Volksmenge germanischer Stämme

@Ostrogotha:
Vielleicht einigen wir uns darauf, dass die Goten während ihrer Zeit in Italien gewiss nicht so sehr als Volk gewachsen sind um ohne Folgen für ihr eigenes Reich einfach so 6000 wehrfähige Männer als Mitgift nach Afrika abziehen zu lassen. Du selbst gibst ja die Episode wieder, als Theoderich seine Laufbahn als König mit nur 6000 Kriegern begann! Zum Vergleich: Belisar eroberte das Vandalenreich mit angeblich nicht mehr als einer Armee von 15000 Mann, von denen er nur Bruchteile in der entscheidenden Schlacht einsetzen musste. Nach Italien gegen die Goten nahm er Anfangs nur wenig mehr Männer mit…
Grund genug die Zahl anzuzweifeln, egal ob unter dem Gefolge der Amalafreda nun auch Goten waren, die als Geiseln eine Erziehung bei vandalischen Großen erhielten.

@Cherusker:
Die Wirtschaftsformen der Germanen waren lange nicht allzu ertragreich, aber so einfach wie du sagst war es ganz sicher nicht!
Auch die Aussage dass jeder wehrfähige, männliche Germane ein Krieger war ist etwas zu einfach. Über diese Relationen habe ich bereits hier einige Worte verloren:
http://www.geschichtsforum.de/255240-post14.html
Auch bei den Römern bestand theoretisch die Pflicht dass alle männlichen (Freien) zum Kriegsdienst herangezogen werden konnten, doch war das Illusorisch! Das Gleiche gilt für die griechischen Stadtstaaten der vorchristlichen Zeit und noch heute ist theoretisch jeder Mann bei Bedarf Wehrpflichtig. Von dem militärischen Wert die ein solches Aufgebot (letztmalig bei uns 1944/45 als "Volkssturm" bezeichnet eingesetzt) hat will ich gar nicht reden...
 
Zuletzt bearbeitet:
@Cherusker:
Die Wirtschaftsformen der Germanen waren lange nicht allzu ertragreich, aber so einfach wie du sagst war es ganz sicher nicht!
Auch die Aussage dass jeder wehrfähige, männliche Germane ein Krieger war ist etwas zu einfach. ...

Oh, doch...man kann germanische Stämme der Zeitenwende nicht mit Römern, Griechen, Perser, Goten usw. vergleichen. Es gab in Germanien Sippen, die sich in Stämmen zusammenschlossen. Auseinandersetzungen zwischen feindlichen Stämmen waren eine jährliche Wiederkehr. Was man durch Handel nicht gewinnen konnte, das wurde durch Kampf erreicht!
Jeden Sommer wurde nicht nur die spärliche Ernte durch nichtwehrfähige Leute eingeholt, sondern wurde zu neuen Kämpfen gerüstet! Selbst wenn Ruhe war, boten sich die Krieger anderen Kriegsherren an.

Tacitus beschreibt, daß aus den Jungmannschaften eines Gaues jeweils 100Krieger (die auch diese Bezeichnung bekommen) herausgenommen werden, die sich vor die Schlachtreihe stellen. Feigheit in der Schlacht (was gleichbedeutend mit dem Verlust des Schildes symbolisiert wird) wird mit Schande geahndet. Solche "infames" werden dann von heiligen Handlungen und Versammlungen ausgeschlossen und begingen auch Selbstmord, da ihre Schande für ihr Verständnis zu groß war.

Die Germanen waren somit ein Kriegervolk, das durch seine Vorgehensweise für Angst und Schrecken bei den Kelten und Römern führte. Was konnten Römer gegen Germanen ausrichten? Felder verbrennen? Die wenige Landwirtschaft, stellte keinen allzugroßen Verlust dar. Notfalls gab es sogar Eichenrinde auf dem Speiseplan. Siedlungen zerstören? Die paar Holzhäuser waren schnell wieder aufgebaut. Die Germanen brauchten nur ihr Vieh in die Wälder treiben und schon hatten sie ihr "Gut" in Sicherheit gebracht.



Von dem militärischen Wert die ein solches Aufgebot (letztmalig bei uns 1944/45 als "Volkssturm" bezeichnet eingesetzt) hat will ich gar nicht reden...

Das alte Leute und Jugendliche nicht in die stetigen Kämpfe mit eingriffen, das habe ich auch nicht geschrieben. Aber es gibt auch Ausnahmen
Tacitus Annalen II.Buch (19): " Volk und Adel, alte und junge Leute stürzten sich plötzlich auf die römische Marschkolonne und brachten sie in Verwirrung."

Das geschah kurz vor der Schlacht am Angrivarierwall. Irgendwie hat es dort einige alte Kämpfer (höchstwahrscheinlich Flüchtlinge in einer Wallanlage) nochmals gejuckt. So werden die Römer (8Legionen) von eigentlich nicht wehrfähigen Männern angegriffen, während sich das germanische Heer mit den wehrfähigen Kriegern woanders (am Angrivarierwall) aufhält. Die ganze Aktion führt zu einer kurzfristigen Verwirrung der römischen Marschkolonne und somit zu einem Zeitgewinn (Sammlung der germanischen Truppen,...).
 
Oh, doch...man kann germanische Stämme der Zeitenwende nicht mit Römern, Griechen, Perser, Goten usw. vergleichen. Es gab in Germanien Sippen, die sich in Stämmen zusammenschlossen. Auseinandersetzungen zwischen feindlichen Stämmen waren eine jährliche Wiederkehr. Was man durch Handel nicht gewinnen konnte, das wurde durch Kampf erreicht!....

Ah, man kann nicht? Sind die Goten denn nicht auch Germanen? Wenn nicht damit, dann vergleiche sie mit Kelten, Illyrern, Massangeten oder was immer...
Das die Germanen ausgedehnten (Fern?)-handel betrieben wäre mir neu. Ich weis was du meinst, aber m.E. überspitzt du hier sehr. Kein Land oder Volk der Welt kann alle seine wehrfähige Bevölkerung für einen Krieg mobilisieren, weil man sie nicht mehr versorgen kann. Wenn die Germanen alle Jahre ausgeschwärmt wären und sich beim Nachbarn bedient hätten, wären alle längst verhungert bevor die Römer kamen! Und wenn der Germanenstamm nur Germanen als Nachbarn hatte, was hätte er erbeuten können wenn alles so einfach war? Richtiger ist, dass es etwa zur Zeitenwende bei Germanen als Löblich und Ehrenvoll galt sich bei Gelegenheit zu bedienen und sein Glück lieber als Krieger (auch in der Fremde), denn als Ackerbauer zu suchen!

Denke nur an alte Western: Indianer stehlen Vieh. Das bedeutet deswegen keine `Kriegserklärung`, sondern war Mutprobe und Nebeneinkunft zugleich für Jungmannschaften. Trotzdem lebten die Indianer eben nicht ausschließlich von Raub und auch bei ihnen zogen niemals alle wehrfähigen Männer mit in den Krieg. Dabei haben die typischen "Prärieindianer" der Western noch weniger Güter zu verlieren als die alten Germanen, denn Zelte sind rasend schnell abgebaut.
Der Vergleich soll nur veranschaulichen und nicht ins Detail führen. Kelten wie Germanen bildeten oft Kriegerbünde, wenn es in der Heimat zu friedlich war und so zogen Jungmannschaften in die Fremde: Manche eroberten sich eine neue Heimat und konnten ein eigener Stamm werden (eher einem beitreten), andere verdingten sich als Söldner. Solche Leute mussten keine Rücksichten auf ihre Angehörigen nehmen.

So, das war wirklich Off-Topic! Aber hälst du denn ein solches Bevölkerungswachstum für Möglich, wie es Ostrogotha zitiert?
 
Ah, man kann nicht? Sind die Goten denn nicht auch Germanen?
Über die Herkunft der Goten wurde hier schon genug geschrieben. Sie sind meiner Ansicht nach eine Mischung aus mehreren Völkern, die mit den Gotonen auch einen germanischen Ursprung haben.


Das die Germanen ausgedehnten (Fern?)-handel betrieben wäre mir neu.
Das Handelsbeziehungen und Verbindungen zwischen germanischen Stämmen bestanden ist doch unzweifelhaft.
Und das einige Germanen auch mit anderen Völkern (z.B. Römern) Handel betrieben ist auch Tatsache. Schließlich gab es auch schon die Bernsteinstraße. Aber es gab auch germanische Stämme, die jeden Handel verweigerten.
Die Germanen kann man sich eher wie "frühzeitige Wikinger" vorstellen, die keine bzw. kaum Geldwirtschaft kannten.



Ich weis was du meinst, aber m.E. überspitzt du hier sehr. Kein Land oder Volk der Welt kann alle seine wehrfähige Bevölkerung für einen Krieg mobilisieren, weil man sie nicht mehr versorgen kann. Wenn die Germanen alle Jahre ausgeschwärmt wären und sich beim Nachbarn bedient hätten, wären alle längst verhungert bevor die Römer kamen!

Das habe ich auch nirgends geschrieben (siehe Tacitus). Aber unzweifelhaft ist die Tatsache, daß die Germanen eher den Krieg und die Viehwirtschaft bevorzugten als die Landwirtschaft mit Getreideanbau. Sie kannten keine langfristige Vorratshaltung, wie sie die Kelten praktizierten!



Und wenn der Germanenstamm nur Germanen als Nachbarn hatte, was hätte er erbeuten können wenn alles so einfach war? Richtiger ist, dass es etwa zur Zeitenwende bei Germanen als Löblich und Ehrenvoll galt sich bei Gelegenheit zu bedienen und sein Glück lieber als Krieger (auch in der Fremde), denn als Ackerbauer zu suchen!

Die zahlreichen Einfälle der Gemanen in Gallien sprechen eine andere Sprache.
Ja...der Sinn eines Germanen lag darin, kein friedliebender Ackerbauer zu sein, sondern ein Krieger.

Der Vergleich soll nur veranschaulichen und nicht ins Detail führen. Kelten wie Germanen bildeten oft Kriegerbünde, wenn es in der Heimat zu friedlich war und so zogen Jungmannschaften in die Fremde: Manche eroberten sich eine neue Heimat und konnten ein eigener Stamm werden (eher einem beitreten), andere verdingten sich als Söldner. Solche Leute mussten keine Rücksichten auf ihre Angehörigen nehmen.

Die Kelten waren seit der Schlacht von Telamon (225v.Chr.) nur noch in der Defensive. Ihre Expansion war seitdem beendet.
Die Kelten kann man nicht mit den Germanen vergleichen. Sie waren diesen in der Entwicklung "200Jahre voraus". So errichteten die Kelten Städte, kannten die Geldwirtschaft und sorgten auch für eine Spezialisierung der Berufe. Auch war die Landwirtschaft dank ihrer Vorratshaltung bestens ausgeprägt. Aber keltische Heere waren brüchige Gebilde. Sie glichen eher "Wolken aus lauter Individuen", die untereinander so auf Ruhm und Ehre erpicht waren wie sie mit dem Feind in Konflikt standen. Es gab in keltischen Heeren kaum Zusammenhalt. Verlief die Schlacht nicht nach den Angriffswellen zu ihrer Zufriedenheit, so verloren sie schnell die Lust am Kampfgeschehen. Ihr Nachschub war meist eine einzige Katastrophe. Cäsar wußte dies und wartete ab, bis sie hungrig wurden und dann abzogen.
Ein Kelte sah im Krieg eine Möglichkeit seine Tapferkeit unter Beweis zu stellen und mit Ruhm und Beute nach Hause zu kehren. Meist war die Adelsschicht bestens ausgerüstet, während der keltische Bauer mit unzureichenden Waffen in den Kampf zog.

Ganz anders verhielten sich die Germanen. Sie sahen im Krieg und Kampf ihre Hauptbeschäftigung. Wer sich nicht in der Schlacht auszeichnete und floh galt als Feigling. Aber anders als die Kelten nutzten die Germanen auch den kontrollierten Rückzug, um dann wieder an anderer Stelle neu anzugreifen.
Auch zählte nicht der persönliche Zweikampf (siehe Kopfjägerei der Kelten), sondern der Erfolg der jeweiligen Mannschaft eines Adligen.
Die Germanen konnten durch ihre ständigen Konflikte über gutausgebildete Kämpfer verfügen (im Gegensatz zu den Kelten, siehe Alesia, dort waren von ca. 200.000 Kelten nur ca. 60.000 Krieger).
Arminius konnte über soviele Krieger verfügen, daß er gegen 8Legionen antrat und die Verluste waren anscheinend so gering, daß er im nächsten Jahr noch gegen Marbod kämpfen konnte.

Wenn man die Geschichte der Germanen um die Zeitenwende verfolgt, dann kann man nicht davon ausgehen, daß man dort ein seßhaftes Volk hat (sie hatten keine Vaterlandsliebe;)). Es gab immer "Völkerwanderungen" und neue Gebietseinteilungen. Daher ist es auch so schwer einen germanischen Stamm einem bestimmten Gebiet genau zuzuordnen. Wenn ein Römer sie in einem bestimmten Gebiet lokalisiert hatte, dann konnten sie Jahrzehnte davor oder später wieder um einige Kilometer gewandert sein.
Beispiele:
Die Markomannen zogen sich nach einem Konflikt mit den Römern aus dem Rheingebiet nach Böhmen zurück. Die Ampsivarier wurden von den Chauken vertrieben. Die Chatten waren teils im heutigen nördlichen Hessen zu finden. Die Brukterer wurden von Nachbarstämmen angegriffen, usw......

Die einzelnen germanischen Stämme hatten ihre Gebiete, in denen sie aber auch hin und her zogen. Nur wenige Orte wurden ständig besiedelt. Zwischen ihren Gebieten gab es natürliche Grenzen (z.B. Flüsse, Berge, Wälder,...) bzw. breite Pufferzonen, die nicht bewirtschaftet wurden (zum Erstaunen der Römer). Wenn aber ein Stamm "schwächelte", so wurde sowas vom feindlichen Nachbarn ausgenutzt. Daher war bei den Germanen jeder wehrfähige Mann verpflichtet, ein Krieger zu sein. Alle anderen Tätigkeiten wurden "nebenbei" erledigt. Somit konnte man von den Germanen auch keine großen Erfindungen und Entdeckungen erwarten.;)

Erst im Laufe der nächsten Jahrhunderte bzw. im Kontakt mit den Römern änderte sich die Einstellung bei einigen Stämmen.
 
So, das war wirklich Off-Topic! Aber hälst du denn ein solches Bevölkerungswachstum für Möglich, wie es Ostrogotha zitiert?

Er hat das Buch von H.Delbrück, das ich auch in meinem Regal stehen habe. Die Überlegungen von Delbrück sind schon interessant, da er um das Jahr 1900 seine Überlegungen anstellte, als es noch keine Truppentransporte mit LKWs und Flugzeugen gab.
Delbrück kommt zu dem Ergebnis, daß es bis zur Mitte eines Stammes nicht mehr als 30km bedurfte. So konnte man recht schnell eine Mobilisierung der Krieger bewerkstelligen.


P.S.
Delbrück kommt allein von der logischen Überlegung (Transport über die Lippe) her, zu der Auffassung, daß es ein Römerlager mit Speichern im Raum Paderborn geben muß. Da zu seiner Zeit keines gefunden wurde, glaube er, daß es unter der Stadt Paderborn liegen muß. Heute wissen wir, daß man in den`60iger Jahren es in Anreppen gefunden hat.
 
Hmm, du versteifst dich völlig auf die Germanen der Zeitenwende. Wenn man dir so zuhört könnte man vergessen dass auch die Germanen sich weiter entwickelten. Ohne Zweifel waren die Germanen, als sie in den Kontakt zu den Römern kamen keineswegs bodenständige Stämme, die ihr Territorium so wirtschaftlich wie möglich nutzen. Ihre Landwirtschaft war schlechter entwickelt als die Viehwirtschaft; ihre Feld-Graswirtschaft warf nicht die üppigen Erträge spätkeltischer oder römischer Wirtschaftsweise ab. Infolgedessen waren sie leicht zu bewegen ihre Heimat zu verlassen und ihr Glück in der Fremde zu suchen. Während in gewissen Blütephasen keltischer Stämme, etwa indem sich ein Oppidum bildete sich heute noch intensiver Landschaftsausbau (Rodungen e.t.c.) nachweisen lässt (meist durch Pollenanalyse), gab es großflächigen Ausbau dieser Art bei den Germanen in der Regel eben nicht. Du gibst hier vieles wieder, was Tacitus in seiner Germania so pointiert und teils überspitzt wieder gegeben hat. Es würde besser in einen allgemeinen Germanenthread passen als zu dieser, sehr spezifischen Fragestellung und genau deshalb gehe ich darauf auch nicht so genau ein!

Auch bei den Kelten galt jeder freie Mann als Krieger, den man bei Bedarf einberufen konnte. Hier gibt es keinen so generellen Unterschied zu den Wehrverfassungen der Germanen was die „Wehrpflicht“ betrifft. Für den Germanen war es angesehener die Axt gegen einen Feind zu schwingen als zu Roden, wenn er seine Lebensumstände verbessern wollte. Aber Alleine konnte er ja nicht losziehen. Schloss er sich einer kriegführenden Gefolgschaft an, blieb seine Sippe zurück, also „sesshaft“. Solche „Reisläufer“, die für Sold oder andere Gegenleistungen in die Dienste von Kriegsherren oder Römer traten gab es immer. Sie bildeten in der Spätzeit zunehmend einen wesentlichen Bestandteil römischer, regulärer Heere. Ich denke ich kann mir weitere Worte sparen die in einen allgemeinen Germanenthread gehören.

@Topic:
Auch Germanen lebten nicht alleine von Luft und Schädelspalten. Die von Cäsar zu den Germanen gerechneten Belgen hatten ein gewaltiges Heer ausgehoben um sich Cäsar zu widersetzen, doch dieser wartete ab, bis Versorgungsprobleme dazu führten, dass sich der Heerhaufen wieder auflösen musste. Ein schlagender Beweis für den von mir vertretenen Standpunkt, dass sich die Zahl der aktiven Krieger immer nach den Lebensumständen des Stammes richtet. Zu keiner Zeit der Weltgeschichte hat irgendein Stamm, Volk oder Nation über einen längeren Zeitraum hinweg all ihre physisch in Frage kommenden Männer als Krieger aufbieten können. Wie viele Kriege wurden von der Versorgungslage entschieden? Auch der tapferste Krieger verliert die Lust oder die Möglichkeit zu kämpfen wenn seine Lebensgrundlagen längere Zeit nicht mehr gegeben sind. Unzählige Heere in dieser Situation sind schon auseinander gelaufen und wurden dadurch besiegt: Ein vielgenutztes strategisches Mittel etwa in der Zeit der Landsknechte. Das sind Fakten, keine Vermutungen!
Die mangelhafte Effizienz germanischer Wirtschaftsweisen machte es also unmöglich alle theoretisch in Frage kommenden Krieger für einen wirklichen Feldzug aufzubieten. Feldherren rechnen aber nicht mit potentiellen Kriegern, sondern nur mit jenen die sie wirklich einsetzen können! „Besser ist es mit 10 Mann auf dem Schlachtfeld anwesend zu sein, als mit 10000 Abwesend“
Auch die Chronisten und Schreiber überliefern nicht die Zahl waffenfähiger Männer, sondern die Zahl jener, die an der Schlacht teilgenommen haben. Natürlich wird entsprechend der Absicht der Überlieferung die Zahl etwas verfälscht um Siege großartiger aussehen zu lassen oder um Niederlagen zu erklären, doch das steht auf einem anderen Blatt.

Also ist es ein Fakt, was ich weiter Oben über „sesshafte“ oder wandernde Stämme ganz allgemein gesagt habe, denn die Lebensweise wirkt sich direkt auf die Zahl der Krieger aus die sie aufbieten können und damit auf die Relation zwischen Kriegern und Kopfzahl eines Volkes. Alles Andere ist Absurd, auch wenn man graduell andere Schwerpunkte setzen mag. Gerade bei Delbrück nehmen logistische Überlegungen einen breiten Raum ein und das hat einen guten Grund.
 
Hmm, du versteifst dich völlig auf die Germanen der Zeitenwende. Wenn man dir so zuhört könnte man vergessen dass auch die Germanen sich weiter entwickelten.

Genau....das hatte ich ja auch geschrieben! Ich gehe hier nicht von Franken, Alemannen, usw. aus, sondern von den Germanen der Zeitenwende, die ihre ersten Kontakte mit Römern auf germanischen Gebiet machten. Die somit noch nicht "domestiziert" waren.

Ohne Zweifel waren die Germanen, als sie in den Kontakt zu den Römern kamen keineswegs bodenständige Stämme, die ihr Territorium so wirtschaftlich wie möglich nutzen. Ihre Landwirtschaft war schlechter entwickelt als die Viehwirtschaft; ihre Feld-Graswirtschaft warf nicht die üppigen Erträge spätkeltischer oder römischer Wirtschaftsweise ab.

Genau, das habe ich ja auch beschrieben. Die Landwirtschaft wurde vernachlässigt.

Auch bei den Kelten galt jeder freie Mann als Krieger, den man bei Bedarf einberufen konnte. Hier gibt es keinen so generellen Unterschied zu den Wehrverfassungen der Germanen was die „Wehrpflicht“ betrifft.

Du schreibst ja selbst, daß die Kelten u.a. in oppida lebten. Dort gab es eine Berufsteilung, die eine Diversifikation aufgrund eines ausgedehnten Handels mit einer Geldwirtschaft erlaubte. Tacitus beschreibt in seinen Annalen, daß aufständische Gallier nicht mehr kampferprobt waren und leicht von den Römern besiegt werden konnten. In Germanien gab es keine Städte, die eine "keltische Lebensweise" ermöglichten. Die Gallo-Römer wurden von den Chauken als "unkriegerisch" angesehen und deshalb über See angegriffen.

Für den Germanen war es angesehener die Axt gegen einen Feind zu schwingen als zu Roden, wenn er seine Lebensumstände verbessern wollte. Aber Alleine konnte er ja nicht losziehen. Schloss er sich einer kriegführenden Gefolgschaft an, blieb seine Sippe zurück, also „sesshaft“. Solche „Reisläufer“, die für Sold oder andere Gegenleistungen in die Dienste von Kriegsherren oder Römer traten gab es immer. Sie bildeten in der Spätzeit zunehmend einen wesentlichen Bestandteil römischer, regulärer Heere. Ich denke ich kann mir weitere Worte sparen die in einen allgemeinen Germanenthread gehören.

Das stimmt nicht. Wenn es zu großen Auseinandersetzungen kam, dann griff der gesamte Stamm an. Die "Söldner", die Du hier beschreibst, waren Jungmannschaften, die Auseinandersetzungen und Krieg suchten, um so ihre Tapferkeit zu beweisen.


@Topic:
Auch Germanen lebten nicht alleine von Luft und Schädelspalten. Die von Cäsar zu den Germanen gerechneten Belgen hatten ein gewaltiges Heer ausgehoben um sich Cäsar zu widersetzen, doch dieser wartete ab, bis Versorgungsprobleme dazu führten, dass sich der Heerhaufen wieder auflösen musste. Ein schlagender Beweis für den von mir vertretenen Standpunkt, dass sich die Zahl der aktiven Krieger immer nach den Lebensumständen des Stammes richtet.

Die Belgen kann man nicht als Germanen bezeichnen, sondern als eine keltische Stammesgruppe, deren Teilstamm die Remer sich auf eine germanische Herkunft beriefen.

Die mangelhafte Effizienz germanischer Wirtschaftsweisen machte es also unmöglich alle theoretisch in Frage kommenden Krieger für einen wirklichen Feldzug aufzubieten.

Nochmals...die Germanen waren ein Kriegervolk. Und kein Bauernvolk, das zu den Waffen griff. Die Denkweise, daß z.B. Arminius die Germanen erst im Waffenumgang schulen mußte, ist völliger Humbug.
Und wenn Du schon andere Beispiele suchst: wie sieht es denn mit den Massai in Afrika aus? Arbeiten dort die Krieger auf den Feldern? Und warum dauerten denn einige Kämpfe gegen Indianerstämme so lange? Weil sie auch reine Krieger waren, die ihren Zeitvertreib in der Jagd und im Kampf hatten und nicht in der Feldarbeit.


Also ist es ein Fakt, was ich weiter Oben über „sesshafte“ oder wandernde Stämme ganz allgemein gesagt habe, denn die Lebensweise wirkt sich direkt auf die Zahl der Krieger aus die sie aufbieten können und damit auf die Relation zwischen Kriegern und Kopfzahl eines Volkes. Alles Andere ist Absurd, auch wenn man graduell andere Schwerpunkte setzen mag. Gerade bei Delbrück nehmen logistische Überlegungen einen breiten Raum ein und das hat einen guten Grund.

Wie ich bereits geschrieben habe, war Feldarbeit die Tätigkeit für Frauen, alte Leute, Sklaven und Schwache. Daher bestand eine Versorgung. Die Nahrungsmittel bestanden aus Gerste- und Haferbrei mit vielen Unkrautsamen, Beeren, Kräuter, Linsen, Eicheln. Brot gab es höchstwahrscheinlich nur an Festtagen. Kaum Fleisch von Schafen, Rinder oder Pferden. Aber Knochenfunde von Bibern, Wasserratten, Otter, Feldhasen, Enten, Auerochsen usw.. Somit Lebensmittel aus der Jagd und einer spärlichen Landwirtschaft.
Alle wehrfähigen Germanen waren somit Krieger, egal ob der Stamm sich auf Wanderschaft befand oder in einem Gebiet saß.
Faktum ist, daß selbst die Römer unbehelligt durch ein Stammesgebiet ziehen konnten, wenn deren Germanenkrieger auf Feldzug gegen andere Germanen waren.

P.S. Die Wissenschaftler kommen jetzt zu der Erkenntnis, daß Tacitus doch nicht überspitzt dargestellt hat. Ein Archäologe sagte bei einem Vortrag:
"Harte Zeiten mit Gewalt!" :friends:
 
Ich will mal ein wenig wieder auf reine Zahlen zurückkommen:

Wäre wirklich ein so ungeheures Kontingent von 6000 Kriegern nach Afrika entsandt worden,..

Auch die Chronisten und Schreiber überliefern nicht die Zahl waffenfähiger Männer, sondern die Zahl jener, die an der Schlacht teilgenommen haben. Natürlich wird entsprechend der Absicht der Überlieferung die Zahl etwas verfälscht um Siege großartiger aussehen zu lassen oder um Niederlagen zu erklären, doch das steht auf einem anderen Blatt.

Auf so ein ungeheures Kontingent, wie Du es nennst, bin ich vor kurzem wieder gestossen. Und ich kann mich allmählich des Eindrucks nicht erwehren, dass des öfteren eine Null hinten dran gehängt wurde, um "Eindruck zu schinden".

In diesem Fall ging es um die Heere der in oströmischen Diensten stehenden Goten Tribigild und Gainas 399 n. Chr. unter Kaiser Arcadius. Tribigild war abtrünnig geworden, wurde von Gainas gestellt. Beide kamen dann zu dem Schluss, es wäre besser, sich zusammen zu tun. Konstantinopel wurde gewaltlos eingenommen, da Arcadius dem nichts an Militär entgegen zu setzen hatte. Die Einwohner von Konstantinopel vertrieben statt dessen die arianischen gotischen Besatzer durch ihre feindselige Haltung. Gainas verließ mit seiner Hauptstreitmacht (!) die Stadt. Zurück blieben noch 7000 bewaffnete Goten, die bald darauf vom Mob getötet worden sein sollen.

Das ist auch so eine Zahl, die recht unglaubwürdig klingt, fragt man sich doch, wenn 7000 Goten der Rest waren, wie groß die Hauptstreitmacht gewesen sein sollte. Abgesehen davon, werden die Heere kaum rein gotisch gewesen sein (rein germanisch wohl eher). Die Frage stellt sich aber auch nach der Bewaffnung. Der militärisch unerfahrene Mob tötet 7000 gotische/germanische Krieger? Ich denke, auch hier handelt es sich um eine überhöhte Zahl, um den Sieg der orthodoxen Gläubigen über die Arianer in einem leuchtenden Licht darzustellen.
 
Man muß hier verschiedenes trennen. Zum einen muß man zeitliche Unterschiede bedenken, desweiteren aber auch situationsbedingte Unterschiede. Es gibt zu den Germanen unterschiedliche Volksgrößen. Die frühesten Zahlen die wir kennen stammen von Kimbern und Teutonen, sowie etwas später von den Tenkterern und Usipiern. Diese Zahlen liegen recht hoch und sie sind zumindest für Cäsar zweifelhaft. Doch haben wir hier "Wanderlawinen", so daß u.U. kurzzeitig solche Massen zusammenkommen können. Sie geben dann aber keine Auskunft über die Kopfzahl einer einzigen gens. Wobei bei den antiken Schriftstellern überhaupt nicht immer ersichtlich ist, ob es sich bei der angegebenen Zahl um Krieger oder Personen handelt.
Eine nicht wirklich anzuzweifelnde Zahl erhalten wir für die Vandalen, 80.000. Doch auch hier muß man bedenken, daß diese Vandalen nicht nur Vandalen waren. Es waren Hasdingen, sehr viele Alanen, Silingen u.v.m. Nun könnte man sagen, es waren mindestens 40.000 Hasdingen. Gut, aber auch das sagt nichts aus, da nirgends erwähnt wird, wieviele Hasdingen seit 400 sitzen geblieben sind oder gar nicht erst auswanderten.
Dieses Problem haben wir auch bei den Goten. Diese erscheinen im RR nicht als eine Gruppe. Nicht nur, daß man zwischen einer terwingischen und greutungischen Gruppe unterscheidet, beide Gruppen sind ebenfalls zrsplittert und beide haben Restgruppen nördlich der Donau. Dies zeigt sich z.B. bei Alarich. Seine Goten schrumpfen und wachsen ständig an Zahl, man könnte fast sagen zwischen 0 und 100.000. Doch sind diese Westgoten nicht nur Westgoten. Neben unterschiedlichen Germanen gab es Hunnen und römische Unterschichten um nur einige zu nennen. Auch hier ergeben sich keine konkteten Zahlen. Damit sind wir bei den 7.000 erwähnten Goten. "Goten" bedeutet in diesem Fall wohl eher, daß es sich nicht um reguläre römische Truppen handelte, sondern um "Barbaren". Daher sagt die Zahl von 7.000 "Goten" nichts über die Goten aus.

Nun haben wir noch ein weiteres Problem. Wie konstant war die Größe einer gens überhaupt? Einmal ganz abgesehen von wandernden Völkern, als Arminius gegen Marbod kämpfte, waren Cherusker auf beiden Seiten. Was hatte dies für die gens zur Folge. Bedeutete dies eine Spaltung, vielleicht auf Dauer? Schlossen sich andere Gruppen den Cheruskern des Arminius an und wurden so Bestandteil der cheruskischen gens?

Will man über die größe germanischer gentes etwas aussagen, so bleibt nur der Einzelfall oder aber man begnügt sich mit einer lapidaren Feststellung von 2.000 bis 200.000 Personen pro gens, doch damit wäre auch niemandem geholfen.
 
Nun haben wir noch ein weiteres Problem. Wie konstant war die Größe einer gens überhaupt? Einmal ganz abgesehen von wandernden Völkern, als Arminius gegen Marbod kämpfte, waren Cherusker auf beiden Seiten. Was hatte dies für die gens zur Folge. Bedeutete dies eine Spaltung, vielleicht auf Dauer? Schlossen sich andere Gruppen den Cheruskern des Arminius an und wurden so Bestandteil der cheruskischen gens?

Bei der Schlacht zwischen Arminius und Marbod trat der Cherusker Inguiomerus (Onkel des Arminius) auf die Seite des Marbods über, da er es nicht erdulden konnte sich unter Arminius unterzuordnen.
Arminius verfügte über die "alte Mannschaft" (seine Cherusker und Verbündete). Ferner erhielt er Unterstützung seitens von suebischen Stämme, Semnonen und Langobarden. Diese waren vorher unter die Herrschaft von Marbod gelangt und konnten sich so aus seinen Herrschaftsbereich befreien.

Da Marbod die Schlacht als Niederlage wertete, wird sich Inguiomerus danach bestimmt nicht wieder Arminius angeschlossen haben, aber zurück ins cheruskische Gebiet gekehrt sein. Aus den Quellen ist nur ersichtlich, daß es danach bei den Cheruskern zu "bürgerkriegsähnlichen" Unruhen kam, die fast die gesamte Adelsschicht vernichtete, d.h. im cheruskischen Volk gab es noch eine Opposition (Inguiomerus) zu Arminius. So mußten sich dann die Cherusker an die Römer wenden, um den Sohn des Flavus als neuen Herrscher zu erhalten.

Die anderen Stämme werden wieder ihre "Freiheit" erlangt haben. Diese Schlacht zwischen Arminius und Marbod war ein Ereignis, daß nur Bündisse für diesen Zweck zustande kommen ließ. Beispiel: die Langobarden wurden jetzt nicht von den Cheruskern eingegliedert, nur weil sie auf deren Seite kämpften.

Fazit:
Germanische Stämme schlossen befristete Bündnisse für bestimmte Ereignisse (meist Schlachten).
 
Beorna hat die treffenden Punkte wieder sehr gut zusammen gefasst. Es gibt einfach Unterschiede die mit dem entsprechenden Zeitabschnitt und der Situation zusammenhängen. Dann ist es eigentlich gar nicht mehr so schwer zwischen Theorie und der Möglichkeit eines Anführers zu differenzieren, diese Theorie auch praktisch umzusetzen. Und beides hat langfristig Auswirkungen auf die Struktur eines Stammes, sofern ihm die entsprechenden Chancen gegeben werden, was sich mit der Ausprägung der mit den Römern foederierten germanischen Volksheere beweist.
 
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