"Unrechtsstaat" DDR?

Im Dezember 1974 gab es ein Hochwasser an der Elbe. In den Tagen nach dem Hochwasser, so rund um Weihnachten 1974 fanden bundesdeutsche Grenzbeamte im Grenzgebiet Tellerminen, die wohl durch das Hochwasser aus der DDR in die Bundesrepublik umgelagert wurden.
Durchaus eine interessante Information.

Wobei ich alledings auf den ersten Blick nicht unbedingt den Zusammenhang zur Thematik "Unrechtsstaat" sehe, insofern ja zunächst einmal jeder Staat grundsätzlich das Recht dazu hat sein eigenes Territorium militärisch zu sichern und zu verteidigen, was den Einsatz von Minen grundsätzlich beinhalten kann.

Mir ist natürlich klar, dass die DDR Antipersonen-Minen durchaus mindestens abschnittsweise nutzte um den Grenzübertritt von der DDR in die Bundesrepublik zu verhindern und sie damit auch für nicht militärische Zwecke einsetzte, die der Freiheitsberaubung der eigenen Bevölkerung dienten.

Die Frage wäre aber, lag das in diesem Fall tatsächlich vor, oder handelte es sich bei den hier aufgetauchten Minen um Teile eines grundsätzlich legitimen militärischen Hindernisses?


Ich kenne mich im Bereich Minen nicht besonders aus, so weit ich das überblicke (man korrigiere mich, wenn ich hier falsch liege) handelt es sich bei "Tellerminen" allerdings in erster Linie um Panzerabwehrminen, die nicht zur Personenabwehr gedacht/konstruiert waren und erst ab einem so großen Gewicht auslösten, dass sie normalerweise von einer darauf tretenden Person, nicht aktiviert wurden.


Das spricht für mich eher für eine Funktion als legitimes militärisches Hindernis zur Grenzsicherung gegen außen.
 
Tellerminen verhindern allerdings auch den Grenzdurchbruch (von Seiten der DDR) mit Fahrzeugen wie LKW und Raupenfahrzeugen.
Grundsätzlich ja, aber wenn die betreffenden Minen durch ein Elbhochwasser teilweise fortgespühlt wurden (ich rede jetzt nur über diesen speziellen Fall, nicht über andere Gegenden), müssen sie sich in relativ direkter Umgebung des Flusses befunden haben.

Nun wird aber kaum jemand auf die Idee gekommen sein zu versuchen mit einem LKW oder Raupenfahrzeug einmal quer durch die Elbe zu fahren und sich dadurch beim Fluchtversuch selbst zu versenken.

Wobei natürlich im Gegensatz dazu moderne Panzer ja zum Teil durchaus dafür konstruiert sind Gewässer (jedenfalls an Stellen mit überschaubarer Tiefe) durchaus durchqueren zu können, also in der Lage zu sein unter Umständen Flüsse zu überwinden ohne auf Brücken oder Ponton-Fähren angewiesen zu sein.

Ich für meinen teil würde dazu tendieren, ausgebrachte Panzerabwehrminen im unmittelbaren Umfeld des Uferbereichs der Elbe eher für ein militärisches Hindernis gegen Westen (und damit grundsätzlich Legitm, weil Verteidigung des eigenen Staatesgebietes) zu halten, als primär für ein illegitimes Fluchthindernis.
 
Ja, richtig, meine Aussage war natürlich nur allgemein gehalten, an Flußufern werden Landungen durch schwimm-oder tiefwattfähige Fahrzeuge verhindert/verzögert.

Zudem, soweit mir bekannt, unterliegen Panzermine ja auch in keinem Staat einer Ächtung!?
 
Zudem, soweit mir bekannt, unterliegen Panzermine ja auch in keinem Staat einer Ächtung!?
Jedenfalls scheint es keine internationale Konvention darüber zu geben nach der Panzerminen generell einer Ächtung unterfallen würden.

Prinzipiell könnten auch Panzerminen der Ächtung nichtmetallischer (und damit schwierig aufzuspührender) Minen unterfallen, wobei ich nicht weiß, ob es jemals große Anstrengungen gegeben hat sowas dezidiert als Panzerminen einzusetzen.

Eine pakt zur Ächtung von Antipersonenminen (dem ja bis heute diverse Staaten nicht beigetreten sind), gab es während des kalten Krieges auch noch nicht, das scheint erst in den 1990er Jahren aufgekommen zu sein, mit der Ausnahme nichtmetallischer Minen (Glasminen u.ä.)


Insofern Panzerminen, die erst ab einem Druckgewicht von mehreren 100 Kg. auslösen in der Regel keine Personen gefährden und insofern sie generell relativ leicht aufzuspühren und zu räumen sind, weil ihre Verlegung ja nur im näheren Umfeld von ausgebauten Straßen sinnvoll ist, die sich für den militärischen Verkehr eignen, ist das natürlich auch eine völlig andere Nummer als Antipersonenminen.


Da Panzerminen bis heute im Bestand der Bundeswehr und damit theoretisch auch in der Nutzung sind und das auch seit der Widerbewaffnung mehr oder minder immer waren, sehe ich da jetzt auch von dem her keinen Standpunkt, vor dem der DDR da etwas vorwerfen konnte, so lange es eben um Landesverteidigung ging (Verminung von Grenzabschnitten zur Verhinderung des Grenzdurchbruchs mit Fahrzeugen zwecks Flucht aus der DDR ohne plausiblen militärischen Nutzen ist natürlich ein anderes Thema).
 
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ein wenig von oben herab finde ich schon, andere Staaten als Unrechtsstaat zu bezeichnen.Tatsache ist, daß es geschriebenes Recht gab. Natürlich gab es hierzu Ausführungsbestimmungen. Es war formal wie im Westen....und wie geht es dann weiter?Irgendwie eine Auseinandersetzung, die ohne Ziel bleibt.
 
DDR ein Unrechtsstaat? Ich war zwiespältig. Ich bin tatsächlich nie in die DDR gefahren.

Mein Vater hatte ein Mietshaus in Berlin, fuhr oft auch in die DDR, musste für hilfsbedürftige Bekannte in Dresden Behördengänge machen, bekam oft Strafzettel in der DDR, und kam dennoch mit allen Behörden dort gut zurecht: Er war offen, erlaubte Beamten die offiziellen Dinge offiziell zu regeln, und trotzdem Platz für ein wenig Lächeln oder Freundlichkeit zu schaffen.

Ich gebe allerdings zu, dass ich Anfang der 1970er Jahre misstrauisch wurde, als ich in seinem privaten PKW im Autoradio einprogrammiert auf den Stationstasten der Kurzwelle den Agentenfunk vorfand. Kennt Ihr das? Endlose Zahlenkolonnen in 5er Gruppen...


Meine eigenen Erfahrungen?
Nur Prag, Ungarn, Moskau, und in allen Ländern dort immer wieder angesprochen von DDR-Bürgern, die sich eingesperrt fühlten.

Im Studium dann: Ein Medizinstudent, Mitglied der Herrnhuter Brüder, der als Häftling aus der DDR freigekauft worden war, eine junge Krankenschwester, der als gute Schülerin auf der EOS trotz guter Leistung aus politischen Gründen ein Studium verwehrt worden war. Und dann all die Republikflüchtlinge, die in den Westen gegangen waren, und die unter den Demütigungen und Repressionen gelitten hatten. So viele Menschen mit gebrochener Biographie und mit Narben auf der Seele.

Ja, die DDR war ein Unrechtsstaat, ein Staat der seine Bürger einsperrte, demütigte, oft sie zu Mitläufern machte, Unterwerfung verlangte, und bereit war seine Bürger zu töten. Ein mörderisches Regime.
 
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Kennt Ihr das? Endlose Zahlenkolonnen in 5er Gruppen...
Neuen, Neuen, Sieben, Fünf, Zwo, Neuen, Drei....
Kurzwelle auf dem Röhrenradio.
Auf einem Hügel unserer Stadt war die "Horchstelle". Riesige Antennen mit roten und weißen Querstreifen.
Da haben die dann gehorcht. (Ich auch manchmal)
Und die hatten auch abseits einen eigenen Wohnblock. Den "Horchstellenblock" .

Neuen, Neuen, Sieben, Fünf, Zwo, Neuen, Drei...
Warum die immer "Neuen" gesagt haben, statt Neun?
 
ein wenig von oben herab finde ich schon, andere Staaten als Unrechtsstaat zu bezeichnen.Tatsache ist, daß es geschriebenes Recht gab.
Völlig unabhängig von der DDR: Es ist die Frage, ob das geschriebene Recht auch in die Praxis umgesetzt wird. Formal galt z.B. über die gesamte Zeit des Dritten Reichs die Weimarer Verfassung. Das hatte aber keinerlei Bedeutung. Juristen unterscheiden da zwischen Verfassungstheorie und Verfassungswirklichkeit.

Verfassungstheorie: Etwa Gewaltenteilung, Minderheitenrechte etc.
Verfassungswirklichkeit: praktische Umsetzung der Verfassung, durch Handeln von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren, kann von ihrer Erfüllung bis zum offenen Verfassungsbruch reichen.
 
Ich denke die Frage ob die DDR als "Unrechtsstaat" bezeichnet werden kann oder nicht, ist an und für sich außerhalb des Kontextes in dem dieser Streit immer wieder aufkommt, nämlich dem Vergleich mit der Bonner Republik, relativ unspannend und einfach zu beantworten.

Die systematische politische Entrechtung, die Möglichkeit kritische Äußerungen relativ willkürlich zu bestrafen oder es bleiben zu lassen, wird man als Quell systematisch erzeugten "Unrechts" im Sinne von Willkür aufgreifen können und wenn man den Begriff "Unrechtsstaat" so versteht, dass damit ein Staat gemeint ist, dessen System darauf ausgelegt ist "Unrecht", nicht im Sinne eines Ungerechtigkeitsempfindens, sondern im Sinne von Rechtsfreien Räumen zu schaffen, in denen die Staatsmacht ohne jegliche verfassungsmäßige/gesetzliche Schranke agieren konnte, war die DDR ein solcher Unrechtsstaat.
Ich denke nicht, dass das besonders kontrovers ist.

Die eigentliche Kontroverse beginnt ja regelmäßig, wenn die DDR mit der alten Bundesrepublik verglichen und überwiegend von konservativer (interessanter Weise wesentlich seltener von liberaler Seite), entsprechende Anwürfe an die DDR geäußert werden, im Ductus des kalten Krieges, aus der Position heraus sich als das einzig legitime System zu betrachten und dann von Teilen der politischen Linken versucht wird dagegen zu halten.
In meinen Augen ist dass im Verhältnis Bundesrepublik/DDR aber eigentlich die falsche Diskussion, die da geführt wurde/wird. Inhaltlich interessanter wäre eigentlich diese Vergleichsdiskussion an Hand der Fragestellung zu führen, ob man eigentlich die alte Bundesrepublik als einen vollständigen und funktionierenden Rechtsstaat bezeichnen kann oder hier die Bezeichnung "Unrechtsstaat" möglicherweise ebenfalls angebracht gewesen wäre.
Denn auch da könnte man ja, durchaus zum Teil massives Auseinanderklaffen von verfassungsmäßigem Anspruch und gelebter Rechtspraxis feststellen, wenn etwa einerseits Menschenwürde, Körperliche Unversehrtheit, Unversehrtheit der persönlichen Ehre etc. von der Verfassung zu unantastbaren und unveräußerlichen Rechtsgütern erklärt werden, woraus eine Pflicht des Staates resultiert diese Güter zu schützen, während dass in praxi, durch Teile der Gesetzgebung/Rechtssprechung, wie etwa im Fall der möglichen Straffreiheit für die Vergewaltigung innerhalb einer Ehe, faktisch konterkarriert wurde.
Etwa an dieser Stelle könnte man meinen, interessierte sich auch die Bundesrepublik faktisch nicht so besonders für ihre eigenen verfassungsmäßigen Spielregeln und verfuhr da in ihrer Gesetzgebungs/Rechtssprechungspraxis in einem Modus, den man vor dem Hintergrund des Grundgesetzes durchaus als unzulässige Willkür betrachten könnte.

Die DDR wird man isoliert betrachtet kaum anders als als "Unrechtsstaat" ansehen können, interessanter wäre in meinen Augen die Diskussion darum, ob das auch auf die alte Bundesrepublik vor den 1990er Jahren zutrifft.
 
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wie etwa im Fall der möglichen Straffreiheit für die Vergewaltigung innerhalb einer Ehe,
Das halte ich für ein problematisches Beispiel, weil sich da einfach die Wertvorstellungen geändert haben, von der Vorstellung der "ehelichen Pflichten" (weshalb eine Vergewaltigung in der Ehe gar nicht möglich sei) hin zum absoluten Primat der sexuellen Selbstbestimmung.

Auch in Österreich war Vergewaltigung in der Ehe lange straflos. Erst 1989 wurde sie strafbar, anfangs allerdings nur auf Antrag des Opfers. Erst seit 2004 handelt es sich um ein Offizialdelikt, das also vom Staat amtswegig zu verfolgen ist. Das bedeutet aber nicht, dass Vergewaltigung in der Ehe davor gar keine Konsequenzen hatte. Sie konnte durchaus bestraft werden, aber nicht als Vergewaltigung, sondern wegen minderer Delikte (Nötigung).

In "Unrechtssystemen" hingegen ist den Akteuren meist im Grunde durchaus bewusst, dass das, was sie tun, (nach aktuellem Rechtsverständnis) nicht in Ordnung ist, weswegen es möglichst vertuscht, geleugnet oder zumindest beschönigt wird.
 
Habe ein Jahr in der DDR gearbeitet.Meine Weisheiten rühren daher, positive und negative.
Gibts denn Unrechtsprechung in einem Unrechtsstaat.....und Rechtsprechung in einem Rechtsstaat?Ist schon fast komisch.
Das Strafgesetzbuch der DDR habe ich hier einer Kanzlei gespendet, und natürlich Diplom-Juristen kennengelernt, aber mir den Mund nicht verbrannt.
 
Tatsache ist, daß es geschriebenes Recht gab. Natürlich gab es hierzu Ausführungsbestimmungen. Es war formal wie im Westen....und wie geht es dann weiter?Irgendwie eine Auseinandersetzung, die ohne Ziel bleibt.
'Geschriebenes Recht' kann in sich selbst 'geschriebenes Unrecht' , sogar Tyrannei darstellen. In diesem Fall haben Buerger 'die Pflicht und das natuerliche Recht' auf ihr *von Gott gegebenes* 'Natuerliches Recht' zurueck zu greifen.
@ Ravenik In "Unrechtssystemen" hingegen ist den Akteuren meist im Grunde durchaus bewusst, dass das, was sie tun, (nach aktuellem Rechtsverständnis) nicht in Ordnung ist, weswegen es möglichst vertuscht, geleugnet oder zumindest beschönigt wird.
Das "im Grunde" ist eben 'common sense' oder i.B. auf Rechtlichkeit 'Natuerliches| instinktives Rechtsempfinden'.
 
[...] Es ist die Frage, ob das geschriebene Recht auch in die Praxis umgesetzt wird. [...]
Genau. Wenn das eben nicht geschieht, bringt uns das zur naechsten Frage: wenn "geschriebene Recht nicht in die Praxis umgesetzt wird" , d.h. nicht enforced , tolerated wird, dann haben wir 'the law of the jungle' , i.e. "might is right".
Wir koennen das am bedrock fuer Voelkerrecht beobachten: seit 1948 bis zum heutigen Tag werden Statuten der UNO Charta von UN-Mitgliedern grob missachtet und die UNO toleriert diesen Zustand indem sie unwillig ist auf Chapter VII zurueckzugreifen.
Case in point:
All Members shall refrain in their international relations from the threat or use of force against the territorial integrity or political independence of any state, or in any other manner inconsistent with the Purposes of the United Nations. Article 2 (4) UNO Charter (1944)
Trump droht noch immer Canada's und Iceland's "territorial integrity or political independence" entgegen den Willen der dortigen Bevoelkerung den USA einzuverleiben ,und Putin verwendet Gewalt die "territorial integrity" der Ukraine zu aendern. Beide Vorhaben brechen geltendes Voelkerrecht, beide Regierungschefs stellen demzufolge Kriminelle im Sinn des Voelkerrechts dar, beiden kann man nichts anhaben : 'might is right' =' the law of the jungle'.
 
sehr glitschiges Pflaster, bibliophile.Wer entscheidet wann Naturrecht vorgeht?
Nix glitschig sondern sehr konkret: jeder entscheidet fuer sich selbst ob er tolerant gegenueber Tyrannei sein moechte oder nicht. Die Definition und Beispiele fuer Tyrannei brauchen wir ja nicht durchzukauen.
Und die DDR war ein zum Himmel schreiender Unrechtsstaat. Ich Idiot bin selber als 20/22 Jaehriger oefter von West Berlin nach Ostberlin 'rueber gegangen. Schauerlich! Kriege jetzt noch 'ne Gaensehaut wenn ich daran zurueck denke.

Falls es In DEU das Buch von Thomas Paine 'The Rights of Man' in deutsch geben sollte, waere es fuer Dich wohl lesenswert.
Thomas Paine hatte grossen Einfluss auf den Text der amerikanischen Constitution gehabt und er selber sah die Vorgaenge in FRA als abschreckendes Beispiel.
Thomas Paine , The Rights of Man, https://archive.org/details/PaineRightsOfMan/page/n257/mode/2up?q=Tyranny


"Government with insolence is despotism;
but when contempt is added
it becomes worse;
and to pay for contempt
is the excess of slavery" ------- Thomas Paine, Rights of Man, ppg 112
_________________________
"Eine Regierung, die mit Unverschämtheit regiert, ist Despotismus;​
wenn dann noch Verachtung hinzukommt,​
wird es noch schlimmer;​
und für Verachtung zu zahlen ist das Äußerste der Sklaverei."-------(deepl)​
 
Das halte ich für ein problematisches Beispiel, weil sich da einfach die Wertvorstellungen geändert haben, von der Vorstellung der "ehelichen Pflichten" (weshalb eine Vergewaltigung in der Ehe gar nicht möglich sei) hin zum absoluten Primat der sexuellen Selbstbestimmung.
Wenn die körperliche Unversehrtheit, ein unveräußerliches Grundrecht im Verfassungsrang darstellt und Grundrechte, wenn überhaupt nur durch den Staat und ausnahmsweise zeitlich begrenzt und zu bestimmten Zwecken angetastet werden dürfen (z.B. das Recht auf Freizügigkeit, zwecks Verbüßung einer Haftstrafe), kann es der Legislative dieses Staates nie und nimmer erlaubt sein, Gesetze zu machen, die die Grundrechte von Personen de facto dauerhaft einschränken, aber genau das ist in diesem Fall passiert.

Außerdem stellte meines Erachtens diese Rechtssprechung einen klaren Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz dar.
Wenn eine Vergewaltigung außerhalb der Ehe bestraft wird, eine innerhalb der Ehe aber nicht, obwohl es sich um ein und die selbe Tat handelt, die das schützenswerte Rechtsgut einer anderen Person angreift, wird im Endeffekt nicht die Tat selbst bestraft, sondern nur, dass ein bestimmter Täter sie verübt hat.

Das halte ich für meinen Teil mit Rechtsstaatlichkeit jetzt nicht so wirklich für vereinbar.

In "Unrechtssystemen" hingegen ist den Akteuren meist im Grunde durchaus bewusst, dass das, was sie tun, (nach aktuellem Rechtsverständnis) nicht in Ordnung ist, weswegen es möglichst vertuscht, geleugnet oder zumindest beschönigt wird.
So wie mit der Floskel "eheliche Pflichten" um häusliche Gewalttäter zu decken?

Ich bin der Meinung, wer eine schwere Straftat für eine bestimmte Tätergruppe (in diesem Fall Ehepartner) straffrei stellt, obwohl er den Unrechtsgehalt der Tat selbst erkennt, (sonst wäre sie in anderen Fällen nicht strafbewehrt gewesen), setzt letztendlich Anreize für potentielle Täter, außerdem kommt in diesem Fall der Staat selbst seinem Auftrag zum Schutz der unveräußerlichen Grundrechte seiner Bevölkerung nicht nach.

Für mich ist das systematische Produktion von Unrecht.
 
'Geschriebenes Recht' kann in sich selbst 'geschriebenes Unrecht' , sogar Tyrannei darstellen.
Letztendlich kann man jede Form von Recht pervertieren, auch überpositives Naturrecht, je nachdem, was der Interpret gerade zum Naturrecht/Naturzustand erklärt.

Die Sklavenhalterlobby, und später die white-supremacy-Anhänger in den USA, z.B. konnten z.B. im Bezug auf Sklaverei und Bürgerrechte für Afroamerikaner damit argumentieren, dass wegen der Hautfarbe, die Afroamerikaner und die weißen Europäer von der Natur unterschiedlich beschaffen worden seien und was von Natur aus unterschiedlich sei, durch geschriebenes Recht nicht künstlich gleich gemacht werden dürfte, weswegen es nicht angehen könne den Farbigen irgendwelche gleichen Rechte zuzugestehen und weswegen geschriebenes Recht, dass solches postuliere selbst Unrecht sei.

Den Quatsch würde in der heutigen Zeit zwar kein vernünftig denkender Mensch mehr akzeptieren, aber im krass rassistisch und sozialdarwinistisch geprägten mittleren bis späten 19. Jahrhundert und im beginnenden 20. Jahrhundert, ging das in diversen Gesellschaften als valide Argumentation durch.
 
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