Wann wurde die BRD gegründet?

saxo

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Die Frage tauchte in einem anderen Forum auf. Die Antworten reichten von 1871 bis zum 3. Oktober 1990. Natürlich tauchte auch der März und der September 1949 auf. Manche sagen auch, daß es die BRD noch immer nicht gibt, weil es die von Adenauer und vom Einigungsvertrag geforderte Verfassung noch nicht gibt. Wie sind die Meinungen hier? Wie ist eigentlich die "offizielle" Meinung?
 
1871 oder der 3. oktober 90 lassen sich ja noch einigermassen herleiten, aber wie in gottes namen kommst du auf märz oder september 1949?

im allgemein und höchstoffiziell gilt der 23. mai 1949 als gründungstag der bundesrepublik deutschland (verkündung des Grundgesetzes durch den parlamentarischen rat). aus diesem anlass werden an diesem tage öffentliche gebäude beflaggt.
 
Ein Blick bei wiki hätte genügt:
Ihr mit Eurer wikipedia!

Mit März hatte ich mich verschrieben; ich meinte schon Mai: Am 23. Mai 49 wurde das GG verabschiedet. Wikipedia schreibt dazu:
An diesem Tag wurde das Grundgesetz als Provisorium für eine Verfassung in Kraft gesetzt
Was schon mal nicht stimmt, denn in Kraft getreten ist es erst einen Tag später, am 24. Mai. Aber wikipedia schreibt auch von einem Provisorium. Offizieller Gründungstermin der BRD am Tag der Verabschiedung eines Provisoriums??

Erst ab dem 15. September gab es den ersten BRD-Bundeskanzler, 3 Tage vorher wurde Heuss Bundespräsident. Deswegen verstehen auch einige dieses Datum als Gründungsdatum der BRD. GG schön und gut, aber ein Land ohne vollständige Regierungsgewalt?
 
Ihr mit Eurer wikipedia!

Mit März hatte ich mich verschrieben; ich meinte schon Mai: Am 23. Mai 49 wurde das GG verabschiedet. Wikipedia schreibt dazu: Was schon mal nicht stimmt, denn in Kraft getreten ist es erst einen Tag später, am 24. Mai. Aber wikipedia schreibt auch von einem Provisorium. Offizieller Gründungstermin der BRD am Tag der Verabschiedung eines Provisoriums??

Ja natürlich, das "Provisorium" hat ja bis 1990 gehalten.


Eingangsformel

Der Parlamentarische Rat hat am 23. Mai 1949 in Bonn am Rhein in öffentlicher Sitzung festgestellt, daß das am 8. Mai des Jahres 1949 vom Parlamentarischen Rat beschlossene Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der Woche vom 16. bis 22. Mai 1949 durch die Volksvertretungen von mehr als Zweidritteln der beteiligten deutschen Länder angenommen worden ist.

Auf Grund dieser Feststellung hat der Parlamentarische Rat, vertreten durch seine Präsidenten, das Grundgesetz ausgefertigt und verkündet.

http://bundesrecht.juris.de/gg/BJNR000010949BJNE001500314.html


Erst ab dem 15. September gab es den ersten BRD-Bundeskanzler, 3 Tage vorher wurde Heuss Bundespräsident. Deswegen verstehen auch einige dieses Datum als Gründungsdatum der BRD. GG schön und gut, aber ein Land ohne vollständige Regierungsgewalt?

Warum denn nicht?

Kanzler und Präsidenten wechseln, der Souverän ist das Volk. Die Volksvertreter der einzelnen Länder sowie der Parlamentarische Rat als Gesamtvertretung haben am 23. Mai die Bundesrepublik Deutschland gegründet.
 
Kannst ja mal hier die Entstehung des Grundgesetzes nachlesen:

http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=1585

Die Schlusssitzung des Parlamentarischen Rates war am 23. Mai 1949, diese Sitzung diente der feierlichen Feststellund der Annahme des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, der Ausfertigung und Verkündung in Anwesenheit der Ministerpräsidenten der deutschen Länder, von Vertertern der Militärregierung, der elf Landtagspräsidenten, von Abordnungen des Wirtschaftsrats und der Bizonen-Administration. Das Grundgesetz trat am 24. Mai 1949 in kraft.
 
Zuletzt bearbeitet:
von den West-Alliierten als „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ genehmig

verabschiedete der Parlamentarische Rat nach mehrmaligen – von den West-Mächten geforderten – Nachbesserungen mit 53 zu 12 Stimmen das Grundgesetz, das ... von den West-Alliierten als „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“ genehmigt wurde
Irgendwie hört sich das nicht so an, als wenn der Souverän das Volk war...
Kanzler und Präsidenten wechseln, der Souverän ist das Volk.
Außerdem geht es nicht um einen Wechsel von Kanzler und Präsident, sondern die BRD hatte vorher gar keinen von beiden, also keine funktionsfähige Regierung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Erst ab dem 15. September gab es den ersten BRD-Bundeskanzler, 3 Tage vorher wurde Heuss Bundespräsident. Deswegen verstehen auch einige dieses Datum als Gründungsdatum der BRD. GG schön und gut, aber ein Land ohne vollständige Regierungsgewalt?

danach wäre der oktober 1954, ende des besatzungsstatuts oder gar 1968, mit einführung der notstandsgesetzgebung das gründungsdatum der bundesrepublik.
 
aus dem geschmähten wiki (es ist online halt so schnell nichts anderes/besseres zu finden):

Die Staatsgründung bezeichnet den formalen Akt der Gründung eines neuen Staates, zumindest bestehend aus der Festlegung der territorialen Grenzen des Staatsgebietes und der Proklamation des neu entstehenden Staates.
Die Proklamation schließt das Gesuch der Anerkennung des neuen Staates durch die Staaten der Weltgemeinschaft ein. Zur Staatsgründung kann entweder eine Verfassung oder Übergangsverfassung festgelegt worden sein, oder es wird festgelegt, nach der Gründung eine Nationalversammlung einzuberaumen, welche die Bildung einer Verfassung und die Wahl eines Staatsoberhauptes vollzieht.
Von „http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsgr%C3%BCndung
 
@saxo

Lies doch einmal diese Bücher, da steht alles drin:

Michael F. Feldkamp, Der Parlamentarische Rat 1948 - 1949 und

Wolfgang Benz, Die Gründung der Bundesrepublik

und dann solltest du den Abschnitt über die Frankfurter Dokumente lesen.
 
Irgendwie hört sich das nicht so an, als wenn der Souverän das Volk war...

Die Souveränität war durch die Sonderrechte der Besatzungsmächte begrenzt; diese wurden stufenweise abgebaut, die letzten Reste erst 1990:

http://de.wikipedia.org/wiki/Besatzungsstatut
http://de.wikipedia.org/wiki/Alliiertes_Vorbehaltsrecht

Ein bißchen Grundwissen kann nie schaden, und wenn es "nur" aus der vielgeschmähten Wikipedia ist.



Außerdem geht es nicht um einen Wechsel von Kanzler und Präsident, sondern die BRD hatte vorher gar keinen von beiden, also keine funktionsfähige Regierung.

Zum Glück war die Bundesrepublik Deutschland ein Bundesstaat mit funktionsfähigen Regierungen in den einzelnen Ländern.
 
danach wäre der oktober 1954, ende des besatzungsstatuts oder gar 1968, mit einführung der notstandsgesetzgebung das gründungsdatum der bundesrepublik.

Warum nicht gleich 1990?

Immer noch Wikipedia schrieb:
Beides, der Besatzungsstatus von Westberlin und die Reste der Alliierten Vorbehaltsrechte bezüglich Gesamtdeutschland, endete erst am 12. September 1990 mit dem "Zwei-plus-Vier-Vertrag", in dem das vereinigte Deutschland volle Souveränität über seine äußeren und inneren Angelegenheiten zugesprochen bekommt.
 
Übrigens ist das "provisorische" Grundgesetz noch heute in Kraft, eine Verfassung des geeinten Deutschand wurde nie ausgearbeitet. Das kommt daher, weil es 1990 keine "echte" Vereinigung nach § 148 gab, bei der es eine neue Verfassung mit abschließender Volksabstimmung geben sollte, sondern "nur" einen Beitritt nach § 23 ( wenn ich mich an die §§ richtig erinnere ), wobei nichts der Gleichen angedacht war.
Wie man jedoch auf 1871 als Gründungsdatum kommt, ist mir ein echtes Rätsel.
:autsch:
 
Zuletzt bearbeitet:
Du meinst Artikel 146, denk ich mal.

Angedacht wurde die Verfassung schon, nur wurde der Artikel 146 um den für mich etwas undurchsichtigen Satz "das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt" erweitert. Der Grundgedanke einer künftigen Verfassung besteht aber nach wie vor und ist im GG verankert. Wenngleich ich mir vorstellen könnte, daß es eine Menge Leute gibt, die nichts dagegen hätten, wenn dieser Artikel plötzlich spurlos verschwunden wäre... =)
 
Du meinst Artikel 146, denk ich mal.
...
Der Grundgedanke einer künftigen Verfassung besteht aber nach wie vor und ist im GG verankert. Wenngleich ich mir vorstellen könnte, daß es eine Menge Leute gibt, die nichts dagegen hätten, wenn dieser Artikel plötzlich spurlos verschwunden wäre... =)

Sicher ist Verfassungsrecht nicht ganz einfach, aber das Grundgesetzt ist die gültige Verfassung Deutschlands.
Wen es interessiert, kann es bei Ernst Benda nachlesen:

Als die Ereignisse des Jahres 1989 die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands möglich machten, standen hierfür nach dem Grundgesetz zwei Wege zur Verfügung: Nach Art. 146 GG konnte eine neue Verfassung erarbeitet werden, die mit ihrer Verabschiedung das Grundgesetz abgelöst hätte, oder die DDR konnte ihren Beitritt zum Grundgesetz nach dessen Art. 23 erklären. Sehr bald ergab sich aus der politischen und der juristischen Diskussion dieser Frage, dass der Weg über den Beitritt die Vereinigung rascher ermöglichte, weil hierfür ein Beschluss der – im März 1990 erstmals demokratisch gewählten – Volkskammer der DDR genügte.

http://www.bpb.de/wissen/0937503238...setz_Verfassung_Verfassungsreform_040402.html
 
Ich bin dafür, den 23. Mai 1949 als Gründungsdatum anzusehen.
Der juristische Punkt der Inkraftsetzung mindert sie bewusste Setzung
dieses Ereignisses damals nicht ab.

Obwohl das GG nur als Provisorium für die Zeit der Teilung gedacht war
(s.Carlo Schmid u.a. Gründungsväter/mütter) existiert es bis heute fort.
Es ist nichtmal wesentlich verändert gegenüber 1949.

Es gab nach 1990 die gemeinsame Verfassungskommission, welche einen
Verfassungsentwurf für die Bundesrepublik Deutschland vorbereiten sollte.


Diese Bemühung, vor allem auf Forderung der ostdeutschen Bürgerrechtler
( W. Ullman u.a. ) zustande gekommen , sollte die Verfassung gem Art. 146
entstehen lassen. Das wurde still abgewürgt und versandete 1993.....

Dehalb ist die Situation folgende:

Die Deutschen haben noch nie über eine Verfassung abgestimmt !

Weder über die Reichsverfassung von 1871 oder über die Weimarer
Verfassung von 1919 noch über das Grundgesetz von 1949/1990 bzw.
über eine neu vorgelegte deutsche Verfassung.

Alle Staatsrahmenwerke der Deutschen wurden "von Oben" her installiert.
( Und immer auch nur von Oben her abgeändert / verändert)

Zeugt nicht besonders vom Zutrauen der Eliten zu ihren Bürgern.......
 
das Grundgesetzt ist die gültige Verfassung Deutschlands.
Das GG selber ist mit Artikel 146 der Meinung, daß es das nicht ist. Warum soll ich dem nicht glauben? Da die DDR nur nach Artikel 23 beigetreten war, hat sich juristisch an der Aussage des Artikel 146 von 1949 nichts geändert. Nur wäre die Zahl der Abstimmer heute um 16 Millionen größer...

Treibsand kann ich mich voll anschließen. "Abgewürgt" ist vermutlich gar nicht mal so falsch ausgedrückt. Die Mehrheit meiner Bekannten (sofern sie sich mit der Materie befassen), wünscht nach wie vor eine Verfassung durch Volksentscheid. Das ist nur derzeit leider utopisch, da es kaum ein anderes Volk gibt, was innerlich so politisch zerstritten ist, wie die Deutschen.
 
Die Mehrheit meiner Bekannten (sofern sie sich mit der Materie befassen), wünscht nach wie vor eine Verfassung durch Volksentscheid. Das ist nur derzeit leider utopisch, da es kaum ein anderes Volk gibt, was innerlich so politisch zerstritten ist, wie die Deutschen.

Das ist allein deshalb schon utopisch, weil es keinen Plebiszit auf Bundesebene gibt.
Aber mal ganz abgesehen davon: Was gibts denn konkret am GG zu bemängeln? Sooo schlecht ist die Bundesrepublik mit dem GG nicht gefahren. Eine etwaige Abstimmung -so eine solche stattfinden würde- könnte allenfalls eine nochmalige Bestätigung zutage fördern. Und? Müssen wir dann alle 30 Jahre wieder neu drüber abstimmen?
 
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