Die Römer hatten im Prinzip keine wirkliche Ahnung über ihre Geschichte. Erst mit Quintus Fabius Pictor, kurz vor 200, beginnt die römische Geschichtsschreibung. Porcius Cato schrieb knapp 50 Jahre später und Livius schriebt gut 450 Jahre nach dem Zwölftafelgesetz. Wir müssen so ziemlich alles vor 300 mit Vorsicht genießen. Das heißt nicht, daß alles erfunden ist. ich hab es hier schon öfter geschrieben, das beste Beispiel ist die tafel 3, wo man "in Stücke schneiden soll". Schon die Römer der späten Republik verstanden diesen Satz nicht mehr und glaubten, daß man dieses Gesetz entweder nicht anwendete oder nur selten. Sie hatten überhaupt nicht die Idee dies mit dem aes rude in Verbindung zu setzen. Dies mußte man zerschneiden. Warum sollte, wenn man den Schuldner zerschnitt auch jemand straffrei bleiben, wenn er zuviel abschnitt? "Ich gab ihm 1000 As und bekomme nur 90% vom Bein und mein Nachbar gab 900 As und erhält noch ein Stück mehr vom anderen?" Natürlich nicht. man konnte das zu schneidende Stück Kupfer nicht vorher abwiegen. Schnitt man vom brocken etwas zuviel oder zu wenig, sollte der Schneidende nicht dafür gescholten werden.Die Livius-Stellen kenne ich. In ihnen steht, was ich zusammengefasst hatte.
Das weiß ich. So besagt es zumindest die Überlieferung.
Ich kenne die Argumentationslinie, die das Auftreten von Amtsträgern in der frühen Republik, die Geschlechtern angehörten, die später als plebejisch bekannt waren, damit erklärt, dass diese Geschlechter eben ursprünglich patrizisch gewesen seien. Diese Argumentation wird schließlich auch beim ersten Konsul Lucius Iunius Brutus angewandt. Allerdings sind mir aus historisch gesicherter Zeit zwar mehrere Fälle bekannt, in denen Plebejer zu Patriziern aufstiegen, aber keine, in denen patrizische Geschlechter degradiert wurden. Mir scheint das daher ein eher schwacher Versuch zu sein, die (vermutlich ohnehin unhistorischen) frühen Konsulatslisten zu retten. Plausibler ist für mich, dass die frühen Konsuln (welchen Titel auch immer sie real getragen haben mögen) unhistorisch sind, oder aber dass die Patrizier erst einige Zeit nach der Etablierung der Republik ihren exklusiven Ämterzugang durchsetzen konnten.
Die Argumentation, dass die "Plebejer" im ersten Decemvirat damals eben noch Patrizier gewesen seien, die Plebejer im zweiten Decemvirat hingegen tatsächlich Plebejer, finde ich etwas gezwungen. Gerade bei den Genucii ist das höchst widersprüchlich, denn zwar wird, wie Du schon angemerkt hast, für 451 ein Konsul Genucius erwähnt, aber für die Jahre 476 und 473 werden Genucii als Volkstribunen erwähnt, für das Jahr 401 ein Curiatius.
(Ich weiß natürlich, dass die Historizität all dieser Angaben höchst fraglich ist und dass wir nicht wissen, ob es damals überhaupt schon Volkstribunen gab, aber das gilt für die überlieferten frühen Konsuln ebenso.)
Das heißt also, die Geschichte mit Konsuln und Volkstribunen, der Auszug der plebs und eben auch das ZTG als Ergebnis des Ständekampfes sind so wie in der römischen Geschichtsschreibung dargestellt nicht immer richtig.
Aber gerade das ist es ja was ich schreibe. Im ZTG findet man keinen sozial-politischen Sprengstoff, weder eine Geißelung des Proletariats durch die adsidui, noch eine restriktive Gesetzgebung zugunsten der Plebejer. Wenn du nun schreibst, es gab Plebejer im ersten Dezemvirat, dann wäre das durchaus möglich. Deutlich wird das erst beim Zweiten. Und das ist meine Argumentation. Wenn dort mehr Plebejer waren und das Dezemvirat das Schlechte, dann müßte sich dies doch in den letzten beiden Tafeln finden lassen. Findet man aber nicht. Es gibt überhaupt, außer dem umstrittenen Ehegesetz, nichts was auch nur auf einen Ständekampf hindeutet.