timotheus
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Ich denke aber, dass letztlich das Schisma den Fall verursacht hat. Das Reich wurde vom "Westen" und vom Papst im Stich gelassen.
Dies - vor allem in zwei solch kurzen Sätzen - möchte ich nun wiederum mit einem deutlichen Fragezeichen versehen...
Das Schisma - ich nehme einmal an, daß jenes von bzw. ab 1054 gemeint ist - zur Ursache zu machen, greift eindeutig zu kurz.
Richtig ist, daß bereits in der 2. Hälfte des 11. Jh. Byzanz erhebliche Probleme bekam - doch sie hatten nicht nur mit traditionellen (HRR, arabische Welt) sowie neuen (Normannen, Seldschuken) äußeren Feinden zu tun, sondern verbanden sich dabei mit innerer Destabilisierung (Auflösung und Untergrabung des Themensystems mit Ersetzung des stehenden Heeres durch Söldnerverbände). Genaugenommen war schon die Niederlage bei Mantzikert 1071 dafür symptomatisch; daß die anschließende Zeit der Orientkreuzzüge nach einer Sicherung der Ostseite und sogar byzantinischen Gebietsgewinnen bzw. Machtbereichserweiterungen Mitte bis Ende des 12. Jh. um 1204 zu einer vorübergehenden Zerschlagung des Reiches führte, war ebenfalls inneren Krisen geschuldet (Alexios IV. rief bekanntlich die Kreuzfahrer selbst herbei, um den Thronstreit für ihn zu entscheiden, und blieb letztendlich alle Versprechen und Zugeständnisse schuldig).
Es stimmt auch keineswegs, daß das byzantinische Reich im Stich gelassen wurde, denn nach seiner Restauration 1261 vernachlässigte es seine Gebietssicherung in Kleinasien noch immer selbst, da man sich auf die Sicherung der europäischen Seite konzentrierte - was zwar verständlich erscheint, sich aber bei einer solchen Fokusierung auf eine Grenze irgendwann rächen mußte. Bis in die 1330er Jahre ging der kleinasiatische Besitz nahezu vollständig an die neuen türkischen Staaten verloren. Und dazu traten zu allem Überfluß während der 1. Hälfte des 14. Jh. noch mehrere Bürgerkriege (Thronkämpfe), welche zu einer weiteren inneren Destabilisierung führten - zumal sich einzelne Thronaspiranten dabei sogar mit den Osmanen verbündeten und diesen damit zu einer schnelleren und stärkeren Erweiterung ihres Macht- und Einflußbereiches verhalfen.
Richtig ist, daß 1453 große Hilfe aus dem "Westen" für Byzanz ausblieb; falsch ist hingegen, daß es keine Hilfe gab: etwa ein Drittel der Verteidiger der Stadt waren Venezianer, Genuesen u.a.
Außerdem muß die Zusage westlicher Militärhilfe im Kontext des Konzils von Ferrara-Florenz gesehen werden, dessen Beschlüsse zur Kircheneinheit zwar vom Kaiser und den bedeutenden Kirchenführern der Ostkirche anerkannt, aber von einigen Metropoliten (z.B. Markos Eugenikos von Ephesos) sowie der byzantinischen Bevölkerung selbst abgelehnt wurden.
Anm.: Sämtliche christliche Staaten - sowohl Byzanz als auch die Staaten des Balkans wie auch das westliche Europa - gingen letztendlich außerdem auch noch fehl in der Annahme, daß sich das Osmanenreich nach der Niederlage gegen Timur 1402 im Chaos auflösen und nie mehr zu alter Stärke erheben würde...
Außerdem hatte ich das alles schon mehrfach an anderer Stelle ausgeführt:
http://www.geschichtsforum.de/226348-post200.html
http://www.geschichtsforum.de/226378-post205.html
http://www.geschichtsforum.de/226398-post207.html