Zur Problematik des Weimarer Demokratiebegriffes

Das Dilemma besteht wohl darin, dass das Grundgesetz, dass weitgehende demokratische Rechte garantiert sich selbst außerhalb der demokratischen Rechte stellt.

Wie schon gesagt, die Verfassungsväter sahen darin einen Schutz des Volkes vor Übergriffen staatlichen Organe.

Nunja, nehmen wir an die Weimarer Reichsverfassung hätte eine solche "Ewigkeitsklausel" gehabt. Was hätte es daran geändert, daß die Mehrheit des Volkes die Weimarer Republik und das demokratische System nicht mehr wollten und deshalb Parteien wählten, die ein neues, anderes Staatssystem anstrebten? Eine solche "Ewigkeitsklausel" ändert doch letztlich nicht am realen existierenden Volkswillen.

Im Übrigen kann man doch heute schon feststellen, daß die Väter des Grundgesetzes teilweise andere Vorstellungen von den einzelnen Artikeln des Grundgesetzes hatten, als das heute von vielen interpretiert ist. Wie ich schon erwähnt habe, hat das Bundesverfassungsgericht in den 50er Jahren teilweise völlig konträre Urteile gefällt, als es das heutige Bundesverfassungsgericht tut. Offenbar kann man die Artikel des Grundgesetzes auch uminterpretieren bzw. dem Zeitgeist anpassen.

Vieles von dem, was heute vom Verfassungsgericht geurteilt wird ist höchstwahrscheinlich nicht im Sinne der Väter des Grundgesetzes gewesen.
 
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Gleichsam positiviertes überpositives Naturrecht findest Du aktuell beispielsweise in der UN Resolution der Generalversammlung 217 A (III) "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" 10. Dezember 1948. Sowie alle darauf basierenden Resolutionen der UN.

Weitere Quellen, findest Du rechtshistorisch in Erklärungen des Völkerbundes zu diesem Thema und vielen weiteren Rechtsquellen bspw. Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, amerikanische Unabhängigkeitserklärung, Bill of rights, Habeas Corpus, aber auch theologische (z.B. die Bibel, Konzilsbeschlüsse) und philosophische Rechtsquellen (bspw. Kant, Mill, Naturrechtsschule etc.) usw.

Ich dachte immer Naturrecht wäre objektiv existierendes Recht, welches universell zu allen Zeiten und an allen Orten gilt, unabhängig davon, ob die Menschen dies subjektiv erkennen oder anerkennen.
 
Nunja, nehmen wir an die Weimarer Reichsverfassung hätte eine solche "Ewigkeitsklausel" gehabt. Was hätte es daran geändert, daß die Mehrheit des Volkes die Weimarer Republik und das demokratische System nicht mehr wollten und deshalb Parteien wählten, die ein neues, anderes Staatssystem anstrebten? Eine solche "Ewigkeitsklausel" ändert doch letztlich nicht am realen existierenden Volkswillen.

Das ist jetzt eigentlich schon über meinem Horizont, trotzdem ein Versuch:

Von der Ewigkeitsklausel kommst du zum Begriff der streitbaren Demokratie:

Aus Wiki: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland wird vom Bundesverfassungsgericht als streitbare, wehrhafte Demokratie bezeichnet. In ihr wird die freiheitliche demokratische Grundordnung (FDGO) geschützt und kann nicht auf legalem Weg oder Mehrheitsbeschlüsse aufgehoben werden. Gegen verfassungsfeindliche Einzelpersonen und Personenzusammenschlüsse (Parteien, Vereine und Organisationen) kann präventiv vorgegangen werden, bevor sie gegen die FDGO gerichtete Taten begehen.


Die fette Hervorhebung bezieht sich m.E, auf die Ewigkeitsklausel.

Das heißt, die Klausel ist die Grundlage für das Verbot radikaler Parteien im Vorfeld. Auch in der Weimarer Republik hätte die Klausel also funktionieren können.
 
Das "Dilemma des Verfassungsstaates" kann unter der Frage diskutiert werden, ob eine demokratisch legitimierte Abschaffung der Weimarer Verfassung möglich gewesen wäre. ...

Das wurde auch diskutiert.
"Im Dezember 1932 gelangte der sozialdemokratische Jurist Ernst Fränkel (wie vor ihm Carl Schmitt und Johannes Haeckel, auf die er sich ausdrücklich berief) zu dem Schluß, daß der Reichstag als das Zentralorgan der Weimarer Verfassung zur Erfüllung seiner Pflicht solange untauglich sei, als dort Kommunisten und Nationalsozialisten über eine Mehrheit verfügten." Winkler - Weimarer Republik - Seite 576
Es handelte sich nach dieser Ansicht um ein "pflichtwidriges Parlament" dessen Absicht der Staatsstreich sei, also der Bruch der Legalität.
Und hier denke ich, hast Du auch auf den Knackpunkt hingewiesen:
Tatsächlich erfolgte - lediglich unter Wahrung des legalen Anscheins - die Quasi-Abschaffung der Weimarer Demokratie und ihre Umwandlung in eine Diktatur mittels diverser Verfassungsbrüche im NS.
Es gab eben keine demokratisch legitimierte Abschaffung der Demokratie, sondern eine bewußte Täuschung durch die NSDAP, die in ihrem sogenannten Legalitätskurs lediglich eine Taktik sah, die Legalität abzuschaffen.
..was ja dann auch gelang.
 
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Es gab eben keine demokratisch legitimierte Abschaffung der Demokratie, sondern eine bewußte Täuschung durch die NSDAP

Das ist die uralte Ausrede der Reichstagsabgeordneten, die 1933 dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt haben. Die Legende, dass die Nazis ihr Programm und ihre Absichten hinter Täuschungsmanövern versteckten, ist doch schon seit Jahrzehnten widerlegt. Hinter dem Argument kann sich doch wirklich keiner mehr wegducken. Die Nazis standen, wie die Kommunisten, offen dazu, jede Möglichkeit zur Abschaffung der Demokratie zu nutzen.

Das Problem war (und ist) doch, dass der Reichstag trotz der offensichtlichen Verfassungsbrüche Hitlers Vorhaben unterstützte.

Ich möchte die armen Schweine im Reichstag dafür nicht verurteilen: die hatten Familie, Besitz, Karriere und jede Menge Grund, bei einem Fehlverhalten Angst vor der SA zu haben.

Das aber ist einer Gründe für die Ewigkeitsklausel: auch wenn hinter jedem Abgeordneten ein Schläger mit Knüppel steht: unsere Demokratie kann so nicht beseitigt werden.
 
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Das ist die uralte Ausrede der Reichstagsabgeordneten, die 1933 dem Ermächtigungsgesetz zugestimmt haben. Die Legende, dass die Nazis ihr Programm und ihre Absichten hinter Täuschungsmanövern versteckten, ist doch schon seit Jahrzehnten widerlegt. Hinter dem Argument kann sich doch wirklich keiner mehr wegducken. Die Nazis standen, wie die Kommunisten, offen dazu, jede Möglichkeit zur Abschaffung der Demokratie zu nutzen.
....

Steffen,
es ist wohl immer so, dass nachträglich Ausreden für eine Fehlentscheidung gefunden und verbreitet werden.
Es gibt aber doch hier einen wesentlichen Unterschied zwischen den Kommunisten, die den Staatsstreich offen als ihr Ziel erklärten,
und den Nationalsozialisten, die dazu übergegangen waren genau das nicht zu tun.
Vergleicht man diese beiden Taktiken, so zeigt sich die Täuschung sehr viel klarer bei Hitler.
Was die Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz angeht, dem die Sozialdemokraten sich verweigerten, so ist diese wahrscheinlich auch nicht vorstellbar, wenn keine falschen Vorstellungen über die Konsequenzen vorhanden gewesen wären.
Das Ermächtigungsgesetz war auch keine Ermächtigung zu einer Terrorherrschaft.
Es beinhaltete zwar die Möglichkeit einer Verfassungsänderung, welche sicher das erheblichste Problem war,
setzte aber nicht Paragraph 2 ( Die Staatsgewalt geht vom Volke aus.) außer Kraft. Zudem war es befristet: Artikel 5: " Es tritt mit dem 1. April 1937 außer Kraft"

Nicht erkennen kann ich, dass "Die Legende, dass die Nazis ihr Programm und ihre Absichten hinter Täuschungsmanövern versteckten," "schon seit Jahrzehnten widerlegt" sei.
Es scheint mir doch vielmehr so zu sein, dass gerade diese Täuschungsmanöver kontinuierlich fortgeführt wurden.
Und zwar bis zum bitteren Ende.
 
Es gibt aber doch hier einen wesentlichen Unterschied zwischen den Kommunisten, die den Staatsstreich offen als ihr Ziel erklärten,
und den Nationalsozialisten, die dazu übergegangen waren genau das nicht zu tun.

Die NSDAP hat nie einen Hehl aus ihrer republikfeindlichen Grundhaltung, ihrer Verachtung von Parlamentarismus, Parteiendemokratie und Weimarer Republik als dem Staat der "Novemberverbrecher" gemacht. Daß die NSDAP ein anderes politisches System anstrebte war offensichtlich und wurde auch nicht verborgen, sondern in Wahlkämpfen ziemlich offensiv ausgesprochen.

Nur die antisemitische Propaganda hat die NSDAP auf Anweisung von Goebbels stark gedrosselt, weil man gemerkt hat, daß man damit im Volk nicht so besonders gut ankommt.
 
Die NSDAP hat nie einen Hehl aus ihrer republikfeindlichen Grundhaltung, ihrer Verachtung von Parlamentarismus, Parteiendemokratie und Weimarer Republik als dem Staat der "Novemberverbrecher" gemacht. Daß die NSDAP ein anderes politisches System anstrebte war offensichtlich und wurde auch nicht verborgen, sondern in Wahlkämpfen ziemlich offensiv ausgesprochen.

Nur die antisemitische Propaganda hat die NSDAP auf Anweisung von Goebbels stark gedrosselt, weil man gemerkt hat, daß man damit im Volk nicht so besonders gut ankommt.

Da wirst Du zur Erhellung des Sachverhaltes mal ausnahmsweise ein Quelle bemühen, um dem Verdacht entgegen zu wirken, dass Du verschiedene Zeitabschnitte tendenziell und unzulässig vermengst.

Ist Dir eigentlich schon aufgefallen, dass in Deinen Beiträgen dieser Mangel erkennbar ist?
Das ist ja ein Fachforum..
Deshalb bedarf es auch sehr viel mehr einer fachlichen Begründung, und sehr viel weniger, nicht weiter fundierter Thesenabsonderung, deren Vielzahl ohne weitere Mühe erkennbar ist.
 
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ich bin verwirrt. Eine offener antidemokratisch auftretende Partei als die NSDAP kann ich mir schwer vorstellen. In Wahlreden, Programmatik, Auftreten, Terror, innerer Organisation etc.

Die einzige Täuschung, die ich erkennen kann, ist die Selbsttäuschung der Konservativen, Hitler an die Leine nehmen zu können.
 
Das ist ja ein Fachforum..

Gerade in einem "Fachforum" würde ich doch gewisse Dinge einfach als allgemein bekannt voraussetzen. Oder belegst Du hier jeden einzelnen Satz mit einem ganzen Quellenverzeichnis? Bisher ist mir das in Deinen Beiträgen jedenfalls nicht aufgefallen.

Daß Hitler und seine NSDAP offen zu ihrer republikfeindlichen und antiparlamentarischen Grundhaltung standen und eben nicht vorgetäuscht haben eine "ganze normale Partei" zu sein, ist doch allgemein bekannt.
 
@Parsifal:

Du hast den Hinweis von Hatl nicht verstanden.

Die Machtübernahme des NS nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler wurde mit Hilfe einer regelrechten Explosion der Gewalt durchgeführt, besitzt in der brutalen Beseitung der republikanischen Strukturen inkl. tausendfacher wilder Morde, Verfolgungen, Verhaftungen in der Liquidierung der Republik alle Züge einer Revolution (vgl. statt vieler Bracher).

Auf diese Täuschung spielt Hatl in Gegensatz zu Hitlers "Legalitätseid", zum Beispiel im Ulmer Reichswehrprozeß (und danach vielfach wiederholt) ab, und hier wird 1933 deutlich, was nebulös mit "in Form gießen" gemeint war: monatelange "Nächte der langen Messer". Diesen "Legalitätseid" Hitlers bzw. den Legalitätsschein verfolgte die Diktatur dann auf verschiedenen Feldern bis zu ihrem Untergang.

Das ist der gewalttätige Kern der Machtübernahme des NS und der hat nichts mit vorheriger offen zur Schau getragener Republikfeindlichkeit oder antiparlamentarischer Grundhaltung zu tun. Das war zwar eine Eskalation, aber eine völlig andere Liga als die der gewalttätigen Wahlschlachten zuvor. Dabei ist auch unerheblich, ob das von Gegnern des NS vorher erwartet werden konnte.
 
Ich dachte immer Naturrecht wäre objektiv existierendes Recht, welches universell zu allen Zeiten und an allen Orten gilt, unabhängig davon, ob die Menschen dies subjektiv erkennen oder anerkennen.

D'accord? Positives Recht ist konkret und fixiert (egal ob kodifiziert oder "Richterrecht"). Überpositives Recht existiert universell, unabhängig von Raum und Zeit. Überpositives Recht kann sich "entäußern", also positiviert werden (Bsp. w.o.). Wo siehst Du da einen Widerspruch zu dem Beitrag?

Die Reaktion Hitlers bspw. auch auf den Skandal um die Boxheimer-Dokumente, verdeutlicht ebenso wie der w.o. angeführte "Legalitäts-Eid" die Ambivalenz der NSDAP zur Verfassung der WR, den die Ereignisgeschichte nach dem 30. Januar offenbar werden ließ.

M.

P.S.: "Nun sind wir streng legal, egal legal."
 
Die Machtübernahme des NS nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler wurde mit Hilfe einer regelrechten Explosion der Gewalt durchgeführt, besitzt in der brutalen Beseitung der republikanischen Strukturen inkl. tausendfacher wilder Morde, Verfolgungen, Verhaftungen in der Liquidierung der Republik alle Züge einer Revolution (vgl. statt vieler Bracher).

Das kann ja alles sein. Aber die Wähler der NSDAP wußten natürlich, daß die NSDAP keine "normale Partei" war, sondern eine republikfeindliche und antidemokratische Partei. 1932 haben rund 60% der Wähler Parteien gewählt, die offen republikfeindlich waren.

Was hätte man also damals machen sollen, wenn die Mehrheit des Volkes gegen das demokratische Parteiensystem war? Die Bildung einer republikanischen Regierung war aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Reichstag ja de facto nicht mehr möglich.
 
Das kann ja alles sein. Aber die Wähler der NSDAP wußten natürlich, daß die NSDAP keine "normale Partei" war, sondern eine republikfeindliche und antidemokratische Partei. 1932 haben rund 60% der Wähler Parteien gewählt, die offen republikfeindlich waren.

Unverändert das falsche Pferd. Ob republikfeindlich oder antidemokratisch, spielt hier keine Rolle.

Es geht um die gewalttätige, revolutionäre Liquidierung der Weimarer Republik inkl. ihrer Grundrechte, durch einen legal berufenen Reichskanzler Hitler und die NS-Bewegung. Konträr zum "Legalitätseid" Hitlers, worauf nun schon mehrfach hingewiesen wurde. Und unter dem Legalitätsanschein, auf den der NS Wert legte.

Es geht auch nicht darum, was man hätte machen können.
 
D'accord? Positives Recht ist konkret und fixiert (egal ob kodifiziert oder "Richterrecht"). Überpositives Recht existiert universell, unabhängig von Raum und Zeit. Überpositives Recht kann sich "entäußern", also positiviert werden (Bsp. w.o.). Wo siehst Du da einen Widerspruch zu dem Beitrag?

Und woher kommt das überpositive Recht, wenn es nicht "menschengemacht" ist, sondern unabhängig vom Menschen quasi schon immer "von Natur aus" existiert?
 
Unverändert das falsche Pferd. Ob republikfeindlich oder antidemokratisch, spielt hier keine Rolle.

Es geht um die gewalttätige, revolutionäre Liquidierung der Weimarer Republik inkl. ihrer Grundrechte, durch einen legal berufenen Reichskanzler Hitler und die NS-Bewegung. Konträr zum "Legalitätseid" Hitlers, worauf nun schon mehrfach hingewiesen wurde. Und unter dem Legalitätsanschein, auf den der NS Wert legte.

Es geht auch nicht darum, was man hätte machen können.

Ich glaube wir schreiben aneinander vorbei. Du meinst, daß Hitler und seine NS-Bewegung die Weimarer Republik letztlich durch eine illegale, gewalttätige Revolution abgeschafft haben. Das bestreite ich auch nicht. Ich wollte darauf hinaus, ob die Abschaffung der Weimarer Republik dem damaligen Mehrheitswillen des Volkes entsprach und insofern "demokratisch gewollt" war, wenn auch nicht mit den Verbrechen, die dann in diesem Zusammenhang begangen wurden.
 
Ich wollte darauf hinaus, ob die Abschaffung der Weimarer Republik dem damaligen Mehrheitswillen des Volkes entsprach und insofern "demokratisch gewollt" war

Mag sein, dass dies für KPD-Wähler galt.
Das ist allerdings reine Spekulation betreffend Ziele der NS-Wähler.

Auch das mag ja nun sein. Zeigst Du mir also mal plausibel, wie das zB anhand des Standardwerkes von Falter, Hitlers Wähler, abzuleiten ist?

Ergeben Massen-, Klassen-, Schicht- oder Konfessionstheroetische Ansätze, dass mit Wahl des NS die Wahlmotive auf Angst vor sozialem Abstieg, Arbeitslosigkeit und Verschuldung gerichtet war? Dass das Staatssystem diesen Wählern Wurst war, und nur die sozialen Versprechungen zählten?

Wo leiten Wähleranalysen das mehrheitliche Ziel der Beseitigung der Republik ab?
 
Wo leiten Wähleranalysen das mehrheitliche Ziel der Beseitigung der Republik ab?

Das kann ich Dir nicht beantworten, da ich keine Wähleranalysen kenne. Ich nehme an, daß es damals auch keine Demoskopie im heutigen Sinne gab, wo dann repräsentative Umfragen dazu erstellt wurden, was genau die NSDAP-Wähler schließlich dazu veranlaßte dieser Partei ihre Stimmen zu geben.

Daß die NSDAP eine grundsätzlich republikfeindliche und antidemokoratische Partei war, dürfte den Wählern wohl aber bekannt gewesen sein. Wahrscheinlich haben die meisten NSDAP-Wähler gehofft, daß Hitler mit seiner Bewegung die "Weimarer Verhältnisse" beendet und wieder ein neues System mit "starker Führung" etabliert, der man dann zutraute und die Hoffnung entgegen brachte, daß sie wieder für Arbeit und Wohlstand sorgen würde.

Oder hast Du Kenntnisse darüber, daß die NSDAP-Wähler diese Partei für eine normale, demokratische Partei wie Zentrum oder SPD hielten und eigentlich am Parlamentarismus der Weimarer Republik festhalten wollten?

Jedenfalls hatten die offen republikfeindlichen Parteien NSDAP, DNVP und KPD 1932 knapp 60% der Sitze im Reichstag. Selbst als die NSDAP im November wieder einige Stimmen verloren hatte, haben KPD und DNVP im selben Maß wieder hinzugewonnen, währen die demokratischen Parteien erneute Verluste hinnehmen mußten. Eine parlamentarisch legitimierte Regierung konnte gegen die republikfeindlichen Parteien nicht mehr gebildet werden. Das Parlament war sozusagen lahm gelegt.
 
Das kann ich Dir nicht beantworten, da ich keine Wähleranalysen kenne. Ich nehme an, daß es damals auch keine Demoskopie im heutigen Sinne gab, ...was genau die NSDAP-Wähler schließlich dazu veranlaßte dieser Partei ihre Stimmen zu geben. ...

Falter nutzt diverse demoskopische Verfahren und Ansätze, um die gängigen Theorien über die Hintergründe der Wählerbewegungen zur NSDAP zu prüfen.
Das ist ein guter Ansatz, um die Basis für Spekulationen zu klären und die oben gekennzeichnete "Annahme" zu hinterfragen.


Oder hast Du Kenntnisse darüber, daß die NSDAP-Wähler diese Partei für eine normale, demokratische Partei wie Zentrum oder SPD hielten und eigentlich am Parlamentarismus der Weimarer Republik festhalten wollten?
Die Frage war nicht, welche Kenntnisse ich habe, ...

... sondern welche eigenen Kenntnisse Du Deinen Vermutungen über Wählermotive der NSDAP zugrunde legst. Gegenfragen sind immer beliebt, wenn man "schwimmt", aber wir sollten zunächst bei Deinen Vermutungen zu staatskonstitutionellen Hintergründen und Wählermotive belassen.

Nehmen wir folgende "Theorie": die meisten NSDAP-Wähler hatten keine "systemischen" Vorstellungen oder Wahlmotive in Richtung Staatskonstitution, sondern folgten entweder sozialen, ökonomischen Versprechungen der NSDAP. Komplizierte Fragen wie Staatsverfassung interessierten die überhaupt nicht. Sie folgten der Hetze gegen Minderheiten, die als "Verursacher" der ökonomischen Krise angeprangert wurde. Oder sie folgten einfach Ängsten über den sozialen Abstieg, ohne positiv bestimmte alternative Staatskonstellationen vor Augen zu haben? Oder protestierten sie einfach, ohne positiv Vorstellungen über das "anders" zu haben?

Richtig oder falsch?
Welche Analysen gibt es dazu?
Welche schichten-, berufs-, Alter-, Geschlechts-, regional- oder konfessionsbezogenen Unterschiede gibt es dazu?
und schließlich:
Welche staatskonstitutionellen Motive lassen sich aus dem Wahlverhalten der Weimarer Republik erkennen? Waren die Wähler gegen die Republik oder gegen die (sozioökonomischen) Zustände in der Republik? Und wenn ja - Kontra-Republik, wofür waren sie: für eine kommunistische Diktatur, für eine NS-Diktatur, für eine Monarchie, für irgendwas dazwischen, oder schlicht für gar nichts?

Und: wo ist das bislang untersucht worden?
 
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