Stellung der Frau?

Bis in die 80er war Frauen in der Bundesrepublik Nachtarbeit verboten. Dann hat die Chefin eines Bäckereibetriebs geklagt.
In Österreich galt bis 2001 ein "Frauennachtarbeitsgesetz", das die Nachtarbeit von Frauen weitgehend verbot. Es war 1969 (auch auf Verlangen der Gewerkschaft) auf Initiative der ersten weiblichen Ministerin (einer Gewerkschafterin) eingeführt worden. Noch 1992 bestätigte der Verfassungsgerichtshof seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz. Nach dem EU-Beitritt konnte es allerdings nicht mehr gehalten werden, es gab lediglich eine Übergangsfrist bis 2001. Übrigens trat die damalige österreichische sozialdemokratische Arbeits- und Sozialministerin Eleonore Hostasch bei der Abschaffung auf die Bremse. Seit 2002 ist Nachtarbeit nur noch für schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen weitgehend verboten. Auch andere zwischen den Geschlechtern differenzierende Regelungen im Arbeitsrecht, wie längere Ruhezeiten für Frauen, mussten nach dem EU-Beitritt beseitigt werden.

Freiheit muss auch eingefordert werden, was auch bedeutet, dass die Person, der es an Freiheit mangelt erst einmal ein entsprechendes Bewusstsein haben muss.
Das Nachtarbeitsverbot war (und ist) ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite sollte es dem Schutz von Arbeitnehmerinnen dienen (da Nachtarbeit auf Dauer unbestrittenermaßen ungesund ist), auf der anderen Seite wurde es mitunter als diskriminierend empfunden und beschränkte die Erwerbsmöglichkeiten von Frauen. Die Meinungen der Arbeitnehmerinnen selbst dazu waren daher geteilt, die Gewerkschafterinnen befürworteten es. (Arbeitgeber haben mit Beschränkungen üblicherweise natürlich keine Freude.) Auch das heute noch bestehende weitgehende Nachtarbeitsverbot für schwangere Arbeitnehmerinnen (und die sonstigen für sie geltenden Beschränkungen) sorgen immer wieder für Diskussionen: Sie sollen die Schwangere und ihr ungeborenes Kind schützen, es gibt aber auch Frauen, die sich bevormundet fühlen.

Bei der Nachtarbeit und ihrem Verbot geht es also nicht einseitig um "Freiheit" bzw. "Unfreiheit", sondern auch um den Schutz von Sicherheit und Gesundheit von Arbeitnehmerinnen. Das Nachtarbeitsverbot einseitig auf ein patriarchalisches Unterdrückungsinstrument zu reduzieren, wird seiner historischen Rolle und der Diskussion darüber nicht gerecht, auch nicht dem Einsatz gerade auch von Frauen dafür.
 
Bis in die 80er war Frauen in der Bundesrepublik Nachtarbeit verboten. Dann hat die Chefin eines Bäckereibetriebs geklagt. Freiheit muss auch eingefordert werden, was auch bedeutet, dass die Person, der es an Freiheit mangelt erst einmal ein entsprechendes Bewusstsein haben muss. Hier ist dann das eigene Rollenverständnis wichtig, aber auch das eigene Weltbild: Was wird als gerechte Rolle empfunden? Wie weit sind diese Ansichten akzeptiert? Wer war jeweils anderer Ansicht? Gibt es in einem fraglichen Zeitabschnitt überhaupt Quellen dazu?

Und das Mittelalter ist wieder mal komplexer. Das salische Recht galt keinesfalls überall und auch nicht für jeden. Ob Frauen oder Männer einer weiblichen Linie erben konnten hing auch nicht nur von der Person, sondern auch vom Rechtsverhältnis und der zu vererbenden Sache ab.

Und das hilft jetzt wie weiter? Willst du die "Unterdrückung" jetzt wieder relativieren?
 
Willst du sagen, dass Geschichte beliebig ist, wenn es uns in den Kram passt? Ich denke nicht, dass du das willst.

Die Lex Salica war das Recht eines Teils der Franken, u.a. der Königsfamilie. Es hat auch nicht umfassend vorbildhaft gewirkt. Die Erklärung ist schlicht zu einfach. Bei der Pragmatischen Sanktion von 1713 etwa ging es nicht nur um eine Rechtsquelle. Ich weise nur auf die von Sigismund und Friedrich III. verrechtete Fälschung des Privilegium Maius und die Habsburgischen Hausordnungen hin. Erst zwischen 1580 und 1618 wurde in mehreren Prozessen sowohl vor dem Reichskammergericht als auch dem Reichshofrat um das Erbe der Herren von Hörde zu Boke, deren männliche Linie erloschen war, die Frage der weiblichen Erbfolge im Lehnsrecht geklärt. 1786-1792 kam es zu einem erneuten Prozess vor dem Reichskammergericht um einen Teil jenes Erbes. Die ersten Prozesse, die nie editiert wurden, bildeten da schon den wichtigsten Präzedenzfall für das Lehnsrecht, da alle Teile desselben berührt wurden. Daher wurde das Urteil nunmehr editiert. Es wurde verschiedentlich von Rechtshistorikern sogar zu den Grundgesetzen des Reichs gezählt. Und auch jenseits von Setzungen für den Einzelfall und jenseits des Lehnsrechts war es nicht so einfach, da es, wie gesagt, keinesfalls nur ein Landrecht gab und sich diese Rechte im Laufe der Zeit regional weiterentwickelten.

Auf die Frage zu diesem Thema im Mittelalter einfach das Salische Erbrecht anzuführen, ist, wie zu sagen, dass der Dreißigjährige Krieg ein Religionskrieg war: zu einem gewissen Teil zwar nicht falsch, aber insgesamt ganz und gar nicht treffend.

Die Sache mit dem Rollenverständnis ist zum einen eine Binsenweisheit und diente mir dazu, wieder zum Mittelalter zu kommen. (Und der Nachtarbeitsprozess sollte eigentlich nur rhethorischer Übergang sein.) Da zum anderen die ethische Diskussion dazu keineswegs abgeschlossen ist, habe ich auch keinen Standpunkt bezogen. Statt dessen bezog ich mich auf die historische Fragestellung. Seit Arno Borst, Lebensformen im Mittelalter lässt sich die Bedeutung des jeweiligen Rollenverständnisses für das Mittelalter (und die Geschichte insgesamt) kaum leugnen. Hier liegt ein Kopplung von Individuum und Gesellschaft vor, mit der sowohl marxistisches als auch individualistisches Geschichtsverständnis überwunden sind. Individuum und Gesellschaft bedingen sich gegenseitig. Daher darf dieser Aspekt bei einer solchen Diskussion zu Erklärungen (wie gesagt: historische Fragestellung) nicht übersehen werden. Gerade in der heutigen Zeit ist das wichtig, sonst landen wir schnell bei Verschwörungstheorien und Populismus. Auch für eine als gut angenommene Sache ist das m.E. nicht akzeptabel. Sachlich habe ich dazu einfach Fragen gestellt.

(Ganz abgesehen davon, dass "Unterdrückung" hier noch gar nicht definiert wurde. Auch hier ist Vorsicht angebracht: je nach Definition kann alles oder nichts Unterdrückung sein. Sollte nicht besser erst einmal von Zwang gesprochen werden? Die Ethik kann es dann einordnen. Selbst bei gymnasialen Quellenanalysen gehört das Urteil an das Ende. Aber okay, das war die Ausgangsfrage, da wollte ich nicht gleich mäkeln. Nur, wenn ich gefragt werde, ob ich Unterdrückung "jetzt wieder relativieren" möchte, muss ich es anmerken.)

@ Ravenik: Hier muss ich widersprechen. Eine Gruppe durch ein solches Verbot zu schützen ist, wie im Urteil dargelegt, falsch und definitiv diskriminierender Zwang. Sonst wäre es gerechtfertigt, dass den kriminellen Schichten, womit im Prinzip alle, die arbeiten müssen, gemeint waren, Alkohol und Tabak verboten wird. Schließlich schaden sie sich dadurch selbst. Männer kommen schon mit dem Nachtarbeitsschaden klar, wie Reiche mit Leberschäden und Lungenkrebs. Im zweiten Fall ist es nur offensichtlicher. Entweder ein allgemeines Gesetz oder keines. Ihr wisst schon, Goldene Regel und so. Aber, wie gesagt, ich suchte nach einem Übergang zur Ausgangsfrage und habe nicht weiter darüber nachgedacht. Das Beispiel habe ich einfach gewählt, weil ich jenen Betrieb kenne, die mittlerweile verstorbene Chefin die Mutter einer Mitschülerin war und ich es bei diesem Thema verorte. Ich muss mich erst wieder daran gewöhnen, hier im Forum jedes Wort auf die Goldwaage zu legen.
 
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Der Vergleich hinkt: Der Konsum von Alkohol und Tabak gehört zur privaten Sphäre eines Menschen, über die er selbst entscheiden kann. Mit seiner Beschäftigung sieht es anders aus. Ein Arbeitnehmer ist nicht frei in seinen die Arbeit betreffenden Entscheidungen, da er von seinem Arbeitgeber wirtschaftlich abhängig ist. Egal ob ihm offen mit Jobverlust gedroht wird oder er diesen bloß befürchtet, er wird oft auch ohne ausdrückliche Anordnung dazu tendieren, sich nach den Wünschen seines Arbeitgebers zu richten, auch wenn er sich damit überfordert und seine Gesundheit schädigt. Daher sind Arbeitnehmerschutzvorschriften (wie Arbeitszeithöchstgrenzen oder eben Nachtarbeitsverbote) meist "zwingendes Recht", von dem auch mit "Zustimmung" des Arbeitnehmers nicht zu seinen Lasten abgewichen werden darf - weil eben meist höchst fraglich ist, wie "frei" er in seiner Entscheidung wirklich ist. Nur dadurch kann der Arbeitnehmer einigermaßen davor geschützt werden, unter Druck zu geraten und sich selbst zu schädigen. (Stichwort "Selbstausbeutung".)
(Im Übrigen wird es schon seinen Grund haben, wieso das Argument, Arbeitnehmerschutzvorschriften würden Arbeitnehmer unzulässig in ihrer Erwerbsfreiheit beeinträchtigen und wären verfassungsrechts-, menschenrechts-, EU-rechts- oder was auch immer -widrig, häufig von Arbeitgeberseite kommt.)

Ob für Frauen Nachtarbeit schädlicher ist als für Männer, ist eine arbeitsmedizinische Frage, und ob gegebenenfalls eine Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist, eine Abwägungsfrage. In den letzten Jahrzehnten geht die Tendenz klar zum Abbau geschlechtsspezifischer Differenzierungen. Auch ich will hier gar nicht ein Nachtarbeitsverbot für (nichtschwangere) Arbeitnehmerinnen befürworten oder verteidigen. (Übrigens geht auch die EU nach wie vor davon aus, dass es in bestimmten Fällen besonderer Schutzbestimmungen bedarf, auch wenn sie zu einer geschlechtsspezifischen Ungleichbehandlung führen. Nach wie vor enthält die Mutterschutz-Richtlinie Mindestvorgaben für nationale Vorschriften zum Schutz von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen, darunter auch etwas zu Nachtarbeit. Ebenso gibt es auch eine Richtlinie für jugendliche Arbeitnehmer, bei der also nach dem Alter gegenüber erwachsenen Arbeitnehmern differenziert wird.) Aber die bis weit ins 19. Jhdt. zurückreichenden Bestrebungen, Arbeitnehmer - und Arbeitnehmerinnen! - durch staatliche Vorgaben zu schützen, haben schon ihre Berechtigung.
 
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Wer hat da etwas von Unterdrückung der Frau im Mittelalter geschrieben?:confused:
400px-Schilling_Spiezer_Chronik_04.jpg

Aus der Spiezer Chronik von Diebold Schilling dem Älteren 1484/85. Gezeichnet ist ein Zweikampf bei Bern aus dem Jahr 1288, bei dem die Frau "ob lag".
Original Digitalisat https://www.e-codices.unifr.ch/de/bbb/Mss-hh-I0016//112
 
@Naresuan was sagt der Text zu diesem Bild?
Er besagt nichts weiteres, als dass am Oktavtag der Unschuldigen Kinder (28. Dezember) in der Matte bei Bern ein Zweikampf zwischen einer Frau und einem Mann stattfand und die Frau siegte.
Der Text stammt aus der Berner Chronik Conrad Justingers von 1420. Das Ereignis selbst wurde in den Annalen der Stadt Colmar Ende 13. Jh. erstmals erwähnt.

Text hier:
Daß ein man und ein frouw an der matten bei bern miteinandern kampfte

Do man zalt MCCLXXXVIII jar an dem achtenden tag der kindlen, beschach ein kampf an der matten an der statt, do nu des kilchofs mure stat; und kampften ein man und ein frow mit einandern, und lag die frow ob.


Justingers Text:
Daz ein frowe und ein man sament kampf'ten.

Do man zalt MCCLXXXVIII jar an dem achtenden tag der kindelinen tag, beschach ein kampf an der matten an der stat, do nu des kilchofs mure stat; und kampften ein frowe und ein man mit einander, und lag die frowe ob.


Es soll das einzige bekannte Beispiel eines solchen Kampfes sein und ist darum nur als humoristische Randbemerkung meinerseits gedacht.

In keiner Chronik werden die Namen der Beteiligten erwähnt, es scheint sich aber um Adelige zu handeln. Erstaunlich auch das Datum - mitten im Winter - oder täusche ich mich da?
 
nur als humoristische Randbemerkung meinerseits gedacht.
ich wage es, eine weitere solche anzufügen: der besiegte Rittersmann auf dem Unikat hat seinen Helm verloren, indes der totschicke Kopfputz der siegreichen Dame an seinem Platze geblieben ist - das muss enorme sozial- & religionspsychologische Implikationen nach sich ziehen. ;) der recht modern wirkende Ausschnitt des roten Gewands könnte ebenfalls bedeutsam sein.
 
Er besagt nichts weiteres, als dass am Oktavtag der Unschuldigen Kinder (28. Dezember) in der Matte bei Bern ein Zweikampf zwischen einer Frau und einem Mann stattfand und die Frau siegte.
Der Text stammt aus der Berner Chronik Conrad Justingers von 1420. Das Ereignis selbst wurde in den Annalen der Stadt Colmar Ende 13. Jh. erstmals erwähnt.
Zweikämpfe bzw. Gerichtskämpfe zwischen einem Mann und einer Frau sind auch in spätmittelalterlichen Fechtbüchern von Hans Talhoffer beschrieben.
Fechtmeiser Talhofer empfiehlt jedoch, dass der Mann der Fairness wegen in einer engen Grube stehen muss, damit die Frau auch eine Chance hat ihren Gegner zu besiegen. Als Waffe für die Frau ist vorgesehen, dass sie einen vier oder fünf Pfund schweren Stein in ihrem Schleier legt und damit von oben auf den Gegner eindrischt oder ihn alternativ mit dem Schleier erwürgt.
 
Also irgendwie find ich das gar nicht komisch. Nur weil ihr euch für so viel weiser haltet das Thema ins Lächerliche zu ziehen. Ich frag nochmal, darf man von Unterdrückung sprechen? Und wenn nicht was darf man dann sagen? Muss bei jeder zum Himmel schreienden Ungerechtigkeit gleich immer ein ABER einfügen??
 
Es geht um Ethik, ein Teilgebiet der Philosophie. Da sind Begriffsbestimmungen entscheidend. Ich habe lediglich vorgeschlagen erst mal von Zwang zu sprechen und die wissenschaftliche Beurteilung Leuten zu überlassen, die nicht nur fachlich kompetent sind, sondern auch in der betreffenden Diskussion stehen. Dabei ein "aber" nicht zu berücksichtigen wäre unethisch.

Anders gesagt hängt es von ethischen Grundüberzeugungen ab. In jedem Fall ist erst einmal die Sachlage jenseits des gängigen Mittelaltermythos festzustellen. Ohne solche Klärung kein Urteil. Dazu gehören natürlich auch gerichtliche Zweikämpfe und Ordale.

Ein Urteil nach heutigen Maßstäben ist sowieso verfehlt. Eine Klarstellung heutiger Sichtweise nicht. Und beides muss erst herausgearbeitet werden.

Und gerade ernste Themen benötigen Humor, um sich mit ihnen länger befassen zu können. Es kann der nötige Schritt weg von der Tafel sein.

Schlussendlich gilt Meinungsfreiheit. Rede und insbesondere Urteile politisch oder gar populistisch oder nur auf Gefühl beruhend zu begründen erscheint mir aber nicht als weise. Konkret kommt es hier darauf an, welcher ethischen Schule du folgst.
 
Ist schwer das zeitlich einzugrenzen, aber mich interessiert am meisten Spätantike/Mittelalter.
Bzgl dieser Zeiträume muss man je nach Kulturkreis differenzieren.
Spätantike:
(noch weströmisch & frühbyzantinisch)
Innerhalb der oberen Zehntausend finden sich genügend Beispiele von Lebensläufen ohne Unterdrückung, z.B. die heilige Melanie (Erbin aus steinreicher Senatorenfamilie)
(merowingisch)
verblüffende Frauenkarrieren in der Upperclass (z.B. Balthildis)

Sicherlich muss man, differenziert nach Kulturkreisen, auch die jeweilige soziale Stellung berücksichtigen, sofern es Quellen dazu gibt. Aufschlussreich sind die Tagungsbände "Frauen im frühen Mittelalter".

Ob der Begriff "Schlüsselgewalt" noch sozialhistorische Relevanz hat, weiß ich nicht.

@PostmodernAtheist nebenbei ein Chopinzitat:
wer niemals lacht, ist kein Mensch.
wenn es en passent mal bissel humorig wird, muss man deswegen nicht gleich zürnen wie der Donnergott persönlich.
 
Vielleicht können wir dem Bild aus Schillings Chronik noch etwas Ernsthaftes zum Thema abgewinnen.
Dass dieser Zweikampf zwischen Mann und Frau in mehreren Chroniken überhaupt erwähnt wird, lässt eine Besonderheit vermuten. Dass kein anderer ähnlicher Kampf, auch nicht mit den bei Talhoffer beschriebenen Handicaps, in anderen Chroniken auftaucht, lässt noch mehr auf eine Exklusivität schließen. Es ist damit auch fraglich, ob die wenigen bekannten Gesetze und Fechtanleitungen bezüglich Zweikampf zwischen Mann und Frau jemals praktiziert wurden.
In der zeitgenössischen Literatur jedoch findet sich eine Stelle, vielleicht inspiriert durch die Geschehnisse in Bern. In Heinrichs von Neustadt "Apollonius von Tyrland" (anfangs 14. Jh.) wird ein solcher Zweikampf mit Handicap beschrieben. Es geht um einen Gerichtskampf zwischen Flordelise (Cousine des Apollonius) und Silvian von Nazareth, der aus einer Grube heraus und mit auf den Rücken gebundener rechter Hand kämpfen muss.
man hôrte manegen da jehen
'ich wil hie pelîben unde sehen
wie ez ende süle hân,
sît eine maget einen man
hie kampfes hât gesprochen an.'

Die weiteren Details zu diesem Kampf werfen die Frage auf, ob Talhoffers Fechtbuch gar auf dieser Geschichte basiert.
Die Episode stammt nicht aus der antiken Version des Romans. Da Heinrich von Neustadt den antiken Roman um etwa das 4-fache erweiterte und es sich dabei oft um Geschichten zu Frauen handelt, eignet sich vieles davon, einen Eindruck über das Frauenbild im Mittelalter zu bekommen. Bei 20644 Versen keine leichte Aufgabe.
Laut Wikipedia habe er auf Detailtreue in der Abbildung seiner soziokulturellen wie geographischen Realität geachtet.

Falls es sich in Bern überhaupt um einen gerichtlichen Zweikampf handelte, wäre die gesetzliche Grundlage dafür in der Handfeste von Bern (angeblich 15.4.1218) zu suchen. Ich bezweifle jedoch einen Gerichtskampf auf Grund des Datums kurz nach Weihnachten und der meteorologischen Jahreszeit.
In der Handfeste wird die Möglichkeit eines Duells bei heimtückischem Mord oder nächtlichem Eindringen in ein Haus aufgeführt. Nicht explizit zwischen Mann und Frau.
'Urkunden für die Geschichte der Stadt Bern und ihres frühesten Gebietes bis zum Schluß des dreizehnten Jahrhunderts : Bis zum Schluss des 13. Jahrhunderts. 1' - Digitalisat | MDZ

Fast hätte ich es vergessen: Flordelise siegte.
 
Bzgl dieser Zeiträume muss man je nach Kulturkreis differenzieren.
Spätantike:
(noch weströmisch & frühbyzantinisch)
Innerhalb der oberen Zehntausend finden sich genügend Beispiele von Lebensläufen ohne Unterdrückung, z.B. die heilige Melanie (Erbin aus steinreicher Senatorenfamilie)
(merowingisch)
verblüffende Frauenkarrieren in der Upperclass (z.B. Balthildis)

Sicherlich muss man, differenziert nach Kulturkreisen, auch die jeweilige soziale Stellung berücksichtigen, sofern es Quellen dazu gibt. Aufschlussreich sind die Tagungsbände "Frauen im frühen Mittelalter".

Ob der Begriff "Schlüsselgewalt" noch sozialhistorische Relevanz hat, weiß ich nicht.

@PostmodernAtheist nebenbei ein Chopinzitat:
wenn es en passent mal bissel humorig wird, muss man deswegen nicht gleich zürnen wie der Donnergott persönlich.

Wenn neben dem Humor auch noch brauchbare Aussagen rausspringen hab ich kein Problem damit. Eher im Gegenteil...
 
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