Statuen und Büsten - idealisierend?

Auch wenn ich mit vielem, was Galeotto hier schrieb, übereinstimme: die "Verkleidung" als Gott war den Römern nicht fremd, unheimlich oder lächerlich. Ein Triumphator wurde auch schon zur Zeit der Republik als Iuppiter "verkleidet" und stellte diesen auch durchaus dar. Wenn Caligula damit angefangen hat, dies auch außerhalb der Arbeitszeit eines Triumphators zu betreiben, ist das unheimlich, angsteinflößend und die römische Sünde "Superbia", aber es liegt – wie überhaupt schon seit Augustus nur noch der Kaiser triumphieren darf – in seiner Befugnis.
Das wollte ich damit auch nicht so gesagt haben. Sicher war ein gottspielender Kaiser auch furchteinflößend, da es lebensgefährlich war, den Kult nicht mitzuspielen. Aber die Bevölkerung glaubte sicher nicht daran, dass sie wirklich von einem leibhaftigen Gott regiert wurde sondern erkannte darin eher den Wahnsinn. Keiner der Imperatoren, die sich selbst zu Göttern erklärt hatten, starb eines natürlichen Todes. Einen Gott, an den man wirklich glaubt und dessen übermenschliche Fähigkeiten man fürchtet, ermordet man nicht. Die ganze Lächerlichkeit des Kaiserkultes machte Vespasian, der Humor besaß und ein bäuerlicher Typ war, deutlich, wenn er kurz vor seinem Tod den Ausspruch tat :" Weh mir, ich glaube jetzt werde ich ein Gott".
Auch der Göttlichkeit eines Triumphators wurden Grenzen gesetzt. Auf seinem Wagen mußte ein Sklave mitfahren, der ihm ständig ins Ohr flüsterte: "bedenke dass du nur ein Mensch bist". Das zeigt doch ziemlich deutlich die Abneigung der römischen Gesellschaft für übertriebenen Personenkult.
 
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Idealisierend? !

Einen schönen Guten Tag an alle Forumuser!


Ich denke, große Persönlichkeiten ließen, bzw. lassen sich auch noch, immer sehr idealisierend darstellen - sowohl auf Porträts als auch in Form von Büsten und Statuen.
Welcher "mächtige Mann" will schon (auch von der Nachwelt) als schmächtiger, oder hässlicher Typ angesehen werden?
Möglich auch, dass Cäsar vollkommen anders, als die Büsten, aussah. Vielleicht ließ er einfach das damalige Idealbild eines Römers in Stein meißeln und als sich selbst stehen.


Gruß Curdi
 
Das ist zwar ein Uraltthread aber beim Anblick der allgegenwärtigen, geschönten Politikerbilder auf den Wahlplakaten musste ich ihn nochmal aufmachen.
Ich habe mir gerade wieder mal "Imperium" von Robert Harris zu Gemüte geführt und dabei kam mir unter, dass dieser Cäsar als Mann mit dünnem Haar beschreibt, der sich dieses quer über den Kopf kämmt.
frage ich mich, falls diese Beschreibung auf Tatsachen beruhen sollte,
inwieweit Statuen und Büsten im alten Rom idealisierend waren?
Cäsar z.B. kenne ich nur ohne Geheimratsecken bzw. mit dichtem Haar, von seinen unzähligen Büsten.
Domitian war sehr empfindlich, was seine schwindende Haarpracht betraf. Doch auf seinen späteren Büsten erkennt man, dass die Haare von ganz hinten nach vorn geholt wurden und die Stirn ziemlich frei liegt. Auch seine weit vorstehende Oberlippe und der kurze Abstand zwischen Nase und Mund waren offenbar so typisch für sein Gesicht, dass man dies nicht korrigierte. Bei dieser Profilsicht erkennt man wie hervorragend manche, der winzigen Münzportraits gefertigt waren.
 

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Von Augustus, aber auch von Marc Aurel sind, meines Wissens, nur jugendliche Portäts und Büsten bekannt, die dafür sprechen, dass es sich um idealisierte Abbildungen handelte, die einen ewig jugendlichen Herrscher zeigen.

Galeotto verwies aber schon darauf, dass es so nicht gewesen sein kann. Nicht nur von Domitian sind Abbildungen überliefert, die den Herrscher sehr naturalistisch zeigen, sondern auch von Nero. Von diesem sind Herrscherporträts aus verschiedenen Perioden seiner Herrschaft erhalten: jugendliche Abbildungen des vielversprechenden Herrschers (Quinquennium Neronis), das etwas feistere Gesicht des Muttermörders und das noch fülligere des Christenverfolgers Nero.
 
jugendliche Abbildungen des vielversprechenden Herrschers (Quinquennium Neronis), das etwas feistere Gesicht des Muttermörders und das noch fülligere des Christenverfolgers Nero.

Das ist eine psychologisierende Deutung von Porträts, die in der Forschung im 19. und frühen 20. Jh. verfolgt wurde. Kaiserporträts sind als offizielles Medium per se positiv konnotiert und müssen dementsprechend auch gedeutet werden.
 
Dass Nero als Muttermörder oder Brandstifter dargestellt werden wollte halte ich auch für unwahrscheinlich. Seine zunehmende Verfettung wurde aber, besonders auf Münzportraits nicht unterschlagen sondern teilweise sehr heftig dargestellt. Hals und Kinn gehen fast übergangslos ineinander über, anders als bei Münzen des jüngeren Nero.
Dass sämtliche Kaiserportraits prinzipiell positiver ausgeführt wurden würde ich aber nicht so sehen. Unter den Flaviern tritt ein Bruch mit den klassischen Formen ,die Augustus, Tiberius und Caligula kennzeichnen ein. Von Vespasian gibt es zwei verschiedene Portraittypen. Der eine zeigt einen ,zwar nicht mehr jungen aber mit nur flach angedeuteten Falten gezeichneten Herren, der durchaus aristokratische Züge trägt. Der zweite Typ ist wohl ziemlich realistisch. Man sieht einen bäuerlich anmutenden Mann mit derben, kastenförmigen und fast kahlen Schädel, mit einem verkniffenen Gesichtsausdruck. Hierzu passt Suetons Beschreibung: "...mit einem Gesicht als ob er ständig an schlechter Verdauung litt." Die Stirn ist von Falten zerfurcht und in den Augenwinkeln sind Lachfalten zu sehen. Der breite Mund, mit den schmalen Lippen steht der Nase zu nahe, was möglicherweise auf fehlende Zähne im Oberkiefer hindeuten könnte. Von diesem Typ kann man sich vorstellen, dass er auch über einen deftigen Humor verfügte.
 

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Aber das ist ja genau der Punkt: Nach den idealisierten Porträts der iulisch-claudischen Dynastie und der Brennscherenfrisur des Nero ist die veristische Darstellung von Vespasian absolut programmatisch zu betrachten, denn sie rekurriert auf die Porträtgestaltung der späten Republik. Vulgo: Volksnaher, energischer Typ, der zupacken und aufräumen kann. Da kann man bspw. den sog. 'Feldherr von Tivoli' danebenstellen: http://www.arachne.uni-koeln.de/arachne/images/image.php?key=3256267&width=500&height=500&rotation=0
 
Aber das ist ja genau der Punkt: Nach den idealisierten Porträts der iulisch-claudischen Dynastie und der Brennscherenfrisur des Nero ist die veristische Darstellung von Vespasian absolut programmatisch zu betrachten, denn sie rekurriert auf die Porträtgestaltung der späten Republik. Vulgo: Volksnaher, energischer Typ, der zupacken und aufräumen kann. Da kann man bspw. den sog. 'Feldherr von Tivoli' danebenstellen: http://www.arachne.uni-koeln.de/arachne/images/image.php?key=3256267&width=500&height=500&rotation=0
Ich bezweifle gar nicht, dass in der realistischen Darstellungsart ein Programm stand. Besonders stark tritt das bei den Soldatenkaisern, wie Maximinus Thrax und Phillipus Arabs zu Tage. Grobe Soldatengesichter mit tief eingegrabenen Falten. Hier werden keine gottgleichen Herrscher dargestellt. Die Aussage an die Soldaten war: "ich bin einer aus euren Reihen." Erst Diokletian änderte diese Programmatik wieder um dem Amt des Augustus zu neuer Würde zu verhelfen. Unter Konstantin findet man ein vollkommen beliebiges Gesicht ohne näheren Personalgehalt. Zwischen Münzportrait und dem Kolossalkopf ist kaum Ähnlichkeit zu finden.
Aber selbst unter Neros gekünselter Frisur erblickt man ein keinesfalls klassisches, idealisiertes Gesicht sondern ein von Völlerei gezeichnetes, schwammiges Antlitz, mit sehr individuellen Zügen.
 
Soweit ich weiß, sind sämtliche Büsten uns Statuen ,die Vitellius zeigen Fälschungen aus Renaissance und Barock und zeigen reine Fantasiegesichter. In Kopenhagen befindet sich ein ziemlich grob gearbeiter Kopf ,von dem man annimmt, dass er den Kaiser darstellen soll. Die in seiner, nur wenige Wochen dauernden Regierungszeit hergestellten Statuen wurden vermutlich nach seiner Ermordung zerstört. Mit Otho und Galba verhielt es sich ebenso.
 
Versieht man die Statuen mit Farbe, so sehen wir völlig normale Menschen. Die Portraits des Domitian lassen sich schwer mit dem Anspruch des Kaisers auf Göttlichkeit in Verbindung bringen. Der Gesichtsausdruck zeigt nichts Überirdisches oder Hochmütiges sondern eine gewisse Bescheidenheit. Dies lässt sich gut mit Suetons Beschreibung in Einklang bringen. Da er und Tacitus von der roten Gesichtsfarbe des Flaviers berichten habe ich etwas stärker in den Farbtopf gelangt.

Der junge Commodus wirkt mit seinen schweren, die Iris halb bedeckenden Oberlidern einen gewissen Hochmut. Er galt als recht gut aussehend und das gibt die auch Büste wieder. Die aufgebauschte Lockenfrisur trug er ebenso wie Marc Aurel und Lucius Verus. In späteren Zeiten war auch seun Bart länger. Seine Haarfarbe wurde mit blond geschildert.
 

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Auch Trajan zeigt nicht unbedingt idealisierte Züge. Sein enorm langes Gesicht steht in einem gewissen Missverhältnis zu der extrem niedrigen Stirn. Sein frühzeitig ergrautes Haar ist in einer äußerst simplen Ponyfrisur, die wohl seine soldatische Schlichtheit betonen soll gekämmt ,welche die mickrige Stirnpartie noch hervorhebt. Den besten Stilberater hatte er wohl nicht.
Der zusammengepresste Mund mit schmale Oberlippe und die herausgestülpte Unterlippe könnten vorstehende Oberzähne(Hasenzähne) verstecken. Dafür könnte auch die prägnante Falte zwischen Unterlippe und Kinn sprechen.
 

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Bei Traian muss man etwas aufpassen, ein paar seiner Statuen sind umgebaute Domitiane. Dankenswerterweise hatte dieser unpopuläre Vorgänger einen so fleischigen Kopf, dass es sich lohnte, alles wegzuhauen was nicht nach Traian aussah; das führt zu einigen Statuen des Optimus Princeps die wirklich kleine Köpfe (und voluminöse Körper) haben.
 
@Mummius, das sieht man aber meist, dass irgend etwas nicht passt. Trajans Gesicht ist ziemlich typisch und stimmt auch mit Münzportraits ganz gut überein. Das lange Gesicht mit der kurzen Stirn-und Kinnpartie sind auch auf der Trajansäule zu finden.
Ein Beispiel für einen umgebastelten Domitian ist diese Nervareiterstatue, der noch die Ohren , den Hinterkopf und den dicken Hals des Vorgängers aufweist. Man kann sagen, ihm sitzt Domitian noch im Nacken.
 

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