Lieber Gast,
das Problem mit dem Volk ist, dass es leider nicht weiß, was es will, aber dafür um so genauer, was es nicht will. In diesem Sinne ist es schwierig davon zu sprechen, ob das Volk republikanisch, demokratisch oder monarchistisch gesinnt war.
Das Problem mit der SPD-Führung war, wie so oft, dass sie ebenfalls nicht genau wußte, was sie wollte. Im November 1918 hätte sie sich mit einer konstitutionellen Monarchie zufrieden gegeben. Aber die Revolution fegte den Kaiser davon (was übrigens auch im Offizierskorps und beim Bürgertum begrüßt wurde - sicher nicht von allen, jedoch in nennenswertem Umfang), damit befand man sich plötzlich in einer heiklen Situation, wo die bisherige Strategie der Reform versagte. Der Streit innerhalb der SPD vor und während des Krieges ging ja auch darum, ob man den revolutionären Umsturz (USPD) oder die Transformation des Bestehenden (MSPD) anstreben sollte.
Im November 1918 stand man dann plötzlich vor einem Scherbenhaufen und mußte nun aus der Not heraus neue Strukturen bilden, die die drängendsten Probleme lösten oder zumindest verwalteten.
Bezeichnend ist, dass Beamte und Heer die Reformen, wenn nicht mittrugen, so doch nicht behinderten. Alle hofften auf den Großen Wurf, der die Weimarer Verfassung eben nicht war, weil man einerseits versuchte, zuviele Interessen zu vereinbaren und niemandem weh zu tun, und andererseits keine Vision hatte, wohin es gehen sollte bzw. die Tücken, die in die Verfassung eingebaut waren (Notverordnungen, Regierung nicht dem Parlament verantwortlich etc.), nicht durchschaute.
Was 1918/19 bei allen Parteien und Fraktionen fehlte, war die Führungspersönlichkeit, die den Weg weisen konnte, wie es Masaryk in der CSR oder Piłsudski in Polen war. Ebert war ein Parteifunktionär, aber eben kein Staatsmann. Die Führungspersönlichkeit hoffte man in Hindenburg gefunden zu haben, wurde aber abermals enttäuscht, schließlich bekam man Hitler, und was daraus wurde, wissen wir ...