latein ist eine mausetote sprache, und wird -soweit mir bekannt ist- nur noch von untoten zur konservation verwendet.
Diese Bemerkung hat mich nocheinmal dazu angeregt, ueber das Leben und Sterben von Sprachen, insbesondere des Lateinischen, nachzudenken. Und je laenger ich darueber nachdachte, desto unsinniger schien mir dieser Satz, und desto lebendiger erschien mir das Lateinische.
Die lateinische Sprache kann naemlich unmoeglich tot, geschweige denn mausetot (so wir dies als eine Steigerung des Wortes "tot" verstehen) sein, wenn sie noch die offizielle Sprache eines , wenn auch kleinen, so doch hochoffiziellen, Staates ist (in welchem nicht nur Untote leben, welche vermeintliche Jahrhunderte alte Halbwahrheiten konservieren und aufbewahren), wenn Millionen von Menschen diese Sprache, mehr oder weniger enthusiastisch, lernen, wenn es noch genuegend Menschen gibt, die Latein fliessend sprechen koennen, und noch mehr, die es zumindest fliessend lesen und schreiben koennen, wenn es unzaehlige Buecher gibt, in denen die lateinische Sprache festgehalten ist.
So ist an dieser Stelle die Frage zu stellen, wann eine Sprache lebt, und wann sie stirbt, gar tot ist.
Ich bin ja weiter oben schon zu dem Schluss gekommen, dass eine Sprache lebt, sobald jemand sie in den Mund nimmt. Nun muss aber weitergedacht werden, oder vielmehr : zurueckgedacht. Das einzige Merkmal fuer die Lebendigkeit einer Sprache ist ja nicht nur, dass sie ausgesprochen wird. Wie und wann kann jemand die Sprache in den Mund nehmen ? Dazu muss sich die Sprache doch ersteinmal entwickelt haben. Die Zeiten schreiten voran, das macht Erweiterungen und/oder Veraenderungen des Wortschatzes noetig. Neue Woerter kommen hinzu, alte fallen weg. Auch die Grammatik veraendert sich, das ist ja auch in der deutschen Sprache zu beobachten : beispielsweise gibt es eine ganze Reihe von starken Verben, die zur Zeit mitten in der Verwandlung zu schwachen stecken.
Mit dem lateinischen ist das ja nicht anders : von Jahrhundert zu Jahrhundert wurde von den Lateinsprechenden die Sprache ergaenzt , und das setzt sich ja heute noch fort. Wie waere es sonst moeglich, dass man an vatikanischen Bankautomaten sein Geld auch auf lateinisch abheben kann ? Bestimmt nicht mit Ciceros Wortschatz.
Somit ist das Lateinische auch in sich selbst lebendig und wird durchaus genutzt, nicht nur vom Herrn Papst und seinen Purpurtraegern, bei einfachem googeln findet man unzaehlige Stadtfuehrer, Fahrplanauskuenfte, Aufsaetze etc. auf latein in Huelle und Fuelle. Tot ? !
Doch wie schon mehrmals in diesem Thread erwaehnt wurde lebt das lateinische ja auch in anderen Sprachen weiter. Das gehoert nun auch zur Lebendigkeit einer Sprache, dass sie Eingang in andere Sprachen findet. Das geschah und geschieht ja auch im Deutschen ganz reichlich, was man ja allein schon bemerkt, wenn man sich einmal im Duden die Klammerbemerkungen durchliest. Und schaut man sich den italiensichen, franzoesischen, englischen, spanischen Wortschatz an, so stecken doch ueberall lateinische Wurzeln dahinter. Doch ein lateinischer Einfluss macht sich auch zur Genuege in der Grammatik der betreffenden Sprache bemerksam.
Als diese Gedanken so in meinem Kopf Gestalt annahmen, wurde ich mir vollends bewusst und restlos ueberzeugt, dass Latein ganz und gar nicht "tot" ist, sondern wirklich "lebendig". Selten geworden, vielleicht, aber tot ? Nein ! Und selbst wenn es diese ganzen Fahrplaene, Kommissionen, die den lateinischen Wortschatz ergaenzen, den Papst und all die latein sprechenden Menschen nicht gaebe : die lateinische Sprache wuerde nicht sterben, solange sie noch in Buechern (oder von mir aus auch Computerdateien) bewahrt bleibt. Sie wuerde zum Stillstand kommen, gewissermassen ins Koma fallen, wenn wir unsere Begriffsreihe fortsetzen, aber tot waere sie lang noch nicht.
Ich hoffe, ich bin nicht zu weit vom Thema abgekommen. Falls das der Fall sein sollte, so kann dieser Beitrag ja noch verschoben werden.