Der Unterschied zwischen europäischen und islamischen Städten? Das ist nicht ganz einfach, denn es gibt ja durchaus gemeinsame Wurzeln, wenn es sich um keine Neugründungen handelt, sondern die Stadt aus der vorherigen römischen Stadt entwickelt hat.
Geht man nur von Neugründungen aus, ist es etwas einfacher. Die europäsiche Stadt entwickelt sich um ein Zentrum mit Markt/Märkten und Kirche/n. Bei Bedarf wird (sofern das Stadtrecht besteht) eine Mauer zur Verteidigung um die Stadt gezogen. D.h. größere Stadt verfügen irgendwann über zwei oder drei Ringmauern, weil immer neue Sieder hinzugekommen sind, die sich zunächst außerhalb der Mauern angesiedelt haben, dann aber aus Schutzbedürfnis wiederum eine Außenmauer brauchten. (Ausnahmen gibt es in England, sieh Brodt, Bärbel: Städte ohne Mauern.)
Im Innern war die europäische Stadt nach Berufen organisiert, das kann man heute noch den Straßennahmen in Altstädten entnehmen.
Bei der islamischen Stadt hast Du zwar auch Sūqs (also Märkte) die nach Berufen organisiert sind, aber die Städte wuchsen ganz anders. Islamische Städte repräsentierten die Stammesgesellschaft. Im Prinzip gibt es kein Stadtzentrum in unserem Sinne, um das sich alles gruppiert (wenn auch faktisch repräsentative Bauten meist an exponierter Stelle stehen und sich gruppieren, das ist einfach ein Schuss Pragmatismus). Man kann die islamische Stadt auch als ein Durcheinander mehrerer Städte begreifen. Innerhalb gibt es drei Kategorien von Straßen: Die offenen Straßen, die die einzelnen Stadtteile miteinander verbinden, die zu repräsentativen Bauten führen oder zum Sūq (Du kannst das lange ūauch durch ou ersetzen: Souq)
Die zweite Kategorie Straßen ist nur halböffentlich. Sie führt in die Quartiere ((ar-)rabad - das hat nichts mit der Hauptstadt von Marokko zu tun, die schreibt sich Ar-Rabāṭ). Diese Quartiere oder rabads werden i.d.R. nur von den Mitgliedern eines Stammes bewohnt. Sie sind meist mit einer eigenen Mauer umgeben, eine Ringmauer, wie in europäischen Städten, ergibt sich dann meist erst aus dem Zusammenwachsen der rabads. Innerhalb des rabad gibt es noch die Privatstraßen, die häufig extra verschlossen sind und fast immer Sackgassen: Hier ist nur Clanmitgliedern (Clan meint hier eine Untereinheit des Stammes, aber eine größere Einheit, als die Familie) der Zutritt erlaubt. Hier komme ich noch mal auf die Häuser und damit noch einmal auf einen Unterschied zwischen christlicher und islamischer Stadt zu sprechen: das Islamische Haus hat nach außen hin keine Fenster, der Hauseingang ist meist über Eck, so, dass bei geöffneter Tür der Blick nicht ins Innere des Hauses bzw. meist in den Innenhof gelangt. Um den Innenhof sind die einzelnen Räume gruppiert. Wohnbereich und Arbeitsbereich sind klar voneinander getrennt. D.h. z.B. auch, dass der Sūq unbewohnt ist. Eine solche Trennung gibt es eben im abendländischen Haus nicht. Hier ist das Haus Wohn- und Arbeitsraum und Lehrlinge und Gesellen schliefen nicht selten in der Werkstatt.