Was wurde aus Leutnant v. Forstner ?

Jacobum

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Mercys Hinweis auf den Begriff "Wackes" für Elsässer hat mich dazu gebracht, wieder mal den Verlauf der Zabern-Affäre zu studieren.

Ich will jetzt diese Geschichte nicht im Einzelnen wiedergeben, wer sich für die Details interessiert, kann diesen Link lesen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Zabern-Affäre

Was mich interessiert ist:

Weiß jemand, was aus dem berüchtigten Leutnant v. Forstner geworden ist?

Anhang anzeigen 4562

Hier eine Karikatur: Der Leutnant geht, begleitet von einer Leibwache, zum Schokoladekaufen.

Gruß

Jacobum
 
Zuletzt bearbeitet:
Laut der Biographie Berthold von Deimlings ("Aus der alten in die neue Zeit") wurde Forstner zum Infanterie Regiment 14 nach Bromberg versetzt. Er ist im 1.Wk gefallen.

Gruß

Cisco
 
Ich habe im Internet einen satirischen Text über ein Tagebuch gefunden, dass von Forstner angeblich hinterlassen hat. Die ersten Einträge zitiere ich. Die vermeintlichen Tagebücher enden 1915.

Leutnant von Forstner fiel am 29. August 1915 bei Kobrin im heutigen Weißrussland (das ist eine Tatsache).

4. September 1913

Der Tag von Sedan! Feierlicher Appell des Regiments. Der Oberst von Reuter erinnerte uns daran, dass unsere Väter und Großväter 1870 diesen historischen Sieg über ein dekadentes Frankreich erfochten hätten. Sollte wieder die Stunde der Bewährung kommen, müssten wir uns dieser Tradition bewusst sein. Tränen traten mir in die Augen, aber ich schämte nicht. Denn was gibt es für einen Soldaten Schöneres, als für Kaiser und Reich ins Feld zu ziehen und den Feind zu schlagen. Nur wenige Zivilisten beobachteten die erhebende Feier. Der Elsässer ist noch zu welsch, um ein vollwertiger Stamm im Kaiserreich zu sein. Umso wichtiger ist unsere Aufgabe hier. Herr Oberst meinte zum Abschluss, gerade wir Offiziere hätten Vorbilder für ein gutes Deutschtum zu sein. Nach dem Appell allgemeine Besoffenheit im Offiziercasino bis in die Frühe.

10. Oktober 1913

Führte gestern meinen Zug mit klingendem Spiel auf den Truppenübungsplatz außerhalb der Stadt. Die Zivilbevölkerung gafft nur blöde. Keine Haltung. Ein halbwüchsiger Jüngling begleitete uns 10 Minuten und äffte unseren Marschtritt nach. Ließ mich aber nicht provozieren, sondern salutierte, als dieser Zivilunke in eine Seitenstraße abbog. Die Übung verlief hervorragend. Auch die elsässischen Rekruten haben das Zeug zum guten Soldaten. Wie sagte schon mein Fähnrichsvater: Der Offizier ist Vorbild, Erzieher und Kämpfer. Was eine Nation taugt, weiß man, wenn man das Offizierkorps kennengelernt hat. Spüre immer mehr, welche Verantwortung man hat, wen man des Kaisers Rock tragen darf.

Weiter geht es auf der Internetseite von "Globkult": »Immer feste druff«. Die Tagebücher des Leutnants Forstner

Mit besten Grüßen

Katharina
 
Danke für den Hinweis. Aber ich schämte mich nicht, muss es heißen. Der Fehler kommt leider auch im Originaltext vor.
 
Denn was gibt es für einen Soldaten Schöneres, als für Kaiser und Reich ins Feld zu ziehen und den Feind zu schlagen.
Au weia. Was waren das für in mancher Form finstere Zeiten. Aber vielleicht waren wirklich zwei Weltkriege nötig, damit wir Deutschen diese ganz besondere Form des Militarismus ablegen konnten.
 
Forstner hat einen an der Waffel gehabt und hätte entsprechend bestraft gehört gehabt!

Aber ob nun der deutsche Militarismus am Vorabend des Ersten Weltkrieges nun ein Alleinstellungsmerkmal in Europa hatte, das stelle ich in Frage.
 
Aber ob nun der deutsche Militarismus am Vorabend des Ersten Weltkrieges nun ein Alleinstellungsmerkmal in Europa hatte, das stelle ich in Frage.
Ich schrieb von der Ausprägung des Militarismus deutscher Machart, in der ein pomadiger Reserveleutnant am königlichen Hof in Berlin jederzeit Vortritt vor einem Universitätsprofessor hatte. Der Militarismus, in dem es als Schande galt, nicht "gedient" zu haben. Es ist kein Zufall, dass der Hauptmann von Köpenick nur in Deutschland passieren konnte und es lässt einen noch immer erschaudern, dass der Kaiser, als er von der Sache erfuhr und so herzlich über den gelungenen Streich lachte, gar nicht raffte, wie sehr Voigt in Wahrheit den Militarismus bloßgestellt hatte. Kann man sich den Hauptmann von Köpenick zu gleicher Zeit in Paris vorstellen? Oder in London? Nein. Nicht einmal in Wien und erst recht nicht in New York.

Wer Uniform trug hatte recht und man stand stramm, auch als Zivilist. Was heute lächerlich und grotesk wirkt, war im Kaiserreich Staatsraison.
 
Der Hauptmann von Köpenik war ursprünglich eine Tragikkomödie, die auf einer wahren Begebenheit beruhen soll. Was in dem Stück von Zuckmayer nun Wahrheit bzw. Dichtung ist, das ist mir nicht geläufig.

Es ist kein Zufall, dass der Hauptmann von Köpenick nur in Deutschland passieren konnte

Was meinst du denn damit bitte?

gar nicht raffte, wie sehr Voigt in Wahrheit den Militarismus bloßgestellt hatte

Woher weißt du denn das? Hat Wilhelm II. dir das erzählt? Vielleicht hatte der Kaiser einfach auch nur Sinn für Humor. Es ist eine deutsche Spezialität geworden, das wir uns selbst immer schlecht, schlechter, am schlechtesten darstellen.
 
Was meinst du denn damit bitte?
Nur in einer Gesellschaft, in der die Uniform und deren Träger derart überhöht wurden wie in der Gesellschaft des Deutschen Kaiserreiches, konnte es zu dem kommen, was Wilhelm Voigt veranstaltet hat - blinder Gehorsam at its best. Im übrigen soll es nicht nur geschehen sein - es ist tatsächlich passiert.
Woher weißt du denn das? Hat Wilhelm II. dir das erzählt? Vielleicht hatte der Kaiser einfach auch nur Sinn für Humor. Es ist eine deutsche Spezialität geworden, das wir uns selbst immer schlecht, schlechter, am schlechtesten darstellen.
Der Kaiser hat gelacht, das ist überliefert. Nur hat er nicht kapiert, worüber er gelacht hat, dabbei bleibe ich.
 
Der Kaiser hat gelacht, das ist überliefert. Nur hat er nicht kapiert, worüber er gelacht hat, dabbei bleibe ich.

Das beantwortet die Frage nicht. Außerdem impliziert deine These, das der Kaiser ein Idiot gewesen sei. Wilhelm II. war durchaus in so manchen Fragen speziell; ein Blödmann war er nicht.

Nur in einer Gesellschaft, in der die Uniform und deren Träger derart überhöht wurden wie in der Gesellschaft des Deutschen Kaiserreiches, konnte es zu dem kommen, was Wilhelm Voigt veranstaltet hat - blinder Gehorsam at its best. Im übrigen soll es nicht nur geschehen sein - es ist tatsächlich passiert.

Nun, auch in anderen europäischen Gesellschaften wurden Uniform öffentlich zur Schau getragen. Und was an Zuckmayers Stück ist historisch verbürgte Wahrheit? Hast du dafür entsprechende Quellen?
 
Nur in einer Gesellschaft, in der die Uniform und deren Träger derart überhöht wurden wie in der Gesellschaft des Deutschen Kaiserreiches, konnte es zu dem kommen, was Wilhelm Voigt veranstaltet hat - blinder Gehorsam at its best.
...wenn ich in Gogol, Lermontov, Tolstoi, Dostojewski, Sologub, Bely, auch Cechov herumblättere: im zaristischen Russland, wo man sogar vor einer Nase stramm stehen konnte, wäre das nicht minder möglich gewesen.
Und überm Kanal, wo man den Offizier zum Gentlemanideal überhöhte, ebenfalls.
Mir scheint Militarismus vor dem bzw bis zum Ersten Weltkrieg kein Alleinstellungsmerkmal des deutschen Kaiserreichs zu sein.
 
...wenn ich in Gogol, Lermontov, Tolstoi, Dostojewski, Sologub, Bely, auch Cechov herumblättere: im zaristischen Russland, wo man sogar vor einer Nase stramm stehen konnte, wäre das nicht minder möglich gewesen.
Und überm Kanal, wo man den Offizier zum Gentlemanideal überhöhte, ebenfalls.
In der Donaumonarchie, wo man sich einen Generalstabschef leistete, der ständig dahingehend insistierte die eigenen Verbündeten in Italien überfallen zu wollen und der in einer weniger militarisierten Gesellschaft sofort in die Klapse eingewiesen worden wäre auch.

In Frankreich, wo der arme Dreyfuß Jahrelang unschuldig auf der Teufelsinsel und im Gefängnis sitzen musste, weil auf keinen Fall die obersten Militärs infrage gestellt werden durften, sehe ich da auch ziemlich problematische Tendenzen.
 
Ja. Es wird, wie üblich, mit Inbrunst ausschließlich die Deutschen als etwas "Besonderes" kritisiert.
 
In der Donaumonarchie, wo man sich einen Generalstabschef leistete, der ständig dahingehend insistierte die eigenen Verbündeten in Italien überfallen zu wollen und der in einer weniger militarisierten Gesellschaft sofort in die Klapse eingewiesen worden wäre auch.
Du meinst dem Generalstabschef, der letzten Endes recht behalten hatte? Du meinst den sogenannten Verbündeten, der sich bereits 1908 aus dem Bündnis verabschiedet hatte?
 
In der Tat. Hattest du nicht angedeutet, das du das Agieren Italiens angesichts der von mir präsentierten Fakten einer Neubewertung unterziehen willst?:)
 
In der Tat. Hattest du nicht angedeutet, das du das Agieren Italiens angesichts der von mir präsentierten Fakten einer Neubewertung unterziehen willst?:)
Da bin ich auch durchaus drann.

Das Thema Conrad v. Hötzendorff ist allerdings ein anderes.
Ein Generalstabschef hatte sich nicht mit Schaum vor dem Mund in die Außenpolitik einzumischen oder das zu versuchen.

Der Mann hat mit seinem Drängen zum Krieg gegen Italien und Serbien (völlig egal, was man von der Politik dieser beiden Staaten hält) genau das getan oder zumindest versucht, was Moltke und Falkenhayn mit Recht vorgeworfenn wurde, nämlich die zivile Politik massiv unter Druck zu setzen in einen Krieg hinein zu steuern.

Wenn wir uns über Militarismus im europäischen Vergleich unterhalten wollen, ist dass, denke ich ein Punkt.
 
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