Warum wollten sie keine Wiedervereinigung?

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Was zum Henker ist das denn für eine Aussage?:motz: Wo hat sich der Westen gut bewährt?
Z.B. in der Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern.
Und wie man Erfahrungen mit sowas hatte. Es gab auch mal eine Zeit vor der DDR und auf dieser Erfahrung basiert die berechtigte Angst.
Du meinst die Nachkriegszeit in der es so ziemlich allen dreckig ging? 40 Jahre her?
Nazizeit, deren Greuel bestimmt nicht allein im marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem liegen? 55 Jahre her?
Weimar? Dem Klassenfeind in politischer Hinsicht ähnlich genug um als Beispiel fungieren zu können? 70 Jahre her?
Mit den eigenen Erfahrungen konnte man imho nicht soviel anfangen.
 
Was ich mich immer gefragt habe, ob nicht bei einem möglichen Szenario eines sich demokratisierenden ostdeutschen Staates nicht auch die Vergangenheits- bewältigung evtl schneller und effektiver in Gang gekommen wäre?

Wenn die Ostdeutschen auf sich allein gestellt die Vergangenheit hätten aufarbeiten können - ohne "Besserwessis" und dem Gefühl des Unterlegenen, dem ein anderes System aufgezwungen wird (ich wähle bewußt eine übertriebene Formulierung ;) .

Vor dem Hintergrund der Verbrechen des DDR-Regimes finde ich daher ggwärtige Auswüchse wie "Ostalgie-Shows" (welche ja durchaus Auskunft über den Stand der Vergangeheitsbewältigung geben) schon sehr bedenklich.

Ok.
Aber trotz der übertriebenen Formulierung muß ich einwenden, daß ich mich nie als der Unterlegene empfunden habe, sondern im Gegenteil, als ein Sieger über ein diktatorisches System, das ich nie wollte, aber das nur so nebenbei.
;)
Zu der "Ostalgie"-Welle, die jetzt bei einigen Leuten aktuell ist, muß ich dir recht geben - es ist ein bedenklicher Zustand, aber ein bedenklicher Zustand herrscht ja auch seit 16 Jahren in wirtschaftlichem Bereich in allen 6 östlichen Bundesländern (man muß hier Berlin ausdrücklich mit einschließen) mit einer dauerhaften Arbeitslosenquote von 20-25% (Gebietweise sogar noch höher). Daß viele Leute da extrem unzufrieden sind ist nur zu verständlich und da nimmt es auch nicht Wunder, daß am Ende sogar das ganze System samt Staat abgelehnt wird. Bei annähernder Vollbeschäftigung würde sich das ganze Wirtschaftssystem den Menschen anders darstellen. Ich gebe die Schuld jedoch nicht der Wende an sich, sondern den inzwischen 2 abgewählten Bundesregierungen, die diesem Problem nicht Herr geworden sind, also aus meiner Sicht unfähig dazu waren. Sie haben ganz einfach eine völlig falsche Wirtschafts- und vor allem Steuerpolitik geführt.
Was daran falsch war? Ich sage nur, man kann einem "nackten Mann" (eigentlich) nicht in die Tasche fassen, aber Kohl + Schröder haben dieses Kunststück vollbracht.
:nono:
 
Zu der "Ostalgie"-Welle, die jetzt bei einigen Leuten aktuell ist, muß ich dir recht geben - es ist ein bedenklicher Zustand, aber ein bedenklicher Zustand herrscht ja auch seit 16 Jahren in wirtschaftlichem Bereich in allen 6 östlichen Bundesländern (man muß hier Berlin ausdrücklich mit einschließen) mit einer dauerhaften Arbeitslosenquote von 20-25% (Gebietweise sogar noch höher). Daß viele Leute da extrem unzufrieden sind ist nur zu verständlich und da nimmt es auch nicht Wunder, daß am Ende sogar das ganze System samt Staat abgelehnt wird. [...]



"Für Diskussionen über aktuelle politische Themen ist das Geschichtsforum nicht der richtige Platz."
 
"Für Diskussionen über aktuelle politische Themen ist das Geschichtsforum nicht der richtige Platz."
Hast recht. Ich wollte ja auch nur aufzeigen, daß die Fehler, die vor 16 Jahren gemacht wurden, auch heute noch Auswirkungen haben - so als Antwort auf die Frage.
Aber ok, das soll´s dazu auch gewesen sein.
:)
 
Was man diskutieren könnte, wäre, ob es damals nicht die Möglichkeit gegeben hätte, einen behutsameren und besser in verschiedene Phasen strukturierteren Anschluss der DDR an den Westen zu betreiben. Ob etliche negativen Folgen des raschen Anschlusses nicht vermeidbar gewesen wären.
Oder war alles so zwangsläufig? Was wäre geschehen, wenn z.B. O. Lafontaine Kanzler geworden wäre?

Schrittweiser Zusammenschluss der Staaten, dadurch stärkere Förderung halbwegs profitabler DDR-Betriebe, dadurch weniger Arbeitslosigkeit, dadurch weniger Solidartransfers von West nach Ost?

Oder wäre bei schrittweisem langsameren Zusammenschluss neue geopolitische Konstellationen entstanden, dadurch ggf. die "historische Gelegenheit der Vereinigung" verstrichen, da nicht mehr durchführbar gewesen?
 
Was man diskutieren könnte, wäre, ob es damals nicht die Möglichkeit gegeben hätte, einen behutsameren und besser in verschiedene Phasen strukturierteren Anschluss der DDR an den Westen zu betreiben. Ob etliche negativen Folgen des raschen Anschlusses nicht vermeidbar gewesen wären.
Oder war alles so zwangsläufig? Was wäre geschehen, wenn z.B. O. Lafontaine Kanzler geworden wäre?


Zunächst einmal:

Wenn O. Lafontaine Kanzler geworden wäre, dann hätte er die O-Mark 5:1 in D-Mark umgetauscht (also vor allem Löhne, Sparguthaben usw. - jedenfalls hat er das so gefordert). Das wiederum hätte zur Folge gehabt, daß bei gleichen Preisen wie im Westen, es mit einem Schlag 17 Mill. Sozialhilfeempfänger mehr gegeben hätte - auch wenn alle ihre Arbeit behalten hätten. Darum hätte er also im Westen die Wahl hoch gewinnen müssen, denn im Osten wäre er nie gewählt worden.

Bei dem "schrittweisen Zusammenschluß", wie er vor allem von den Linken Parteien und der SPD angestrebt wurde, bin ich mir nicht so ganz klar darüber, wie er hätte aussehen sollen - vor allem, wenn man sich die politischen Fakten einmal anschaut:

1.) Die DDR-Bürger wollten die D-Mark - so schnell, wie möglich.

2.) Somit war auch die schnelle Wirtschafts- Währungs- und Sozialunion unumgänglich.

3.) Aus diesen Gründen wäre so oder so der Markt im Osten (RGW) weggebrochen, der bis dahin der wichtigste Absatzmarkt gewesen ist.

4.) Der Ostblock, also auch der RGW, befand sich überall im Umbruch - in allen Mitgliedsländern, d. h. auch bei einer Verzögerung des deutschen Vereinigungsprozesses, wäre eher früher als später der RGW insgesamt zusammengebrochen und wäre damit als Wirtschaftspartner ausgefallen. Der RGW hatte, so wie er bis dahin existierte, keine Zukunft.

5.) Die DDR-Betriebe hätten sich deshalb sowieso nach neuen Absatzmärkten umsehen müssen. Diese waren sogenannte "VEB", also staatliche Betriebe, die dann von der Treuhand übernommen wurden. Die Treuhand hatte die Aufgabe, möglichst alle Betriebe zu privatisieren. Sie wurden also nicht ihrem Schicksal überlassen, sondern es wurde ja versucht, zu retten, was zu retten war. Es war aber auch klar, daß es keinen Betrieb mehr geben konnte, in dem 8000 Menschen arbeiteten, sondern die Belegschaft mußte auf ein wirtschaftlich vertretbares Niveau runtergefahren werden. So blieben z. B. in meinem Betrieb, dem Stahlwerk Hennigsdorf, nach Ausgliederung und teilweisen Abriß der älteren Betriebsteile, heute etwa noch 500 übrig, wobei auf dem ehemaligen Gelände aber auch ein großes Gewerbegebiet entstanden ist, wo sich allerlei Gewerbe neu angesiedelt hat, die mit dem Stahlwerk nicht mehr unbedingt etwas zu tun haben.

Ich weiß also nicht, welchen Sinn ein langsamerer Vereinigungsprozess hätte machen sollen, vor allem bei den gerade geschilderten Gegebenheiten und den damit so grundlegenden Veränderungen.
 
Tatsächlich ist die Frage, ob der notwendige Umbau der ex-DDR nun wirklich in einer losen "Konföderation" (dieser Begriff geisterte damals kurz wirklich umher) besser gelöst worden wäre. Unter dem Motto: "wir brauchen zwar Eure harte Währung und die hohe Wirtschaftskraft für die Veränderungen in einem bis dato nicht bekannten Maße, aber wir möchten doch lieber einen Staat der Sozialromantik ohne marktwirtschaftliche Härten" - das hätte in der Bundesrepublik wohl sehr schnell keiner mehr mitgemacht.
Ich denke in der damaligen Diskussion spiegelte sich zum großen Teil die Angst insbesondere auch der westdeutschen Linken, die die deutsche Teilung als solche überhaupt nicht mehr überwinden wollten!

2 Beispiele:

SPD-Oppositionsführer Gerhard Schröder am 27.09.1989 in der "HAZ":
"Eine auf Wiedervereinigung gerichtete Politik ist reaktionär und hochgradig gefährlich".


Stellv. SPD-Vors. Oskar Lafontaine am 18.12.1989 beim Parteitag in Berlin zur Frage der Wiedervereinigung:
"Welch ein historischer Schwachsinn".


Zum anderen: egal, ob jetzt die DDR der Bundesrepublik beigetreten ist oder wie man es sonst formuliert: Natürlich war es eine Wiedervereinigung.
Hey, wir sind hier im Geschichtsforum: schaut mal auf die Threads mit den x-Jahrhunderten deutscher Geschichte, was sind da schon 40 Jahre erzwungener Trennung?!?
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die "behutsamere" wirtschaftliche Eingliederung war auch von der damaligen Regierung Kohl durchaus gewünscht und angestrebt.
Die Dynamik hat aber alles überrollt. Der Satz "Kommt die D-Mark nicht zu uns, gehen wir zur D-Mark" war ja keine leere Drohung. Die Märkte sind buchstäblich weggebrochen. Die Tomaten-Erzeuger haben sich holländische Kisten beschafft, nur so kriegten sie ihre Ware noch an die Frau/den Mann. Die RGW-Länder kauften nichts mehr.
Die SPD hat damals noch Glück gehabt, dass Willy Brandt die Sache zurechtrückte.
 
Zitat:" Die RGW-Länder kauften nichts mehr."

Nein, sie wurden nicht mehr beliefert! In gesamten ehemaligen Ostblock gab es Probleme, weil plötzlich das Nachschub aus dem Westen fehlte!

Eigentlich bedauerlich, denn in Regionen in denen damals die "Deutschen" (Also DDR) ein "Stein im Brett" hatten, in denen schlagen sich jetzt Amis, Russen und Chinesen und die besten Claims.
 
Zitat:" Die RGW-Länder kauften nichts mehr."
Nein, sie wurden nicht mehr beliefert! In gesamten ehemaligen Ostblock gab es Probleme, weil plötzlich das Nachschub aus dem Westen fehlte!

Das ist so nicht richtig, und stellt Ursache und Wirkung auf den Kopf.
Der 5. (?) RGW-Rahmenplan endete planmäßig am 31.12.1990. Exporte konnten danach nur noch auf DM-Basis abgewickelt werden (im zweiten Halbjahr 1990 schon über die Transfer-Rubel DM-XTR verrechnet). Sodann brach der gesamte Wirtschaftkreislauf der ehemaligen DDR zusammen. Jan-Mrz 1990 war vom Stocken des gesamten Zahlungsverkehrs zwischen den ehemaligen VEBs gekennzeichnet, mit Auswirkungen bis zu den Lohnzahlungen. Die Treuhand-Liquiditätskredite waren da ein Tropfen auf den heißen Stein, Auszahlungsquote unter 10 % der beantragten Liquidität.

Ohne Möglichkeit der Bezahlung im Export - keine Bestellung. Und die DDR-Wirtschaft war exportorientiert, nur halt überwiegend in den RGW-Bereich, also der gesamte ehemalige Ostblock.
 
Exporte konnten danach nur noch auf DM-Basis abgewickelt werden (im zweiten Halbjahr 1990 schon über die Transfer-Rubel DM-XTR verrechnet)...

Ohne Möglichkeit der Bezahlung im Export - keine Bestellung. Und die DDR-Wirtschaft war exportorientiert, nur halt überwiegend in den RGW-Bereich, also der gesamte ehemalige Ostblock.

Richtig; spätestens seit der Währungsunion hätten die Länder des RGW sämtliche Güter und Waren zu DM Preisen von der DDR kaufen müssen.
Dazu waren sie - unabhängig von subjektiven Befindlichkeiten - nicht bereit bzw. in der Lage, da dies ihre eigene Finanzkraft erheblich überfordert hätte.
Zur Verdeutlichung: Der wichtigste Handelspartner der DDR war die UdSSR gewesen, die ihrerseits bereits seit Jahren im "Westen" verschuldet war (Abhängigkeit von Devisen).
 
Z.B. in der Versorgung der Bevölkerung mit Konsumgütern.
Du meinst die Nachkriegszeit in der es so ziemlich allen dreckig ging? 40 Jahre her?
Nazizeit, deren Greuel bestimmt nicht allein im marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem liegen? 55 Jahre her?
Weimar? Dem Klassenfeind in politischer Hinsicht ähnlich genug um als Beispiel fungieren zu können? 70 Jahre her?
Mit den eigenen Erfahrungen konnte man imho nicht soviel anfangen.


Ich weiß nicht was Wieger meint.
Die DDR Führung bezog sich auf 1932.
Unter dieser Maxime haben sie den Leuten alles gegeben was sie brauchten.
100% sichere Arbeitsplätze. Billige Grundnahrungsmittel, äußerst geringe Mieten. Eine anerkennenswerte Leistung! (mit der sie allerdings das Land böse ruinierten)

Leider haben sich die Minimum-Faktoren der DDR-Bevölkerung dann gewandelt.
Und die DDR-Führung teilt eben das Schicksal aller Diktaturen. Sie war nicht lernfähig.


Ich denke Mielke hat es ernst gemeint, als er durch die Volkskammer rannte und rief "ich liebe Euch doch alle". Da haben sie unter in kaufnahme des Staatsbankrotts den Werktätigen "alles" gegeben, um feststellen zu müssen, dass die Werktätigen etwas ganz anderes wollten.
Wohl die Lebensenttäuschung für ihn und andere.

Und vermutlich der Grund, dass der eine oder andere ganz objektiv der DDR nachtrauert. Das gibts nicht mehr, das kann es nicht mehr geben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke Mielke hat es ernst gemeint, als er durch die Volkskammer rannte und rief "ich liebe Euch doch alle".


Ganz genauso war's wohl nicht:

Am 13. November 1989 sprach Mielke zum ersten Mal überhaupt vor der DDR-Volkskammer mit den denkwürdigen Worten:

„Ich liebe – Ich liebe doch alle – alle Menschen – Na ich liebe doch – Ich setzte mich doch dafür ein!"

, was mit lautem Gelächter quittiert wurde. Mielkes Worte gehören zu den meistzitierten der Wendezeit, oft jedoch unpräzise bis falsch in der Form Ich liebe euch doch alle. Seinem Ausspruch voraus ging der Hinweis eines sächsischen LDPD-Volkskammerabgeordneten, Mielke solle in seiner (ohne Manuskript gehaltenen) Rede nicht dauernd die Anrede Genossen einflechten, da sich im Plenum eben nicht nur Genossen befänden. Das tat Mielke (siehe Wikiquote-Zitate) als eine „formale Frage“ ab, worauf sich das erste Gelächter erhob, in das hinein er, bereits stark verunsichert, den historisch überlieferten Satz sprach.

Daß er das ernst gemeint hat, darauf würde ich auch tippen.
 
Ganz genauso war's wohl nicht:
Daß er das ernst gemeint hat, darauf würde ich auch tippen.

Ich habe das damals in der Tagesschau gesehen. An die Formulierung kann ich mich natürlich im Detail nicht erinnern. Mag sein, dass ich das später "verfälscht" gelesen habe.

Aber an Mielkes Gesicht als er die Worte sprach kann ich mich noch genau erinnern. Verzweiflung pur. Der hat zu dem Zeitpunkt tatsächlich die Welt nicht mehr verstanden.

Es war ja auch so, die haben doch auch mitgekriegt, dass sie mit ihrer "Vollbeschäftigung" mit den ganzen sozialen Geschenken das Land gründlich ruinierten. Und die Beschenkten? Die wollten ganz was anderes. Und das plötzlich begreifen müssen............... Schock pur!

Ein ganz wichtiger Punkt, der für mich die langfristige Überlegenheit der Demokratie klar aufzeigt.
Und mir immer aufs neue Hoffnung gibt.
 
Na, die waren wohl alle etwas konfus damals.
Auf einer Bürgerversammlung, es ging gerade um Subventionen.
Ich fragte den Vorsitzenden des Rates des Kreises, warum denn ausgerechnet Schnittblumen subventioniert werden.
Da antwortete er, " Ich will mal so sagen, Rindergülle, ist immer noch besser als Schweinegülle." Ich habe mich nicht mehr eingekriegt vor lachen.

Etwas in Frage stellen, waren die einfach nicht gewohnt.
 
Zuletzt bearbeitet:
wussten sie denn nicht, das dort ein "sozialer kapitalismus" herrschte?
Wo sollte denn dieses "dort" sein? Oder stand auch ein Beitritt zu einem skandinavischen Land zur Debatte?
Genauso wie der Umschwung von Wir sind das Volk zu Wir sind ein Volk, deren genauere Umstände anscheinend nie geklärt werden können.
Ich denk schon, daß irgendwann einer anfängt zu reden, wie damals Demonstrationsteilnehmer gekauft wurden, damit sie diese neue Parole schreien. Aus dem Zeitpunkt von Kohls Rede ist ganz deutlich zu erkennen, daß dieser "ein Volk"-Wunsch nicht aus der DDR kam.
 
Ich denk schon, daß irgendwann einer anfängt zu reden, wie damals Demonstrationsteilnehmer gekauft wurden, damit sie diese neue Parole schreien. Aus dem Zeitpunkt von Kohls Rede ist ganz deutlich zu erkennen, daß dieser "ein Volk"-Wunsch nicht aus der DDR kam.

Ich gehe mal davon aus, das du das nicht ernst meinst.

Das ist ja wohl das dollste, was ich seit dem Wendegeschehen gelesen habe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich gehe mal davon aus, das du das nicht ernst meinst.
Da muß ch Dich enttäuschen. Verfolge mal die Zeit zwischen dem 1. und 31. Dezember 89. Das Volk war in Weihnachts- und Hochstimmung. Aber in dieser kurzen Zeit brach fast die gesamte Bürgerbewegung weg, während sich CDU-gestützte Parteien wie DSU, DA und CDU DDR-weit organisierten. Mir kann keiner erzählen, daß die Leute beim Weihnachtseinkauf plötzlich die Eingebung hatten, daß man sich mit der BRD vereinigen müsse. Das spielte bisher absolut keine Rolle und hatte auch absolut nichts mit der Grenzöffnung zu tun. Mit Kohls Rede (nachdem er mit dem 10-Punkte-Plan vorerst abgeblitzt war) und seinen ersten Verhandlungen wurde die Souveränität der DDR begonnen zu unterhöhlen. Die SPD war zögerlicher dabei, und doch kam es bereits am 13. Januar zur Umbenennung der SDP in SPD (DDR), was wikipedia ganz klar als Hinwendung zur West-SPD wertet. Nur 2 Tage später wurde die Stasizentrale geplündert - woher wußten die Plünderer, daß sie keine Angst mehr haben brauchten? Interessanterweise gab es 6 Wochen lang kaum besondere politische Aktivitäten der neuen Ostparteien, aber im Januar 90 standen sie plötzlich frisch finanziert und organisiert wahlbereit auf dem Podium. Klar, sie hatten in der Zeit ihre Strukturen aufgebaut. Aber irgendeiner muß das doch geleitet haben? Die wenigen Mitglieder, die noch im Dezember nicht genau wußten, ob sie das oder ein Volk waren? Sehr unwahrscheinlich. Es gibt auch sehr wenige Hintergundinformationen für diese Zeit. Selbst die DDR-Regierung wußte nichts, sonst hätten sie nicht geradezu naiv am 7. Dezember ihre Runden Tische begonnen. Also ich bin überzeugt, daß da sehr viel pasiert ist, wovon heute nur wenige wissen. Eigentlich wurden wir schon ab Dezember fremdregiert, weswegen für mich die Zeit bis Oktober 90 eine Art Interregnum darstellt. Die ich kenne, waren alle erstaunt bis erschrocken, als die Demonstranten plötzlich was von "ein" Volk riefen. Andererseits, wer in Staatsbürgerkunde aufgepaßt hatte, konnte sich denken, daß die westdeutsche Politik, die 1961 so "schmählich" unterbrochen wurde, nun natürlich einfach weitergeführt werden würde. Diesmal mit größerer Wirtschaftsstärke und ohne Angst vor russischen Panzern.
 
Daß Kohl und die CDU alles für eine Wiedervereinigung tun würden, war klar! Übrigens war Kohl auch einer der ganz wenigen Politiker, für die das stets all die Jahre ein Thema war ... auch schon lange vor dem Fall der Mauer!

Im Übrigen war die "Volksabstimmung" zur Frage der Wiedervereinigung die Volkskammerwahl ... und die fiel ja nun recht deutlich aus!
 
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