Wiege der Zivilisation

Zivilisation entsteht, wo eine Gruppe Menschen in nicht-familiären Bindungen an einem festen Ort zusammenleben. Die Keimzelle der Zivilisation mag aus nur wenigen Dutzend Menschen bestanden haben. Aber schon dort kommen Größenvorteile zur Wirkung: Man kann sich Brunnen, Back- und Brennöfen und Mahlsteine teilen und Arbeitskraft nach persönlichen Eignungen effektiv verteilen.
 
wir müssen von allerdings von mehreren keimzellen einer zivilisation der seßhaftwerdung ausgehen, die am ende der eiszeit, auch unabhängig voneinander, entstanden. das ende der vereisung fand nicht an allen orten gleichzeitig statt, da sich das eis nur langsam zurückzog und die noch vereisten flächen, sowie die gebiete vor dem eisschild für den ackerbau unbrauchbar waren.
 
clemens schrieb:
wir müssen von allerdings von mehreren keimzellen einer zivilisation der seßhaftwerdung ausgehen,

Das entspricht ja auch dem archäologischen Erkenntnisstand. Ich setze die Schwelle ("Messlatte") auf die Höhe der Sesshaftigkeit in Gruppen. Kulturkreise, die diese Schwelle nehmen konnten, machten fast zwangsläufig daraufhin einen Sprung in ihrer Entwicklung.

Jene, die nicht in Gruppen sesshaft wurden, machten nur kleine Schritte.
 
Pope schrieb:
Das entspricht ja auch dem archäologischen Erkenntnisstand. Ich setze die Schwelle ("Messlatte") auf die Höhe der Sesshaftigkeit in Gruppen. Kulturkreise, die diese Schwelle nehmen konnten, machten fast zwangsläufig daraufhin einen Sprung in ihrer Entwicklung.

Jene, die nicht in Gruppen sesshaft wurden, machten nur kleine Schritte.

Wobei auf die Seßhaftigkeit keineswegs automatisch ein "Sprung" erfolgte. Vielerorts blieb es auch in seßhaften Gruppen bei kleinen Schritten. Nicht jede Bauerngesellschaft in Amerika, Eurasien, Afrika oder Ozeanien entwickelte sich zu einer Zivilisation, wie wir sie z. B. aus Mesoamerika, Mesopotamien, Indien oder China kennen.
 
hyokkose schrieb:
Nicht jede Bauerngesellschaft in Amerika, Eurasien, Afrika oder Ozeanien entwickelte sich zu einer Zivilisation, wie wir sie z. B. aus Mesoamerika, Mesopotamien, Indien oder China kennen.

Deshalb schränke ich ja auch ein wenig ein:

1. nicht-familiäre Gruppen - soziale Kohäsion und Hierarchie nicht aufgrund von Verwandtschaft.

2. keine Nomaden, keine "Wanderbauern" (die saisonal oder nach x Jahren weiterziehen (müssen)) - was Investitionen in langfristige Infrastruktur sinnlos machen würde
 
Ich meinte ja auch seßhafte Bauern - durchaus in Gruppen, die die Familiengröße übersteigen.
 
ach so

naja, die solls ja auch geben. Hier in Südafrika gibt's auch Bauern, die's bis heute noch nicht zur Kultur (geschweige denn "Hoch-") geschafft haben. :)

Spass beiseite: Da meine Theorie ja stimmen muss, haben die, die Du meinst sicher irgendwas falsch gemacht. Dreckiges Wasser getrunken oder so ... oder es waren Hanfbauern :yes:
 
Vielleicht hilft euch das:

In Mesopotamien beginnt die Zivilisation

Im fruchtbaren Land zwischen Euphrat und Tigris entstehen die ersten bekannten Reiche der Geschichte. Nach und nach verwandeln sich Jäger und Sammler in sesshafte Bauern. Sie gründen Städte und fangen an, sich zu spezialisieren.

Um das Jahr 10 000 v. Chr. geben die Menschen im Zweistromland das Nomadenleben auf, werden Bauern und fangen an, sich zu spezialisieren. Jeder kann seine Fähigkeiten gezielt einsetzen - zum Wohl der Gemeinschaft wie zu seinem eigenen Nutzen. Erfindungen und Errungenschaften bringen die Menschheit in dieser Zeit weit voran.
http://www.stern.de/politik/ausland/503841.html?eid=503823&&nv=ex_rt
oder: http://www.stern.de/politik/ausland/?id=503823

mfg
Gilgamesh
 
"Von Babylon bis Bagdad - Glanz und Elend des Zweistromlands"??

Ich bin noch nicht besoffen genug, um den Stern genießen zu können. Maybe later.
 
"Zivilisation" ist ein Terminus mit festem Bedeutungsimhalt. Man versteht darunter, wie ich weiter oben schon ausgeführt habe, eine STÄDTISCHE Kultur (von lateinisch civilis = Bürger).

Etwas anderes ist es, darüber zu diskutieren, wo die Wiege ackerbauender Kulturen lag, bzw. wo der Übergang von der Kulturstufe der Jäger und Sammler zur Kulturstufe der Ackerbauern erfolgte.
 
Dieter schrieb:
"Zivilisation" ist ein Terminus mit festem Bedeutungsimhalt. Man versteht darunter, wie ich weiter oben schon ausgeführt habe, eine STÄDTISCHE Kultur (von lateinisch civilis = Bürger).

Nur, die Wiege der Zivilisation, kann doch nicht die 'ausgereifte' Hochkultur' sein. Warum also nicht den Übergang zum Ackerbau terminieren, zumal er wahrscheinlich mit Handel, Berufsspezialisierung, Kultivierung usw. einher geht, und dieser Schritt essentiell notwendig ist, um überhaupt eine Hochkultur entstehen zu lassen. (Nomaden treiben übrigens auch Handel, und entwickeln Kultur.)

Etwas anderes ist es, darüber zu diskutieren, wo die Wiege ackerbauender Kulturen lag, bzw. wo der Übergang von der Kulturstufe der Jäger und Sammler zur Kulturstufe der Ackerbauern erfolgte.

Dazu muss man nur die ältesten Funde zu Rate ziehen.
 
Dieter schrieb:
"Zivilisation" ist ein Terminus mit festem Bedeutungsimhalt. Man versteht darunter, wie ich weiter oben schon ausgeführt habe, eine STÄDTISCHE Kultur (von lateinisch civilis = Bürger).
Da muss man Dir recht geben.
Allerdings stellt sich dann die Frage: Wie groß müssen die Städte dann sein? Muss sie und wie muss sie befestigt sein?
Schließlich gibt es schon lange Lehmhütten, die gegen äußere Feinde befestigt wurden, Ortsoberhäupter hatten und in Bünden untereinander organisiert waren. Heutige "Städte" können groß aber auch ganz klein sein (die kleinste Stadt Deutschlands hat weniger als 400 Einwohner).
 
Also Catal Hüyük war auch eine städtische Kultur, aber basierent auf Jagd, zählt es auch schon zur Zivilisation?

Oder in Nordamerika die Stadt Cahokia (oder so ähnlich), war wahrscheinlich auch eine Jägersiedlung die durch den Handel mit anderen Stämmen zu städischen Ausmaßen anwuchs. Kann man dies auch schon als Zivilisationbezeichnen?
 
askan schrieb:
Also Catal Hüyük war auch eine städtische Kultur, aber basierent auf Jagd,

Das habe ich irgendwie anders in Erinnerung, und anscheinend bin ich da nicht der einzige:

Catal Hüyük, wird in insgesamt 4 Lehrbüchern als Beispiel für den Nachweis frühester "Bauern" gewählt. In "Historia 1" und "Expedition Geschichte" wird die Bedeutung teilweise aus der Sicht des englischen Archäologen James Meelart beschrieben, der den Fundort 1958 entdeckte und ausgrub. Anhand der Funde von Catal Hüyük wird das Leben der ackerbaubetreibenden Menschen rekonstruiert
http://www.uni-koeln.de/fast/Sites/Projects/schulbuch/schulbuch.htm

Oder auch:
Auch die Landwirtschaft Catals befand sich schon in den unteren Schichten auf so hohem Niveau, daß Mellaart eine lange Vorgeschichte frühen Ackerbaus, die bis zum Anfang des Protoneolithikums (10.-9. Jahrtausend) zurückreicht, annimmt.
http://www.spiritvoices.de/knistern/catal.html

Oder meintest Du statt Çatal Hüyük eventuell Göbekli Tepe?

http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=1174&CategoryID=60
 
Der allgemein üblichen Difinition zufolge bedeutet Zivilisation eine verfeinerte Lebensweise und Kultur, die auf den materiellen und sozialen Gegebenheiten einer Gesellschaft beruht, die durch Technik und Wissen überformt ist. Davon abgegrenzt ist der weitgehend ungeformte Naturzustand menschlichen Zusammenlebens, wie wir es von den Jägern und Sammlern kennen.

Aus diesen Gegebenheiten entwickeln sich weitere Kennzeichen der Zivilisation, wie z.B. die Regelung menschlichen Zusammenlebens mit Hilfe von Verträgen und Institutionen, was Rivalitäten und Kämpfe auf ein Minimum reduziert. Ferner schaffen Zivilisationen kollektive Schutzeinrichtungen, die dem Einzelnen ein höheres Maß an Sicherheit und Freiheit garantieren. Da sich solche Lebensformen zuerst in städtischen Siedlungen entwickelten, werden Stadtkultur und Zivilisation im allgemeinen gleichgesetzt und von bäuerlichen Lebensformen unterschieden.

Die frühen Ackerbauern im Nahen und Mittleren Osten besaßen dieser Definition zufolge noch keine zivilisatorische Kultur im eigentlichen Sinn. Hierfür müssen nämlich noch hinzukommen: Handel, Handwerk, Berufe sowie differenzierte Formen der Arbeitsteilung und Verwaltung (Bürokratie).

Als "Wiege der Zivilisation" müsste man demnach die frühen Hochkulturen in Ägypten und im Zweistromland bezeichnen. Städtische Siedlungen gab es freilich bereits zuvor, man denke nur an Catal Hüyük und Jericho. Da diese Kulturen jedoch isoliert blieben und aus ihnen eben keine "Zivilisationen" im eigentlichen Sinn hervorgingen, würde ich zögern, sie als Wiege der Kultur zu bezeichnen.
 
Die frühen Ackerbauern im Nahen und Mittleren Osten besaßen dieser Definition zufolge noch keine zivilisatorische Kultur im eigentlichen Sinn. Hierfür müssen nämlich noch hinzukommen: Handel, Handwerk, Berufe sowie differenzierte Formen der Arbeitsteilung und Verwaltung (Bürokratie).

Und warum schließt du hier Handel, Handwerk, Berufe sowie differenzierte Formen der Arbeitsteilung aus?
 
Zur "Zivilisation" im eigentlichen Sinn zählt ein Bündel von Faktoren. So treffen z.B. Handel und Handwerk auf Catal Hüyuk zu, doch fehlen sowohl Verwaltung und Bürokratie als auch ein entsprechendes Schriftsystem sowie vermutlich ein Fächer von Berufen mit spezialisierter Arbeitsteilung.

Eine derart ausgebildete Zivilisation ist eben nur In Ägypten seit etwa 3000 v. Chr sowie in den sumerischen Stadtstaaten - ebenfalls seit etwa 3000 v. Chr. - zu finden. In diesen Gebieten liegt denn auch die "Wiege der Zivilisation", da sich vorziviliisatorische bäuerliche Gemeinschaften im Niltal und im Zweistromland allmählich zu echten "Zivilisationen" und Hochkulturen entwickelten.
 
Als "Wiege der Zivilisation" sehe ich ein kulturelles Umfeld ("die Kinderstube"), welches zur Hochkultur führen kann. Also, was musste vorhanden sein, damit urbanes Leben möglich wurde?

Meine Sicht habe ich oben erläutert. Catal Hüyük und viele andere Stätten der Welt würde ich persönlich zu solchen "Kinderstuben" deklarieren. Auch wenn sie nicht immer geradlinig in die Hochkultur führten.
 
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