Was war eigentlich im 13./14. Jhdt. so toll daran, Mönch oder Nonne zu werden?
Das Tolle daran war, daß es im 13./14. Jh. bereits eine lange Tradition hatte
Aber ernsthaft: Zu dieser Zeit - Übergang vom Hoch- zum Spätmittelalter - existierte schon seit Jahrhunderten eine Gesellschaft, in welcher die christliche Religion bzw. das Religiöse nahezu alle Lebensbereiche durchdrang. Das Mönchstum war zudem durch
Benedikt von Nursia in der 1. Hälfte des 6. Jh. - Übergang von der (Spät-)Antike zum (Früh-)Mittelalter - begründet worden und hatte sich in den nachfolgenden Jahrhunderten kontinuierlich als Lebensform(en) verbreitet und neue Ordensgründungen incl. der in der Fragestellung angesprochenen Nonnenklöster hervorgebracht; dazu traten ab dem 13. Jh. zudem die Bettel- und Predigerorden.
Es war eine Facette und zudem ein "Karriereweg", welche schlicht und ergreifend als normal und nicht wie in der heutigen säkularisierten Welt als eher "exotisch" angesehen wurden.
Wichtig ist dabei außerdem, daß sich der Mensch des Mittelalters über seinen Platz in der göttlichen Ordnung definierte - sprich: er sah sich zu dem bestimmt, was er war bzw. wurde; sein Platz bspw. in einem Mönchsorden war aus seiner Sicht eben gottgewollt.
Zumal dem ebenso hinzuzufügen ist, daß jemand, der dem Stand der
Betenden angehörte - Stichwort: Klerus = 1. Stand - gemeinhin auf gewisse (Hoch-)Achtung in der Gesellschaft bzw. unter den Mitmenschen zählen konnte.
Anm.: Um unzulässiger Verallgemeinerung vorzubeugen, habe ich bewußt "gemeinhin" und "gewisse Hochachtung" geschrieben...
Wichtig:
Wie alle weiteren Ausführungen, die ich dazu jetzt treffe, muß man dies aus der Zeit heraus verstehen und darf es nicht mit bzw. an heutigen Wertvorstellungen messen!
Für diese "Berufe" entschieden sich ja i.d.R. Söhne bzw. Töchter aus besserem Hause...
Das stimmt so nicht, denn in jeder Niederlassung gab es bspw. bei Mönchen Priesterbrüder und Laienbrüder - und unter Letzteren waren gerade bei jenen, die körperliche Arbeit verrichteten, nicht wenige von nichtadliger Herkunft.
Anm.: Für einfache Leute war das Leben als Mönch zudem nicht nur eine soziale, sondern auch eine ökonomische "Aufwertung" - wiewohl ich Deinen weiteren Ausführungen entnehme, daß Dir dies bereits klar gewesen ist.
Außerdem lebten sie ja in den Orden nach strengen Regeln, diese Leute. Ich sage nur "ora et labora" - oder das frühe Aufstehen mitten in der Nacht, nur um zu beten. Wer tut sich das denn freiwillig an? Was trieb diese Leute an...
Hier möchte ich auf zwei Aspekte hinweisen...
Erstens: Auch wenn es aus unserer heutigen Sicht schwer nachvollziehbar ist, definierte sich der Mensch im europäischen Mittelalter nicht als Individuum - bzw. Single im ganz modernen Sinn -, sondern v.a. auch über die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft. Dies war zunächst die Familie, der man entstammte, bzw. das dörfliche/städtische/adlige Umfeld, danach die Familie, welche man selbst gründete, der Lehensverband, dem man als Ritter/Adliger angehörte, oder eben eine Ordensgemeinschaft o.a.
Wichtige Anmerkung dazu: Wir dürfen auch nicht zwangsläufig davon ausgehen, daß jede(r) von sich aus frei darüber entschied, ins Kloster zu gehen bzw. einem Orden beizutreten, denn nicht selten wurden auch die Kinder von den Eltern bereits dazu bestimmt bzw. dem Kloster versprochen, wenn sie noch nicht einmal das erste Lebensjahr vollendet hatten...
Zweitens: Wie oben beschrieben, war das religiöse Element incl. verinnerlichter Frömmigkeit für die Zeit des europäischen Mittelalters fundamental. So bedeuteten Dinge wie Schenkungen an die Kirche oder an ein Kloster bzw. einen Orden, Stiftungen i.d.S. u. dgl., Pilgerfahrten sowie eben auch Eintritt von Familienmitgliedern in den Priesterstand und/oder einen Orden eine Art Garantie für das eigene Seelenheil (Erfüllung göttlichen Willens zum Erlaß aller Sünden).
Anm. dazu: In diesem Kontext nicht zu vernachlässigen sind (nachgeborene) Söhne, welche in einen Ritterorden eintraten, wodurch die Familie einen "bewaffneten Pilger (Kreuzfahrer) auf Lebenszeit" gewann, der Pilgergelübde einlösen konnte (hier also wieder
Erfüllung göttlichen Willens zum Erlaß aller Sünden - so befremdlich uns dies heute auch erscheinen mag).
Auch wenn es nachgeborene Söhne waren, die ins Kloster gingen - einige haben doch auch sicher die Chance gehabt, evt. ihre Onkel zu beerben.
Nun hatte der Onkel aber im Regelfall auch selbst einen direkten Erben, der ihm vorrangig nachfolgte, so daß eben auch da der Neffe nicht gerade die erste Wahl war. Außerdem war es beim Adel in solchen Fällen auch durchaus Usus, daß in diesen Fällen vormals getrennter Familienbesitz zusammengelegt wurde; in anderen Fällen wiederum wurde das erledigte Lehen eingezogen (z.B. in Frankreich oder in England) oder vom König neu vergeben (z.B. im Heiligen Römischen Reich).
Was jedoch zutrifft, ist der - durchaus wohl ebenfalls desöfteren vorgekommene - Fall, daß ein Nachgeborener zunächst ins Kloster ging und dann nach Jahren dieses wieder verließ, um doch das väterliche Erbe anzutreten, weil sein älterer Bruder - der Erstgeborene - inzwischen verstorben war.
Aber was war mit den Mädels? Die hätten doch allemal auf eine gute Partie warten können? Wollten die alle denn nur ins Kloster, weil dort die einzige Chance war, zu studieren?
Es war nicht unbedingt mehr die einzige Chance zur Erlangung höherer Bildung, aber eine der traditionell besten Chancen.
Dazu aus
Wilhelm Volkert "Adel bis Zunft: ein Lexikon des Mittelalters" - C.H. Beck - München, 1991:
Frau schrieb:
... Die Bildungsmöglichkeiten für Frauen waren sehr beschränkt. Weltliche Schulen, die auch Mädchen besuchen konnten, entstanden erst in den Städten seit dem 13. Jh. Für unverheiratete Frauen bot der Eintritt in einen Orden Gelegenheit zu geistlich-geistiger Bildung. Verschiedene Kanonissenstifte und Benediktinerinnenklöster waren schon seit spätkarolingischer Zeit geistige, künstlerische und kunsthandwerkliche Zentren ersten Ranges. Auch die meisten Reformorden des Hoch- und Spätmittelalters errichteten Frauengemeinschaften, die sich häufig karitativen Aufgaben zuwandten und Bildungsaufgaben, besonders die Mädchenerziehung, übernahmen.
Und das mit der "guten Partie" war übrigens in zweierlei Hinsicht so eine Sache: zum einen durften sich gerade auch junge Frauen nicht unbedingt Hoffnung darauf machen, sich ihren zukünftigen Lebenspartner selbst auszusuchen (denn das taten zuvor gewöhnlich die Eltern) - und nach
Peter Dinzelbacher "Europa im Hochmittelalter 1050-1250: Eine Kultur- und Mentalitätsgeschichte" - Primus Verlag, Darmstadt 2003 war die Flucht in Ordensgemeinschaften eine gesellschaftlich akzeptable Möglichkeit, einem ungeliebten zukünftigen Ehemann zu entgehen (freilich nur, wenn ein Kirchenmann dies unterstützte, denn alleingestellt war Rebellion gegen die Eltern schwierig) -; zum anderen gab es gewöhnlich kein "Warten", denn fand sich kein Ehemann, so galten die jungen Frauen nach einigen Jahren dann durchaus als nicht mehr für die Ehe vermittelbar, so daß nur der Weg ins Kloster blieb.
PS: Ausgelassen habe ich bei diesen Ausführungen noch den Aspekt, daß junge Adlige ins Kloster verbracht wurden, um Konkurrenten um Titel, Erbschaften u. dgl. unblutig aus dem Weg zu schaffen...