Verluste nach dem 20. Juli

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Gast

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Manchmal hört man, dass im letzten Kriegsjahr nach dem 20. Juli so viele Menschen starben wie in all den Kriegsjahren zuvor.

Kurz gesagt: Ich zweifel daran.

Wenn dann gilt das doch sicherlich nur für Europa oder? Der Konflikt in Asien begann ja bereits früh in den 30er Jahren. Die Japaner haben jahrelang Chinesen millionenfach ermordet. Und das was auf dem Pazifik in Flugzeugen und auf Schiffen gestorben ist "macht dne Kohl doch auch nicht mehr fett".

Und dass das auf Europa so zutrifft glaube ich auch nicht.
Ab Herbst 1944 war der Holocaust vorbei.(Zumindest wurden die Vernichtungslager aufgelöst).
Die 3 Millionen Russen die in Kriegsgefangenschaft starben waren bestimmt auch schon tot, weil die Wehrmacht ab 1944 wohl kaum noch viele Gefangene gemacht haben kann. Die Millionen russischer Zivilisten konnten ab 1944, wo die Wehrmacht Polen betrat auch nicht mehr sterben etc.

Was reguläre Verluste unter den Truppen angeht kann das ganze aber sicherlich noch stimmen. Also, wer weiß mehr?
 
Zitat: (hab leider noch keine Ahnung, wie es richtig funktioniert)
Manchmal hört man, dass im letzten Kriegsjahr nach dem 20. Juli so viele Menschen starben wie in all den Kriegsjahren zuvor.

Wo hast Du das gehört? Ich habe davon auch "gehört", allerdings ist diese Einschätzung ausschließlich auf den 2. WK bezogen, wenn ich recht erinnnere. Also ohne Asienkonflikte mit ein zu beziehen.

Des Weiteren: es wurden nicht alle Vernichtungslager "aufgelöst" im Herbst 1944...Sie wurden teilweise schon befreit, wie z.B. die Rote Armee 1945 die Überlebenden von Auschwitz befreit hat.
Und "aufgelöst" ist auch ein bescheidenes Wort für den sicheren Tod der Inhaftierten. Es ging den Nazis darum, alle Spuren zu vernichten. Wie z.B. in Polen/Sobibor. Himmler befahl im Herbst 1943 nach Treblinka und Belzec die Auflösung des Vernichtungslagers Sobibor. 300 Menschen konnten fliehen -gadenlos gehetzt von den Nazis. Nur wenige überlebten die Flucht. Die restlichen Insassen wurden getötet und alle Gebäude abgerissen.

Ich denke, für viele Menschen ist der Holocaust nie vorbei....

Aber um noch mal auf Deine Ausgangsfrage zurück zu kommen: ich weiß auch keine Zahlen...
 
Steph schrieb:
Zitat: (hab leider noch keine Ahnung, wie es richtig funktioniert)
Manchmal hört man, dass im letzten Kriegsjahr nach dem 20. Juli so viele Menschen starben wie in all den Kriegsjahren zuvor.

Wo hast Du das gehört? Ich habe davon auch "gehört", allerdings ist diese Einschätzung ausschließlich auf den 2. WK bezogen, wenn ich recht erinnnere. Also ohne Asienkonflikte mit ein zu beziehen.

Des Weiteren: es wurden nicht alle Vernichtungslager "aufgelöst" im Herbst 1944...Sie wurden teilweise schon befreit, wie z.B. die Rote Armee 1945 die Überlebenden von Auschwitz befreit hat.
Und "aufgelöst" ist auch ein bescheidenes Wort für den sicheren Tod der Inhaftierten. Es ging den Nazis darum, alle Spuren zu vernichten. Wie z.B. in Polen/Sobibor. Himmler befahl im Herbst 1943 nach Treblinka und Belzec die Auflösung des Vernichtungslagers Sobibor. 300 Menschen konnten fliehen -gadenlos gehetzt von den Nazis. Nur wenige überlebten die Flucht. Die restlichen Insassen wurden getötet und alle Gebäude abgerissen.

Ich denke, für viele Menschen ist der Holocaust nie vorbei....

Aber um noch mal auf Deine Ausgangsfrage zurück zu kommen: ich weiß auch keine Zahlen...

Dabei sollte man die zahlreichen Todesmärsche nicht vergessen. Bevor die Rote Armee im Januar 1945 Auschwitz befreite, wurden 56 000 Menschen auf einen solchen Marsch geschickt. Viele haben nicht überlebt und die andern wurden unteranderm nach Buchenwald gebracht.
 
Stimmt, Ursi.
Ich denke auch, dass alle Zahlen, die je existiert haben oder existieren, nie richtig sein werden.
Und diese Zahlen sagen auch einfach gar nichts aus über das Leid, was so viele Menschen jeglichen Alters und jeglicher Herkunft und deren Nachfahren ertragen mussten und auch noch müssen, ob im 2. WK oder in all den anderen Kriegen die jetzt, hier und heute auf dieser Welt existieren.
 
Natürlich starben auch nach dem 20. Juli noch viele weitere Juden, aber der Holocaust war natürlich schon größtenteils über die Bühne gegangen.
 
Gast schrieb:
Natürlich starben auch nach dem 20. Juli noch viele weitere Juden, aber der Holocaust war natürlich schon größtenteils über die Bühne gegangen.

Nein war er nicht. Woher nimmst du diese Behauptung, ich bitte da um Quellen.

Ein Beispiel unter vielen:

Im Sommer 1944 kehrte das "Sonderkommando Kulmhof" nach Chelmno zurück, um die noch lebenden Juden aus dem Ghetto Lodz zu ermorden. Innerhalb von drei Wochen tötete die SS über 10.000 Juden in Gaswagen. Etwa 70.000 weitere Ghettobewohner wurden zur Ermordung nach Auschwitz deportiert.

oder
die Vergasungen in Auschwitz wurden im November 1944 eingestellt, das heisst aber nicht das bis Januar 1945 die Menschen dort nicht ermordet wurden.

oder hier:
Zwischen Januar und Anfang April 1945 starben in den Lagern des KZ Mittelbau über 6.000 Häftlinge.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gast schrieb:
Manchmal hört man, dass im letzten Kriegsjahr nach dem 20. Juli so viele Menschen starben wie in all den Kriegsjahren zuvor.

Kurz gesagt: Ich zweifel daran.

:motz: :motz: :motz:

Erstens müsste es heißen: Ich zweifle daran.

Zweitens:
Es zweifelt der, der nicht akzeptieren will.


Von Jänner bis zum Kriegsende 8.Mai 1945 wurden durch direkte Kriegseinwirkung beinahe soviele Menschen ums Leben gebracht als in den 6 Kriegsjahren zuvor. Und in den KZs verhungerte man ab Mitte 44.
Das sag ich jetzt ohne mir die Mühe zu machen, hier hässliche Zahlen reinzustellen.

Was willst du eigentlich?
Für deinen Zweifel gehörst du geteert und gefedert.

Und ich bitte das Auditorum um Vergebung meiner harschen Worte!
 
ning schrieb:
Von Jänner bis zum Kriegsende 8.Mai 1945 wurden durch direkte Kriegseinwirkung beinahe soviele Menschen ums Leben gebracht als in den 6 Kriegsjahren zuvor.

Für militärische Zahlen im 2.WK habe ich mich nie groß interessiert und melde mich deswegen auch nur ganz still und kleinlaut... ;)

nings Angabe oben erscheint mir recht plausibel. Einmal wurden in den verzweifelten Rückzugsschlachten auf deutscher Seite zig Tausende verheizt nur um die Stellung möglichst lang zu halten (z.B. Oderbruch bei Berlin) und andererseits warf die SU enorme Truppenmassen an die Front um den Gegner zu erdrücken. Hohe Verluste wurden bewußt in kauf genommen.
Zusätzlich starben in den Kriegsgefangenlagern die Soldaten aller Seiten auch in großer Zahl, weil die Versorgung völlig zusammenbrach.
Das bezieht sich allein auf Militärangehörige, die Opfer der ungebremsten Bombardierungen weil die deutsche Luftverteidigung nur noch auf dem Papier bestand und des Hungers kommen noch dazu.
Zu den Opfern in KZs hat Ursi schon deutliche Angaben gemacht.
 
Ein Detail noch:
Le Tessier schreibt, dass den Russen im März 1945 die Infanterie "ausgegangen" sei. Befreite Kriegsgefangene, befreite Polen, alles sei umgehend in Uniformen gesteckt und bewaffnet worden, um diesen Mangel zu beheben.
Ein Zeichen dafür, wie fürchterlich der Krieg zu diesem Zeitpunkt noch, auch unter den Siegern gewütet hat.

Grüße Repo
 
Ich finde, es nicht so wichtig, ob vor oder nach dem 20. Juli1944 mehr oder
weniger Menschen umgekommen sind. jeder einzelne ist schon zu viel.
 
Dernburg schrieb:
Ich finde, es nicht so wichtig, ob vor oder nach dem 20. Juli 1944 mehr oder weniger Menschen umgekommen sind. Jeder einzelne ist schon zu viel.
Dies ist eine moralische Beurteilung - die werden hier zwar (fast) alle teilen, aber danach ist nicht gefragt.

Ich würde auch den Fragesteller nicht verurteilen. Dass er sich nicht vorstellen kann, dass im letzten Kriegsjahr mehr Menschen starben - sei es im Holocaust oder in Kriegshandlungen - würde ich nicht als Geschichtsrevisionismus werten, sondern als noch mangelnde Kenntnis eines geschichtsinteressierten Laien. Denn zuerst scheint es doch logisch, dass in 1 Jahr nicht mehr Leute sterben können, als in 5. Erst wenn man sich die Anstrengungen auf allen Seiten detailliert anschaut, den Krieg endlich zu beenden oder noch weiter zu verlängern, den Holocaust zu Ende zu führen etc., erst dann merkt man doch, dass es tatsächlich möglich ist, dass in diesem letzten Kriegsjahr mehr Menschen starben, als zuvor.
Wäre nett, wenn jemand aus seriösen Publikationen Zahlenmaterial vorlegen könnte.
 
Repo schrieb:
Ein Detail noch:
Le Tessier schreibt, dass den Russen im März 1945 die Infanterie "ausgegangen" sei. Befreite Kriegsgefangene, befreite Polen, alles sei umgehend in Uniformen gesteckt und bewaffnet worden, um diesen Mangel zu beheben.
Ein Zeichen dafür, wie fürchterlich der Krieg zu diesem Zeitpunkt noch, auch unter den Siegern gewütet hat.
Grüße Repo

Lieber Repo,

ich sehe es ähnlich wie Du. Es wird doch dann mehr getötete Menschen geben, wenn eine Seite zusammenbricht und nur noch Chaos sich ausbreitet.:grübel:
 
Hintergrund dieser Abwägung "Verluste vor und nach dem 20.Juli.1944" ist doch die Frage: "Wieviel Opfer hätten vermieden werden können, wenn das Attentat auf Hitler Erfolg gehabt und der Krieg beendet hätte werden können?"

Die Ergebnisse werden dann natürlich leicht einen irreführenden Eindruck ergeben, weil es ja auch fraglich ist, wie schnell und unter welchen Bedingungen tatsächlich der Krieg dann beendet worden wäre...?
 
Arne schrieb:
Hintergrund dieser Abwägung "Verluste vor und nach dem 20.Juli.1944" ist doch die Frage: "Wieviel Opfer hätten vermieden werden können, wenn das Attentat auf Hitler Erfolg gehabt und der Krieg beendet hätte werden können?"

Die Ergebnisse werden dann natürlich leicht einen irreführenden Eindruck ergeben, weil es ja auch fraglich ist, wie schnell und unter welchen Bedingungen tatsächlich der Krieg dann beendet worden wäre...?

Natürlich Arne,

wobei, ich sehe das so, dass man im sommer 1944 eben dort war, wo man im August/September 1918 auch war, nur haben die wenigstens die Lage überblickt und aufgehört, was 1944 dann nicht mehr ging.
Insofern ist die Zahl der Opfer danach, die dann ja evt. vermeidbar gewesen wären, schon interessant.

Grüße Repo
 
Arne schrieb:
Hintergrund dieser Abwägung "Verluste vor und nach dem 20.Juli.1944" ist doch die Frage: "Wieviel Opfer hätten vermieden werden können, wenn das Attentat auf Hitler Erfolg gehabt und der Krieg beendet hätte werden können?"

Die Ergebnisse werden dann natürlich leicht einen irreführenden Eindruck ergeben, weil es ja auch fraglich ist, wie schnell und unter welchen Bedingungen tatsächlich der Krieg dann beendet worden wäre...?

Man muss aber schon sehen, dass die Verschwöhrer im Sinn hatten den Krieg im Westen zu beenden, der im Osten nicht.
 
ursi schrieb:
Man muss aber schon sehen, dass die Verschwöhrer im Sinn hatten den Krieg im Westen zu beenden, der im Osten nicht.

Wie hätte das passieren sollen? Hätten sich denn die Westmächte darauf einlassen können? Hatten die Alliierten sich nicht versprochen, keinen Sonderfrieden mit den Nazis zu machen und bis zur bedingungslosen Kapitulation der Nazis zu kämpfen?:confused:
 
heinz schrieb:
Wie hätte das passieren sollen? Hätten sich denn die Westmächte darauf einlassen können? Hatten die Alliierten sich nicht versprochen, keinen Sonderfrieden mit den Nazis zu machen und bis zur bedingungslosen Kapitulation der Nazis zu kämpfen?:confused:

Die Verschwöhrer sahen es wirklich so, gemeinsam dann mit dem Westen gegen den Osten, realistisch war das sicher nicht. Und 1944 war es für eine solchen Sonderfrieden so oder so zu spät.

Die Alliierten wollten die bedingugslose Kapitualtion, ich kann mir höchstens Vorstellen, dass die Verschwöhrer versuchen wollten, die Russen im Osten mit Hilfe der westlichen Alliierten zurück zu drängen. Aber das ist jetzt meine persönliche Interpretation
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Repo, heinz und Ursi: Ja, genau die irreführenden Ergebnisse solcher Spekulationen meinte ich damit:
Die Ergebnisse werden dann natürlich leicht einen irreführenden Eindruck ergeben, weil es ja auch fraglich ist, wie schnell und unter welchen Bedingungen tatsächlich der Krieg dann beendet worden wäre...?
 
Ich habe in eiinem Buch über den Weltkrieg gelesen das allein in den letzten 10 Kriegsmonaten zwei Millionen deutsche Soldaten gestorben sind.Ich halte das für durchaus möglich, wenn man bedenkt wie sich die Frontsituation für Deutschland Tag für Tag verschlechterte.

Es sind also in den letzten 10 Monaten soviele deutsche Soldaten gefallen wie in den ganzen 5 jahren zuvor.
 
Wenn man bedenkt, dass bis Juni 1944 nur an einer Front (na gut, vielleicht anderthalb Fronten) gekämpft wurde, verwundert es nicht, dass mit der Landung der Alliierten in der Normandie die deutschen Verlustzahlen steigen.

Allerdings darf man auch nicht aus den Augen verlieren, dass die Rote Armee etwa gleichzeitig zu ihrer bisher größten Offensive antrat, die zum Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte und der Vernichtung von mehreren Dutzend Divisionen im Osten führte. Das schlägt alles ziemlich ins Kontor.
 
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