War Germanien für die Römer attraktiv?

In augusteischer Zeit sind sowohl das Prätorium in Nijmegen (welches als Winterquartier des Drusus gilt) als auch das Prätorium in Anreppen (welches wiederum als Quartier des Tiberius interpretiert wird) reine Fachwerkbauten. Überhaupt sind die Lager in dieser Zeit nicht in Stein ausgebaut. Da wäre es für mich schon sehr verwunderlich, wenn sich nun in Hildesheim ein aus Stein errichteten Statthalterpalast aus der augusteischen Zeit befinden würde. Auch die Basilika in Waldgirmes hatte lediglich ein steinernes dreilagiges Fundament. Ansonsten war sie ein Fachwerkbau.



Hier wird noch auf die Lager eingegangen, welche Logistikzentren und Herrschaftssitze
darstellen :


http://www.lwl.org/LWL/Kultur/WMfA_Zentrale/P_Bodenaltertuemer/index2_html

Bodenaltertümer Westfalens Bd. 26
Berger, L. u.a.
Die römische Okkupation nördlich der Alpen zur Zeit des Augustus
Kolloquium Bergkamen 1989. Vorträge
Münster 1991
228 Seiten
ISBN 3-402-05139-7
vergriffen



Im Museum Herne gibt habe ich noch am Samstag ein Restexemplar gesehen. lohnt sich…
:scheinheilig:
 
Ave Zusammen,

El Quijote schrieb:
...So ein Flüsschen ist aber nicht gleich schiffbar, nicht einmal für die flachen Flussschiffe des römischen Militärs....

Die Bode hat bei Oschersleben eine Breite von 15 Metern, die Lippe bei Anreppen 10 Meter. Lediglich an der Mündung ist die Lippe mit 40 Metern breiter als die Bode mit 20 Metern. Für die Römer war sie genauso brauchbar, auch wenn die Flussboote nicht besonderns groß sein konnten. Aber lieber schlecht gefahren, als gut gelaufen, das galt schon immer so.

El Quijote schrieb:
...Nein, nicht merkwürdig, sondern dem Zwang der Umstände....geschuldet. Das hatten wir aber schon mehrfach....

Yep, natürlich, aber es ändert leider nichts an der schnöden Tatsache. Nur so zum Beispiel: Ich fahre jeden Morgen hier an einer Ausgrabung vorbei. Letzten Freitag war ausnahmsweise mal ein super Wetter, Sonne trocken und warm. An dem Tag wollte ich da mal vorbeischauen. Als ich kurz nach 14:00 Uhr dort war, hatten die ihre Sachen schon eingepackt und waren mit einem Fuss schon im Auto. Die waren ziemlich sauer, weil ich wegen einem Gespräch mit der Ausgrabungsleiterin ihnen noch 5 Minuten vom Feierabend wegnahm. Am Montagmorgen sassen sie dann wieder dort, bei strömenden Regen, und schauten verwundert in ihre vollgelaufenen Gruben. Jeder Andere hätte dagegen das Superwetter am Freitag genutzt und bis Sonnenuntergang gearbeitet, Freitag hin und Wochenende her. Das ist schon merkwürdig.

El Quijote schrieb:
...Es ist natürlich die Frage, wie wertvoll Florus als Quelle ist. Wenn man Mal Maas, Weser und Rhein als Grenzflüsse annimmt, dann ist die Elbe ein ganz schöner Ausreißer. ...

Wie alle Antiken Autoren ist auch Florus einer Quellenkritik zu unterwerfen. Florus schludert offensichtlich an einer Stelle, denn er behauptet als einziger einen Lagerüberfall, zumindest lässt sich das herauslesen.

„34. So griffen sie den Ahnungslosen und nichts Derartiges Befürchtenden überraschend an, als jener - welche Sorglosigkeit! - vor Gericht lud, und von allen Seiten brachen sie herein. Das Lager wurde ausgeraubt, drei Legionen überwältigt..“

Das hat ihm im wesentlichen seinen schlechten Ruf eingebracht. Es ist aber vielleicht nur der Kürze seiner Ausführungen anzulasten. Aber klar, Quellenkritik gilt auch für alle Anderen. Nur, die Frage, wie weit die einzelnen Autoren ernst zu nehmen, und schwieriger noch, zu verstehen sind, diese Frage kann schlüssig nur die Archäologie beantworten.

El Quijote schrieb:
...Hier ist dann ja auch deutlich vom Rheinufer als Grenze die Rede. Im Übrigen dürfte Deine Fettmarkierung des Ozeans eine Fehlinterpretation des Florus-Textes sein. Es ist damit sicher nicht die Nordsee gemeint - auch wenn man dies z. B. aus den Res gestae (Von Cádiz bis zur Elbe) entnehmen kann, sondern eher, dass der Rhein für die Römer ein größeres Hindernis sei, als das Mittelmeer. ...

Nordsee oder Mittelmeer? Im Zusammenhang des Florus ehr die Nordsee. Aber sich auf das eine oder andre festzulegen ist müßig, weil es der Text nicht sicher hergibt. Genauso ist es mit den anderen Details, eine Antwort kann nur die Archäologie liefern. Und da ist man auf Zufall und/oder Spürsinn angewiesen. Nehmen wir nur Hedemünden und Kalefeld, kein Archäologe oder Historiker hätte auf diese Orte und Zeitstellungen einen Deut gegeben, wenn der Zufall sie nicht darauf gestoßen hätte.

Das deutlich und mit dem bloßen Auge erkennbare Römer-Lager I von Hedemünden ist in den Detailkarten bis heute noch als germanische Hünenburg eingezeichnet. Man neigt halt dazu zu finden, was man zu finden glaubt. Da man bis vor kurzem es immer als gegeben annahm, dass die römische Präsenz kaum weit hinter die Lippe, schon gar nicht östlich der Weser, ging, musste es ja zweifellos germanischen Ursprungs sein. Hätte nur einer der zuständigen Archäologen mal ein paar Tage mit dem Metalldetektor investiert, schließlich ist das keine große Kunst. Das haben dann leider nur die Raubgräber gemacht.

Zitat Vellius: „... und als habe er es mit Männern zu tun, die die Annehmlichkeiten des Friedens genossen, brachte er die Zeit des Sommerfeldzuges damit zu, von seinem Richterstuhl aus Prozeßformalitäten abzuhandeln...... ja, er fühlte sich eher als Stadtprätor, der auf dem römischen Forum Recht spricht, denn als Oberbefehlshaber einer Armee im tiefsten Germanien...“

El Quijote schrieb:
...Vellius impliziert eben nicht den infrastrukturellen Ausbau der Provinz, im Gegenteil, er sagt, dass es gerade nicht so war. Er wirft Varus ja gerade vor, dass er sich fühlte wie ein Stadtprätor, obwohl es dazu keine Veranlassung gegeben habe und betont, dass er es eben nicht mit friedliebenden Männer zu tun hatte. ...

Vellius schreibt wie alle Anderen im Nachhinein: Während Varus auf dem Forum, auf seinem Richterstuhl, im Innern Germaniens, Recht sprach, da war er Stadtprätor und fühlte sich als solcher, wie es unter friedliebenden Menschen üblich ist. Das er sich besser als Oberbefehlshaber der Armee im tiefsten Germanien hätte fühlen sollen, dass weiss erst später u.a. Vellius.


Neben diesen kniffligen Interpretationsfragen, die für sich allein niemals sicher geklärt werden können, gibt es aber durchaus indirekte Quellen der Information:

1. Sowohl Drusus (um 9 v.Chr.) als später auch Tiberius (1 – 5 n.Chr. immensum bellum) erreichten die Elbe mit starken Truppenverbänden. Der Weg dorthin war kein Sonntagsspaziergang, man blieb dort nicht nur ein paar Tage. Man war gekommen um sich einzunisten, man verbrachte am Elbeknie Wochen, wahrscheinlich Monate. Das bzw. die Lager waren sicher ordentlich befestigt.
2. In diesen Feldzügen wurden jeweils, neben anderen, die Cherusker unterworfen. Man machte Verträge mit den örtlichen Fürsten.
Sowohl Drusus als Tiberius waren Kronprinzen, sie waren die Adoptivsöhne des großen Kaisers aus Rom! Das hat erhebliche Bedeutung.
3. Die germanischen Fürsten lebten in Langhäusern, nach Ausgrabungen wiess man das so ein ordentliche Langhaus ungefähr 10 x 30 Meter groß war. Nach römischen Maßstäben zwar nur eine bessere Hütte vielleicht, aber allemal ganz schön imposant. Und da soll der Kaisersohn in einem Zelt hausen? Ein Fachwerkhaus ist da das mindeste, aber doch ehr ein Steinhaus, um die Überlegenheit des Kaisers zu demonstrieren. Sie mussten imponieren.
4. Für Varus gilt das natürlich erst Recht. Er war ebenfalls Mitglied der Kaiserfamilie, er war mit Hofstaat unterwegs (Tross mit Frauen Kinder und Sklaven !), er verblieb mehrere Monate (Sommerfeldzug), er glaubte in einer befriedeten Provinz zu sein.

Insbesondere für Varus geht man daher von einem angemessenen Steinbau aus. Dass sehen auch die Archäologen so, soweit ich diese kenne und in der Sache unterwegs sind.


flavius-sterius schrieb:
....In augusteischer Zeit sind sowohl das Prätorium in Nijmegen (welches als Winterquartier des Drusus gilt) als auch das Prätorium in Anreppen (welches wiederum als Quartier des Tiberius interpretiert wird) reine Fachwerkbauten. Überhaupt sind die Lager in dieser Zeit nicht in Stein ausgebaut. Da wäre es für mich schon sehr verwunderlich, wenn sich nun in Hildesheim ein aus Stein errichteten Statthalterpalast aus der augusteischen Zeit befinden würde. Auch die Basilika in Waldgirmes hatte lediglich ein steinernes dreilagiges Fundament. Ansonsten war sie ein Fachwerkbau. ...

Das ist wohl so, Fachwerkhäuser sind einfacher zu bewerkstelligen. Wenn sich das Repräsentationsbedürfnis in Grenzen hält, kein Problem. Nun aber, wo war denn das ominöse Winterquartier, z.B. das ad caput juliae? Vorschläge gibt es auch da einige, geklärt ist es nicht.

Nun, Tiberius gewann in 4 den immensum bellum mit einem Zangenangriff über Elbe(!) und dem Landweg, damit war das Werk getan. Dann baute er die Provinz aus. Genau in diesem Jahr 4 n.Chr. sind die ältesten Teile der Kölnerstadtmauer dendrochronologisch nachgewiesen: Das Ubiermonument ist ein grosser massiver Steinbau für den das nahe Rheinufer noch mit Eichenpfählen verfestigt werden musste. Auch ist bekannt, das Segimundus, der Sohn des Segestes, Fürst der Cherusker, genau hier in Köln als Priester eingesetzt wurde. Er verlor den Posten erst durch seine Beteiligung an der Varusschlacht.

Tiberius befestigt also die Hauptstadt des westlichen Germaniens und setzt eine cheruskischer Fürstengeisel hier ein. Logisch ist dann auch die Befestigung genau so einer Hauptstadt auch für den östlichen Teil. In der Stadtchronik von Hildesheim, die allerdings viel später verfasst wurde, gibt es ein etwas kryptische Randnotiz, nach dem ein Tiberius Hildesheim das Stadtrecht verliehen hätte. Die Interpretation dieser Randnotiz ist zwar reichlich fraglich, etwa welcher Tiberius gemeint war, etc.pp., kryptisch eben.

Nun aber, in just im Jahr Ende 6/Anfang 7 tritt genau dieser Varus seinen Dienst an. Hatte er bis 9 Däumchen gedreht, um dann mal eben nach Osten aufzubrechen und ein paar Steuern einzutreiben? Wohl kaum, spätestens 7 wird der schon mal zu seinen besten Verbündeten, den Cheruskern aufgebrochen sein, als er zwei Jahre später starb, war er bestimmt nicht zum erstenmal im Innern Germaniens. Und wo war er da? War das Winterlager auch das Sommerlager? War es die mutmassliche Hauptstadtgründung des Tiberius nach dem gewonnenen Immensum Bellum?

So unwahrscheinlich ist das nicht, dass das Winterlager auch das Sommerlager war, das es teilweise schon Steinbauten hatte, und, das es unter dem heutigen Stadtzentrum von Hildesheim zu suchen ist.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Hi Traian!

Nur ein Hinweis zu Deinem ansonsten sehr guten Beitrag!

Es gibt hinsichtlich dieses ominösen "ad caput iuliae" auch die Auffassung, dass es sich hierbei möglicherweise um einen schlichten Abschreib-Fehler des Originals in späterer Zeit handeln und tatsächlich "ad caput lupiae" gemeint sein könnte, bzw. war.

Natürlich spekulativ, würde aber weit besser passen.

Gruß
 
Eine Überlegung wäre, wie lange man zum Aufbau einer Stadt braucht.
Ein Marschlager schlägt man über Nacht auf.
Den Grundstein und Vermessungen braucht es nur ein paar Wochen.
Die ersten offiziellen Gebäude stehen sicherlich innerhalb eines Jahres.
Aber eine belebte Stadt zu gründen die den Namen zu Recht trägt, ist sicherlich ein Minimum von 2-3 Jahren anzusetzen.
Deswegen vielleicht auch die Schwierigkeiten zwischen Lager und Stadt zu unterscheiden, in den Bodenfunden.

Somit sind die Zeiten von Tiberius zu Varus als etwa 4-9 recht knapp bemessen um „echte“ Städte zu gründen. Bei Drusus 9 BC (der eventuell noch nicht so weit in der Planung war) zu Varus 9 AD wäre die Zeitspanne schon wesentlich günstiger, um solide Strukturen aufzubauen, welche nicht nur einen außenpostencharakter haben.
 
Die Bode hat bei Oschersleben eine Breite von 15 Metern, die Lippe bei Anreppen 10 Meter. Lediglich an der Mündung ist die Lippe mit 40 Metern breiter als die Bode mit 20 Metern. Für die Römer war sie genauso brauchbar, auch wenn die Flussboote nicht besonderns groß sein konnten. Aber lieber schlecht gefahren, als gut gelaufen, das galt schon immer so.


Es gibt etwas, das für die Schifffahrt weitaus wichtiger ist, als Breite: Tiefe.



Yep, natürlich, aber es ändert leider nichts an der schnöden Tatsache. Nur so zum Beispiel: Ich fahre jeden Morgen hier an einer Ausgrabung vorbei. Letzten Freitag war ausnahmsweise mal ein super Wetter, Sonne trocken und warm. An dem Tag wollte ich da mal vorbeischauen. Als ich kurz nach 14:00 Uhr dort war, hatten die ihre Sachen schon eingepackt und waren mit einem Fuss schon im Auto. Die waren ziemlich sauer, weil ich wegen einem Gespräch mit der Ausgrabungsleiterin ihnen noch 5 Minuten vom Feierabend wegnahm. Am Montagmorgen sassen sie dann wieder dort, bei strömenden Regen, und schauten verwundert in ihre vollgelaufenen Gruben. Jeder Andere hätte dagegen das Superwetter am Freitag genutzt und bis Sonnenuntergang gearbeitet, Freitag hin und Wochenende her. Das ist schon merkwürdig.

Das sind Grabungshelfer. Im besten Fall sind das Interessierte/Studenten, im schlechtesten Fall zwangsverpflichtete Arbeitslose. Letztere haben i.d.R. keie große Lust, Studenten und Interessierte teilweise einen Terminkalender, der das freie Arbeiten nicht erlaubt. Ich selber habe mal mit zwei ansonsten arbeitslosen Tiefbauarbeitern in einer Grabung gearbeitet, die waren interessiert, aber auch froh, wenn sie nach Hause kamen, sie hatten nämlich eine Anreise von knapp 150 km mit dem ÖPNV. Familie nur am Wochenende.


Hier ist dann ja auch deutlich vom Rheinufer als Grenze die Rede. Im Übrigen dürfte Deine Fettmarkierung des Ozeans eine Fehlinterpretation des Florus-Textes sein. Es ist damit sicher nicht die Nordsee gemeint - auch wenn man dies z. B. aus den Res gestae (Von Cádiz bis zur Elbe) entnehmen kann, sondern eher, dass der Rhein für die Römer ein größeres Hindernis sei, als das Mittelmeer.
Nordsee oder Mittelmeer? Im Zusammenhang des Florus ehr die Nordsee. Aber sich auf das eine oder andre festzulegen ist müßig, weil es der Text nicht sicher hergibt.

Aber genau das ist es ja. Es geht hier nicht um geographische Verortung, sondern darum, dass man beim Meer nicht das gegenüberliegende Ufer sehen kann, ein Meer also ein scheinbar viel größeres Hindernis ist als ein Fluss; das Meer konnten die Römer aber überwinden, den Rhein als Fluss nicht.

Hätte nur einer der zuständigen Archäologen mal ein paar Tage mit dem Metalldetektor investiert, schließlich ist das keine große Kunst. Das haben dann leider nur die Raubgräber gemacht.

Tja, meist haben diese aber auch lokale Kenntnisse, wissen vom Opa oder aus der Dorfkneipe, wo mal was gefunden wurde. Sollen Archäologen jetzt jeden Quadratmeter Deutschlands mit dem Detektor prospektieren?


Insbesondere für Varus geht man daher von einem angemessenen Steinbau aus. Dass sehen auch die Archäologen so, soweit ich diese kenne und in der Sache unterwegs sind.

Wer ist "man"?

In der Stadtchronik von Hildesheim, die allerdings viel später verfasst wurde, gibt es ein etwas kryptische Randnotiz, nach dem ein Tiberius Hildesheim das Stadtrecht verliehen hätte. Die Interpretation dieser Randnotiz ist zwar reichlich fraglich, etwa welcher Tiberius gemeint war, etc.pp., kryptisch eben.
Tja, von wann ist die Chronik und von wann ist die Glosse?

So unwahrscheinlich ist das nicht, dass das Winterlager auch das Sommerlager war, das es teilweise schon Steinbauten hatte, und, das es unter dem heutigen Stadtzentrum von Hildesheim zu suchen ist.
Gibt es dafür einen vernünftigen Hinweise außer den von Dir anders als von den Archäologen datierten Ziegeln? Das ist doch alles irgendwie willkürlich: Von einem unbestimmten "irgendwo bei der Weser" - und die Weser ist lang, kommst Du auf einen Ort, der etliche km von der Weser entfernt liegt.
 
@Trajan: Die Bode hat bei Oschersleben eine Breite von 15 Metern, die Lippe bei Anreppen 10 Meter. Lediglich an der Mündung ist die Lippe mit 40 Metern breiter als die Bode mit 20 Metern. Für die Römer war sie genauso brauchbar, auch wenn die Flussboote nicht besonderns groß sein konnten. Aber lieber schlecht gefahren, als gut gelaufen, das galt schon immer so.
Dabei darfst du nicht vergessen, dass die Lippe ein Flachlandfluss mit wenig Gefälle ist und ohne die wasserbaulichen Maßnahmen der Neuzeit erheblich breiter wäre. Bei 220 km Länge sind es nur 169 Höhenmeter Gefälle.
Die Bode legt dagegen auf 169 Kilometer 780 Höhenmeter zurück und hat 4 Wasserfälle, ist also gar nicht schiffbar.
 
Noch ein Hinweis:

Die von den Römern eingesetzten Transportschiffe (naves actuariae) hatten in ihrem Normal-Maß (21 Meter Länge, 6,5o Meter Breite) - beladen! - einen Tiefgang von maximal 80-90 Zentimetern.

Mit kleiner gebauten Schiffen, kleinerer Mannschaft und weniger sowie anders gestauter Ladung kann man das ohne weiteres noch erheblich verringern. Dann sprechen wir über 40-50 Zentimeter Tiefgang.

Gruß
 
Ave Zusammen,

El Quijote schrieb:
...Es gibt etwas, das für die Schifffahrt weitaus wichtiger ist, als Breite: Tiefe. ...


Und wie tief ist sie? 50 cm bis 100 cm reichen i.d.R. schon.

El Quijote schrieb:
...Das sind Grabungshelfer. Im besten Fall sind das Interessierte/Studenten, im schlechtesten Fall zwangsverpflichtete Arbeitslose. Letztere haben i.d.R. keie große Lust, Studenten und Interessierte teilweise einen Terminkalender, der das freie Arbeiten nicht erlaubt. ...


Das ist mir schon klar. Aber wenn man flexibler managt, ginge schon mehr. Warum nicht an Sonnentagen länger arbeiten und dafür an Regentagen die Beine hoch legen?

El Quijote schrieb:
...Es geht hier nicht um geographische Verortung, sondern darum, dass man beim Meer nicht das gegenüberliegende Ufer sehen kann, ein Meer also ein scheinbar viel größeres Hindernis ist als ein Fluss; das Meer konnten die Römer aber überwinden, den Rhein als Fluss nicht...


Schon möglich, aber sicher? Interpretationsfrage.


El Quijote schrieb:
...Tja, meist haben diese aber auch lokale Kenntnisse, wissen vom Opa oder aus der Dorfkneipe, wo mal was gefunden wurde. Sollen Archäologen jetzt jeden Quadratmeter Deutschlands mit dem Detektor prospektieren?...

Natürlich nicht, aber ein bisschen mehr Neugier bei merkwürdigen Objekten wäre nicht schlecht. Die Infos von den "Opas" kriegen die offiziellen Stellen ja auch regelmäßig, es wird aber kaum ernst genommen.

El Quijote schrieb:
...Wer ist "man"?...


Könnte ich dir ggf. sagen, aber ich stehe da in der Pflicht.

El Quijote schrieb:
...Tja, von wann ist die Chronik und von wann ist die Glosse?...

Infos etwa unter
http://zocher-regel.gmxhome.de/ArbaloSchlacht/26TiberiusConstantin.html

El Quijote schrieb:
...Gibt es dafür einen vernünftigen Hinweise außer den von Dir anders als von den Archäologen datierten Ziegeln? Das ist doch alles irgendwie willkürlich: Von einem unbestimmten "irgendwo bei der Weser" - und die Weser ist lang, kommst Du auf einen Ort, der etliche km von der Weser entfernt liegt."...

Da kann ich inzwischen ein gutes dutzend Indizien ausbreiten. Teilweise habe ich das ja auch schon mal getan. Was die Entfernung angeht, die beträgt gut 40 km, mit einem Pferd bequem an einem Tag, selbst zu Fuss an einem Tag zu machen, wenns denn unbedingt sein muss.

balticbirdy schrieb:
...Dabei darfst du nicht vergessen, dass die Lippe ein Flachlandfluss mit wenig Gefälle ist und ohne die wasserbaulichen Maßnahmen der Neuzeit erheblich breiter wäre. Bei 220 km Länge sind es nur 169 Höhenmeter Gefälle. Die Bode legt dagegen auf 169 Kilometer 780 Höhenmeter zurück und hat 4 Wasserfälle, ist also gar nicht schiffbar.....

Yep, die 780 Höhenmeter und 4 Wasserfälle gehen aber alle auf das Konto des Quellgebietes des Harzes. Das interessante Stück dagegen ist das von Oschersleben (85 m) und dann via Saale bis Barby (51 m), eine Gefälle von nur 34 m auf etwa 60 km, absolut vergleichbar der Lippe also.

Die Bode hat zudem weiter nach Westen noch einen Zufluss, der einmal bis auf 40 km an Hildesheim heran reichte. Leider wurde der durch die DDR Grenzbebauung eingedeicht und zum Teil komplett zerstört. Da wo er noch in Takt ist, hat er eine Breite von 5 bis 7 Meter. Zu wenig für die Schifffahrt, aber als Transporthilfe schon gut verwendbar.

Zu Oschersleben:
Wikipedia: „...Die ursprüngliche Dorfsiedlung lag dicht am Bruch westlich und südwestlich der späteren befestigten Stadt und wird in Urkunden das „alte Dorf“ oder antiqua villa genannt. Der Begriff Altes Dorf blieb für die westliche Vorstadt später erhalten und findet als Straßenname bis in unsere Zeit Verwendung. In dieser alten Dorfsiedlung lag die Stephanskirche, angeblich 806 durch Bischof Hildegrim gegründet....“

Was die villa antiqua war, oder wann sie entstand (früher als 806), ist unbekannt. Aber schauen wir mal auf Googleearth nach: An der Südgrenze der fast vollständig überbauten Villa antiqua sieht man die Bodenmerkmale eines rund 500 m Quadrats.

Ähem...wer suchet, der findet.

Beste Grüsse, Trajan.
 

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@Trajan, um Wasserfahrzeuge, die über mehr als Flöße oder Einbäume darstellen sollen, in die Bode (Unterlauf) zu bekommen, muss man diese entweder über das Gebirge oder durch die nördlich und südlich angrenzenden, einst versumpften Niederungen (Helme) bringen. Wie soll das gehen? In 3 Tagen sind sie auch nicht vor Ort gebaut.
Hätten die Römer Wasserfahrzeuge dort gehabt, hätte sie doch nichts gehindert, die komplette Elbe zu befahren. Das haben sie aber offenbar nicht. Der Sturz des Drusus vom Pferd war ein prima Anlass, ohne allzu großen Prestigeverlust den Feldzug nach Innergermanien abzubrechen.

Das Luftbild kann alles Mögliche zeigen, vielleicht den Verlauf eines verlegten Kabels oder Abwasserrohrs.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Balticbirdy:

Wenn man vorgefertigte Komponenten auf dem Land transportiert, lässt sich so ein Boot in weniger als EINEM Tag zusammen bauen.

Gruß
 
Das ist mir schon klar. Aber wenn man flexibler managt, ginge schon mehr. Warum nicht an Sonnentagen länger arbeiten und dafür an Regentagen die Beine hoch legen?

I.d.R. wird in Grabungen an starken Regentagen nicht gearbeitet. Diese werden z.B. zum Scherbenwaschen, Vervollständigen von Zeichnungen etc. genutzt. Wo Menschen sind, muss man auch auf Menschen Rücksicht nehmen!
Trajan schrieb:
Nordsee oder Mittelmeer? Im Zusammenhang des Florus eher die Nordsee. Aber sich auf das eine oder andre festzulegen ist müßig, weil es der Text nicht sicher hergibt.
El Quijote schrieb:
Hier ist dann ja auch deutlich vom Rheinufer als Grenze die Rede. Im Übrigen dürfte Deine Fettmarkierung des Ozeans eine Fehlinterpretation des Florus-Textes sein. Es ist damit sicher nicht die Nordsee gemeint - auch wenn man dies z. B. aus den Res gestae (von Cádiz bis zur Elbe) entnehmen kann, sondern eher, dass der Rhein für die Römer ein größeres Hindernis sei, als das Mittelmeer.
Schon möglich, aber sicher? Interpretationsfrage.
Sehe ich nicht so. Zur Erinnerung noch einmal die Formulierung des Florus:
Hac clade factum, ut imperium, quod in litore Oceani non steterat, in ripa Rheni flumi nis staret. - Diese Niederlage bewirkte, daß die [römische] Herrschaft, die an der Küste des Ozeans nicht haltgemacht hatte, am Rheinufer ihre Grenze fand.
Hier ist ganz klar der Unterschied zwischen Meer und Fluss, kein bestimmter geographischer Ort gemeint. Das Meer, dessen gegenüberliegendes Ufer man nicht sieht und der Fluss dessen gegenüberliegendes Ufer in Rufweite ist (beim Rhein zwar nicht unbedingt, aber wir haben hier einen Römer vor Augen, der den Tiber für einen großen Fluss hält). Von mir aus kann man auch den Ärmelkanal mit einbeziehen, denn zu Florus' Zeiten war ja auch Britannia längst Provinz. Aber Deine Richtung, die "deutsche" Nordseeküste als erobert anzunehmen, lässt sich hier nicht herauslesen (Wobei die Lager des Germanicus im Raum des heutigen Bremen außer Frage stehen).

Natürlich nicht, aber ein bisschen mehr Neugier bei merkwürdigen Objekten wäre nicht schlecht. Die Infos von den "Opas" kriegen die offiziellen Stellen ja auch regelmäßig, es wird aber kaum ernst genommen.

Es wird schon ernst genommen; ich weiß von Grabungen, die nicht auf Funde, sondern auf Legenden, die teilweise Jahrhunderte altes Wissen transportierten, zurückgehen: Nur ändert das nichts daran, dass der archäologische Befund nach wie vor a) dort am besten aufgehoben ist, wo er sich befindet, nämlich im Boden und b) Grabungen finanziert werden müssen!!! Auch Archäologen, Techniker und Helfern sind Menschen, die Nahrung aufnehmen und Miete, Versicherungen, Nebenkosten etc. bezahlen müssen.

Infos etwa unter
http://zocher-regel.gmxhome.de/ArbaloSchlacht/26TiberiusConstantin.html

Die Seite kann ich z.Zt. nicht ernst nehmen. Wie gesagt, eine Glosse, die Hildesheim Bennopolis nennt. Schon die Endung -polis ist nicht gerade vertrauenerweckend sondern klingt nach Trojanerlegende. Dann die zeitliche Verortung, die die Nennung Hildesheims und Tiberius' mit den Goten in Spanien, (also nach 507) und den Einfall der Langobarden nach Italien (ebenfalls 6. Jahrhundert) nennt, während der Verfasser es irgendwie versucht umzubiegen, dass der der mittelalterliche Chronist Tiberios Constantinos mit Tiberius verwechselte, damit die These passt. Überzeugender wären Legionsstempel auf den in Hildesheim gefundenen "römischen" Ziegeln. Meines Wissens nach wäre dieser nämlich in jedem Ziegel zu finden, vorausgesetzt es handelt sich um Legionsbauten. Schließlich die Behauptung: "Bennopolis ist eine auch sonst gebräuchliche Bezeichnung für das mittelalterliche Hildesheim." Außer in den Hildesheimer Annalen, die hier mehr als kryptisch sind, sich aus verschiedenen Quellen speisen (u.a. Isidor von Sevilla) und im 11. und 12. Jahrhundert verfasst und später glossiert wurden (wenn ich Waitz richtig verstehe, etwa im 15. Jahrhundert) findet sich in der ganzen MGH kein weiteres Bennopolis/Bennopolim. Was wird aus der "gebräuchlichen Beziechnung"?


Zu Oschersleben:
Wikipedia: „...Die ursprüngliche Dorfsiedlung lag dicht am Bruch westlich und südwestlich der späteren befestigten Stadt und wird in Urkunden das „alte Dorf“ oder antiqua villa genannt. Der Begriff Altes Dorf blieb für die westliche Vorstadt später erhalten und findet als Straßenname bis in unsere Zeit Verwendung. In dieser alten Dorfsiedlung lag die Stephanskirche, angeblich 806 durch Bischof Hildegrim gegründet....“

Was die villa antiqua war, oder wann sie entstand (früher als 806), ist unbekannt. Aber schauen wir mal auf Googleearth nach: An der Südgrenze der fast vollständig überbauten Villa antiqua sieht man die Bodenmerkmale eines rund 500 m Quadrats.

Oschersleben ist am 23. November 994 erstmal in einer Urkunde Ottos III. erwähnt. Von da zu einer möglichen Gründung durch Tiberius sind es 1000 Jahre. Bissken mager für einen Ausdruck antiqua villa, der erst sehr viel später im Zusammenhang mit Oschersleben verwendet wird, nämlich frühestens bei König Adolf von Nassau in einer Urkunde 1295, also noch einmal 300 Jahre später. (Das ist die letzte Urkunde zu Oschersleben, die bei Regesta Imperii zu finden ist, aber leider in der MGH nicht einsehbar).
 
Zuletzt bearbeitet:
In Ettlingen bei Karlsruhe gibt es den NEPTUNSTEIN.

File:Neptunstein Ettlingen.JPG - Wikimedia Commons

Es handelt sich dabei um einen Weihestein der Albschiffer (contubernium nautarum) an Neptun aus dem 3. Jahrhundert.

Und die Alb ist nun wirklich ein Flüsschen. Die Römer fuhren auf jeder besseren Pfütze. Denn flussab (oder besser bachab) mit Wasserkraft und flussauf mit Treidelpferde ließen sich deutlich mehr Ware transportieren als auf den Landweg. Und dies auch noch kostengünstiger.

Die Alb
 
@Martin Rohmann: Wenn man vorgefertigte Komponenten auf dem Land transportiert, lässt sich so ein Boot in weniger als EINEM Tag zusammen bauen.

Prinzipiell schon. Das macht man aber nicht, wenn man nicht konkrete geographische Vorstellungen hat. Hatten die Römer diese, außer dass sie von der Elbe wussten.? Und warum sollten sie zerlegte Boote mitschleppten? Drusus hat doch keine Kosakenexpedition nach Sibirien geleitet.
 
Hi Balticbirdy!

Deine Annahme, die Römer hätten von Germanien keine oder nur wenige geografische Kenntnisse gehabt, ist eben nur eine Annahme.

In Rom lebten etliche Germanen, die werden ihr Wissen sicher nicht für sich behalten haben.

Ferner gab es schon lange Handeslbeziehungen (s. u. a. nur Hellweg), auch diese Kenntnisse wird man ausgewertet haben.

Ich denke, Drusus wird schon zeimlich ganau gewußt haben, was ihn erwartet - alleine zur Logistikplanung.

Und spätestens ab Tiberius' Unterehmen war dann ja noch Wissen aus sozusagen erster Hand vorhanden.

Eine Argumentation, die aus angeblich unzureichenden geografischen Kenntnissen aufbaut, ist unhaltbar!

Die Römer haben ihre Kriegsmaschine mit einem Mitglied des Kaiserhauses vorneweg nicht mal so eben ins Blaue geschickt, nach dem Motto "Schaun mer mal...".

Sie haben mit großer Sicherheit grundsätzlich vorher alles Verfügbare gesammelt und ausgewertet, vor und bei feldzugsbeginn eine effektive Fernaufklärung und eine noch effektivere Nahaufklärung auf dem Marsch betrieben haben.

Das war eben KEIN so dilletantisch geplanter Zufalls-Zug á la Ermak Timofeewitsch

Gruß
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ave Zusammen,

naja, Oschersleben. Das "Ähem..." steht am Ende meiner letzten Mail, weil ich genauso überrascht war. Ich kann von hier aus natürlich nicht sagen, was das Bodenmerkmal ist, aber schaunmermal.

Das da in der Gegend was sein muss, ist aber klar! Warum?

Also: definitiv die kürzeste und einfachste Verbindung zwischen Rhein und Elbe ist von Xanten/ Castra Vetera nach Magdeburg zum Elbeknie. Alle anderen Strecken sind gebirgiger, länger, mehr Höhendifferenzen etc.pp.

Der Weg ist Xanten-Lippe-Anreppen-TeutoburgerWald-BadPyrmont-Hameln-Hildesheim-Bodebruch-Elbeknie. Der schwierigste Part ist dabei das Weserbergland, vom Anstieg zum Teutoburger Wald bis zum Ausgang des Mittelgebirges kurz vor Hildesheim.
Hinter Hildesheim erreicht man nach ein bis zwei Tagen Marsch bereits den Bodebruch und damit ist der Weg zur Elbe logistisch frei.

Der heutigen GPS-Generation mag es unwahrscheinlich klingen, dass die Römer diesen perfekten Weg kannten. Aber so dumm waren die nicht, Dummheit ist zwar nicht strafbar, aber leicht tödlich. Es mag sein dass Drusus, neben Kundschaftern, noch ordentlich Pionierarbeit leisten musste, spätestens für Tiberius war der Weg aber völlig klar.

Das kann man auch an der Verteilung der Zufallsfund augusteischer Münzen sehen. Ich habe die mal aus allen Katalogen zusammengetragen, anhängend eine Karte für das Weserbergland, da ich mich zur Zeit damit befasse. Die ist jetzt gerade am rechten Rand am Bodebruch abgeschnitten, die sporadischen Funde setzen sich aber bis zur Elbe/Saale fort. Übrigens war der Elm, nordwestlich von Oschersleben, recht ergiebig. In der DDR wurde da nicht so furchtbar viel katalogisiert, aber die Aussage ist klar.

Die oben beschrieben kürzeste und günstigste Achse wurde mit Sicherheit begangen. Und dann wird die Bedeutung von Oschersleben schnell klar. Aus der Sicht der Römer sah der Marsch etwa so aus:

Freie Bahn die Lippe entlang bis nach Anreppen. Dann wird’s ernst, das Weserbergland muss durchschnitten werden. Die Mitte wird genau durch Lügde/Bad Pyrmont markiert, denn man muss durch das Emmertal, da es der kürzeste Weg mit der geringsten Gesamtsteigung ist. Dann bei Hameln über die Weser, das letzte Hindernis der Pass zur Leine, Leineübergang bei Nordstemmen, dann hat mans geschafft! Das Lager Hildesheim liegt nämlich schon wieder, genau wie Anreppen, an der fruchtbaren und weiten nördlichen Mittelgebirgskante, ab da ist der Weg für römische Truppen wieder bestens geeignet.

Kurz hinter Hildesheim beginnt der Bodebruch, der ist zwar noch nicht Schiffbar, aber der Flusslauf nimmt einem im Treidelverfahren bereits das schwere Gepäck ab. Bei Oschersleben kommt die der Lippe vergleichbare Bode von Süden und macht einen scharfen 90-Grad Knick nach Osten. Ab da kann man nun gemütlich zum Elbeknie schippern.

Oschersleben altes Dorf, antiqua villa, liegt nun exakt an diesem Knick! Genau an dieser entscheidenden Stelle würde man selbstverständlich ein Lager anlegen, wo denn sonst. Hier wurde vom Treidelverfahren auf Boote umgesattelt. Es war so zu sagen die letzte Tankstelle vor der Autobahn.

Es gibt noch ein weiteres Indiz: Ptolemäus um 150 n.Chr. verortet, grob in der Gegend Halberstadt, die tropea drusi. Die Ptolemäischen Koordinaten sind zwar nicht sehr genau, aber genau genug um sicher zu sein, dass sie nördlich des Harzes liegt. Genau in diese Gegend passt perfekt Oschersleben, das es ein wenig nördlich Halberstadt liegt.

Oschersleben antiqua villa bietet sich also geostrategisch, literarisch, antik geographisch, und archäologisch als potentieller Kandidat für ein wichtiges Lager der Drusus und Tiberiuszeit an, möglicher weise sogar für die tropea drusi.

Normalerweise gebe ich auf so ein Bodenmerkmal auch nicht so viel, aber das gestern Mittag war ein Fund auf Ansage. Was es tatsächlich ist, lässt sich nicht aus spitz findigen Textauslegungen ergründen, da muss man einfach mal nachschauen! Mal schnell zwei schmale Profile durch einen Acker zu legen ist kein Kunststück, zumal die Stelle gut erkennbar ist, die Verfärbung ist rund 5 m breit.

Der Tip ist allemal gut genug, um ihm mal auf den Grund zu gehen. Wenn es nix ist, Gasleitung hin, Wasserleitung her, hat man nicht viel investiert. Stösst man auf Grundeis, herzlichen Glückwunsch.


Wer hier im Forum wohnt denn in der Gegend? Ich bitte um eine PN oder Email via Profil.


Beste Grüsse, Trajan.
 

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Falls Du jetzt Ermak Timofeewitsch meinst:
Die sollten ja für die Stroganoffs was erobern, aber sie hatten keine Ahnung was. Und die Regierung (Zar Iwan IV.) wußte (fast) von nichts.

"Wir wollten es gut machen und haben unser Bestes gegeben. Aber es kam, wie es bei uns eben immer kommt." (Altes russisches Sprichwort).

Über das Thema sollten wir mal einen eigenen Thread an geeigneter Stelle aufmachen.

Falls Du Drusus meinst:
Der wußte garantiert genau, was er tat und was ihn erwartete.

Gruß
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
@Martin Hohmann: In Rom lebten etliche Germanen, die werden ihr Wissen sicher nicht für sich behalten haben.
Zu Augustus Zeiten hat sich deren Zahl, abgesehen von seiner Leibwache, noch in Grenzen gehalten. Und ob ein "einfacher Brukterer oder Ubier" über die Geografie Innergermaniens Bescheid wusste, bezweifle ich.

Eine Argumentation, die aus angeblich unzureichenden geografischen Kenntnissen aufbaut, ist unhaltbar!
Wären diese wirklich so genau vorhanden gewesen, hätte man die Elbe bzw. Oderlinie unbedingt nehmen müssen (Frontverkürzung). In der Lage dazu war Rom durchaus, auch nach Varus. Genauso ist schwer verständlich, warum man nicht ganz Schottland kassierte, obgleich es auch da auch nichts zu holen gab. Aber so hatte man ständig Ärger vor der Haustür, was langfristig bestimmt teurer kam.
 
Lieber Balticbirdie!

Ich weiß nicht, warum Du mir jetzt zum dritten Mal mit Deiner unhaltbaren These kommst. Bis repitita non placent semper!

Spätestens seit den Kimbern, Teutonen und Ambronen werden die Römer dem Landstrich Germanien ihre höchste Aufmerksamkeit gewidmet haben.

Und in Rom gab es außer Leibwächtern jede Menge anderer Germanen, von denen jeder etwas zur Zusammensetzung des Puzzles beigetragen haben wird.

Warum, meinst Du, wussten die so gut über Maroboduus Bescheid?

Weil sie über Germanien insgesamt bestens Bescheid wussten und das gelieferte „Puzzle“ nur noch durch Feindaufklärung bestätigen lassen mussten.

Eine römische Armee ist nicht einfach so mal ins Blaue marschiert, das sollte eigentlich Allgemeinwissen sein.

Sie wussten definitiv von der Elbe und wollten sie als die in jeder Hinsicht bessere Grenze haben!

Es hat nur militärisch nicht geklappt.

Varus hat was auf den Kopp bekommen und Germanicus auch!

In den bekannten Tacitus-Werken ist nämlich eine Niederlage des Germanicus angedeutet:

Eben noch hat der Herr in Idistaviso gesiegt, ein Trophaeum errichten und sich zum Imperator ausrufen lassen (Imperator bedeutet NICHT Kaiser!) und will nach Osten, zur Elbe aufbrechen.

Ein paar Sätze später fallen die – angeblich ob des Trophaeum ergrimmten – Germanen den Heereszug an und bringen ihn „in Unordnung“, wie Tacitus schreibt.

Und wiederum wenige Sätze später muss sich der angeblich siegreiche und nach Osten vorrückende Germanicus am Angrivarierwall in einer erbitterten Durchbruchs-Schlacht den Rückweg (Rückzug) erkämpfen.

Dass heißt: Hinter dem oben genannten dürren Satz von Tacitus dürfte sich eine weitere Auseinandersetzung mit den Germanen verstecken und zwar NACH Idistaviso aber VOR dem Angrivarierwall.

Das Ergebnis dieser ungenannten Auseinandersetzung war die Änderung der Heeres-Route um 180 Grad!

Also Niederlage. Es gibt Stimmen, die dieses Ereignis am Süntelpass verorten.

Sicher, die Römer hätten es noch mal versuchen können, Germanicus hatte schließlich nur knapp die Hälfte der Truppenmasse, die in Pannonien zum Einsatz kam.

Aber Tiberius wurde der Preis zu hoch.

Kannste alles nachlesen.

Und wenn Du jetzt noch mal davon anfängst, die Römer hätten keine oder nur wenige geografische Kenntnisse von Germanien gehabt, werd ich nicht mehr darauf antworten.

Irgendwann ist es gut und eine Behauptung wird nicht dadurch besser oder wahrer, je oft man sie wiederholt.

Gruß
 
@Martin Hohmann: Nee, da hat der Herr zwischendurch wohl nochmals was aufs Haupt bekommen.
Ob Germanicus "zwischendurch" was auf die Nuss bekommen hatte oder nicht, ist Spekulatius. Seine Flottenkatastrophe war schlimm genug. Es gibt keine weiteren Quellen.

Zur möglichen Frontverkürzung habe ich alles gesagt, das wäre selbst zu Trajans Zeiten noch denkbar und möglich gewesen. Warum also hat man es nicht ernsthaft versucht?

Ich will ja gar nicht bezweifeln, dass die Römer nicht ins Blaue hinein operierten, sie werden alle Informationen gesaugt haben. Mit der heutigen Europa-Karte auf dem Schoss kann man aber auch nicht argumentieren.
 
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