Der Fundort ist auch insofern bezeichnend,als die Leute,die das wissenschaftlich-mathematische know-how und Potential dazu hatten,einen Sonnenkompass zu konstruieren im Bereich der damaligen Bildungselite und damit im klerikalen Bereich zu suchen gewesen sein dürften.
Geistliche waren keine Nautiker. Jedenfalls ist von keinem Schiffsführer bekannt, dass er Gestlicher war.
Bei den Unregelmäßigkeiten ist zu sehen,daß der Schnitzer versucht hat,diese zu entfernen,also den Fehler zu korrigieren.
Möglicherweise führte dieser Fehler auch dazu, daß das Teil erhalten blieb,weil es wegen dieses Fehlers nicht vollendet sondern als Ausschuss weggeworfen wurde.
In aller Regel bricht man die Arbeit ab, sobald der Fehler auftritt, und macht nicht weiter, bis man feststellt, dass die Kerben falsch liegen.
Das würde auch die dünnen,nur markierten und noch nicht vollständig ausgearbeiteten Gnomonlinien erklären.Die Linien entsprechen übrigens in ihrem Verlauf denen , die auf 61 Grad nördlicher Breite zur Sommersonnenwende und den TagundNachtGleichen entstehen und genau auf 61 Grad liegt die in den sieben Segelanweisungen erwähnte 1400 nM lange Route zwischen Hernam in Norwegen und Hvarf in Südostgrönland.
Schlosser behauptet, es handele sich um Linien für den 30. Breitengrad.
Dass der Sonnenkompass in keinem Inverntarium erwähnt wird kann zwei Gründe haben:
Entweder das Teil war ein Verbrauchsprodukt,da der Verlauf der Gnomonlinie ja jahreszeitlichen Schwankungen unterliegt, also im Prinzip für jede Reise eine neue Scheibe gefertigt bzw, eine neue Gnomonlinier eingeritzt werden mußte.
Gleichwohl ist das totale Verschwinden eines alltäglichen Gegenstandes, der ja in größeren Stückzahlen (für jedes Schiff je nach Jahreszeit mehrere) gefertigt sein musste, sogar in Abfallhaufen, Schiffswracks, Gräbern von Schiffsführern nicht plausibel.
Nun ja,ich weiß nicht ,ob Du segelst-ich schon. Und über 1400 nM in einem Gewässer wie der Nordsee "rechtwest" zu segeln ist ohne Orientierungshilfe schon eine Kunst.
Du mußt die diversen Arme des Golfstroms, Norwegenstrom .Nordatlantikstrom und Irmingerstrom sowie den Ostgrönlandstrom kreuzen
inzu kommen die globalen Windsysteme und hier ein Aufeinandertreffen von Polar-und Ferellzone sowie die unregelmäßig auftretenden Polartiefs.
Ddie Segelanweisung ist also ein Anhaltspunkt,mehr aber nicht und ersetzt keineswegs detaillierte Navigation.
Um so erstaunlicher ist es, dass die Befolgung der Segelanweisungen nach Island und Grönland gerade nicht den 61. Breitengrad nach Westen benutzen, bzw. nur bis südlich der Färöer.
Zu dieser Methode git es eine einzige Quelle-davon würde ich auch nicht unbedingt auf allgemeine Anwendung schließen, zumal es mir unpraktikabel erscheint,dauernd jemanden auf dem Deck rumliegen zu lassen.
Da wäre ein handliches Gerät zur Bestimmung der Sonnenhöhe schon praktikabler.
Ist genauso praktikabel oder unpraktikabel, als jemanden die ganze Zeit mit einem Brett vorm Kopf an Deck stehen zu lassen.
Stimmt ,jeder konnte damals ein Schiff kaufen und losfahren, das war damals nicht anders als heute.Das Problem war ja auch nicht das Losfahren,sondern,dahin zu kommen,wo man hin wollte
Und deshalb bediente man sich erfahrener Lotsen und Steuerleute. Der Begriff des "leidsoegumadur", also des Navigators im weitesten Sinne entstand m.W. nicht erst zur Koggenzeit.Der Berufsstand ist quer durch alle Kulturen so alt wie die Seefahrt.
Die Worte "leiðsagnarmaðr" = "Leiðsagari" = "Leiðsagi" (Synonyme) kommen in Texten wikingischen Inhalts nicht vor. Nach Fritzner, der die Fundstellen zusammengestellt hat, handelt es sich um norröne Märchensammlungen, die Karlamagnússaga (Saga von Karl dem Großen), eine Bibelgeschichte und einmal in den Königssagas aus der Zeit der Baglerkriege.
Der Einwand ,daß es kein norrönes Wort für den Sonnenkompass gäbe ist gewichtig.
Allerdings taucht bei Olaus Magnus im 16.Jahrhundert neben dem Begriff des compassus nauticus der Begriff nauticus gnomon auf . Darüber hinaus ist es natürlich möglich,daß es auch einen norrönen Fachbegriff dafür gab,der aber mit dem Ende der Wikingerzeit und der Einführung des Magnetkompasses zusammen mit der Navigationsmethode in Vergessenheit geriet.
Der Königsspiegel (Konungsskuggsjá) aus dem 13. Jh., ein Lehrbuch für nordische Führungspersönlichkeiten, beschreibt ziemlich am Anfang, was man auf einem Handelsschiff mitführen muss - Segeltuch zum Ausbessern der Segel, Nägel usw. Weder ein Kompass noch eine Peilschaibe werden erwähnt. Dafür heißt es: "Mache dich genau bekannt mit der Belichtung der Lufgt und dem Gang der Gestirne des Himmels, dem Wechsel der Tageszeiten und der Einteilung des Horizonts, und lerne wohl verstehen, wie die Unruhe des Meeres zu- und abnimmt, denn das ist ein wertvolles Wissen und muss von denen verstanden werden, die Seefahrer sein wollen."
Da hätte sich aufgedrängt hinzuzufügen "... und vergiss nicht, dir eine auf die betreffende Reisezeit geeichte Peilscheibe anzufertigen".
Und das fast 200 Jahre nach dem Ende der Wikingerzeit. Und Olaus Magnus im 16. Jh. ist keine Wikingerzeit!
Wenn die Seefahrer eine Weile durch den Nebel gefahren waren und nun wieder klare Sicht hatten, konnten sie keine Ortsbestimmung durchführen.
„Aber sie steuerten nun doch aufs Meer hinaus, als sie segelfertig waren und segelten drei Tage, bis dass das Land unter der Kimm war. Aber da legte sich der Fahrtwind, und es kamen Nordwinde und Nebel auf. Und sie wussten nicht, wohin sie fuhren, und das dauerte viele Halbtage. Danach sahen sie die Sonne und konnten die Himmelsrichtungen feststellen“. Dabei wäre beim Segeln nach Westen der Breitengrad am wichtigsten gewesen, da fast alle Küsten, die anzusteuern waren, quer zur Fahrtrichtung auf einer Nord-Süd-Linie liegen. Gerade bei mehrtägigem Nordwind wäre das von größter Wichtigkeit gewesen, um nicht südlich am Ziel vorbeizusegeln.
Als König Håkon Håkonsson 1263 mit einer großen Flotte nach Schottland fuhr, verloren sich die Schiffe unterwegs aus den Augen. Einige Schiffe kamen nach den Shetlands, andere zu den Orkneys. Von Sturm keine Rede. Vielleicht waren die Peilscheiben auf den Schiffen zu ungenau oder auf die falsche Jahreszeit geeicht?:cry:
Natürlich ist es problematisch, mit dem argumentum e silentio auf das Nichtvorhandensein von etwas zu schließen. Aber angesichts der sonst umfassenden schriftlichen und archäologischen Quellenfülle ist diese deutliche Fundleere für mich ein entscheidendes Indiz dagegen, dass die Peilscheibe zur Wikingerzeit allgemein bekannt war. Ich halte das für einen Teil der Wikingerglorifizierung. Ihre Leistung lag im Schiffbau, nicht in der Navigation.