Und hier habe ich mal wieder eine Frage, betreffend den 2. WK und die Zeit davor, über die es mir zu viele widersprüchliche Informationen gibt! Und ich hoffe, diese einigermaßen klären zu können.
Es ist ja allgemein bekannt, dass viele Menschen in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg und insbesondere in der Zeit vor dem 2. Weltkrieg aus Deutschland ausgewandert sind! Neben sozialer Not waren auch die politischen Zustände oft ausschlaggebend.
Diese Tendenz, steigerte sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten noch einmal. Da vielen Menschen Internierung und Tod drohte. Zu diesen Flüchtlingen gehörten ja auch Menschen wie Thomas Mann und Marlene Dietrich.
Was mich nun besonders interessiert ist Folgendes:
Es wird gemeinhin behauptet, dass diese Exilanten, eine mehr oder minder wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Hitler-Regimes hatten! Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen!
Die Regierungen der Alliierten, dürften Wichtigeres zu tun gehabt haben, als sich die "Sorgen" oder Vorschläge von Emigranten anzuhören. Immerhin, wurden mit Beginn des Krieges, fast ausnahmslos alle Angehörigen von Völkern der Achse überwacht unter interniert.
Der Beitrag dieser Enemy Aliens, dürfte allenfalls gering gewesen sein! Und speziell Frau Dietrich, wurde ja in ihrer Heimatstadt, auch nach dem Krieg alles andere als freundlich empfangen. Auch wenn diese Reaktionen der Bevölkerung eher aus einer Position von Trotz oder beleidigt sein, heraus erfolgte.
Soviel von mir! Jetzt sind wieder andere dran.
Zur Auswanderungsbewegung aus Deutschland, bzw. den deutschen Ländern:
Es gab es seit dem 17. Jahrhundert Auswanderungsbewegungen nach Amerika. Die Hutterer, Mennoniten, Amish People, Pennsylvania-Deutschen, Salzburger Emigranten, die vom 17. bis ins 18. Jahrhundert nach Amerika auswanderten, waren die größte nicht angelsächsische Einwanderungsbewegung im 17. und 18. Jahrhundert. Die Unabhängigkeitserklärung wurde in Pennsylvania auch ins Deutsche übersetzt. Auswanderung war in den meisten Territorien nur mit Erlaubnis des Landesherren möglich. Eine zweite größere Auswanderungsbewegung geschah in den 1820er Jahren während des Pauperismus. Viele Gemeinden zahlten lieber einmal die Überfahrt, als Arme länger unterstützen zu müssen. Ein weiterer Auswander-Boom erfolgte im Vormärz und kurz danach und hielt an, bis 1880-1890. Seit der Reichsgründung 1871 nahm die Auswanderung aus Deutschland stark ab. Im Zeitraum von 1900-1933 war die Auswanderung extrem rückläufig. Die Mehrheit der deutschen Auswanderer würde man heute je nach politischer Couleur Wirtschaftsflüchtlinge oder Armutsflüchtlinge nennen. Etliche Auswanderer im 17. und etliche 1848er würde man wohl politisch Verfolgte nennen können.
Die Auswanderungszahlen schnellten allerdings 1933 in die Höhe. Die meisten Auswanderer entschlossen sich nur sehr zögerlich, Auswanderung war mit erheblichen Risiken und Vermögensverlusten verbunden. Die meisten, die Deutschland nach 1933 verließen, taten das, weil sie 1) als politische Gegner in Deutschland ihres Lebens nicht mehr sicher waren. 2) weil sie als Juden aus Deutschland hinausgeekelt wurden, bis keiner mehr raus durfte, 3) aus Solidarität mit verfolgten Kollegen Deutschland verließen oder 4) aus Deutschland emigrierten, weil eine künstlerische oder wissenschaftliche Tätigkeit für etliche unmöglich geworden war.
So vielfältig die Motive waren, die Deutsche in den Jahren nach 1933 zur Emigration trieb waren vielfältig. Aus freien Stücken gingen die wenigsten, es waren bekannte Namen darunter: Thomas Mann, Ernst Lubitsch, Peter Lorre, Marlene Dietrich, Billy Wilder, Erich Mühsam, Stefan Zweig, Anna Seghers, Carl Zuckmayer, Bert Brecht, Kurt Tucholsky, und v. a. Eigentlich muss man sagen, es gingen die Besten aus Literatur, Kultur und Wissenschaft, und die die blieben, die es nicht mehr geschafft haben, die es sich nicht leisten konnten, Erich Kästner, Werner Fink, Gerhard Hauptmann, Gustav Gründgens, Carl Orff, Wilhelm Furtwängler, Herbert von Karajan, Heinz Rühmann, Hans Albers u. v. a. mussten sich arrangieren, das gelang den einen gut, anderen gerade so, manchen gar nicht.
Manche Intendanten, Regisseure hatten enorme Möglichkeiten, aber auch deutsche Klassiker, arische Künstler wurden zensiert, verschwanden von den Bühnen: Schillers Wilhelm Tell und Don Karlos, Lessings Nathan der Weise.
Vielen deutschen und deutschsprachigen Emigranten fiel es schwer, im Exil Fuß zu fassen. Für manche Autoren war die eigentliche Heimat die deutsche Sprache, viele beherrschten Fremdsprachen, die Fremdsprachen aber nicht so virtuos wie die Muttersprache. Klaus Mann fiel es viel schwerer, im Exil in den USA Fuß zu fassen, als seinem Bruder. Die meisten Emigranten waren eben nicht berühmt.
Nebenbei es waren nicht immer die USA und GB Auswandererziele. Schweden, die Schweiz, Frankreich, die Niederlande, die CSR waren primäre Ziele. Viele Emigranten wollten nicht zu weit weg von Deutschland, hofften, dass "der Spuk bald vorbei ist". Sebastian Haffner war Jurist, er emigrierte nach GB und wurde Journalist, sein Wissen über Deutschland war geschätzt, er erhielt die britische Staatsangehörigkeit besaß beide Staatsangehörigkeiten. Wie gut letztlich die Integration gelang, hing davon ab, wie gut sie die englische Sprache beherrschten oder sich aneigneten.
Mit Kriegsausbruch wuchs auf Seiten der Briten und Amerikaner das Interesse, an Leuten, die nicht nur Deutsch konnten, sondern die deutsche Sprache beherrschten. Jeder moderne Krieg ist auch ein Krieg der Medien. Besonders die BBC hat während des 2. Weltkriegs ausgezeichnete Rundfunk-Sendungen in deutscher Sprache produziert, die sich vor allem an deutsche Hörer richteten, die perfekt auf die Bedürfnisse und Interessen von Deutschen abgestimmt waren. Der Soldatensender West zeichnete sich durch objektive, sachliche und detaillierte Meldungen aus.
Meine Oma erzählte immer, dass sie beim Soldatensender West Meldungen über den Verlauf der Sommeroffensive 1944 an der Ostfront genauestens informiert wurde. Als Titellied wurde immer Lilli Marlen gespielt. Um solche Programme zu gestalten und zu moderieren, um sie attraktiv für deutsche Hörer zu machen, braucht es Leute, die nicht nur Deutsch können, sondern die deutsche Sprache beherrschen, die Land und Leute kennen.
Es gab eine Reihe von Programmen der Alliierten, die deutschsprachige Meldungen brachten. Die Meldungen wurden in akzentfreiem Deutsch verlesen. Natürlich war nicht jeder so bekannt wie Thomas Mann, Marlene Dietrich oder Otto von Habsburg. Im Bereich Medien," irgendwas mit Medien" bestand während des Krieges schon Nachfrage, und eine ganze Reihe von Emigranten hat im Bereich des Militärs, der Geheimdienste, im Bereich Medien, Medizin, Kultur und Wissenschaft sich gegen den NS engagiert.
Es setzt ja auch eine gewisse Stärke des Charakters und des Intellekts, eine gewisse Reife und Integrität voraus, sich dem herrschenden Ungeist zu verweigern, nicht gegen den Strom zu schwimmen. Manche Emigranten hatten nichts, als das nackte Leben retten können, andere nicht mal das. Es waren die Emigranten aber in der Regel Leute, die eine abgeschlossene Berufsausbildung hatten, und natürlich waren Fachkräfte während des Krieges gesucht. Etliche taten etwas, was sie vorher nicht gelernt hatten, aber es macht Not auch erfinderisch.
Der Krieg riss überall Lücken, Fachkräfte wurden gebraucht.