War eine richtige Verfassung geplant?

Zar Alexander

Mitglied
Hallo Leute,

es geht ums Grunsgesetz. Als ich mir das so angeschaut habe, ist mir aufgefallen, dass dort steht: "Es steht für Deutschland im Sinne einer Verfassung", und "Es wird außerkraft gesetzt, an dem Tage, dass das deutsche Volk eine neue Verfassung bestätigt." Hmmm:fs: Das kam mir ja schon ziemlich so for, als wäre diese Verfassung nur vorläufig gedacht. Aber als ich dann auch noch in der englischen Wikipedia las, dass es eigentlich bei der Wiedervereinigung von einer richtigen Verfassung abgelößt werden sollte, war das eigentlich schon bestätigt.

Nun ist meine Frage:
Wisst ihr davon, dass eine "richtige" Verfassung geplant war?

Warum wurde nicht gleich eine "richtige" Verfassung ausgearbeitet?

Warum wurde keine neue Verfassung nach der Wiedervereinigung angebracht?

Vielen Dank,
Euer Teckleberry!:winke:
 
Am 01.Juli 1948 wurden den westdeutschen Ministerpräsidenten im Haus der I.G.Farben die Frankfurter Dokumente übergeben. Entscheidend für deine Frage ist das Dokument Nr., das die Länderchefs autorisierte eine verfassungesgebende Versammlung, spätestens zum 01.September 1948, einzuberufen. Es sollte eine demokratische Verfassung ausgearbeitet werden.

Reinhold Meier schreibt dazu in seinen Erinnerungen, "Das Dokument I hatte eine verfassungsgebende Versammlung vorgeschlagen. Verfassung gehört aber zu den Requisiten eines regelrechten Vollstaates. Einen solchen wollten wir aber gerade nicht. Da kam irgendjemand mit dem Wort Grundgesetz anstelle von Verfassung. Wie vom Himmel gefallen stand das Wort vor uns und bemächtigte sich unserer köpfe und Sinne, gewiß nicht der Herzen. Machten wir doch ein Grundgesetz, das kein Vollstaat voraussetzt! Das neue jungfräuliche Wort vermochte so schon trügerisch von der Realität jener Tage wegzuführen."

Der Grund dafür lag auf der Hand. Es ging um die Einheit Deutschlands, und man wollte ganz gewiss nicht die Spaltung zwischen den westlichen und östlichen Teil Deutschlands vertiefen. Eine deutsche Verfassung sollte gemäße Carlo Schmid erst geschaffen werden, wenn das gesamt deutsche Volk die Möglichkeit besitzt, sich in freier Selbstbestimmung zu konstituieren; bis zum Eintritt dieses Zeitpunktes können nur vorläufige provisorische Maßnahmen getroffen werden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nach der Wiedervereinigung war auf Drängen insbesondere der ostdeutschen
Abgeordneten im Bundestag eine Gemeinsame Verfassungskommission von
Bundestag und Bundesrat einberufen worden.
Diese werkelte eine Weile und stellte dann ihre Tätigkeit mit einem
entschlusslosen Abschlussbericht 1993 ein.

Fakt ist , dass der Art. 146 GG seit 1993 durch die Legislative nicht mehr
beachtet wurde.
Nun kann jeder spekulieren , was dazu die Ursache ist.
 
Ich denke mal die Westdeutschen wollten nicht viel verändern, und das System so weiterführen wie bisher. Die Ostdeutschen wollten sich vielleicht aber an irgenteinem anderen System orientieren...
Und jetzt kommt ihr!:)
 
Nach der Wiedervereinigung war auf Drängen insbesondere der ostdeutschen
Abgeordneten im Bundestag eine Gemeinsame Verfassungskommission von
Bundestag und Bundesrat einberufen worden.
Diese werkelte eine Weile und stellte dann ihre Tätigkeit mit einem
entschlusslosen Abschlussbericht 1993 ein.

Fakt ist , dass der Art. 146 GG seit 1993 durch die Legislative nicht mehr
beachtet wurde.
Nun kann jeder spekulieren , was dazu die Ursache ist.
Der Grund war, daß es nie eine Wiedervereinigung nach Art. 146 GG gab, in dem es heißt:
A r t i k e l 146​
Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

sondern es gab einen Beitritt 5 neuer Bundesländer zum Geltungsbereich des GG nach Art. 23 GG, wo es heißt:
A r t i k e l 23​
Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern. In anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen.
Aber mal kurz noch etwas dazu eingeworfen:
Ich kann mich noch sehr genau an die damalige Diskussion erinnern, in der man meinte, man müsse sich beim Akt der Wiedervereingung zwischen beiden Artikeln entscheiden, d. h. entweder - oder.

Wenn ich mir diese beiden Artikel aber mal genau anschaue, dann finde ich nicht, daß sie sich gegenseitig ausschließen, was aber bei der damaligen Diskussion genau so rüber kam.
Theoretisch hätte man eigentlich beides machen können:

1.) Beitritt der neuen 5 Länder zur BRD - 1990
2.) Ausarbeitung und Inkraftsetzung einer gesamtdeutschen Verfassung nach Volksabstimmung - von mir aus 1995 oder so.

Und rein theoretisch könnte man das wohl eigentlich auch heute noch machen, denn das GG ist ja bekanntlich als Provisorium gedacht gewesen und ist es somit auch heute noch, oder sehe ich da jetzt was falsch?
:grübel:
 
Zuletzt bearbeitet:
Klingt doof, aber gibt es eigentlich schon einen Friedensvertrag?
Mich dünkt, es herrscht immer noch Waffenstillstand seit 45.
Wenn dem so ist, ist die Frage nach einer Verfassung doch unlogisch.
 
Klingt doof, aber gibt es eigentlich schon einen Friedensvertrag?
Mich dünkt, es herrscht immer noch Waffenstillstand seit 45.
Wenn dem so ist, ist die Frage nach einer Verfassung doch unlogisch.


Die 2+4 Abkommen gelten als Friedensvertrag

Siehe Wiki:

aus dem Link
Anstatt eines Friedensvertrages

Die Annahme des Zwei-plus-Vier-Vertrages war Voraussetzung der alliierten Besatzungsmächte zu deren Zustimmung zur deutschen vollständigen Souveränität, da ein Friedensvertrag nach dem Zweiten Weltkrieg nicht abgeschlossen wurde. Der Wortlaut „anstatt eines Friedensvertrages“ war allerdings nur eine Sprachregelung, um Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg nicht nachkommen zu müssen. Bei der Londoner Schuldenkonferenz 1953 wurde festgelegt, dass alle Reparationsforderungen nach einem Friedensvertrag ausgehandelt würden. Zudem war besonders für die Bundesrepublik der Begriff des Friedensvertrages seit dem Versailler Vertrag negativ besetzt und war nicht zuletzt auch angesichts der Zeit, die seit Ende des Zweiten Weltkriegs vergangen war und der veränderten politischen Realität, nicht angemessen.
Am 15. März 1991 wurde die Nachkriegsordnung endgültig beseitigt. Die Forderung nach einem Friedensvertrag ist daher im besten Wortsinn „historisch überholt“; die Vielzahl erheblich stärkerer völkerrechtlicher Vertragsbindungen sichert, dass die Mitgliedstaaten in Frieden zueinander stehen, wie z. B. innerhalb der NATO oder in der EU.
 
Zuletzt bearbeitet:
Klingt doof, aber gibt es eigentlich schon einen Friedensvertrag?

Mit den 2+4 Verträgen errang (Gesamt-) Deutschland seine volle Souveränität. Diese können als Friedensvertrag angesehen werden. Kritisch betrachten darf man dabei, daß im selben Zug Souveränität auf andere übernationale Organisationen übertragen wurden.
 
Und wo steht das da?

Der 2+4 Vertrag regelt abschließend als Souveränitätsvertrag die "Nachkriegs"ordnung. Wenn man grob einen Friedensvertrag als die endgültige politische Regelung der Parteien nach einem Krieg auffaßt, handelt es sich auch um einen Friedensvertrag.

Nachrangig ist ist dabei wohl, ob der Begriff darin zitiert wird. Dass er nicht zitiert wird, dafür kann man sicher gute Gründe anführen, bis hin zur Überflüssigkeit (jeder Krieg endet zwar mit einem Waffenstillstand (bzw. hier sogar mit Kapitulation der militärischen Streitkräfte), aber nicht jeder Krieg mit einer politischen Regelung - Friedensvertrag).

Von der Souveränität ist die Verfassungsfrage mE zu unterscheiden. Unzweifelhaft bestanden jahrzehntelang zwei deutsche Staaten, somit muss eine eine staatliche Konstitution gegeben haben. Ob diese Staaten "volle" Souveränität im Verhältnis zu anderen Staaten hatten, sehe ich als nachrangig an.


Nach meinem Eindruck recht gute Kurzdarstellungen:
Zwei-plus-Vier-Vertrag ? Wikipedia
Rechtslage des Deutschen Reiches nach 1945 ? Wikipedia
Souveränität ? Wikipedia
 
Mit den 2+4 Verträgen errang (Gesamt-) Deutschland seine volle Souveränität. Diese können als Friedensvertrag angesehen werden. Kritisch betrachten darf man dabei, daß im selben Zug Souveränität auf andere übernationale Organisationen übertragen wurden.

ein Krieg wird durch einen Friedensvertrag beendet und nicht durch einen 2+ irgendwas Vertrag,nach der Kapitulation und oder Waffenstillstand ruhen die Kampfhandlungen bis ein Friedensvertrag in Kraft tritt.
Rechtlich befinden wir uns so eigentlich immernoch im krieg mit den USA,heißt sie könnten unsere "provisorische Übergangsregierung" jeder Zeit durch eine Militärregierung ablösen lassen
Andererseits,nach Kriegsrecht,dürfte ich,wenn als Partisan gekennzeichnet,Besatzungssoldaten bekämpfen und auch töten ohne als Mörder verurteilt zu werden,sondern ich müßte als Kriegsgefangener behandelt und spätestens 1/2 Jahr nach in Krafttretten des Friedensvertrags wieder in Freiheit entlassen werden
 
ein Krieg wird durch einen Friedensvertrag beendet und nicht durch einen 2+ irgendwas Vertrag,nach der Kapitulation und oder Waffenstillstand ruhen die Kampfhandlungen bis ein Friedensvertrag in Kraft tritt.
Rechtlich befinden wir uns so eigentlich immernoch im krieg mit den USA,n

Das ist völkerrechtlich falsch, und seit langem ausdiskutiert, zB:

Mosler/Doehring, Die Beendigung des Kriegszustandes mit Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, Beiträge Ausländisches Öffentliches Recht und Völkerrecht, Band 37, aus 1963.

Forbes, Monica H., Feindstaatenklausel, Viermächteverantwortung und Deutsche Frage, aus 1983.

Trüschtler von Falkenstein, Die sich ändernde Bedeutung der Feindstaatenartikel Art. 53 und 107, aus 1975, Augsburger Schriften zum Völkerrecht Band 5


Der Friedensvertrags "beendet" nicht den Kriegszustand, sondern enthält die entsprechenden politischen Regelungen als Vertragsfrieden. Diese angesprochenen vertraglichen Regelungen können auch durch praktisches Verhalten entstehen.

Nebenbei bemerkt: die Feindstaatenklausel (gewissermaßen als "Rückausnahme" in der Uno-Charta) wäre dann übrigens seit 50 Jahren überflüssig gewesen. Allein daraus ist ersichtlich, welche Wirkung das Gewaltverzichtsgebots nach der Kapitulation des Deutschen Reiches entfaltet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und rein theoretisch könnte man das wohl eigentlich auch heute noch machen, denn das GG ist ja bekanntlich als Provisorium gedacht gewesen und ist es somit auch heute noch, oder sehe ich da jetzt was falsch?

Man könnte, denn der durch den Einigungsvertrag 1990 geänderte Art. 146 GG ("Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.") lässt die Möglichkeit offen.

"Provisorium" - ja, aber ein endgültiges. ;) (Zum weiterglimmenden Streit z. B. http://www.dr-wesener.de/Art146GG.pdf)
 
Leute, Ihr vergesst diesen Punkt:

Der Wortlaut „anstatt eines Friedensvertrages“ war allerdings nur eine Sprachregelung, um Reparationsforderungen aus dem Zweiten Weltkrieg nicht nachkommen zu müssen. Bei der Londoner Schuldenkonferenz 1953 wurde festgelegt, dass alle Reparationsforderungen nach einem Friedensvertrag ausgehandelt würden.

der ist nämlich ganz wichtig.

Sonst könnte jede Regierung die gelegentlich ein "kleines Liquiditätsproblem" hat kurz ein Fax nach Berlin schicken, wir kriegen noch X Milliarden Euro "Reparationen plus Zinsen seit 1945"
kämen erkleckliche Summen zusammen.

Siehe was die griechische Regierung vor 2 oder 3 Jahren abgezogen hat.
 
ich denke mal er hat da ein V und ein G verwechselt
aber,und das ist meine Frage,ist ein Gebot rechtsbindend oder doch mehr eine
Empfehlung

Habe ich, siehe oben :winke:

Zu den Geboten, ohne auf die bewußten "10" zu verweisen, eine interessante Dissertation:

Mähler, Hans-Georg, Die völkerrechtliche Bedeutung des Kriegs- und Gewaltverbots durch Kellogg-Pakt und UN-Satzung.

Es ist völkerrechtlich bindend, was nicht dadurch widerlegt werden kann, dass dagegen verstoßen wird. :scheinheilig:


Der Hinweis von Repo aus dem Wiki-Artikel ist wichtig, eine Reihe von Staaten haben sich den Londoner Regelungen entzogen, insoweit waren die Reparationsansprüche tatsächlich unklar. Vgl. ausführlich: Eichhorn, Bert Wolfgang, Reparation als völkerrechtliche Delikthaftung
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben