Warum war der D-Day in der Normandie ?

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Gast

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Warum griffen die Allierten in der Normandie an, dort wo es riesige Befestigungsanlangen gab, was man auch wusste ?
Warum nicht z.B. in Norddeutschland, wäre doch von England aus auch möglich gewesen, dort wäre man auf deutlich weniger Wehrmacht und auch auf keine Befestigungsanlagen gestoßen, außerdem wäre man direkt in Deutschland und hätte die Hitler Regierung schneller ausschalten können oder sehe ich das Falsch ?
 
Gast schrieb:
Warum griffen die Allierten in der Normandie an, dort wo es riesige Befestigungsanlangen gab, was man auch wusste ?
Warum nicht z.B. in Norddeutschland, wäre doch von England aus auch möglich gewesen, dort wäre man auf deutlich weniger Wehrmacht und auch auf keine Befestigungsanlagen gestoßen, außerdem wäre man direkt in Deutschland und hätte die Hitler Regierung schneller ausschalten können oder sehe ich das Falsch ?

Einen Brückenkopf in Norddeutschland zu eröffnen und ihn zu halten wäre sicherlich sehr schwierig gewesen. Ausserdem musste man ja erst die besetzten Gebiete befreien.
Im übrigen erwartete die Wehrmacht den Schlag an der engsten Stelle, also nicht in der Normandie, sondern bei Calais, wo auch die stärksten Befestigungen der Deutschen lagen. Die Befestigungen in der Normandie waren vergleichsweise schwach. Wirkliche Probleme hatten eigentlich nur die Amerikaner im Abchnitt Omaha, d.h. die grössten Verluste.
 
Hallo Gast,
der schwierigste Moment bei einer Invasion ist die Anfangsphase, in der Brückenköpfe, aber auch Versorgungslinien gebildet werden müssen. Von daher bot sich die nordfranzösische Küste naturgemäß an, weil die Verbindung über den Kanal zum englischen Festland kurz war und die Truppen gut versorgt werden konnten. Zweitens wäre es viel schwerer gewesen, sich über Deutschland die für die Invasion nötige Luftherrschaft zu erkämpfen. Die Wehrmachttruppen (die ja auch in der Normandie an sich nicht allzu stark waren) hätten sich gegebenenfalls einigermaßen schnell verschieben lassen.
 
Erstens sind die Befestigungsanlagen in der Normandie bzw. konkret im Landungsbereich nicht übermässig beeindruckend, offenbar trägt die damalige Propaganda immer noch Früchte, zweitens brauchte und wünschte man einen kurzen Anmarschweg über See, da hier die Truppen am anfälligsten waren, was eine Landung in Deutschland ausschloss, drittens hätte die entsprechende Lufthoheit über Deutschland gefehlt, wie schon erwähnt wurde, viertens ist solch eine Landung im "Vorgarten" des Feindes äußerst riskant...in der Normandie war ein Rückzug stets möglich und gesichert, sobald ein Hafen in alliierter Hand war, zudem hatte man einen durchgehenden Luftschirm. Das hätte in Norddeutschland nicht gewährleistet werden können!
 
1. Überraschungsmoment: Von Harwich (England) nach Cuxhaven braucht die Fähre 19h (oder so). Und das ist relativ schnell. Das Entdeckungsrisiko ist enorm, zumal die deutsche Luftwaffe und Marine das Seegebiet ständig überwachen. Da kann man gleich eine Postkarte schicken: Wir greifen gleich an!

2. Unterstützung durch die Bevölkerung: In Frankreich hatten die Alliierten eine große Untergrundarmee aufgebaut, die in die Vorbereitungen der Invasion einbezogen war. Dadurch gelang es nicht nur, deutsche Truppenkonzentrationen zu erschweren, sondern auch wichtige Nachrichten über Truppenbewegungen etc. zu erhalten. Die Alliierten waren so immer gut unterrichtet, solange bis sie deutsches Gebiet erreichten. Da war versiegte diese Informationsquelle.

3. Reichweite der Luftwaffe: Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg der Invasion war die Luftnahunterstützung der Alliierten. Diese Maschinen hatten nur eine begrenzte Reichweite und hätten von Stützpunkten in England nur mit Mühe einen Brückenkopf in Norddeutschland erreichen können. In Nordfrankreich konnten starke Jagdbomberverbände quasi auf Abruf vorgehalten werden, und das von Stützpunkten in England aus.

4. Motivation: Die deutschen Truppen in Frankreich waren nicht gerade die Elite der deutschen Streitkräfte. Dennoch leisteten sie heftigen Widerstand. Im Frühjahr 1945 hatten die Alliierten alle Mühe die letzten Aufgebote der Deutschen niederzukämpfen. Eine Landung in Norddeutschland hätte wohl nur noch fanatischeren Widerstand ausgelöst.

5. Versorgung: Um eine Armee zu versorgen braucht man einen Hafen. In Norddeutschland kämen lediglich Emden, Bremen und Hamburg dafür in Frage. Diese Häfen haben den Nachteil, dass sie relativ weit inland liegen und das vorgelagerte Seegebiet einen starken Gezeitenhub aufweist. Damit wäre eine ausreichende Versorgung nur schwer aufrecht zu erhalten gewesen. Selbst mit Cherbourg und Antwerpen hatten die Alliierten alle Mühe, ihre Truppen zu versorgen.

6. Geographie: Frankreich bot außerdem den Vorteil, dass durch eine zweite Landung in Südfrankreich, die deutschen Truppen in der Flanke getroffen werden konnten, was in der fluchtartigen Räumung Frankreichs führte.

Sogesehen spricht vieles für Frankreich, wenig für Norddeutschland.
 
Gast schrieb:
Warum griffen die Allierten in der Normandie an, dort wo es riesige Befestigungsanlangen gab, was man auch wusste ?
Warum nicht z.B. in Norddeutschland, wäre doch von England aus auch möglich gewesen, dort wäre man auf deutlich weniger Wehrmacht und auch auf keine Befestigungsanlagen gestoßen, außerdem wäre man direkt in Deutschland und hätte die Hitler Regierung schneller ausschalten können oder sehe ich das falsch ?

Die Alternative war nicht eine Landung in Norddeutschland sondern die sog. Balkan-Variante, die Churchill favorisierte aufgrund der britischen Interessen in Griechenland (s. grieh. Bürgerkrieg) und im östlichen Mittelmeer sowie bezüglich der Suez-Region und Palästinas und der Absicht, durch einen schnellen Vorstoß über den Balkan einem sowjetischen Vordringen nach Mitteleuropa zuvorzukommen.
Die USA und besonders Eisenhower waren am Balkan nicht so interessiert, obwohl sie kurze Zeit später selber in Griechenland militärisch intervenierten, und schätzten offenbar ein Vordringen durch Frankreich (und dessen strategische Bedeutung) und anschließend das Rheinland , Westfalen und Niedersachsen als wichtiger und erfolgversprechender ein.
 
Ich kann mir vorstellen, dass die 2. Front im Westen auch aus anderen Gründen gegenüber einer Balkan-Landung favorisiert wurde: Die deutschen Kräfte wurden dadurch weiter auseinandergerissen und durch Überdehnung geschwächt. Bei einer Balkan-Operation hätten die Deutschen eine Ostfront und eine Südostfront gehabt, die vielleicht sogar zu einer einzigen Front zusammengewachsen wären. Dadurch hätten Truppenverschiebungen wesentlich einfacher und schneller durchgeführt werden können.

Zudem war Stalin gegen das Balkan-Projekt, musste er doch um seine künftige Einfluss-Sphäre Südosteuropa fürchten...
 
Klaus P. schrieb:
Die Alternative war nicht eine Landung in Norddeutschland sondern die sog. Balkan-Variante, die Churchill favorisierte aufgrund der britischen Interessen in Griechenland (s. grieh. Bürgerkrieg) und im östlichen Mittelmeer sowie bezüglich der Suez-Region und Palästinas und der Absicht, durch einen schnellen Vorstoß über den Balkan einem sowjetischen Vordringen nach Mitteleuropa zuvorzukommen.
Die USA und besonders Eisenhower waren am Balkan nicht so interessiert, obwohl sie kurze Zeit später selber in Griechenland militärisch intervenierten, und schätzten offenbar ein Vordringen durch Frankreich (und dessen strategische Bedeutung) und anschließend das Rheinland , Westfalen und Niedersachsen als wichtiger und erfolgversprechender ein.

Das war nicht nur eine Frage der Interessen.

Die Briten haben Traditionell eine Politik der weiträumigen Umfassung geführt (früher im Krieg Narvik, im 1. WK Gallipoli und Kut, zu Zeiten Napoleons Kampagnen auf der Iberischen Halbinsel, Kapkolonie, Rio de la Plata, im Sieben Jährigen Krieg Indien und Kanada).

Den Amerikanern lag dagegen mehr der "direkte Weg" (in der Tradition des "march to the sea" von Sherman).

dazu kam, dass die Briten am Anfang des Krieges schwere und zahlreiche Schlappen eingesteckt hatten und die direkte Konfrontation auf einem Hauptschlachtfeld scheuten.

Es gab heftige Diskussionen darüber, nicht nur mit den Russen sondern auch mit den Amerikanern die eine schnellere Entscheidung als Churchill suchen wollten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das wird übrigens ausführlich im Buch "Die Wurzeln des Sieges" von Richard Overy behandelt.
 
Seldschuk schrieb:
Im übrigen erwartete die Wehrmacht den Schlag an der engsten Stelle, also nicht in der Normandie, sondern bei Calais, wo auch die stärksten Befestigungen der Deutschen lagen.

Was nicht sehr häufig erwähnt wird, ist die Tatsache, dass dort, genauer gesagt bei Dieppe, vorher schon ein Invasionsversuch der Alliierten scheiterte. Die Wehrmacht vermutete daraufhin, dass die Amerikaner und Briten es dort wieder versuchen würden.

Quelle
"Nicht zuletzt unter dem Druck des sowjetischen Führers Josef Stalin, endlich eine zweite Front auf dem europäischen Kontinent zu errichten, machen am 19. August 1942 zwei kanadische Brigaden einen Landungsversuch bei Dieppe an der französischen Atlantikküste. Er scheitert noch am gleichen Tag unter großen Verlusten. Die Alliierten müssen ihre Hoffnung, aus dem „Testunternehmen“ könne sich eine „große“ Invasion entwickeln, begraben. Die Operation veranlasst Adolf Hitler einen Befehl zum massiven Ausbau des „Atlantikwalls“ zu geben."
 
>>>Warum griffen die Allierten in der Normandie an, dort wo es riesige Befestigungsanlangen gab, was man auch wusste ? >>>

Gerade in der Normandie waren die Befestigungsanlagen weniger stark als anderswo. Außerdem lagen die stärksten deutschen Truppen gerade eben nicht in der Normandie sondern im Hinterland oder bei Calais.

Eine Landung in Norddeutschland schied damals aus, weil die Luftherrschaft dort nicht hätte in der Art aufrecht erhalten werden können, deutsche, sehr starke Verbände schnell vor Ort gewesen wären und auch von der Ostfront für diesen Fall zusätzlich abgezogen wären. Dann wäre bei einer Niederlage ein Abzug oder Abbruch nur mit deutlich größeren Verlusten möglich gewesen.

Kurzum: Risiko und Nutzen standen in keiner Relation. Eine Landung in Norddeutschland wäre ein inakzeptables Risiko gewesen.

Man fürchtete auch den Einsatz von V 1 gegen die Strände, was aber dann nicht stattfand.
 
Nicht zuletzt unter dem Druck des sowjetischen Führers Josef Stalin, endlich eine zweite Front auf dem europäischen Kontinent zu errichten, machen am 19. August 1942 zwei kanadische Brigaden einen Landungsversuch bei Dieppe an der französischen Atlantikküste.

Ist ein wenig OT, aber: Der Sinn der Dieppe-Aktion hat sich mir bis heute nicht erschlossen. Selbst wenn die Landung nicht von Anfang katastrophal verlaufen wäre, so muss den Briten doch klar gewesen sein, dass ihre Streitkräfte für diese Aktion viel zu schwach angesetzt waren. Wie lang hätten sich die 5000 Mann an der Küste halten können, wenn Dieppe erfolgreich gewesen wäre? Zudem die Deutschen zu diesem Zeitpunkt denn Luftraum über Frankreich noch in Maßen kontrollieren konnte. In den Büchern, die ich habe, habe ich auch keine genauere/vernünftige Erklärung finden können.
 
Ich denke, bei Jubilee, also der Landung bei Dieppe ging es genau darum, nämlich zu testen, wie lange eine kleine Truppe einen Hafen halten, wie die Deutschen reagieren, wie die Schutzmaßnahmen und dergleichen aussehen...also eine Art erweiterte nachrichtendienstliche Operation zu "Testzwecken"! Zudem sollten auch die Kanadier, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, mal wieder einen Einsatz bekommen...
Mag man alles als durchaus menschenverachtend ansehen, allerdings halte ich es vor diesem Hintergrund für "sinnhaft"!
 
Das Unternehmen Jubilee sollte weiterhin Klarheit darüber bringen, ob ein Landungsunternehmen aussichtsreicher gegen befestigte Strandabschnitte oder Hafenstädte durchzuführen ist. Das Ergebnis war angesichts der verheerenden Verluste eindeutig. Die Normandie-Landung erfolgte daher an Stränden und verzichtete auf den logistischen Vorteil einer sofortigen Hafenstadteroberung. Zur Gewährleistung des Nachschubs verwendeten die Alliierten stattdessen die sog. Mulberry-Häfen.

Zudem verlangte Stalin nach einem Beweis für die Einsatzbereitschaft der West-Alliierten und soll mit Verhandlungen über einen Separatfrieden gedroht haben.
 
hrubesch hat vollkommen Recht. dazu möchte ich noch anmerken, das sofort nach Churchills Dienstantritt 1940 mit dem Aufbau von Kommandotruppen begonnen wurde. Die Briten waren damals nicht in der Lage, die deutsche Wehrmacht direkt anzugreifen, deshalb velegte man sich unter Ausnutzung der absoluten Seeherrschaft auf eine Strategie der Nadelstiche. Dadurch waren die Deutschen gezwungen, die gesamte Atlanikküste vom Nordkap bis hinunter an die französische Biskayaküste mit Truppen zu besetzen, die dadurch natürlich an der Ostfront oder in Nordafrika gefehlt haben.

Zur möglichen Landung in Norddeutschland:
Alle bisher angeführten Argumente sind schlüssig, ich möchte noch auf die geographischen Gegebenheiten aufmerksam machen. Die deutsche Nordseeküste wird vom Wattenmeer und den friesischen Inseln bestimmt. Bei einer Invasion müssen alle Inseln besetzt werden um den Rücken freizubekommen. Das kostet Zeit, die von den Deutschen zur Abwehr genutzt werden konnte. Bei der Anlandung von Truppen auf dem Strand steht weit weniger Zeit zur Verfügung, weil das Wattenmeer lange Zeit trocken liegt. Außerdem ist die Entfernung der Landungsboote zu den großen Schiffen viele größer.
Bei der nachfolgenden Versorgung stehen die Frachter vor dem gleichen Problemen.
Da die Niederlande durch die vielen Wasserwege und den großen Landstrichen, die geflutet werden können, ebenfalls nicht für eine große Landung genutzt werden konnte, blieb nur Norwegen, oder die französische Kanalküste bis hinein nach Belgien übrig. Es gelang den Alliierten damals auch recht erfolgreich, durch vorgetäuschte Truppen und Material eine Landung gegenüber von Dover vorzutäuschen. Das ging damals so weit, das sich der Gröfaz lange Zeit weigerte, die strategischen Panzerreserven für einen Gegenangriff in der Normandie freizugeben, weil er davon ausging, das die richtige Landung weiterhin für Calais geplant sei.
 
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