Widerstand im 3. Reich - Fazit gesucht

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Hallo,
ich arbeite an einem Referat zum Thema Widerstand im Dritten Reich (allerdings ohne die Attentate und den militärischen Widerstand). Bin soweit fertig geworden damit, allerdings glaube ich dass mein Fazit einfach ungenügend ist...deswegen frage ich hier nochmal nach.

Weswegen war denn nun der Widerstand im 3. Reich ein "Widerstand ohne das Volk"?
Weswegen hatten die Parteienüberbleibsel und Gruppierungen wie Rote Kapelle, Kreisauer Kreis, Weiße Rose letztlich keinen Erfolg?

Wichtig ist eben das ich das Thema meines Referates problematisiere und den "Knackpunkt" dabei herausfinde... hoffe ihr könnt mir ein wenig weiterhelfen.

Lg,
 
Hallo,
ich arbeite an einem Referat zum Thema Widerstand im Dritten Reich (allerdings ohne die Attentate und den militärischen Widerstand). Bin soweit fertig geworden damit, allerdings glaube ich dass mein Fazit einfach ungenügend ist...deswegen frage ich hier nochmal nach.

Wenn du den Kreisauer Kreis mit einbeziehst, kommt aber der militärische Widerstand auch zum tragen. Da gibt es eine Verschmelzung.

Weswegen war denn nun der Widerstand im 3. Reich ein "Widerstand ohne das Volk"?

Hans Mommsen hat als erster gesagt, das der Widerstand ohne Volk war. Damit meinte er der fehlende breite Rüchhalt im Volk.

Diesen Begriff verwendete er in dem Aufsatz: "Gesellschaftsbild und Verfassungspläne des deutsche Widerstandes".

Weswegen hatten die Parteienüberbleibsel und Gruppierungen wie Rote Kapelle, Kreisauer Kreis, Weiße Rose letztlich keinen Erfolg?

Sie wurden Verhaftet und Hingerichtet. Von der Roten Kapelle blieb keiner übrig der eine neue Gruppierung bilden konnte, ebenso beim Kreisauer Kreis und der Weissen Rose in München. Bei der Roten Kapelle wurden 139 Menschen verhaftet davon wurden 50 zum Tod verurteilt.

http://www.geschichtsforum.de/f66/einfuehrung-zur-roten-kapelle-8471/

Wichtig ist eben das ich das Thema meines Referates problematisiere und den "Knackpunkt" dabei herausfinde... hoffe ihr könnt mir ein wenig weiterhelfen.

Lg,

Was schreibst du denn in deinem Referat?
 
Sie wurden Verhaftet und Hingerichtet. Von der Roten Kapelle blieb keiner übrig der eine neue Gruppierung bilden konnte, ebenso beim Kreisauer Kreis und der Weissen Rose in München. Bei der Roten Kapelle wurden 139 Menschen verhaftet davon wurden 50 zum Tod verurteilt.


Es ist wirklich so, vom "aktivem" Widerstand blieb kaum einer übrig.
Untergegangen in einer Blutorgie.

Im politischen Leben nach dem Krieg spielte nur Gerstenmaier eine Rolle.
 
Weswegen war denn nun der Widerstand im 3. Reich ein "Widerstand ohne das Volk"?
Vielleicht war das Volk nicht am Widerstand interessiert?

Ich denke hier spontan an zwei Dinge. Dir sagt doch der Begriff "Vernichtung lebensunwerten Lebens" etwas, oder? Nun, diese wurde im Spätsommer 1941 auf Befehl Hitlers wieder eingestellt. Es hatte Proteste gegeben - die getöteten Kinder waren nämlich die Familienmitglieder von denjenigen, die protestierten.

Wenn irgendwo ein paar Juden verschwanden, interessierte das weiter keinen. Deswegen konnte das auch geschehen.

Wusstest du, dass in Dänemark nur wenige hundert Juden das Dritte Reich nicht überlebt haben? Die meisten von ihnen wurden ins neutrale Schweden in Sicherheit gebracht. Die Polizei und die Bevölkerung in Dänemark weigerte sich, die Nazis bei der Vernichtung ihrer Mitbürger zu unterstützen.

Ich würde ruhig den erfolgreichen Protest gegen die Tötung Behinderter und den nicht vorhandenen Protest gegen das Vorgehen gegen die Juden miteinander vergleichen.

(Hm, mir scheint ich habe heute schlechte Laune.)

Schöne Grüße

Petra
 
Es ist wirklich so, vom "aktivem" Widerstand blieb kaum einer übrig.
Untergegangen in einer Blutorgie.

Stimmt. Bei der Roten Kapelle wurden die Frauen und Männer am 5. August 1943 im drei Minuten Takt hingerichtet. Der erste um 19.00, die letzte um 19.45

Im politischen Leben nach dem Krieg spielte nur Gerstenmaier eine Rolle.

Greta Kuckkoff spielte ebenfalls eine Rolle, wobei das wahrscheindlich nicht so bekannt ist. Sie war Hauptabteilungsleiterin im Aussenministerium der DDR und Präsidentin der Deutschen Notenbank.

Greta Kuckhoff: "Aktivistin der ersten Stunde"
 
Vielleicht war das Volk nicht am Widerstand interessiert?

Ich denke hier spontan an zwei Dinge. Dir sagt doch der Begriff "Vernichtung lebensunwerten Lebens" etwas, oder? Nun, diese wurde im Spätsommer 1941 auf Befehl Hitlers wieder eingestellt. Es hatte Proteste gegeben - die getöteten Kinder waren nämlich die Familienmitglieder von denjenigen, die protestierten.

Die Proteste kamen von der kirchlichen Seite. Insbesondere von Bischof Clemens August Graf von Galen, er äusserte sich sehr deutlich zu den Vorgängen, so in seiner bekannten "Euthanasiepredigt" in St. Lamberti zu Münster am 3.8.1941. Galen hatte Kontakt zur Widerstandsgruppe von Carl Friedrich Goerdeler, der wiederrum mit dem Kreisauer Kreis kontakt hatte.

Die T4 Aktion wurde nur formell eingestellt, zwischen 1941 bis 1945 wurden weitere 30 000 Menschen durch den Euthanasiebefehl umgebracht und unter dem Codenamen "14 f 13" wurden ab 1941 auch in Konzentrationslagern in gesonderten Abteilungen als „lebensunwert" eingestufte Häftlinge getötet.

Wusstest du, dass in Dänemark nur wenige hundert Juden das Dritte Reich nicht überlebt haben? Die meisten von ihnen wurden ins neutrale Schweden in Sicherheit gebracht. Die Polizei und die Bevölkerung in Dänemark weigerte sich, die Nazis bei der Vernichtung ihrer Mitbürger zu unterstützen.

Das ist der grosse Unterschied. Dänemark war von den Deutschen besetzt da entwickelte sich ein anderer Widerstand, als der Deutsche. Das muss man unterscheiden. Ich verstehe die Frage des Gastes soweit, dass es um den Widerstand in Deutschland geht und die Gruppen in Deutschland und nicht um den Widerstand in den besetzten Gebieten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das dänische Beispiel war durchaus beeindruckend, man muss aber auch an die besondere Lage Dänemarks im Jahre 1943 denken. Die Wehrmacht und die SS haben da stark weggesehen. Am merkwürdigsten war das Verhalten von Werner Best, ein absolut geeichter Nazi. Offenbar war es ihm recht, wenn die Juden verschwanden, denn so konnte er Hitler Dänemark als "judenrein" präsentieren. Er informierte daher den Marineattache Duckwitz, wissend, dass der die Informationen weitergeben würde.

Dagegen sind die norwegischen Juden zur Mehrzahl vernichtet worden, Dänemark und Norwegen hatten ungefähr die gleiche freiheitlich- demokratische Tradition, aber die Lage war 1942 in Norwegen eine andere.

Dann kamen natürlich auch Dinge wie nicht hinsehen und nicht genauer wissen wollen dazu, ausserdem hatte ein Grossteil der Bevölkerung eigene Sorgen wegen des Krieges. Schliesslich verstanden es die Nazis auch, das deutsche Volk zu Komplizen zu machen. Ganz egal, wo man sich in Deutschland auf die Spurensuche nach den Novemberpogromen begibt, es ist fast immer dassselbe, denn man wird feststellen, das ganz normale Bürger die Synagoge abgefackelt haben. Jeder Deutsche sah das, und so gab es allzu viele, die genau wussten, dass sie nicht mehr wissen wollten. Aus Berichten des SD und der Gestapo weiss man, dass die Bevölkerung eher geschockt darüber war. Es gab übrigens im Januar 1943 in Berlin öffentliche Demonstrationen gegen die "Evakuierung" von Juden in der Rosenstrasse. Die Lage war nach dem Debakel von Stalingrad auf dem Nullpunkt. Berlin hatte unter Bombenangriffen zu leiden, und so gab das Regime nach. Goebbels notierte in seinem Tagebuch, "dass sich dort ein paar unangenehme Szenen abgespielt haben". Öffentlicher Protest war eine gefährliche Sache im Dritten Reich, jedenfalls gehörten dazu Leute, die einen notfalls deckten.
 
Es gab übrigens im Januar 1943 in Berlin öffentliche Demonstrationen gegen die "Evakuierung" von Juden in der Rosenstrasse. Die Lage war nach dem Debakel von Stalingrad auf dem Nullpunkt. Berlin hatte unter Bombenangriffen zu leiden, und so gab das Regime nach. Goebbels notierte in seinem Tagebuch, "dass sich dort ein paar unangenehme Szenen abgespielt haben". Öffentlicher Protest war eine gefährliche Sache im Dritten Reich, jedenfalls gehörten dazu Leute, die einen notfalls deckten.

Das war der einzige öffentliche Protest in Deutschland.

Hier kann man es nachlesen:

Widersetzlichkeit und Widerstand von einzelnen: Drei Beispiele - Informationen zur politischen Bildung (Heft 243)
 
Auf der anderen Seite haben die Volksgenossen aber durchaus ihren Nutzen aus der Ausplünderung ihrer jüdischen Mitbürger gezogen. Hier ein Brief einer Hausfrau aus Höxter aus dem Staatsarchiv Detmold, handschriftlich:

Höxter, d. 31. 7.42
Ich möchte Sie bitten mich für die Wohnung im Judentempel zu berücksichtigen. Mein Mann ist seit August 1939 bei der Wehrmacht. Ich habe fünf Kinder Karlheinz 8 Jahre Maria 7 Jahre Berni 5 Jahre Manfred 1 3/4 Jahr Gerhard 4 Wochen alt Und habe Küche, Schlafzimmer und ein kleines Zimmer welches dunkel ist kein Abstellraum nur ein kleiner Keller und kleiner Holzstall. Da diese Wohnung nun zu klein ist für uns Küche ist auch sehr klein: Möchte ich Sie bitten uns die Wohnung im Judentempel zu vermieten.
Heil Hitler
Frau HXXXXXX​

Ich nehme an, dass Frau H. den Brief direkt auf dem Amt geschrieben hat, denn er ist mit demselben Datum gestempelt, wie oben angeben. Unter dem Brief ist ein handschriftlicher Vermerk: "Wohnung XXXXXX ist gesichtet." Kommata, Punkte und Gedankenstriche konnte ich - außer dort, wo ich sie auch gemacht habe - nicht erkennen, habe sie daher auch um der Authentizität willen ausgelassen.

Zitiert nach: Mecking, Sabine: Verfolgung und Verwaltung. Die wirtschaftliche Ausplünderung der Juden und die westfälischen Finanzbehörden. Didaktische Mappe. Münster 2001.​
 
Im Osten sind auch viele Soldaten Zeugen von "Aktionen" geworden und haben Wehrmachtsdienststellen aktive und passive Mithilfe bei der Ermordung von Juden und Roma geleistet. Natürlich wurde da auch privat geplündert, wurden Juwelen, Pelzmäntel, Kunstgegenstände und Genussmittel ins Reich verschickt.

Bei vielen Leuten aus dem militärischen Widerstand waren solche Verbrechen durchaus ein Grund zur Opposition gegen das NS- Regime.
Das Stauffenberg und andere Offiziere den Charakter dieses Regimes erkannt haben, dass sie bereit waren, das Attentat bei immer grösser werdendem Risiko nach mehrfach gescheiterten Versuchen durchzuziehen, und diese Tat zu verantworten, bleibt ein grosses Verdienst, und im Nachhinein ist es natürlich leicht die Planung zu kritisieren.

Allerdings haben auch einzelne Generale, die am Attentat vom 20. Juli beteiligt waren und dafür exekutiert wurden wie Hoepner und Stülpnagel an der Ostfront selbst fragwürdige Befehle zu verantworten.

Ich
 
Im Osten sind auch viele Soldaten Zeugen von "Aktionen" geworden und haben Wehrmachtsdienststellen aktive und passive Mithilfe bei der Ermordung von Juden und Roma geleistet. Natürlich wurde da auch privat geplündert, wurden Juwelen, Pelzmäntel, Kunstgegenstände und Genussmittel ins Reich verschickt.

Bei vielen Leuten aus dem militärischen Widerstand waren solche Verbrechen durchaus ein Grund zur Opposition gegen das NS- Regime.
Das Stauffenberg und andere Offiziere den Charakter dieses Regimes erkannt haben, dass sie bereit waren, das Attentat bei immer grösser werdendem Risiko nach mehrfach gescheiterten Versuchen durchzuziehen, und diese Tat zu verantworten, bleibt ein grosses Verdienst, und im Nachhinein ist es natürlich leicht die Planung zu kritisieren.

Allerdings haben auch einzelne Generale, die am Attentat vom 20. Juli beteiligt waren und dafür exekutiert wurden wie Hoepner und Stülpnagel an der Ostfront selbst fragwürdige Befehle zu verantworten.

Ich


Vielleicht sollten wir uns wieder auf die Frage des Gastes konzentrieren.
 
Dann kamen natürlich auch Dinge wie nicht hinsehen und nicht genauer wissen wollen dazu, ausserdem hatte ein Grossteil der Bevölkerung eigene Sorgen wegen des Krieges.
:grübel::grübel::grübel: Ah ja, man hatte eigene Sorgen. Na dann ist's ja gut!

Wie weit das mit dem "nicht hinsehen" gegangen sein muss, wurde mir letzte Woche klar. Da war ich nämlich in Frankfurt, auf der Buchmesse. Mein Hotel lag etwas außerhalb, direkt an der von Westen nach Osten verlaufenden Bahnlinie. Ich hatte also die beste Aussicht auf die vorüberfahrenden Züge.

Als die Bahn dann streikte, meinte meine Vermieterin zu mir, "es fahren zwar S-Bahnen, aber nicht ganz so viele wie sonst". Damit hatte sie absolut recht. Und nun ist es ja ganz sicher nicht so, dass sie nichts anderes zu tun hatte, als da aus dem Fenster zu schauen und S-Bahnen zu beobachten.

So viel zum Thema "wir haben nichts gewusst". :evil: Wie viel Mühe man sich damals gegeben haben musste, um "nichts zu wissen", wurde mir in diesem Hotel wieder einmal klar.

Übrigens - ich würde nicht sagen, dass man die Reaktion Dänemarks nur daraus erklären konnte, dass es ein besetztes Land war. Da gab es rundherum ja noch etliche Länder, denen es ganz genauso ging. Von denen hört man aber nicht, dass sie sich irgendwelche Mühe gegeben hätten, Juden in Sicherheit zu bringen.

Ich denke auch nicht, dass es daran lag, dass der Krieg nun langsam zur Unzufriedenheit der Nazis entwickelte. Die ungarischen Juden wurden ja noch 1944 alle eingesammelt und nur wenige davon sind wieder nach Hause gekommen. Man hat sich doch damals sogar die Mühe gemacht, mit einem Trick die ungarische Regierung zu ersetzen. Ich denke, wenn es keinen Antisemitismus in der Bevölkerung gegeben hätte, dann hätte das aber nichts genützt. Regierung hin oder her, dann hätte man nicht viele Juden gefunden ...

Schöne Grüße

Petra
 
Übrigens - ich würde nicht sagen, dass man die Reaktion Dänemarks nur daraus erklären konnte, dass es ein besetztes Land war. Da gab es rundherum ja noch etliche Länder, denen es ganz genauso ging. Von denen hört man aber nicht, dass sie sich irgendwelche Mühe gegeben hätten, Juden in Sicherheit zu bringen.

Da hast du sicher Recht. Der Widerstand in den besetzten Gebieten hat sich in jedem Land anders entwickelt. Der Antisemitismus war nicht nur in Deutschland sehr gross, sondern in vielen Staaten Europas, das Dänemark eine Ausnahme machte ist uns allen klar und muss sicher gesondert angesehen werden. Es ist aber in der Widerstandsforschung üblich, dass man einen Unterschied macht, ob ein Land besetzt war oder nicht. Und in Deutschland hat sich nun mal ein anderer Widerstand entwickelt als in den besetzten Gebieten.

Die Frage des Gastes war Widerstand im 3. Reich mit diesen Fragen:

Weswegen war denn nun der Widerstand im 3. Reich ein "Widerstand ohne das Volk"?

Weswegen hatten die Parteienüberbleibsel und Gruppierungen wie Rote Kapelle, Kreisauer Kreis, Weiße Rose letztlich keinen Erfolg?

Über die Judenverfolgung kann man gerne im Unterforum Drittes Reich ein eigenes Thema aufmachen.

Petra_44 schrieb:
Ich denke auch nicht, dass es daran lag, dass der Krieg nun langsam zur Unzufriedenheit der Nazis entwickelte. Die ungarischen Juden wurden ja noch 1944 alle eingesammelt und nur wenige davon sind wieder nach Hause gekommen. Man hat sich doch damals sogar die Mühe gemacht, mit einem Trick die ungarische Regierung zu ersetzen. Ich denke, wenn es keinen Antisemitismus in der Bevölkerung gegeben hätte, dann hätte das aber nichts genützt. Regierung hin oder her, dann hätte man nicht viele Juden gefunden ...

Der Widerstand in Deutschland hörte nachdem 20. Juli 44 auf. Die Gruppen nachdem der Gast gefragt hatte, waren zerschlagen. Die Mitglieder der Widerstandsgruppen, sassen in Plötzensee, im KZ oder waren schon Tod.

Wie gesagt über die Deportation der Ungarischen Juden, kann man im Unterforum Drittes Reich ein Thema aufmachen. Hier sollten wir auf die Fragen des Gastes eingehen.
 
Habe ich beim Kramen gefunden, hätte sicher auch in andere Threads gepasst, die im Moment im Forum diskutiert werden (z.B. zu Stauffenberg), aber der ist aktuell.

Der Verlag Hoffmann und Campe hat 2005 ein Werk von Erika Mann als Hörbuch (Sprecher Lena Stolze) herausgegeben:

Wenn die Lichter ausgehen. Geschichten aus dem Dritten Reich
Im Text dazu heißt es:
"Erika Mann fragt sich, warum das "Volk der Dichter und Denker" einem barbarischen Regime seine begeisterte Zustimmung geben konnte: 65 Jahre nach Erscheinen in den USA liegen ihre spannenden und lebensnahen Alltagsgeschichten aus dem dritten Reich auf Deutsch vor. Ein Amerikaner besucht 1939 eine deutsche Stadt und ist fasziniert von ihrer Beschaulichkeit. Alles scheint dank Hitler in bestem Zustand. Der Blick hinter die Kulissen verändert sein idealisiertes Deutschlandbild jedoch bald."

Sicher auch interessant in diesem Zusammenhang sind die Erika Manns "Briefe und Antworten" (1. 1922-1950 und 2. 1951-1969), erschienen beim dtv.
 
Das dänische Beispiel war durchaus beeindruckend, man muss aber auch an die besondere Lage Dänemarks im Jahre 1943 denken. Die Wehrmacht und die SS haben da stark weggesehen. Am merkwürdigsten war das Verhalten von Werner Best, ein absolut geeichter Nazi. Offenbar war es ihm recht, wenn die Juden verschwanden, denn so konnte er Hitler Dänemark als "judenrein" präsentieren. Er informierte daher den Marineattache Duckwitz, wissend, dass der die Informationen weitergeben würde.

Die Präsentation Dänemarks hat Best am 2.10.1943 mit Telegramm an Ribbentrop vorgenommen:
"1. Die Judenaktion in Dänemark ist in der Nacht vom 1. zum 2.10.1943 ohne Zwischenfälle durchgeführt worden.
2. Vom heutigen Tage an kann Dänemark als entjudet bezeichnet werden, da sich hier kein Jude mehr legal aufhalten und betätigen kann.
3. Um die Erfassung derjenigen Juden, die nicht in der ersten Nacht festgenommen werden konnten, zu ermöglichen, erläßt der Befehlshaber der deutschen Truppen in Dänemark (Hanneken) als Inhaber der Vollziehenden Gewalt heute die folgende Verordnung: ..."

Später wurden Telegramme ausgetauscht, die zum Fehlschlag der Aktion Rechtfertigungen und Gründe aufführten.
ADAP E VII.
Schweden erklärte offiziell bezüglich der Transporte am 4.10.1943 gegenüber dem AA die Bereitschaft, allen Kindern die Einreise zu ermöglichen. Das AA befürchtete Rückwirkungen der Aktion auf Schweden, was wegen der Kriegslage unangenehm geworden wäre. Die schwedische Öffentlichkeit reagierte nämlich bereits sehr heftig auf die Aktion.

Am 18.10. meldete Best, es sei keine beachtliche Sabotage und Spionage vorgekommen, und kritisierte damit die Begründung für die Aktion vom 2.10. Zudem wies er auf die bisherige Zurückhaltung der dänischen Bevölkerung hin. Am 2.11. hatte er dann ein Gespräch mit Eichmann, der folgende Vorschläge an das RSHA übermitteln wollte: Freigabe für Alter über 60, sog. "Halbjuden" und Juden in "Mischehen", im übrigen Besuch der nach Theresienstadt bereits Deportierten durch das dänische RK.

Am 20.11. protestierte er gegen jede Art von "Sühnemaßnahmen" in Dänemark wegen der zunehmenden, aber geringsfügigen Anschläge und machte den Vorschlag, lediglich mit der Sipo (die erst seit 8 Wochen im Land tätig sei und der man Zeit lassen müsse) direkt gegen die Widerstandsgruppen vorzugehen.

Die Ereignismeldung vom 14.12.43 ist dann wenig spektakulär, die geringe Anzahl von Sabotageakten wird herausgestellt, und er wiederholt dieses am 1.4.44 mit Betonung der außerordentlichen landwirtschaftlichen Bedeutung Dänemarks und des "kriegswichtigen zivilen Bedarfs" durch Lieferungen von Dänemark. Hitler war von diesem Report so beeindruckt, dass er die Freigabe von notwendigen Lieferungen an Dänemark prüfen ließ.

Um die dänisch-schwedische Koppelung deutlicher zu machen, lohnt ein Blick auf die schwedischen Kriegslieferungen an das Deutsche Reich: Bereits vor dem Luftangriff auf Schweinfurt lieferte Schweden 60% der Kugellager, nach dem Angriff weit mehr. Ein Wegfall oder eine wesentliche Verminderung der Einfuhren hätte die Durchführung der Panzer- und flugzeugfertigungsprogramme für 1944 unmöglich gemacht. Daneben wurden rd. 10 Mio. to. hochwertigen Eisenerzes eingeführt, welches nur durch minderwertiges frz. oder deutsches Erz hätte ersetzt werden können. Dieses hätte eine Verdoppelung des Aufwandes an Kohle, Hochöfen und Arbeitskräften im Reich verursacht. Die Holzlieferungen waren entscheidend für die Inganghaltung der luftbeschädigten Gebiete, an Zellstoff wurden 50 % des zum Teil kriegswichtigen Bedarfs geliefert. Holzkohle-Roheisen und Edelstahl war unersetzlich für die militärischen Motoren- und Werkzeugmaschinenprogramme. Die Lieferungen im Wert von rd. 600 Mio. RM p.a. konnten ohnehin schon nicht bezahlt werden, Kreditierungen wurden von Schweden abgelehnt, weshalb sogar knappes Kriegsgerät angeboten wurde (10 % der Summe), um die Lieferungen zu sichern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und noch im Nachsatz ein Brief von Reichswirtschaftminister Funk an Goebbels vom 22.2.1944, der eine bemerkenswerte Bremse aufbaut:

"Die außenwirtschaftliche Lage ... ist seit langem außerordentlich schwierig. Sie hat sich neuerdings weiter verschärft. ...
Dass wir auf bestimmte Lieferungen aus Schweden (Erze, Kugellager) ... besonders angewiesen sind, ist bekannt. ...
Wenn nun ... der größte Familienkonzern in Schweden, nämlich das Haus Wallenberg, angeprangert wird, so ist dies umso unangenehmer ... Das Schlimmste aber ist dabei, dass die Familie Wallenberg fälschlicherweise als jüdische Familie aufgeführt wird, ein Mißgriff, der kaum entschuldbar sein und unliebsame Folgen haben dürfte. Da unter den heutigen Verhältnissen die Beziehungen des Reiches zu anderen Ländern auch nicht die geringste Störung erfahren dürfen, bin ich der Ansicht, dass die Veröffentlichung selbst dann hätte unterbleiben sollen, wenn das Haus Wallenberg tatsächlich als jüdisch anzusprechen wäre.
 
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