Zeitalter der Aufklärung Zusammenfassung

Hallo, vielleicht kann mir jemand bei der Suche helfen, offenbar wähle ich dauernd die falschen Suchwörter? Ich meine wir hatten schon mal dieses Thema? Diese Frage tauchte doch öfters in diversen Threads auf?

Erstaunlicherweise hat sich niemand auf meine Frage von vor einigen Monaten gemeldet... :(

Also nochmals, vielleicht klappt's ja diesmal: :)

Es geht um die Frage, ob der Fortschritt der Naturwissenschaften, die Aufklärung, der Humanismus, die Entwicklung moderner Menschenrechte, usw. im Großen und Ganzen trotz des Christentums, der Kirche geschah, oder vor allem die Kirche oder die christlichen Grundlagen einen maßgeblichen Anteil daran hatten.

Hintergrund sind Diskussionen in politischen Foren, wo sich "Muslime" und "Christen" gerne fetzen, und "Christen" gerne die Aufklärung, die modernen Menschenrechte, etc. gerne für "sich" reklamieren, als "ihre" Errungenschaft betrachten. Ist das Geschichtsklitterung? Was sagt die (einigermaßen neutrale) Historiographie dazu, oder gibt es da keinen Konsens? Ihr kennt sicherlich ebenso diese Diskussionen, hatten wir die nicht auch mal hier?
Ohne Reformation weniger Push für die Naturwissenschaften, aber wären die Naturwissenschaft ohne Religion ab 1517 nicht noch weiter gekommen? Was trug das Christentum zur Entwicklung bei? usw., diese Fragen kommen mir nicht ganz unbekannt vor?

Also, Naturwissenschaft, Menschenrechte, ... trotz christlicher Religion, oder wegen eben dieser? (Wenn man es mal so auf einen Satz vereinfachen möchte..)
 
Ich selbst sehe keinen Konsens, habe dazuaber auch noch nicht tiefgreifend genug recherchiert.

Natürlich fußen viele aufklärerische Gedanken auf dem Christentum und obendrein waren viele Aufklärer auch große Christen. Das Dumme dabei ist, dass man sich allzuleicht, so mein Eindruck, von der damaligen Polemik leiten ließ. Hiermit meine ich den Konflikt der "Philosophes" in Frankreich mit der Partei der Religiösen, die auch ihre geistigen Väter und Vordenker hatten. Auf der einen Seite wird die Religionskritik Voltaires hoch veranschlagt, genauso wie seine Verdammung durch seine Gegner (wie dem Streit um seine Bestattung) zu einem Bild in Schräglage führt. Ohne diese Überlegungen Voltaires über die Religion, wäre er sicherlich nicht der Aufklärer geworden, der er war. Die Religion, wenngleich in ihren Vertretern eine Art Widerpart in eigen Fällen, wirkte eben auch befruchtend.

Vereinfachen würde ich da nichts. Hast Du mal jemanden, der in die Richtung studiert hat, dazu interviewt? Ich könnte mal eine Kulturhistorikerin fragen.

Wie sagte mal, glaub ich, Luki: Historiker sind sich grundsätzlich niemals einig.
 
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Ja, frage mal bitte, mir geht es besonders um die Naturwissenschaften, und später die Entwicklung des modernen Menschenrechts: Christentum eher hinderlich, oder förderlich? Gleichberechtigung, Freiheit, Religionsfreiheit, usw. durch die Menschenrechte aus dem Christentum heraus, oder trotz des Christentums?
 
Die Idee des Menschenrechts als Ausfluss eines Naturrechts kommt aus dem Christentum und wurde erstmals auf der Synode von Vallodolid definiert.
Ich versuche das mal zusammenzufassen (bin zu faul die Bücher zu suchen). Nach der Conquista der Neuen Welt gibt es ein Dilemma. Da laufen Menschen rum, die im göttlichen Heilsplan scheinbar nicht vorkommen da in der Bibel - bzw. im Wissen der Alten - keine Rede von diesen Kontinenten im Westen ist. Und es stellte sich die Frage (die für uns heutige VOLLKOMMEN ABSURD klingt, das ist keine Frage, aber wir müssen das aus der Perspektive des frühen 16. Jhdts. betrachten) ob es sich bei den Bewohnern um Menschen handelt. Relativ früh stellte sich die Kirche gegen die Greuel der Conquista auf, vor allem Bartolemo de las Casas ist ein Kämpfer gegen die unmenschliche Ausbeutung der Indios. Seine Anklage gegen die Greuel der Conquistatores werden aber wegargumentiert - es handle sich bei den Indios nicht um Menschen, da sie ja nicht im göttlichen Plan vorkommen, die Rechte der christlichen Europäer kommen ihnen daher nicht zu, sie seinen Sklaven und basta.
Auf dieser Synode von Vallodolid wird über diese Frage debattiert und man kreiert die Idee eines Menschenrechtes unabhängig von der Herkunft. Leider haben sich diese Ideen nur sehr bedingt umgesetzt, die Ausbeutung ging weiter Und ein zweiter dunkler Punkt ist dass Afrikaner davon ausgenommen waren. Dies führte dazu, dass man aufhörte die Indios zu versklaven und stattdessen Afrikaner importierte - und sich dabei noch für gute Christenmenschen hielt.

Sorry für diese zusammengestoppelte und sehr verkürzte Darstellung, aber nimms als Anregung weiterzusuchen in dieser Richtung.
 
Naja, vielleicht geistige Grundlagen.... Sowas gab es vielleicht in der Menschheitsgeschichte schon von anderen an anderen Orten vereinzelnd schon mal, jedenfalls dauerte es noch hunderte Jahre, bis sich diese in der Praxis durchsetzten. Oder hat der Papst diese Überlegungen sich zu eigen gemacht und öffentlich propagiert? Sicherlich nicht. Wer war für die Durchsetzung entscheidend verantwortlich, die Kirche? Oder eher andere Kräfte?
Ich wollte auch gar nicht speziell auf die Menschenrechte eingehen, sondern eher allgemein den menschlichen Fortschritt, besonders in den Naturwissenschaften, Astronomie, Biologie, Physik, usw. Verdanken wir diesen Fortschritt ausgehend von der Aufklärung vor allem der Kirche? Dem Christentum? Oder setzte sich die entfachte Neugierde der Menschen trotz der Kirche und des Christentum schließlich durch? Reagierte das Christentum eher passiv, oder aktiv? Können also heutige sehr gläubige Christen mit stolzgeschwellter Brust behaupten, das Christentum sei der Vater für den naturwissenschaftlichen Fortschritt gewesen?

Trotzdem danke ich dir erstmal. :winke:
 
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Die Kirche war in ihrer gesamten Geschichte - vielleicht am wenigsten im 19. Jahrhundert - immer auch naturwissenschaftlich aktiv. Bis weit ins 18. Jahrhundert waren kirchliche Institutionen führend bzw. Wissenschaftlicher mit klerikalem Hintergrund aktiv, man denke nur an die Jesuiten.

Ich könnte nun diesen Beitrag beenden und reinstellen - und sicher sein dass innerhalb weniger Sekunden mich zitiert und jemand reinschreibt: "UND WAS IST MIT DEM FALL GALILEI????"

Eine wahrliche faszinierende Geschichte, dieser Fall Galileo Galilei. Heute wird die Geschichte meist so präsentiert dass der Wissenschaftlier Galilei vor einem obskuren mittlelalterlichen Gericht steht (das aus dem Namen der Rose entsprungen sein könnte) und aus bigotter Ignoranz zur Kerkerhaft verdonnert wird.

Schaut man genauer hin wird die Sache etwas anders. Zum einen dauerte die Prüfung seiner Theorien 15, 16 Jahre und die besten Köpfe Roms diskutierten die Theorien des Pisaner. Galileo war mit seiner Theorie des heliozentrischen Weltbild revolutionär. Und es überzeugte damals nicht! Die Folgen waren dennoch fatal, man zwang Galileo zum Widerruf und verurteilte ihn zum Hausarrest.

Den Imageschaden hat die Kirche bis heute nicht wegbekommen. Der Fall Galileo überstrahlt alle sonstigen Beiträge zur naturwissenschaftlichen Forschung. Später, als die Theorien Galileos bewiesen waren und die Kirche blamiert dastand, begann auch der Rückzug aus den Wissenschaften. Die Auflösung des Jesuitenordens beschleunigte die Entwicklung. Im 19. Jhdt. war der Konflikt zwischen Glaube und Wissenschaft dann gleichsam unlösbar.
 
Wobei Rovere, wie mir scheint, ausschließlich von der katholischen Kirche spricht. Wie sieht es aber mit der angelikanischen oder mit der Church of Scottland oder anderen reformierten Richtungen aus?

Kant war ja pietistisch geprägt. Seine Gedanken zur Religions-, Geschichts- und Rechtsphilosophie sind sicherlich davon beeiflusst.

Also ich würde im persönlichen Umfeld der Aufklärer suchen. Wer außer Friedrich II. und de la Mettrie war denn konsequenter Atheist?
 
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