[QUOTE="Scornpio, post: 787154, member: 5388 . Serbien erkämpfte sich im 19. Jahrhundert die Unabhängigkeit von der Türkei, ohne dass das Land im Bürgerkrieg versank.[/QUOTE]
Dem würde ich aber extrem widersprechen. Vor allem die ersten zwei Jahre des ersten serbischen Aufstandes waren ein Krieg der Muslime Serbiens gegen die serbischen Rebellen. Belgrad wurde 3 Jahr e belagert bevor es serbisch wurde.
Das habe ich geschrieben, klingt das nicht nach Bürgerkrieg.
Auch im Westen Serbiens konnten die Rebellen Erfolge erzielen. Jakov Nenadovićs und sein Neffe Mateja begannen am 7. März mit der Belagerung von Valjevo, nach starken Kämpfen, an denen auch die Muslime aus Šabac teilnahmen, wurde die Stadt erobert. Anfänglich versuchten die Muslime die Zugänge zur Stadt zu verteidigen, später zogen sie diese dann in die stark befestigte Innenstadt zurück. In der Nacht zwischen 19. und 20 März floh die Bevölkerung Valjevos aus der Stadt und am nächsten Morgen war Valjevo unter der Kontrolle der Aufständischen. Valjevo war die Stadt, in der die meisten Personen von den Dahien ermordet wurden, ein symbolisch wichtiger Sieg. Nach dem Valjevo eingenommen konzenttrierten sich die beiden Nenadović auf Šabac.
[1]
Auch die Einmischung der bosnischen Paschas konnte nicht verhindern, dass Šabac unter serbische Kontrolle gebracht wurde. Jakov Nenadović und die Bevölkerung der Stadt unterschrieben einen Vertrag mit 8 Punkten. Dabei ging die Kontrolle der Stadt auf Jakov über.
Auch auf Bosnien sollte der Aufstand sehr schnell überspringen, um zu bewerten, was genau geschehen war, muss man sich der heute vorherrschenden Geschichtsbilder bei den Serben und Bosniaken bewusst werden. Während die Serben schon in der 1989 gedrehten Serie Vuk Karadžić den Aufstand gegen die bosnischen Paschas als eine spontane Aktion der bosnischen Serben, nach den Erfolgen im Smederever Sandschak war, vertritt im Gegensatz dazu der bosniakische Historiker Dževad Tosunbegović, und das wird unter bosniakischen Historikern wahrscheinlich der Standard sein, die Ansicht die Rebellen aus Serbien wären diejenigen gewesen, die Bosnien destabilisiert hätten.
[2] Für diese Sicht spricht, dass Mateja Nenadović schon beim Plan für den Aufstand mit Fürsten in der Umgebung von Sarajewo Kontakt aufgebaut hatte. Andererseits waren die Rebellen wirklich bemüht, diesen Aufstand nicht gegen das Osmanische Reich als solches, sondern nur gegen die Dahien in der Anfangszeit darzustellen. Die guten alten Zeiten sollten wieder kommen, wie sie unter Mustafa Pascha geherrscht hatten.
Somit wundert es nicht, dass der Krieg die Gebiete in Bosnien erfasste, welche an den Smederva Sandschak angelegt waren. Dabei hatte Bosnien damals auch Besitzungen östlich der Drina, vor allem den Sandschak von Novi Pazar und die Gegend um Loznica. Trotzdem formierte sich um den Heiducken Đorđe Čurčija eine Rebellengruppe, die mit dem Kampf gegen die „bosnischen/bosniakischen Türken“ begann. Čurčija hatte sich davor in Kämpfen an der Mačva ausgezeichnet, nun kämpfte er auf eigene Rechnung, ohne sich mit der Führung der Revolution zu beraten.
Der Streit zwischen Čurčija und Jakov sollte Karađorđe vor einige Problemen stellen. Das erste größere Gefecht zwischen Rebellen und bosnischen Truppen war an der Čokešina. Die Bosnier versuchten dabei, die Stadt Šabac von einer Belagerung zu befreien. Der Pascha von Zvornik (zu dessen Besitzungen auch Gebiete im heutigen Westserbien gehörten) Vidajić und der Mula Nožin Imamović organisierten eine Armee, um den Muslimen östlich der Drina zu helfen. Zur Abwehr dieses Unterfangens samelte sich beim Kloster Čokešina am 28. April 1804 eine Armee, bestehend aus Jakov Nenadovićs, ČurČijas Truppen und der Haiduckenbande der Brüder Nedić. Jakov Nenadović verlangte völlige Unterwerfung unter sein Kommando. Weder Čurčija noch die Brüder Nedić waren dazu bereit. Das Schlachtfeld verließen am Ende sowohl Jakov als auch Čurčija. Dabei gibt Mateja Nenadović verständlicherweise mehr Schuld Čurčija als seinem Onkel für diesen Verrat.
[3] 303 Kämpfer der Nedić Brüder blieben übrig. Die bosnischen Truppen werden im epischen Lied mit 7000 angegeben
[4], Vuk Karadžić nennt 1000 Tote, daher kann man von 1200-2000 Kämpfern ausgehen. Bei den Serben verloren alle 303 Personen ihr Leben, was dieser Schlacht den Spitznamen serbische Thermophilen einbrachte. Die osmanischen Soldaten verstümmelten die Leichen und äscherten das Kloster ein, konnten aber ihr eigentliches Ziel, die Aufhebung der Belagerung der Stadt Šabac, nicht erreichen.
[5] Šabac fiel am 2. Mai in die Hände der Aufständischen, in dem die Einwohner einen Friedensvertrag in 8 Punkten unterzeichten und dann abzogen.
[6]
Am 10. Mai kam es dann zu Verhandlungen zwischen den Muslimen Belgrads und den Aufständischen. Die Forderung der Aufständischen war klar, die Dahies sollten getötet, die Janitscharen vertrieben werden. Die Situation wurde für die Dahies endgültig unmöglich, als eine bosnische Armee unter Bečir Pascha auf Befehl des Sultans in Serbien einmarschierte und Belgrad belagerte, um die Dahien loszuwerden. Hatten noch einzelne bosnische Paschas die Dahies unterstützt, war nun ihr Ende unausweichlich. Hatten die Belgrader noch den Serben den Einmarsch verweigert, mussten diese nun den Bosniern die Tore öffnen. Trotz der sprachlichen sowie kulturellen Nähe der bosnischen mit den Belgradern Muslimen ließ der bosnische Pascha vor allem die reichen Belgrader ausplünder, offiziell als Strafe für die Sympathien, welche viele für die Janitscharenführern hatten.
[9] Inoffiziell gehörten Plünderungen seit jeher zum Standard in den Kriegen des Balkans. Den vier Dahies gelang allerdings die Flucht, mit dem Ziel zu Pazvantoglu in Vidin zu gelangen, aber nur sehr kurz dauerte die Flucht an, in der Nähe von Belgrad wurden sie vom Haiduckenführer Milenko Stojković getötet. Die Köpfe sollten nach Konstantinopel gebracht werden. Dies passierte auch mit drei Köpfen, Aganlijas Kopf fiel beim Waschen in die Donau.
[1] Vladimir Krivošejev, 20 mart 1804 godine, online unter
http://www.valjevo.rs/?st=83&lat=1 Zugriff 07. 12 2015.
[2] Tosunbegović, pitanje „prekodrinskih nahija“i pokret za autonomiju Bosne, online unter
http://documents.tips/documents/pitanje-prekodrinskih-nahija.html Zugriff 07.12 2015.
[3]Vgl: Nenadović, memoari, S. 41.
[4] Vgl: Filip Visnjić, pema boj na Čokešini [Schlacht bei Čokešina]. online unter
http://www.loznica.rs/OpstinaLoznica-Pesma-Boj-na-Čokešini_194_ _ Zugriff 07.12 2015.
[5] Pantelija Petrović, boj na Čokešini – srpski Termopili [Schlacht bei Čokešina – serbische Termophilen“. online unter
http://glassacera.wordpress.com/2010/04/15/бој-на-чокешини-српски-термопили/ Zugriff 07.12 2015.
[6] Zdravko Ranković, Valjevski kraj u ustanku 1804 in: Revija Kolubarska Februar 2004 online unter:
http://revija.kolubara.info/sh/118/75/902/ Zugriff 07.12 2015.
[7]Vgl
ušan T. Bataković, The 1804 Serbian Revolution: A Balkan Size French Revolution, online unter:
http://www.batakovic.com/en/full-story/21/2012/02/22/the-1804-serbian-revolution_-a-balkan-size-french-revolution.html Zugriff 11.10.2013.
[8] Vgl: Nenadović, Memoari, S.99-100.
[9] Vgl: Ranke, die serbische Revolution. S. 117-119.
Zoran Jovic,
Zeithistorische Reflexion der Geschichte Serbiens und Bosniens im 19. Jahrhundert (Wien 2016), S. 34-36