Im Prinzip geht man davon aus, dass die Eliten, sofern sie nach einer Eroberung ihre Funktion halten können, sich den neuen Machthabern anpassen und deren Sprache annehmen, eben um ihre Funktion zu erhalten. Zunächst nur im "Geschäftsbereich", dann allmählich auch immer mehr im Alltag. Die Bevölkerung passt sich nach und nach den Eliten an, zunächst im "Geschäftsbereich", dann mehr und mehr im Alltag. So erklärt man die Latinisierung Westeuropas.
Ich halte es für wichtig, wenn man sich zuerst einen Überblick über das Phänomen Sprachwechsel verschafft und am Besten über solchen der zeitlich nahe liegt. Das garantiert natürlich nicht, daß es sich in der Vergangenheit auch so abgespielt haben muß.
Eliten können etwas mit Sprachwechsel zu tun haben, müssen es aber nicht notwendiger Weise. Wir hatten hier das Thema Schleswig. Obwohl Schleswig unter dänischer Oberhoheit stand, setzte sich hier das Niederdeutsche und letztlich das Hochdeutsche durch. Dabei strahlte die deutsche Sprache von den Städten, insbesondere den Handels- oder Hansestädten. In Masuren brachten polnische Siedler aus Masowien ihre Sprache mit und sorgten zT auch dafür, daß ehemals deutschsprachige Gebiete polonisierten, obwohl die Eliten deutschsprachig waren. Deutsch setzte sich erst spät durch, vor allem als die masuren sich nationalbewußt zeigen wollten und Deutsch als Kultursprache galt, polnisch bzw. Masurisch aber als Sprache der Ungebildeten galt. Dies ist ähnlich dem Vorgang der Verdrängung des Niederdeutschen. Meine Mutter zB verbot ihrer Großmutter Platt zu sprechen, das galt als bäurisch und ungebildet.
Das würde ggf. auch erklären, warum England sprachlich nicht normannisiert wurde, da der französisch-sprachige normannische Adel trotz jahrhundertelanger Herrschaft irgendwie immer ein Fremdkörper blieb und mit dem angelsächsischen Adel in Konflikt lag.
Das würde ich weitgehend unterstützen, wobei die Kluft eher zwischen den französisch-normannisch Invasoren und dem einfachen Volk lag, als zwischen normannischem und angelsächsischem Adel. Der angelsächsische Adel wurde doch sehr schnell beseitigt oder absorbiert oder hatte zT schon vorher familiäre Beziehungen zu skandinavischen oder kontinentalen Familien.
Dagegen die schottischen Lowlands, die wie England unter normannischen Einfluss geraten feudalisiert wurden, wo sich das Scots entwickelte, ein englischer Dialekt, während man in den Highlands von den "Sassenach" und der normannischen Feudalisierung kaum berührt, lange dem Gälischen treu bleiben konnte, welches erst seit den Niederschlagungen der Jakobiter im 18. Jahrhundert aktiv bekämpft wurde und daher heute so gut wie ausgestorben ist, trotz einer mittlerweile eingesetzten Sprachpflege.
Das ist so nicht richtig, da Schottland durch den Clyde sprachlich schon länger geteilt war. Ganz besonders in Bernicia bzw. Northumbria sprach man schon englisch bzw. Vorläufersprachen und das brythonische Galloway übernahm sogar das Schottisch-Gälische.
Richtig ist sicherlich, daß gerade die herrschenden Dynastien Balliol, Bruce und Stewart stark mit dem englischen Adel verbunden waren bzw. normannischer Herkunft waren, de Bailleul, de Bruis, de Dol. Richtig ist sicherich auch, daß gerade unter den Dunkeld starke Bindungen richtig Süden bestanden. Doch auch andere Clans, zB in den Highlands hatte anglo-normannischen bzw. kontinentalen Ursprung und dies führte nicht zum Sprachwechsel. Das Scots war noch im frühen 15. Jahrhundert nicht weit über den northumbrischen Bereich hinaus. Erst als es zu dieser Zeit das Französische als Kultursprache verdrängen konnte, u.a. durch einen Ausbau des Stadtsystems, konnte es das Gälische immer weiter zurückdrängen. Standardenglish ersetzte dann das Scots besonders nach den Acts of Union. Gälisch verlor seine Bedeutung dann insbesondere mit der Vernichtung der Clan-Gesellschaft in den Highlands nach den Jakobitenaufständen.