Bei den ähnlich gesichtsreduzierten Kykladenidolen hat sich herausgestellt, dass diese bemalt waren (und somit ein wenig aussehen, als hätte sie Saul Steinberg gemacht).
Das kann man bei der Venus trotz Farbresten ausschließen, es ist schlicht unter der Haarpracht kein Gesicht zu sehen. Aber ich denke, dass damit die Frage beantwortet ist: es ist unter der Haarpracht kein Gesicht zu sehen. Ähnlich, wie die primären Geschlechtsmerkmale übersteigert sind, sind auch die tertiären (die Haare bzw. Lockenpracht) übersteigert. Offensichtlich stand der Steinzeitkünstler auf sowas bzw. es ist nicht auszuschließen, dass das mitspielt.
Noch eins: Du sollst dir kein Bild machen … viele Götterfiguren sind solcherart anonymisiert, sogar Zeusstatuen und Christusbilder folgen eher einem ausweichenden konventionellen Ideal, als eine tatsächliche Portraitähnlichkeit herausarbeiten zu wollen*. Durch tatsächliche physiognomische Ähnlichkeit einer Götterfigur wird eine empfindliche Grenze überschritten. Möglich, dass sich der Künstler/die Künstlerin nicht auf ein solches frühtheologisches Gerangel einlassen wollte.
Aber das steht garantiert alles belegt und nicht so aus dem Bauch heraus bei der Walburga Antl.
*Nb. Doch, es gibt portraitähnliche Bilder, nur die Authentizität ist so ne Sache, einfach nicht zu beweisen.