J
Jemand
Gast
: Die Wahrheiten der Nibelungen - Reisebücher - Reise - FAZ.NETAls 1757 Johann Jakob Bodmer dieses in Vergessenheit geratene Werk eines anonymen Autors wiederentdeckte, trat er eine Lawine los, die bis heute nicht zum Stillstand gekommen ist - mit inzwischen eine Bibliothek füllenden Publikationen und mit einer Auseinandersetzung unter Literaturwissenschaftlern, Archäologen, Heimatforschern, selbsternannten Kennern und allerlei Phantasten, die so erbittert, hinterhältig und verleumderisch geführt wurde und wird wie es die Akteure des Nibelungenlieds vormachen. Daß darunter auch höchst umstrittene Thesen und Theorien sind, verwundert nicht.
Anlaß für diesen Beitrag ist eine - zumindest diskutable - These des Heimatforschers Erich Bäcker aus Donauwörth, deren Inhalt ich bitte, in einem der folgenden Links nachzulesen:
Als Hagen bei Donauwörth den Hofkaplan in den Fluss warf - Lokalnachrichten - Mittelschwäbische Nachrichten
Jubiläum Auhausen (mit Karte)
News aus Kultur und Literatur Juni 2007 (etwas anderer Wortlaut)
Worum geht es mir?
Der anonyme Dichter des Nibelungenlieds (um 1200) hat Motive aus der Völkerwanderungszeit (einige Figuren sind recht gut erkennbar, der mächtige Hunnenkönig "Etzel" und sein Bruder "Blödel" gehen z. B. zweifellos auf Attila und seinen Bruder Bleda zurück, andere Figuren), märchenhafte Motive (Zwerge, Drachen etc.) und eigene Erfindung (angeregt durch Kenntisse und Erfahrungen aus seiner eigenen Umgebung) zu einer kunstvollen, fiktiven Handlung verbunden.
Die Kollegen von der Spekulationsbäckerei möchte ich hiermit darum bitten, uns mit Hypothesen darüber, ob mit Siegfried "in Wirklichkeit" Harald Blauzahn, mit Hagen "in Wirklichkeit" Arminius, mit Island "in Wirklichkeit" die Insel Mainau, mit der Donau "in Wirklichkeit" der Guadalquivir oder mit Worms "in Wirklichkeit" Chemnitz gemeint sei, zu verschonen. Mir geht es um das Bild, das der Dichter um 1200 seinem Leserkreis vermittelt, und damals verstand man unter Xanten eben Xanten, unter Worms nun mal Worms, unter Wien eben Wien und unter der Donau nichts anderes als die Donau. Um letztere soll es hier gehen. Natürlich hat Hagen weder bei Donauwörth noch sonstwo einen Kaplan in die Donau geworfen, die Handlung ist ebenso fiktiv wie die "Meerweiber", die im "schönen Brunnen" baden und den Nibelungen ihren Untergang prophezeien. Die namentlich genannten Orte an der Reiseroute hat der Dichter jedoch kaum erfunden, sondern zumindest dem Namen nach gekannt.
Daher wäre es einer Überlegung wert, sich mit dem Ortsnamen "Moeringen" zu befassen, an dem der Dichter die Nibelungen die Donau überqueren läßt:
"da ze moeringen | si waren veber chomen" bibliotheca Augustana
Üblicherweise wird "Moeringen" mit Großmehring, wenige Kilometer donauabwärts von Ingolstadt, identifiziert. Der Ort liegt direkt an der Donau.
Doch es gab damals noch einen anderen Ort namens "Moeringen" direkt an der Donau, der heute auf keiner Karte mehr verzeichnet ist:
Möglich wäre also beides. Was aus meiner Sicht ein bißchen mehr für Mehring spricht, ist folgendes:Moeringen war der erste hochwasserfreie Ort südlich der Donau und eine Schenkung Mangolds II. Mitte des 11. Jahrhunderts an das Kloster Heilig Kreuz. Er ist etwa um 1500 abgegangen; "im Jahre 1194 bestand das Dorf aus fünf Lehen".
Donauwörth war um 1200 schon ein bedeutender Ort (Stadterhebung 1193), daher fragt man sich, warum der Dichter als Ort der Donauüberquerung ausgerechnet das gegenüberliegende Dorf nennt.
Im Falle Großmehrings stellt sich dieses Problem nicht; das benachbarte Ingolstadt war damals ein unbedeutender Ort, vielleicht sogar nur eine Ruine.
Auf den ersten Blick plausibel erscheint mir indes Bäckers Argumentation, daß bei Donauwörth tatsächlich ein wichtiger Handels- Pilger- und Heeresweg über die Donau führte:
Etwas verwundert hat mich dann allerdings folgende Argumentation:In Donauwörth lag der wichtigste Donauübergang zwischen Ulm und Regensburg. Und der Weg dorthin führt die Wörnitz entlang. „Hier war der einzige barrierefreie Durchgang zwischen Fränkischen Jura und Schwäbischer Alb.“ Diese Handels- und Pilgerstraße war zudem durch (staufische) Burgen und Warten gesichert
Das überzeugt mich von vorn bis hinten nicht. Wer sagt denn, daß der Dichter einen realen Brunnen im Auge gehabt haben muß, als er die Szene mit den schwanengleich auf dem Wasser dahinschwebenden Nixen entwarf? Und apropos "donaunah": Der Dichter läßt Hagen auf der Suche nach einer Fähre den Brunnen finden. Brünsee ist etwa 10 Kilometer vom Donauufer entfernt. Wer sucht denn 10 Kilometer vom Ufer entfernt nach einer Fähre? An dieser Stelle halte ich Bäckers Argumentation für unseriös.Daß die Nibelungen diese Route wählten, sieht Erich Bäcker in einem anderen Vers belegt. Denn Held Hagen kam nördlich der Donau an „ einen schoenen Brunnen“. Dieser ist für den Kreisheimatpfleger identisch mit der heute etwa 25 mal 20 Meter großen, klaren Karstquelle in Brünsee. Diese trieb noch bis vor 100 Jahren eine Papiermühle an.
Bäcker: „An keiner anderen Stelle, 70 bis 80 Kilometer stromauf- oder stromabwärts, befindet sich so donaunah eine Quelle.“ In der Sage traf dort Hagen. auf die Schwanenfrauen, die. ihm das schreckliche Ende des Zuges vorhersagten.
Ob das folgende Argument stichhaltig ist, vermag ich nicht zu beurteilen:
Weiß da jemand Genaueres?Der „Sualafeldgau“ begann westlich der Altmühl und endete an der Wörnitz. „Die Nibelungenforschung hat die wirkliche Lage des Sualagaus bisher einfach nicht berücksichtigt.“