War die Reformation der Grund für das Ende der Kaiserkrönung durch den Papst?

Teresa C.

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Könnten übrigens die Protestanten der "Sargnagel" für die Kaiserkrönung durch den Papst gewesen sein?
 
Hm, schwierig. Eigentlich hätte der Papst ja darauf drängen können, dass nur Katholiken zur Kaiserwahl zugelassen wären, weil er nur einen Katholiken gekrönt hätte. Eigentlich gab der Papst ja nur ein Druckmittel auf die Politik im HRR und damit auch in (Nord-)Italien aus der Hand. Andererseits blieb die Zeremonie durch die Krönung durch katholische Geistliche ja weiterhin irgendwie katholisch. Fragt sich wie das überhaupt zu einem protestantischen Anwärter gepasst hätte.:grübel:
 
Könnten übrigens die Protestanten der "Sargnagel" für die Kaiserkrönung durch den Papst gewesen sein?
Nein, das glaube ich nicht. Die Kaiserkrönung durch den Papst persönlich wurde schließlich lange vor der Reformation eher unüblich, und auch dass Maximilian I. den Kaisertitel ohne Krönung führte, fällt noch in die Zeit vor der Reformation. Außerdem war es in der frühen Neuzeit ohnehin wenig wahrscheinlich, dass ein Protestant Kaiser werden würde, da vier der sieben Kurstimmen fest in katholischer Hand waren (die drei geistlichen + der König von Böhmen = der habsburgische Kandidat). Ein Protestant hätte nur Kaiser werden können, wenn zumindest einer der drei geistlichen Kurfürsten für einen protestantischen Kandidaten gestimmt hätte oder wenn eines der drei geistlichen Kurfürstentümer erfolgreich und unter Beibehaltung der Kurwürde in einen weltlichen protestantischen Staat umgewandelt worden wäre (vergleichbar Deutschordensstaat => Herzogtum Preußen) oder wenn die Habsburger Böhmen dauerhaft verloren hätten, etwa an den "Winterkönig". Dieses Gefüge verschob sich erst im 30-jährigen Krieg bzw. durch die Erhebung Hannovers zum Kurfürstentum Ende des 17. Jhdts. etwas. Solange aber so gut wie sicher war, dass auch weiterhin nur ein Katholik Kaiser wird, bestand wohl kein Grund, die Kaiserwürde "protestantentauglich" zu machen. Dass man einfach auf protestantische Befindlichkeiten Rücksicht nehmen wollte, glaube ich auch nicht, darauf wurde auch anderweitig gepfiffen.

Eigentlich gab der Papst ja nur ein Druckmittel auf die Politik im HRR und damit auch in (Nord-)Italien aus der Hand.
So wirklich gefragt wurde er nach Maximilian I. und Karl V. wohl nicht mehr. Ferdinand I. verweigerte der Papst zunächst die Anerkennung, ohne dass es konkrete Folgen gehabt hätte.
Was hätte er auch tun können? Dass es nicht günstig war, sich mit einem Habsburger anzulegen, hatte der Sacco di Roma gezeigt, außerdem waren die Habsburger nunmal die stärkste Stütze des Katholizismus im Reich. Die Zeit, als Banndrohungen noch wirkten, war ohnehin vorbei. Allenfalls hätte der Papst einen anderen katholischen Kandidaten (dem er zur Bedingung machte, dass er sich von ihm krönen lässt) unterstützen und die drei geistlichen Kurfürsten zu dessen Wahl anhalten können, aber dann hätte er einen der protestantischen Kurfürsten mit ins Boot holen müssen, da der Habsburger als König von Böhmen kaum für seinen Rivalen gestimmt hätte.
 
Die Frage ist, wie viel Einfluss hatte der Papst im 16. Jahrhundert außerhalb Italiens tatsächlich.

Ferdinand I. konnte es sich offensichtlich leisten, auf eine Krönung zum Kaiser durch den Papst zu verzichten, und selbst die katholischen Kurfürsten hatte damit kein Problem oder machten ihm deswegen keine Probleme. Sein Sohn Maximilian II. wurde noch zu seinen Lebzeiten zum röm.-dt. König gewählt.

Seinem Großvater Maximilian I. war das offensichtlich mit seinem älteren Bruder Karl V. nicht (mehr) möglich, obwohl er den Kaisertitel immerhin mit Zustimmung des Papstes angenommen hatte. (Das Problem bei ihm war nicht mehr der Papst, sondern die Republik Venedig, mit der er im Krieg war.)

Andererseits fällt auf, dass Ferdinand zwar auch schon zu Lebzeiten von seinem Bruder Karl V. bereits zum röm.-dt. König gewählt wurde, dies aber doch erst nach Karls Kaiserkrönung in Bologna. Offensichtlich war eine Kaiserkrönung als Voraussetzung um einen weiteren röm.-dt. König zu wählen, zu diesem Zeitpunkt doch noch notwendig.
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Während des Interregnums hat sich der Papst durchaus noch in die röm.-dt. Königswahlen eingemischt, und Rudolf I. war zwar nie Kaiser, führte aber mit dem Papst diesbezüglich Verhandlungen. Seinen Nachfolgern Adolf und Albrecht endeten beide gewaltsam, ihnen dürfte nicht genug Zeit gehabt haben, um eine Kaiserkrönung durch den Papst anzustreben. Der nächste Herrscher ist aber bereits Heinrich VII., der als erster röm.-dt. König nach dem Interregnum wieder zum Kaiser gekrönt wurde.

Daher aber ich nicht den Eindruck, dass die Kaiserkrönung schon lange vor der Reformation unüblich war.

Auch wenn die Kaiserkrönungen von Karl IV., Sigismund und Friedrich III. keine "großartigen" Romzüge mehr beinhalten, hatten die drei Herren offensichtlich Interesse daran. Ruprecht versuchte es noch sozusagen mit einem "klassischen" Romzug und die Kontakte zwischen Wenzel mit dem Herzog von Mailand deuten daraufhin, dass er wohl ebenfalls an einer Krönung Interesse gehabt hat.
 
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Zumindest in England führte die Unzufriedenheit mit päpstlichen Entscheidungen zum Bruch mit Rom, was auch etwas über die allgemeine Einstellung zum Glauben aussagt. Ich glaube eher, dass auch die Reformation mehr ein Symptom war, d.h. eine Folge des allgemein wachsenden Willensschwäche zur europäischen Zusammengehörigkeit.

War die Kirche nach der Völkerwanderung noch der notwendige ›Klebstoff‹ für die Bildung und Sicherung der Nationen, wurde sie mit dem Wachsen der weltlichen Macht entbehrlich für den inneren Zusammenhalt. So kann die Reformation kaum als eigentlicher Grund angesehen werden, sondern nur als eine der vielen Folgen des gesteigerten Selbstwert- und Sicherheitsgefühls.

Interessant dabei auch die Renaissance, als (erfolgreiche) Gegenreaktion auf die wachsende Eigenständigkeit des nördlicheren Europa; eine Art ›Gegenreformation‹, die bereits vor der Reformation da war – was die Reformation auch wieder nur als Symptom entlarvt, sodass sie nicht als Antrieb, bzw. als eigentlicher Grund angesehen werden kann.

Demnach ist es vielleicht etwas übertrieben von der Reformation als »Sargnagel« zu sprechen, sie mag höchstens eine weitere Schaufel Erde gewesen sein.


Die Frage ist, wie viel Einfluss hatte der Papst im 16. Jahrhundert außerhalb Italiens tatsächlich.
Die Frage müsste aber auch sein: wieviel Einfluss hatte der Papst tatsächlich, als sich deutsche Kaiser von ihm krönen ließen?
 
Andererseits fällt auf, dass Ferdinand zwar auch schon zu Lebzeiten von seinem Bruder Karl V. bereits zum röm.-dt. König gewählt wurde, dies aber doch erst nach Karls Kaiserkrönung in Bologna. Offensichtlich war eine Kaiserkrönung als Voraussetzung um einen weiteren röm.-dt. König zu wählen, zu diesem Zeitpunkt doch noch notwendig.
Das glaube ich nicht. Friedrichs II. Sohn Heinrich (VII.) wurde bereits ein paar Monate vor der Kaiserkrönung seines Vaters zum König gewählt. Auch Otto II. wurde bereits vor der Kaiserkrönung seines Vaters König.
Den engen zeitlichen Zusammenhang erkläre ich eher damit, dass es bedenklich erschienen sein mag, jemanden anderen zum (Mit-)König zu machen, solange man selbst noch bloß König war, denn formal hätte man dann einen gleichrangigen Kollegen gehabt. (Dass das arg schief gehen konnte, zeigte sich in England, als Heinrich II. Kurzmantel seinen Sohn Heinrich den Jüngeren zum Mitkönig machte und dieser dann meinte, er hätte jetzt Anspruch darauf, tatsächlich eigenständig zu regieren.) Ich vermute daher, dass deshalb im HRR ein König erst dann einen zweiten König akzeptieren wollte, wenn er selbst bereits Kaiser war oder die Kaiserkrönung zumindest in Reichweite lag.
Vielleicht war es bei Karl V. so, dass er sich erst nach seiner Krönung seiner Kaiserwürde (und somit seiner Höherrangigkeit) wirklich sicher war.

Daher aber ich nicht den Eindruck, dass die Kaiserkrönung schon lange vor der Reformation unüblich war.

Auch wenn die Kaiserkrönungen von Karl IV., Sigismund und Friedrich III. keine "großartigen" Romzüge mehr beinhalten, hatten die drei Herren offensichtlich Interesse daran.
Unüblich war die Kaiserkrönung nicht, schließlich ließ sich bis zu Maximilian I. jeder Kaiser krönen - nur nicht jeder vom Papst. Wenn der Papst nicht willig oder zwar willig, aber nicht vor Ort war, behalf man sich im Spätmittelalter mit Alternativen. Die Krönung durch den Papst selbst war also das Ideal (deshalb ließ sich wohl auch Ludwig IV. nach seiner vom Papst unautorisierten Krönung durch ein paar Bischöfe und Magistrate als Vertretern des römischen Volkes noch einmal von einem eigens installierten Gegenpapst krönen), wurde aber offenkundig nicht mehr als konstitutives Muss gesehen.

Die Frage müsste aber auch sein: wieviel Einfluss hatte der Papst tatsächlich, als sich deutsche Kaiser von ihm krönen ließen?
Das war immer situationsabhängig. Im schlimmsten Fall riskierte ein Papst, der sich der Kaiserkrönung widersetzte, vom König aus Rom gejagt und durch einen gefügigen Gegenpapst ersetzt zu werden. Ob sich der König das erlauben konnte, hing u. a. von dessen eigener Position ab, ob er also fest im Sattel saß oder einen Aufstand seiner Reichsfürsten fürchten musste. Wie viel Einfluss der Papst tatsächlich hatte, hing also primär davon ab, auf wie viel Unterstützung durch Reichsfürsten und die italienischen Potentaten er zählen konnte. Entsprechend konnte er Druck machen - oder eben nicht.
 
Das glaube ich nicht. Friedrichs II. Sohn Heinrich (VII.) wurde bereits ein paar Monate vor der Kaiserkrönung seines Vaters zum König gewählt. Auch Otto II. wurde bereits vor der Kaiserkrönung seines Vaters König.

Vielleicht ist hier aber auch das Interregnum als Einschnitt zu berücksichtigen. Die Ottonen, Salier und Staufer kommen trotz Wahlkönigtum als Dynastien rüber, bei denen gewöhnlich doch der Sohn auf den Vater folgt oder der Neffe auf den Onkel. Im Umfeld von Otto II. finden wir hier auch z. B. den Fall, dass mit Otto III. ein kleines Kind unter Vormundschaftsregierung als König und zukünftiger Kaiser etabliert werden konnte. (Ähnlich verhält es sich auch mit Heinrich IV.)

Nach dem Interregnum dagegen ist die Wahl des Kandidaten ausschlaggebend, die Nachfolge von Söhnen wird zwar von Herrschern (Albrecht II., Karl IV., Friedrich III.) angestrebt, hängt aber davon ab, dass eine Wahl durch die Kurfürsten gelingt, und ist nicht somit keineswegs selbstverständlich. Die Wahl von Kleinkindern oder Säuglingen (also Herrschern, die noch nicht selbst ihr Amt ausüben können) steht nicht zur Diskussion.

Den engen zeitlichen Zusammenhang erkläre ich eher damit, dass es bedenklich erschienen sein mag, jemanden anderen zum (Mit-)König zu machen, solange man selbst noch bloß König war, denn formal hätte man dann einen gleichrangigen Kollegen gehabt. (Dass das arg schief gehen konnte, zeigte sich in England, als Heinrich II. Kurzmantel seinen Sohn Heinrich den Jüngeren zum Mitkönig machte und dieser dann meinte, er hätte jetzt Anspruch darauf, tatsächlich eigenständig zu regieren.) Ich vermute daher, dass deshalb im HRR ein König erst dann einen zweiten König akzeptieren wollte, wenn er selbst bereits Kaiser war oder die Kaiserkrönung zumindest in Reichweite lag. Vielleicht war es bei Karl V. so, dass er sich erst nach seiner Krönung seiner Kaiserwürde (und somit seiner Höherrangigkeit) wirklich sicher war.

Nach dem Interregnum war aber offensichtlich gar nicht ausschlaggebend, ob der gewählte König einen Mitkönig duldet, sondern dass die Kurfürsten ihn zu wählen bereit waren. Einen König mit Mitkönig hat in der Zeit zwischen Rudolf I. und Karl V. nicht wirklich gegeben. Adolf von Nassau und Wenzel wurden durch die Wahl eines weiteren röm.-dt. Königs (Albrecht II., der seine Wahl nach Adolfs Tod wiederholen ließ, Ruprecht von der Pfalz, der sich nur im Süden des HRR einigermaßen behaupten konnte) sozusagen abgesetzt, von Mitkönigen kann hier nicht gesprochen werden.

Bei Friedrich dem Schönen (als Herzog von Österreich Friedrich I., als röm.-dt. König bzw. Gegenkönig von Ludwig dem Bayern Friedrich III., nicht zu verwechseln mit dem späteren Kaiser Friedrich III.) geht die neuere Forschung inzwischen davon aus, dass er und Ludwig sich letztlich darauf verständigt haben, dass er sozusagen formal den Titel behalten darf.

Einen röm.-dt. König als Mitregent (also nicht als Gegenkönig) finden wir im Spätmittelalter eigentlich nur mehr, wenn der andere röm.-dt. König bereits zum Kaiser gekrönt wurde. Auffallend ist jedenfalls, dass Wenzel, Maximilian I. und Ferdinand I. auch die Nachfolger von Karl IV., Friedrich III. und Karl V. waren, und bei Wenzel und Maximilian ist eindeutig, dass sie mit ihrer Wahl zum röm.-dt. König auch offiziell zu Nachfolgern ihrer Väter erklärt wurden. Warum soll das bei Ferdinand I. nicht auch der Fall gewesen sein, nur dass es hier eben nicht der Vater, sondern der Bruder war.
 
Nach dem Interregnum war aber offensichtlich gar nicht ausschlaggebend, ob der gewählte König einen Mitkönig duldet, sondern dass die Kurfürsten ihn zu wählen bereit waren.
Das habe ich vielleicht blöd formuliert. "Akzeptieren" bzw. "dulden" klingt so leidend. Ich meinte natürlich, dass ein König seinen Wunschnachfolger im Normalfall vorsichtshalber vielleicht erst zum König machen wollte, wenn seine eigene Rangerhöhung bereits bestand oder zumindest in Aussicht stand. Es bestand ja nicht nur die Gefahr, dass sich der Sohn aus eigenem Antrieb gegen den Vater auflehnen könnte, sondern auch, dass er, sobald er auch König war, von Gegnern des bereits regierenden Königs instrumentalisiert werden könnte.
Einen echten Schutz gegen derartige Komplikationen bot die Kaiserwürde allerdings trotzdem nicht, wie insbesondere die Beispiele von Konrad und Heinrich V., den Söhnen Heinrichs IV., und von Heinrich (VII.) zeigten.

Auffallend ist jedenfalls, dass Wenzel, Maximilian I. und Ferdinand I. auch die Nachfolger von Karl IV., Friedrich III. und Karl V. waren, und bei Wenzel und Maximilian ist eindeutig, dass sie mit ihrer Wahl zum röm.-dt. König auch offiziell zu Nachfolgern ihrer Väter erklärt wurden. Warum soll das bei Ferdinand I. nicht auch der Fall gewesen sein, nur dass es hier eben nicht der Vater, sondern der Bruder war.
Klar sollte durch die Wahl von Wenzel, Maximilian I. und Ferdinand I. bereits zu Lebzeiten ihrer Vorgänger ihre Nachfolge gesichert werden. (Das war zur Zeit der Salier und Staufer ja auch schon so üblich gewesen.) Es ging mir bei meinen Ausführungen nur um Deine Annahme: "Offensichtlich war eine Kaiserkrönung als Voraussetzung um einen weiteren röm.-dt. König zu wählen, zu diesem Zeitpunkt doch noch notwendig.", also darum, ob die Wahl eines weiteren Königs rechtlich erst zulässig war, nachdem der bereits amtierende König zum Kaiser gekrönt worden war. Mir ist nicht bekannt, dass das ein ausdrücklich festgelegter Rechtsgrundsatz gewesen wäre, und wenn man den Betrachtungszeitraum auf die Zeit nach dem Interregnum einschränkt, ist mir das statistische Datenmaterial mit drei Fällen zu mager, um so etwas dezidiert annehmen zu wollen (mal abgesehen davon, dass auch die Häufung eines Vorkommnis nicht zwangsläufig belegt, dass es rechtlich geboten ist).

Übrigens gab es sogar einen Fall (wenngleich auch noch vor dem Interregnum), in dem ein Sohn zum König gemacht wurde, obwohl der Vater überhaupt nie Kaiser wurde: Konrad III. und Heinrich Berengar.
 
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