Von ihrer Anlage her sind Reihengräber schon typisch für das 5.-7. Jahrhundert nach Christus. Gemeint sind eben Flachgräber in regelmäßiger Anordnung (von der Anlage her vergleichbar mit vielen modernen Friedhöfen, nur halt ohne Grabsteine) und West-Ost-Ausrichtung.
Die Germanenstämme innerhalb Deutschlands waren eigentlich Brandbestatter, wobei es viele unterschiedliche Bräuche gab (Urne, Brandschüttungsgrab, Grablege von Urnen in einem Hügel etc.).
Nach Horst Wolfgang Böhme setzte sich die Körperbestattung erst in der Spätantike durch. Der interkulturelle Kontakt der Söldner habe dazu gefüht, dass diese Kriegergräber anlegten, wie eben auch römische Offiziere und Soldaten mit ihren Beigaben bestattet worden.
Dieser Theorie zufolge nahm die Reihengräbersitte denn auch ihren Anfang in der germanisch-römischen Kontaktzone am Niederrhein, die zu den Kernlanden des Merowingerreichs gehören sollte. Aber auch weiter südlich (z.B. Nähe Frankfurt) gibt es schon frühe Reihengräberfelder. Die Alemannen dürften fast zeitgleich mit den Franken diesen Brauch aufgenommen haben, wobei der "Durchbruch" der Reihengräber erst im 5. Jahrhundert erfolgte. So wie ich das sehe, waren die Reihengräber im Merowingerreich und bei den Alemannen, Baiuwaren und Thüringern verbreitet. Mit den Slawen kenne ich mich nicht so aus, aber nach meinem Wissen pflegten auch sie eher die Brandbestattung.
Natürlich gab es zahlreiche Versuche, Grabgut aus den Reihengräbern ethnisch zuzuordnen. Dies bereitet insofern Schwierigkeiten, da die Kulturen der Alemannen und Franken zumindest auf deutschem Boden sehr einheitlich und ähnlich waren. Daher schenkt man solchen Deutungen zurzeit wenig Vertrauen. Frank Siegmund hat mit Hilfe der statistischen Auswertung versucht, die signifikanten Unterschiede der Grabbeigaben in verschiedenen Kulturräumen herauszuarbeiten. Ergebnis daraus ist das Buch "Alemannen und Franken", welches trotz des allgemein gehaltenen Titels sich hauptsächlich mit den Interpretationsmöglichkeiten aus den Reihengräbernfelder befasst.
Lesenswert zur Einführung ist immer noch der Abschnitt zu Reihengräbern in der 1970 erschienenen "Geschichte der Franken" von Zöllner. Interessant dazu auch einige Schriften von Heiko Steuer, der versucht hat, aus dem Fundgut der Reihengräber sozialgeschichtliche Erkenntnisse zu treffen (z.B. "Frühgeschichtliche Sozialstrukturen im Mittelalter").