Da nun schon zwei Wochen her sind und ich keine weiteren Antworten mehr erwarten darf, muss ich wohl offenbaren, wie ich auf die Taube als Wappen kam:
dâ gâhte gein in harte
manc wol geriten templeis,
gewâpent. die wârn sô kurteis,
ame geleite si wol sâhen
daz in freude solte nâhen.
Da eilten gegen ihn (Parzival) streng manch berittene und gut bewaffnete Templer heran. Die waren so höfisch, an seinem Geleit (Cundrie) sahen sie aber, dass sie freundlich nahen konnten.
der selben rotte meister sprach,
dô er vil turteltûben sach
glesten ab Cundrîen wât,
«unser sorge ein ende hât:
mit des grâls insigel hie
kumt uns des wir gerten ie,
Der Anführer der Schar sprach, als er die vielen Turteltauben sah, die an Cundriens Kleidung glänzten:
"Unserer Sorge hat ein Ende: Mit dem Wappen des Grals kommt zu uns, was wir lang begehrten...
Sît uns der jâmerstric beslôz.
habt stille: uns næhet freude grôz.»[...]
Seit unser Trauerband beschlossen wurde.
Seid still: es nahet großte Freude.
[...]
In der Zwischenzeit hat Parzival seine zuerst versäumte Frage gestellt:
"œheim, waz wirret dier?", sich also mit der Gralsgesellschaft endgültig versöhnt, nun ist er mit Erlaubnis seines Onkels Anfortas auf der Suche nach seiner Frau, "er nam ein teil des grâles schar" und reitet mir ihr in einen Wald bei dem Fluss Plimizœle. Der katalanische Herzog Kîôt/Kyôt sieht die Templeisen um Parzival als erstes:
Kyôt iedoch erkant aldâ
des grâles wâpen an der schar:
si fuorten turteltûben gar.
Da erkannte Kyôt an der Schar das Gralswappen: sie führten Turteltauben.
Also: Die Beschützer des Grals nach Wolframs Parzival sind die Templer (templeisen), welche als Wappen die Turteltaube tragen. Da eine Verbindung zum Spirituellen durch den Gral gegeben ist, ist die Annahme, dass es sich um ein Wappen einer klerikalen Institution gehandelt haben könnte also nicht abwegig. Mein Interesse ging allerdings in die Richtung zu erfahren, ob es einen realen Ritterorden gab, den Wolfram bei seiner Dichtung vor Augen hatte oder ob er hier nur zwei Motive verband, den Ritterorden und ein der Geistlichkeit zugeordnetes Wappentier.