Aber der gotische Adel, der sich noch zu sehr über die allzu römische Erziehung von Amalswintas Kindern aufregte, dem dürfte man kaum einen solchen Bären aufgebunden haben.
ja, die kurze Vorgeschichte zum Gotenkrieg von Prokop ist interessant! Ich habe mich oft gefragt, was mit dieser Episode gemeint sein könnte - in Dahns "Kampf um Rom" wird das ja sehr nationalpathetisch interpretiert (gedrechselt altertümlich vom Gotentum schwadronierende gotische Herzöge)
-- bedenkt man, dass Amalasuntha mit dem gotischen Königsschatz nach Byzanz türmen wollte, wird allerdings ein gewisses Misstrauen seitens des gotischen Adels verständlich (falls die die Pläne der Regentin kannten)
Theoderichs Tochter regierte für ihren minderjährigen Sohn Athalarich (laut Prokop ein verkommenes Bürschchen), damit war ihr Status trotz Amalersippe nicht so fest wie bei einem "richtigen" König - diese unsichere Position mag die gotische Opposition auszunutzen versucht haben. Dahns romanhafte Vorstellung, die gotische Erziehung würde Waffenkunde, die römische hingegen Bücherwälzen bedeuten, ist pure Fiktion: man denke nur, was für einen Mitregenten sie nach Athalarichs Sohn wählte... (Theodahad war alles andere als ein strammer Kriegsmann)
schade dass man nicht weiß, was genau die Absichten der gotischen Großen in dieser Sache waren - Prokops Darstellung, dass sie statt Ausgleich / Integration lieber die Römer schikanieren wollten, wirkt erstaunlich (womöglich arianisch-römische Gegensätze?)
Möglichst lange Geschichte wäre ohne die kaum bekannten Geten - man nennt nicht einmal einen getischen König - viel einfacher.
...aus dem Norden in gruer Vorzeit gekommen, im Südosten angesiedelt, und das möglichst lange... Mist, dachte Cassiodor, wie krieg ich das bloß hin, da hockten doch Scythen, Thraker... jippi, vorher hatte man ja oftmals Scythen für Goten gesagt, die Geten hausten auch dort, ok, machen wir die Goten halt zu Geten
Zum Beispiel durch die Erfindung der sogenannten Amaler, und noch weiter bis Skandinavien.
so wenig man eine Abstammung von Trojanern, Göttern, Meeresungeheuern nachweisen kann, so wenig kann man eine skand. Herkunft nachweisen - was nicht überprüfbar ist, das kann geschickt verpackt den Leser als möglich überzeugen.
von der fernen, nur sagenhaft bekannten Insel Scandza kommend, riesige Gebiete erobernd (Ermanarich) - das ist doch offenkundig die Suggestion von Macht, Stärke, kurzum Prestige; und tatsächlich sogar rhetorisch etwas geschickter als die Abstammung von Göttern.
Das ist ein komischer Spagat. Einerseits wird zugegeben, dass die Getica größtenteils eine Erfindung ist, um Prestige zu generieren. Andererseits soll dann neben den 80% offensichtlichem Mumpitz (Pharaonen usw.) doch ein paar Zeilen, nämlich die mit Skandinavien, aus alten Sagen stammen und einen wahren Kern haben.
Belege dafür gibt es nicht, außer einer Namensähnlichkeit mit einem Volk Jahrhunderte zuvor, welches aber nicht mal in Skandinavien, sondern südlich der Ostsee lebte.
niemand will die skandinavische Herkunft als historische Tatsache darstellen - die Frage, was an der Getiva echt bzw. wahr ist, geht in eine andere Richtung: was daran, egal ob fiktiv oder real, kann als eigene gotische Überlieferung angenommen werden! Die Haljarunnae, etliche Namen, Sagenansätze (um Ermanarich herum) und wohl auch die Herkunft aus dem Norden sind wahrscheinlich gotische
Motive - und an diesen ist interessant, ob überhaupt und welche Fakten sie vielleicht enthalten: die hunnische Dominanz wird in dieser Überlieferung ja eigenwillig verarbeitet, bezeichnenderweise unter Verzicht auf den Hinweis, dass die Ostgoten ja unter Attila zu den katalaunischen Feldern mitzogen... das wollte man am Hof zu Ravenna nicht laut herumtrompeten