschungsstand als relativ ungeklärt einzustufen. Information zu den Grafen von Cilli findet sich bei Franz Theuer:
Der Raub der Stephanskrone. Der Kampf der Luxemburger, Habsburger, Jagiellonen, Cillier und Hunyaden um die Vorherrschaft im pannonischen Raum, 1994. Allerdings ist das Buch nicht gerade einfache Lektüre, da umfangreich, durchaus auf neueren Forschungsergebnissen aufbauend, sehr ausführlich, aber leider auch ziemlich kopflastig und mit Fakten zum Teil auch überfrachtet, aber zurzeit das einzige mir bekannte deutschsprachige Buch, wo es eine ausführliche Beschreibung der Grafen von Cilli gibt.
Die Grafen von Cilli waren wiederum mit den Grafen von Görz verwandt, eine Familie deren Besitz im heutigen Osttirol (um Lienz), im heutigen Kärnten und im Friaul liegt und deren Mitglieder oft miteinander Konflikte hatten. (Information zu ihnen: Wilhelm Baum: Die Grafen von Görz, 2000)
Das wäre vielleicht ein Umfeld, wo Dein Held in der Steiermark oder wohl eher im heutigen Kärnten und Slowenien "Aufgaben" finden könnte.
Abklären würde ich aber in jedem Fall, inwieweit Du willst, dass Dein Held mit historischen Personen überhaupt zu tun bekommt.
Beispiel: In der Stadt X., die im Gebiet der Grafen von Cilli liegt, hat Herzog Friedrich V. einen neuen Vogt eingesetzt, um den Grafen von Cilli zu demonstrieren, dass er noch immer der Landesherr ist. Der Graf wiederum, der das als Reichsgraf anders sieht, lässt den Vogt verjagen, um dem Herzog zu demonstrieren, dass er in dieser Stadt der Herrscher ist. Dabei wird die Gegend verwüstet und die Stadt geplündert.
Es macht doch einen Unterschied, ob der Held und seine Gruppe im Dienst des Grafen Ulrich von Cilli oder des Herzogs Friedrich V. irgendwo die Gegend verwüsten bzw. die Stadt X plündern oder ob der fiktive Ritter, Bürger oder Kaufmann XY diese Zustände ausnützt, um gegen einen langjährigen Konkurrenten XZ vorzugehen und z. B. dessen Haus besetzen oder plündern lässt, weswegen XZ z. B. Deinen Helden beauftragen könnten, dass sie XYs Leuten die Beute wieder abnehmen.