Verwaltung im Nationalsozialismus

Lolula

Neues Mitglied
Hallo,

was passierte denn in der Verwaltung während des Nationalsozialismus mit den "Berufsbeamten"? Die NSDAP wollte ja ihre Mitglieder in der Verwaltung unterbringen bzw. wichtige Entscheidungsstellen entsprechend besetzen, aber die Beamten konnten ja schlecht entlassen werden? Die meisten haben sich ja dann wohl mehr oder weniger "angepasst", um ihren Job nicht zu verlieren ?

Und noch eine Frage: gab es denn dann ein Nebeneinander von normaler Verwaltung und dem Parteiapparat, es wurden ja unheimlich viele Ämter, Gremien etc. neu geschaffen, oder wurde das Ganze dann in "Personalunion" erledigt?


Gruß Lolula
 
Hallo,

was passierte denn in der Verwaltung während des Nationalsozialismus mit den "Berufsbeamten"? Die NSDAP wollte ja ihre Mitglieder in der Verwaltung unterbringen bzw. wichtige Entscheidungsstellen entsprechend besetzen, aber die Beamten konnten ja schlecht entlassen werden? Die meisten haben sich ja dann wohl mehr oder weniger "angepasst", um ihren Job nicht zu verlieren ?

Alles nur eine Frage der herrschenden Gesetze...
Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, kurz Berufsbeamtengesetz, wurde am 7. April 1933 erlassen und erlaubte es den nationalsozialistischen Machthabern, jüdische und politisch missliebige Beamte aus dem Dienst zu entfernen. Zwecke des unter Federführung von Wilhelm Frick veröffentlichten Gesetzes waren die Verwirklichung der rassenpolitischen Ziele der NSDAP und die Gleichschaltung des öffentlichen Dienstes.

Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums ? Wikipedia
 

Also standen die Beamten dann eigentlich immer auf der Abschußliste, sobald Parteileute untergebracht werden mußten? Wurde dann noch nicht mal nach der Arbeitserfahrung geschaut ( wenn da "Profis" entlassen wurden, ging ja Wissen und Erfahrung verloren und das konnte ja dann wohl nur schlecht wieder ersetzt werden, oder?)?

LG lolula
 
Viele Beamten wurden zu "Märzgefallenen", also zu NSDAP-Mitgliedern die sofort nach der Machtergreifung der Partei beitraten. Diese hegten aber zuvor häufig schon sympathien für die NSDAP, dürften aber nicht beitreten, sofern sie ihre Stellung nicht verlieren wollten. Ansonsten entwickelte die NSDAP in einigen Fällen Doppelstrukturen, sofern das Themenfeld ideologisch interessant war. In nachgeordneten Bereichen blieb hingegen der Bürokratenstab der NSDAP bestehen. Unliebsame Beamte, vor lalem jüdischer Abstammung wurden allerdings relativ schnell frühverrentet oder einfach auf ein "Abstellgleis" versetzt. Allerdings bevorzugten einige Minister Parteilose Bürokraten, da sie fürchteten, NSDAP-Mitglieder würden der entsprechenden Spiegelstrukturen der Partei dienen oder zuarbeiten.
 
Es gab dann also eine Art doppelte Verwaltung? Und demzufolge auch Kompetenzgerangel? Ich stelle mir das schwierig vor, gab es dafür denn von "ganz oben", also von Hitler, eine Art "Masterplan", oder sagte der nur: Macht mal! ?

LG lolula
 
Einer meiner Ahnen war vor 33 in der SA aktiv. Er war Handwerker, keine feste Anstellung im gelernten Beruf. Nach 33 hat er über seine Kreisleitung versucht, einen Posten im öffentlichen Dienst zu bekommen, hat 37 dann auch geklappt. Die öffentliche Verwaltung hat sich gegen die Übernahme gesträubt, weil kein Posten frei war, die Partei hat aber den Druck aufrechterhalten. Ob er schlussendlich eine Lücke gefüllt hat oder ontop eingestellt wurde, ist aus dem Schiriftwechsael leider nicht ersichtlich.

Ganz interessant: seine SA-"Dienst"jahre vor 33 wurden ihm als Berufsjahre angerechnet, er wurde also höher bezahlt (allerdings auch erst nach längerem Schriftverkehr). Nach 45 wurde er schwer entnazifiziert, schlussendlich aber wieder in den öffentlichen Dienst übernommen, mit seinem alten Dienstgrad. Strenggenommen hat also auch die Bundesrepublik seine SA-Jahre als Dienstjahre anerkannt.
 
Danke für das "Beispiel".

Sind solche Geschichten auch der Grund dafür, daß über lokale Verwaltung(en) wenig geforscht wurde? Es wird ja wohl kaum Städte/Gemeinden etc. geben, die freiwillig sagen, "Ja, wir haben im System von Anfang an mitgemacht".

LG lolula
 
Danke für das "Beispiel".

Sind solche Geschichten auch der Grund dafür, daß über lokale Verwaltung(en) wenig geforscht wurde? Es wird ja wohl kaum Städte/Gemeinden etc. geben, die freiwillig sagen, "Ja, wir haben im System von Anfang an mitgemacht".

LG lolula

@Lolula

Reinecke hat weiter oben auf das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" verwiesen.

Jetzt noch Verweise auf die "Gleichschaltung":

Vorläufiges Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich (1933)

Gesetz über den Neuaufbau des Reichs (1934)

Reichsstatthaltergesetz (1935)

Über lokale/regionale Geschichte wurde und wird geforscht und die ist auch ziemlich gut aufgearbeitet. Dieses müßte man anhand der konkreten Gemeinde/Stadt prüfen, was es da so an Literatur/Publikationen gibt. Da haben die regionalen Museen und Archive den besten Überblick.

M.
 
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