Afrikafeldzug und die Ausgangssituation Italiens - Sept40/Feb41

silesia

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Der Feldzug in Nordafrika 1940 bis Februar 41 –der Auftakt für das deutsche Engagement im Mittelmeerraum


Nach der französischen Kapitulation wurden von Italien Überlegungen für einen Angriff auf Ägypten angestellt. Die dortigen britischen Truppen wurden zunächst als schwach eingeschätzt, so dass Vorbereitungen begannen, um mit mehreren Divisionen über Sidi Barani und Marsa Matruh auf Alexandria vorzustoßen. Ziel war die Speerung des Suez-Kanals. Auch die britische Seite beobachtete die Vorbereitungen und begann umgehend, Verstärkungen zuzuführen, die dem Aufbau einer mobilen Abwehr ermöglichen sollte (Western Desert Force). Begleitend wurden die italienischen Nachschublieferungen bombardiert, so noch Benghasi im Oktober 1940. Auch die Royal Navy schaltete sich ein, beschoss die Küstenstraßen und ging gegen die italienischen Nachschubhäfen Bardia, Derna, Tobruk und Benghasi vor.

In der deutschen Führung (OKH) wurde die Nachschublage für einen Feldzug in Nordafrika als zentrales Problem erkannt. Noch im Oktober 1940 konstatierte Halder, dass sich dieses Problem erst mit der Besetzung Alexandrias entscheidend verändern bzw. lösen könne.

Die britischen Truppen zogen sich derweil bereits mit Masse auf Marsa Matruh zurück, beobachteten lediglich die Vorgänge an der Grenze durch einzelne Vorstöße und befestigten ihre Postitionen. Am 12.9.1940 begann der erwartete italienische Vormarsch; Sidi Barani wurde am 15.9. eingenommen. Nachdem die Straße zwischen der Grenze und Sidi Barani zerstört war, und Trinkwasser unbrauchbar war, stoppten die 4 italienischen Divisionen nach etwa 90 km. Es gelang nicht, Marsa Matruh einzunehmen. Am 16.9.40 wurden im OKH Überlegungen angestellt, bis zu 2 Panzerdivisionen zur Unterstützung nach Libyen zu überführen.

Die britischen Kräfte wurden nun weiter verstärkt, Panzerbrigaden wurden trotz der Bedrohung Englands auf dem langen Seeweg um Afrika herum verlegt. Nachschubprobleme berichtete auch die italienische Seite: die Hafenkapazitäten waren zu gering, der Landweg von Tripolis verbrauchte bis Ägypten sehr große Mengen an Treibstoff. Man ging daher zur Abwehr über, und befestigte den Raum um Sidi Barani mit mehreren Verteidigungszonen, die allerdings keine Verbindung untereinander aufwiesen. Die neue Situation benutzte Raeder Mitte September 1940, um Hitler auf die Einnahme von Gibraltar hinzuweisen, was die britische Mittelmeerposition weiter schwächen würde.

Die britischen Dispositionen waren sehr weitreichend: von Ende August bis Ende Dezember 1940 wurden folgende Verstärkungen über Suez und Alexandria zugeführt: 126.000 Mann (engl. 2. PD mit 3 Panzer--Regimenter, 3 Artillerie-Regimenter, Pioniertruppen für die 7. PD, 2 indische Artillerie-Regimenter, 3 australische Brigaden, 1 neuseeländische Brigade, ein indisches Regiment mit 4 Bataillonen, die 5. indische ID, die 1. südafrikanische ID. Westlich Marsa Matruh wurden 2 große Depots zur Versorgung Truppen, die für eine Gegenoffensive vorgesehen waren.

Ab 15. Oktober standen die mit zwei Panzerbrigaden ausgerüstete britische 7. Panzerdivision sowie die indische 4. Infanteriedivision um Marsa Matruh bereit. Eine weitere australische Brigade wurde um Alexandria aufgestellt. Die australischen Verbände waren indes noch nicht verwendungsfähig, weswegen der Gegenangriff verschoben wurde. Am 22.10.1940 beschließt das OKH, die deutsche 3. Panzerdivision zur Überführung nach Libyen anzubeiten. Graziani fordert unterdessen wegen seiner Versorgungsprobleme für einen weiteren Vormarsch die Zuführung von LKWs, die aber aus Italien nicht verfügbar gemacht werden. Mussolini hatte bereits den Angriff auf Griechenland geplant. Am 11. November wird die Royal Navy aktiv, und greift Tarent an; 2 der 5 einsatzfähigen italienischen Schlachtschiffe werden getroffen, ein weiteres im Hafen versenkt, wodurch die RN die Seeherrschaft im östlichen Mittelmeer auf Monate hinaus gesichert hat. Anfang Dezember 1940 stehen die britischen Truppen dann zum Gegenschlag bereit.

Dieser beginnt am – von der italienischen Luftaufklärung wurden kurz zuvor die Bereitstellungen auch entdeckt - am 9.12.1940. Innerhalb von 3 Tagen werden 4 italienische Divisionen getrennt und nacheinander geschlagen, zT eingekesselt. 3 weitere italienische Divisionen ziehen sich auf Bardia zurück, von den britischen Truppen verfolgt. Bereits am 15.12. wird der Halfaya-Pass durchschritten, die britischen Truppen befinden sich auf libyschem Boden. In Bardia werden dann am 19.12. italienische Truppen in Stärke von 2 1/2 Divisionen, rd. 40.000 Mann eingeschlossen; sie kapitulieren am 3.1.1941.

Bereits am 6.1.1941 stoßen die britischen Truppen erneut vor und verfolgen die geschlagenen italienischen Reste auf der Küstenstraße durch die Cyrenaika. Dort werden eine weitere italienische Division, insgesamt aber über 27.000 Mann eingeschlossen und kapitulieren am 21.1.1941. Die deutsche Seite hatte bereits reagiert: da der Verlust der gesamten Cyrenaika in Libyen drohte, sollte nun ein Panzersperrverband (aus der 33. ID - spätere 15. Panzerdivision - mit einem Panzerregiment) dorthin verlegt werden; zusätzlich trafen die fliegenden Verbände des X. Fliegerkorps im Januar 1941 auf Sizilien ein. Die Wehrmacht war damit endgültig in Nordafrika und damit auf einem weiteren Kriegsschauplatz engagiert.

Die britischen Truppen verfolgten unterdessen die geschlagenen Reste der italienischen Armee auf der Küstenstraße Richtung Tripolitanien; ein Panzerverband durchquerte zusätzlich die Wüste und schnitt über Mechili bei Beda Fromm den italienischen Rückzug an der Küste ab. Am 6.2.1941 hatte die italienische Armee gegen zwei bis drei eingesetzte alliierte Divisionen im Bewegungskrieg in der Wüste insgesamt 130.000 Gefangene, fast 1000 Geschütze und über 500 leichte Panzer verloren.

Am 8.2.1941 verließ der erste deutsche Geleitzug nach Neapel und wurde in Palermo wegen Flugzeugbedrohung angehalten. Der über zweijährige Zufuhrkrieg im Mittelmeer, der zeitweise große Teile der Luftwaffe, der U-Boote sowie der Panzertruppen der Wehrmacht binden sollte, hatte begonnen. In diesem Zufuhrkrieg bekam Malta nach dem italienischen Fehlschlag in Ägypten die zentrale Rolle.
 
Die Reaktion Großbritanniens

Ende Oktober 1940, also noch vor Beginn der britischen Offensive in Ägypten, veränderte sich die Lage im Mittelmeerraum durch den italienisch-griechischen Krieg. Entgegen den britischen Befürchtungen gelang es den griechischen Truppen, die Lage zu stabilisieren und sogar eine Gegenoffensive zu starten. Damit wurde Anfang 1941 - in der Cyrenaika zeichnete sich die große Niederlage der Italiener deutlich ab - die massive britische Unterstützung sinnvoll. In Griechenland-Albanien war nämlich ein gefestigter weiterer Kriegsschauplatz der Achsenmächte entstanden.

Die deutsche Seite befürchtete u.a. neben der Festsetzung britischer Truppen auf dem griechischen Festland (zunächst wurden Landungen auf Kreta beobachtet) insbesondere die Verlegung britischer Flugzeuge nach Griechenland, von aus die Ölförderung in Rumänien bedroht werden könnte. Eine deutsche Offensive zur Unterstützung der Italiener war war wegen der Gelände- und Witterungsverhältnisse nicht vor dem März 1941 möglich, sie wurde bereits als Operation MARITA geplant. Deutsche Truppen tauchten 1940/41 zur Vorbereitung in Rumänien auf und sollten dann im März 1941 kurzfristig nach Bulgarien verlegt werden.

Großbritannien zog nun Anfang 1941 wesentliche Verbände aus Nordafrika zum griechischen Kriegsschauplatz ab, darunter die gerade eingetroffenen neuseeländischen Truppen, eine australische Division, 2 britische Panzerbrigaden (den Kern der Panzerkräfte in Ägypten), dazu Flugabwehr und Artillerie. In der Cyrenaika verblieben die schwache - gerade neu aufgestellte - 2. britische Panzerdivision sowie eine australische Divison um Tobruk. Die übrigen an der erfolgreichen britischen Offensive beteiligten Truppen wurden nach Alexandria zur Auffrischung (7. AD) zurückgezogen. Die Zersplitterung ging indes noch weiter: eintreffende Verbände wurden nach Palästina verlegt (um in Syrien eingreifen zu können), Absprachen mit der Türkei erfolgten für den Fall eines deutschen Einmarsches, Verbände wurden für den Mittleren Osten vorgesehen (Irak). Zusätzlich wurde eine weitere Offensive gegen Italienisch-Ostafrika geplant, für die eine starke indische Division (4.) aus Ägypten abgezogen werden mußte, die zuvor an der Offensive gegen die Italiener teilgenommen hatte.

Dieses war die Situation, als Rommel auf dem Kriegsschauplatz auftrat. Entgegen den Warnungen aus dem OKH, die nochmals die Nachschubfrage problematisierten, begann Rommel umgehend eine Offensive mit seinen schwachen Kräften, die auf die ebenfalls stark geschwächten britischen Truppen traf. Wie zu erwarten blieb Rommels Angriff schließlich vor Tobruk und an der ägyptischen Grenze stecken, da sich die australische Division in Tobruk hartnäckig in festungsartig ausgebauten Stellungen festsetzte. Anders als Wochen zuvor die eingeschlossenen italienischen Truppen, wurden die Australier laufend über See versorgt, verstärkt und unterstützt, im Sommer 1941 dann sogar komplett gegen eine britische Division ausgetauscht.

Der deutsche Feldzug hatte in Nordafrika begonnen, er band im Mittelmeerraum zunächst 10% der deutschen Panzerwaffe, und zeitweilig große Teile der Luftwaffe sowie entsprechende Logistik.
 
Die Wegnahme Maltas im Zuge des italienischen militärischen Engagments in Nordafrika wäre von aller größter Bedeutung gewesen. Das dies nicht geschah, kann man schon als verpasste strategische Chnace bewerten." Hierzu hat die italienische Marine auch bereits schon ab 1935 entsprechende operative Vorüberlegungen angestellt. Zum zeitpunkt des italienischen Kriegseintritts verfügten die Briten auf Malta über ganz 42 Geschütze. Jagdflugzeuge waren überhaupt nicht vorhanden und der Bestand an Suchscheinwerfer war ebenfalls sehr gering bemessen. Die Lage der Briten wurde auch zunächst nicht gerade dadurch erleichtert, das bei der Verteilung der militärischen Mittel Alexandria eine übergeordnete Priorität genoss als Malta. Wenn man sich dann vor Augen hält, welche große Bedeutung Malta dann später nach der Niederlage Frankreichs in der britischen Mittelmeerstrategie spielte, ist das schon interessant. Nunmehr war Malta von überragender Bedeutung, denn es war eigentlich der einzige relevante Stützpunkt, von dem aus der Nachschub für Rommel nachhaltig gestört werden konnte.
 
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Zwischenfrage

Der Feldzug in Nordafrika 1940 bis Februar 41 – der Auftakt für das deutsche Engagement im Mittelmeerraum
Nach der französischen Kapitulation wurden von Italien Überlegungen für einen Angriff auf Ägypten angestellt.

Dank, wie immer, für die guten Informationen! Frühere Themenstellungen wie http://www.geschichtsforum.de/f319/mythos-rommel-16699/ und auch http://www.geschichtsforum.de/f68/italien-im-2-weltkrieg-16156/ werden aus anderer Perspektive sinnvoll ergänzt.:winke:

Ohne Deinem Feldzug in den Arm fallen zu wollen, hier eine Zwischenfrage: Wirst Du noch etwas zur Vorgeschichte sagen? Es gibt ja die verbreitete Meinung, in Nordafrika wäre Hitler durch Italien - bzw. durch das italienische militärische Unvermögen - widerwillig auf den Nebenkriegsschauplatz Nordafrika gezogen worden mit dem Nebeneffekt, dass dort, wie Du schreibst, "zunächst 10% der deutschen Panzerwaffe, und zeitweilig große Teile der Luftwaffe sowie entsprechende Logistik" gebunden waren, die notabene anderswo fehlten.

Das praktisch gänzliche Fehlen einer strategischen Abstimmung zwischen Mussolini und Hitler ist ja im Grunde mitursächlich für das Geschehen im Mittelmeerraum, das sich dann ab 1943 zu einem vollständigen Desaster auswuchs durch das Entstehen einer zweiten großen Front in Italien selbst und auch zum Sturz Mussolinis.

PS: Turgot ist mir mit einer ähnlichen Intervention zuvorgekommen. Ich lasse es trotzdem mal so stehen.
 
Ohne Deinem Feldzug in den Arm fallen zu wollen, hier eine Zwischenfrage: Wirst Du noch etwas zur Vorgeschichte sagen?

Das überlasse ich gerne der Diskussion :winke:

Ich wollte erstmal nur den Rahmen darstellen. Dass es hier um ein Schlüsselereignis (vor dem Hintergrund der frühen Bestrebungen Hitlers im Juli 1940 betr. eines Angriffs auf die Sowjetunion) mit weitreichenden Folgen geht, den späteren Wendepunkt des Krieges im Dezember 1941 einleitend, wollte ich dabei herausstellen.


P.S. mir ging es dabei nur um die Entwicklung bis Frühjahr 1941, um die Ursachen aufzuzeigen. 1942/43 kann man sicher ausblenden.
 
In der Zeit von 29.08. - 06.09.40 gelang den Briten gleich der erste Streich, in dem es gelang, vollkommen unbelästigt von der italienischen Marine, ihre Postion im Mittelmeerraum zu verbessern, denn es wurde von Gibraltar aus ein nicht zu verachtender Flottenverband mit dem Flugzeugträger Illustrious nach Alexandria überführt. Peinlicherweise hatte Italien am 20.August großspurig angekündigt, "dass das Mittelmeer und das afrikanische Küstengebiet uneingeschränkter Operationsraum der italienischen Luft- und Seestreitkräfte seien." Diese Ankündigung hat sich jedenfalls als leere Sprechblase erwiesen.Graziani wußte vielleicht schon, weshalb er seinen Vormarsch mit der10.Armee schon nach fünf Tage stoppte, denn er hatte wohl doch so einige Sorgen hinsichtlich unausweichlichen britischen Reaktion.
 
Die Wegnahme Maltas im Zuge des italienischen militärischen Engagments in Nordafrika wäre von aller größter Bedeutung gewesen. Das dies nicht geschah, kann man schon als verpasste strategische Chnace bewerten." Hierzu hat die italienische Marine auch bereits schon ab 1935 entsprechende operative Vorüberlegungen angestellt. Zum zeitpunkt des italienischen Kriegseintritts verfügten die Briten auf Malta über ganz 42 Geschütze. Jagdflugzeuge waren überhaupt nicht vorhanden und der Bestand an Suchscheinwerfer war ebenfalls sehr gering bemessen. Die Lage der Briten wurde auch zunächst nicht gerade dadurch erleichtert, das bei der Verteilung der militärischen Mittel Alexandria eine übergeordnete Priorität genoss als Malta. Wenn man sich dann vor Augen hält, welche große Bedeutung Malta dann später nach der Niederlage Frankreichs in der britischen Mittelmeerstrategie spielte, ist das schon interessant. Nunmehr war Malta von überragender Bedeutung, denn es war eigentlich der einzige relevante Stützpunkt, von dem aus der Nachschub für Rommel nachhaltig gestört werden konnte.

Irgendwann soll es auf Malta nur noch drei flugfähige Gladiators gegeben haben, denen man die Spitznamen "Faith, Charity and Hope" gab.

Si non e vero, e ben trovato.
 
Als Graziani also Sidi Barrani eingenommen hat, hat er sich geweigert weiter auf Alexandria zu marschieren.Mussolini lehnte zu diesem Zeitpunkt deutsche Unterstützung, die Hitler angeboten hat, glatt ab. Badoglio äußerte sich sogar so weit, das deutsche Hilfe mit der Würde der italienischen Armee unvereinbar wäre. Na ja, jedenfalls hätte deutsche Hilfe zu dieser Zeit möglicherweise noch wirksam werden können, denn noch war die britische Position nicht unbezwingbar. Es stellt sich ganz nüchtern betrachtet die Frage, ob möglicherweise schon die Offensive gegen Sidi Barrani mit der anschließenden Inbesitznahme nicht ein Fehler war, denn hierdurch wurden die italienischen Nachschublienien immer länger und dadurch die Versorgung der Truppen problematischer. Denn in Dezember traten die Briten zur Gegenoffensive an. Doch Mussolini hielt schon Auschau nach seiner nächsten Beute Griechenland. Badoglio meinte, die Briten würden den Griechen maximal Luftunterstützung gewähren,da sie auf Ägypten fixiert seien. Eine Fehleinschätzung, wie wir wissen.Mitte November wurde die italiensche Marine in Tarent durch einen britischen Luftangriff schwer getroffen.So mussten letzten Endes die Wehrmacht in Afrika und auf dem Balkan intervenieren, um die das Gesicht der Italiener zu wahren und auch um diese in den Krieg zu halten.
 
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Als Graziani also Sidi Barrani eingenommen hat, hat er sich mit allen möglichen und unmöglichen Ausflüchten geweigert weiter auf Alexandria zu marschieren.


Es ist viel darüber geschrieben worden, ob dieser "Halt" bei Sidi Barani beachtliche militärische Gründe hatte.

Die britischen Truppen haben sich diesem Vormarsch geschickterweise nicht entgegen gestellt, sondern haben sich weiter westlich auf befestigte Positionen um Marsa Matruh zurückgezogen. Die Versorgungslage der Italiener war tatsächlich kritisch, und das lag an mehreren Gründen:

- der leistungsfähige Hafen von Tripolis nahm die Masse der Güter auf, der Seeweg dorthin war noch relativ ungefährdet. Von dort hatte man über 2000 km LKW-Transport auf der Küstenstraße hin/zurück. Die Materialbeanspruchung kann man sich leicht vorstellen. Die Fortsetzung des Vormarsches über weitere 400 km bis El Alamein hätte die Wegstrecken auf 3000 km steigen lassen: d.h. ein Fahrzeug wäre auf Hin- und Rückweg rd. 10 Tage unterwegs.
- die näheren Häfen Derna, Benghasi und Tobruk waren zu klein, außerdem stark gefährdet.
- die Royal Navy hatte die Seeherrschaft, es gab nächtliche Beschießungen der Küstenstädte und der Hafenstädte.
- Marsa Matruh diente auch der Luftunterstützung; und war befestigt.
- im Prinzip marschierte die italienische Armee zu Fuß; die Panzerwaffe war zahlenmäßig beeindruckend, bestand aber ganz überwiegend aus kleinen, leicht gepanzerten Fahrzeugen, die kaum Schutz boten. Für den Vormarsch waren nur 4 Divisionen geeignet, materialmäßig den Briten unterlegen, der Rest bestand aus Miliz- bzw. "Schwarzhemden-Divisionen". Bewegungskrieg war den italienischen Verbänden unmöglich, eine Achillesferse beim Vormarsch, der wegen der offenen Wüstenflanke stets umgangen und rückwärtig angepackt werden konnte.

Als sich das OKH Anfang 1941 mit dieser Versorgungsproblematik in Nordafrika beschäftigte, mußte der zunächst geplante LKW-Kolonnenraum verdoppelt werden. Das ist ein interessantes Ereignis, weil dieser Transportraum an sich für den Rußlandfeldzug bereits einen erkannten Engßaß darstellte und umso schwerer wog. Außerdem gab es umgehend Forderungen an die Italiener, die Löschkapazitäten in den Häfen aufzustocken. Auch die Verweildauer in den Häfen war kritisch, man brachte nur Geleitzüge hinüber, die sich dann "stauten".

Als absurde Spitze der ganzen Entwicklung kann man die italienischen Maßnahmen 1941 sehen, Treibstoff tonnenweise mit einzelnen U-Booten nach Nordafrika zu transportieren. Hinzu kommt, dass ab Februar 1941 ULTRA im Mittelmeer die ersten Geleitzugmaßnahmen aufdeckte und die britischen Angriffe auf den Nachschubweg "mit Augen" versah.
 
@silesia, dankeschön für diese erstklassigen weiterführenden Informationen.

Ich habe meine Ausführungen noch vor Einstellen deines Beitrages berichtigt:

Es stellt sich ganz nüchtern betrachtet die Frage, ob möglicherweise schon die Offensive gegen Sidi Barrani mit der anschließenden Inbesitznahme nicht ein Fehler war, denn hierdurch wurden die italienischen Nachschublienien immer länger und dadurch die Versorgung der Truppen problematischer
 
Als Ende des Jahres 1940 sich die Verlegung das X. Fliegerkorps nach Italien deutlich abzeichnete, gab es erst einmal „Streitigkeiten“ über deren Aufgabengebiet. Pricolo wollte doch allen Ernstes, dass die deutschen Flieger auf dem albanischen Kriegsschauplatz eingesetzt werden. Man einigte sich dann schließlich auf die Bekämpfung des feindlichen Schiffsverkehrs in der Sizilienstraße. Eigenartigerweise war Malta anscheinend nicht von großen Interesse.
 
Ich gehe jetzt einmal bewußt über das gesetzte zeitliche Fenster hinaus.Mussolini Kriegseintritt 1940 aus Prestigegründen, um ja nicht zu kurz zu kommen und um seine Utopie von mare nostum, hat doch nur dazu geführt, das die ohnehin in jeder Hinsicht zu geringen personellen und materiellen Ressourcen der Wehrmacht überbeansprucht wurden. Hitler hätte sich entweder sinnvollerweise für die Mittelmeerstrategie unter Einbindung Japans und möglicherweise der UDSSR oder "nur" für den Feldzug gegen die Sowjetunion entscheiden sollen ja müssen, aber eben nicht auf beide Kriegsschauplätze auf einmal parallel , zumal Großbritannien als Kriegsgegner ja noch gar nicht besiegt worden war. Es war doch ganz klar, das durch die Entscheidung Hitlers in Nordafrika zugunsten der Italiener zu intervenieren, das dies hauptsächlich zu Lasten des Feldzuges gegen die Sowjetunion gehen konnte, dort wo die Ressourcen ohnehin schon reichlich knapp bemessen waren.In Nordafrika wurde im Endeffekt schließlich zweieinhalb Jahre bis Mai 1943 erbittert gekämpft. Die Wehrmacht verlor u.a. in Nordafrika beispielsweise die erstklassigen 10., 15. und 21.Panzerdivision. Des Weiteren waren in Nordafrika durchgehend auch jede Menge Flieger der Luftwaffe gebunden, zu einer Zeit, wo diese dringend an der Ostfront benötigt worden wären. Im Verlauf des Engagements in Nordafrika wurden auch immer mehr U-Boote "verbraucht", die häufig genug die von den Briten beherrschte Straße von Gibraltar passieren mussten, um überhaupt ins Mittelmeer zu gelangen. Des Weiteren war das Mittelmeer aufgrund seines sehr klaren Wasser nicht gerade optimal für U-Booteinsätze geeignet. Es wurde also auch hier wichtige Ressourcen, die dann wieder an anderer Stelle fehlen sollten, wie dem Tonnagekrieg im Atlantik verschlissen.Von den dadurch in Anspruch genommen Transportkapazitäten wie Eisenbahnen und LKW oder Schiffsraum will ich erst gar nicht anfangen. Auch musste reichlich Öl, was in Deutschland selbst ja auch nicht gerade in Hülle und Fülle vorhanden war, und Kohle geliefert werden.Nach dem Fall von Tunis verfügten die Alliierten über ein hervorragendes Sprungbrett nach Europa. Während im Sommer 1943 Hitler im Osten noch einmal das Gesetz des Handelns durch die riesige Panzerschlacht im Kursker Bogen diktieren wollte, begann dann auch tatsächlich die Landung in Sizilien mit der Folge, das die Wehrmacht auf Befehl Hitlers die Schlacht im Kursker Bogen einstellen musste.
 
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Irgendwann soll es auf Malta nur noch drei flugfähige Gladiators gegeben haben, denen man die Spitznamen "Faith, Charity and Hope" gab.
Si non e vero, e ben trovato.

Dazu die Ergänzung, Malta spielt ja auch hier ins Thema hinein.
http://www.geschichtsforum.de/f68/infos-karten-zu-malta-im-wwii-19290/

@Turgot: danke für die Ergänzungen. Es wird deutlich, welche Bindungswirkung in Folge der italienischen Niederlage Ende 1940 auftrat.

Ein Hinweis noch zu Großbritannien: wie man an der Zuführung der Verstärkungen ab August 1940 (von den nach Malta überflogenen Jagdflugzeugen mal ganz abgesehen) erkennen kann, wurden diese Maßnahmen trotz der Bedrohung der "home front" im Herbst 1940 eingeleitet.

Die Überführung einer ganzen Panzerdivision plus 2 weiteren Panzerbrigaden nahm 2 Monate in Anspruch, Transporte über Kapstadt-Aden-Suez.
 
Ich gehe jetzt einmal bewußt über das gesetzte zeitliche Fenster hinaus.Mussolini Kriegseintritt 1940 aus Prestigegründen, um ja nicht zu kurz zu kommen und um seine Utopie von mare nostum, hat doch nur dazu geführt, das die ohnehin in jeder Hinsicht zu geringen personellen und materiellen Ressourcen der Wehrmacht überbeansprucht wurden. Hitler hätte sich entweder sinnvollerweise für die Mittelmeerstrategie unter Einbindung Japans und möglicherweise der UDSSR oder "nur" für den Feldzug gegen die Sowjetunion entscheiden sollen ja müssen, aber eben nicht auf beide Kriegsschauplätze auf einmal parallel , zumal Großbritannien als Kriegsgegner ja noch gar nicht besiegt worden war. Es war doch ganz klar, das durch die Entscheidung Hitlers in Nordafrika zugunsten der Italiener zu intervenieren, das dies hauptsächlich zu Lasten des Feldzuges gegen die Sowjetunion gehen konnte, dort wo die Ressourcen ohnehin schon reichlich knapp bemessen waren.In Nordafrika wurde im Endeffekt schließlich zweieinhalb Jahre bis Mai 1943 erbittert gekämpft. Die Wehrmacht verlor u.a. in Nordafrika beispielsweise die erstklassigen 10., 15. und 21.Panzerdivision. Des Weiteren waren in Nordafrika durchgehend auch jede Menge Flieger der Luftwaffe gebunden, zu einer Zeit, wo diese dringend an der Ostfront benötigt worden wären. Im Verlauf des Engagements in Nordafrika wurden auch immer mehr U-Boote "verbraucht", die häufig genug die von den Briten beherrschte Straße von Gibraltar passieren mussten, um überhaupt ins Mittelmeer zu gelangen. Des Weiteren war das Mittelmeer aufgrund seines sehr klaren Wasser nicht gerade optimal für U-Booteinsätze geeignet. Es wurde also auch hier wichtige Ressourcen, die dann wieder an anderer Stelle fehlen sollten, wie dem Tonnagekrieg im Atlantik verschlissen.Von den dadurch in Anspruch genommen Transportkapazitäten wie Eisenbahnen und LKW oder Schiffsraum will ich erst gar nicht anfangen. Auch musste reichlich Öl, was in Deutschland selbst ja auch nicht gerade in Hülle und Fülle vorhanden war, und Kohle geliefert werden.Nach dem Fall von Tunis verfügten die Alliierten über ein hervorragendes Sprungbrett nach Europa. Während im Sommer 1943 Hitler im Osten noch einmal das Gesetz des Handelns durch die riesige Panzerschlacht im Kursker Bogen diktieren wollte, begann dann auch tatsächlich die Landung in Sizilien mit der Folge, das die Wehrmacht auf Befehl Hitlers die Schlacht im Kursker Bogen einstellen musste.

Ich finde, ursprünglich war der Kräfteeinsatz für Nordafrika durchaus vertretbar gewesen. Eigentlich noch bis zur Schlacht von El Alamein lagen die deutschen Kräfte bei etwa der Hälfte des Afrika-Korps, also ca. 50 000 Mann. Heikel wurde es erst in der Schlussphase, als das OKW die Truppen in den Endkämpfen in Tunesien unnötig und auf riskantesten Nachschubwegen unter horrenden Verlusten noch einmal enorm verstärkte.
 
Ein Hinweis noch zu Großbritannien: wie man an der Zuführung der Verstärkungen ab August 1940 (von den nach Malta überflogenen Jagdflugzeugen mal ganz abgesehen) erkennen kann, wurden diese Maßnahmen trotz der Bedrohung der "home front" im Herbst 1940 eingeleitet.

Bitte erlaubt, dass ich mit silesia in die Zeit vor dem Zeitfenster (9/40-2/41) zurückgehe, also in den Dunstkreis von "Seelöwe" (http://www.geschichtsforum.de/f68/h-tte-seel-we-funktionieren-k-nnen-25122/) und zu denkbaren Alternativen von "Barbarossa" (http://www.geschichtsforum.de/f68/berfall-1941-auf-russland-warum-logisch-8619/).

Hitler war ja seit unbestimmter Zeit von der Vorstellung eines Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion bzw. den "Bolschewismus" besessen und insoweit auch alternativen strategischen Ideen weitestgehend unzugänglich. Nichtsdestotrotz hat es ja seit dem Sommer 1940 Vorschläge gegeben, sowohl seitens des Heeres (Halder, Jodl) als auch der Marine (Raeder) und sogar Görings, ihm eine "vernünftige" Strategie gerade auch im Mittelmeerraum einzugeben. Die hätte ja auch den Vorteil gehabt, Italien tatsächlich militärisch einzubinden, und obendrein rechnete man sich gewisse Chancen in Bezug auf Spanien und Vichy-Frankreich aus.

Mehrere von uns haben ja die Monographie von Reuth (Entscheidung im Mittelmeer) zur Hand oder im Gedächtnis. Danach war Hitler seit dem 31.7.1940 entschlossen, sich im Mai 1941 gegen Osten zu wenden, aber noch unschlüssig darüber, was in der Zwischenzeit getan werden könnte. Eine "Peripherie-Strategie" lag eigentlich auf der Hand. Hitlers damals einziger direkter Gegenpart, Churchill, wusste das auch und hatte die politische Kraft, trotz theoretisch noch bestehender Invasionsgefahr das Heimatland von beträchtlichen Streitkräften zu entblößen, indem er diese in den Nahen Osten schickte mit dem Auftrag, die Italiener aus Afrika zu verjagen; er hat diese Entscheidung später als "ebenso furchtbar wie richtig" bezeichnet.

Dass auch Churchill unrealistische Ideen verfolgte, zeigt sich, als er am 12.2.41 befahl, 50.000 Mann von Nordafrika nach Griechenland zu schicken, was im Endeffekt zu einem "zweiten Dünkirchen" führte (vgl. Liddell Hart, Geschichte des Zweiten Weltkrieges, S.155).
 
Eine "Peripherie-Strategie" lag eigentlich auf der Hand. Hitlers damals einziger direkter Gegenpart, Churchill, wusste das auch und hatte die politische Kraft, trotz theoretisch noch bestehender Invasionsgefahr das Heimatland von beträchtlichen Streitkräften zu entblößen, indem er diese in den Nahen Osten schickte mit dem Auftrag, die Italiener aus Afrika zu verjagen; er hat diese Entscheidung später als "ebenso furchtbar wie richtig" bezeichnet.
Dass auch Churchill unrealistische Ideen verfolgte, zeigt sich, als er am 12.2.41 befahl, 50.000 Mann von Nordafrika nach Griechenland zu schicken, was im Endeffekt zu einem "zweiten Dünkirchen" führte (vgl. Liddell Hart, Geschichte des Zweiten Weltkrieges, S.155).

Natürlich, die Peripherie-Strategie.
Sie lag auf der Hand und wurde aus den schon benannten politischen Gründen (Interessensphären D/I, später spielte das wohl keine Rolle, aber anders 1940) und wegen der Hitlerschen Fixierung auf den Rußlandfeldzug -der kurzzeitig für den Herbst 1940 erwogen wurde- aufgegeben.

Die "Griechenland-Idee" Churchills sollte man mE nachsichtig bewerten, weil naheliegend und eine Chance. Churchill kann man vieles nachsagen - aber eben auch seine strategische Denke. Die Idee mit Griechenland war nämlich in viele Zwänge/Ideen eingebettet:

- zunächst und das Wichtigste: die Türkei von der Achse fernzuhalten. Stichwort: Chrom - außerordentlich wichtig für den absehbar längeren Krieg.

- Rumänien: diese Option war einiges wert; behaupten sich Griechenland, wären die Ölförderungen tatächlich in Luftreichweite.

- die Postition im Mittleren Osten - der Fall Kretas (bei weiter reichender deutscher Nutzung, auch hier kam Barbarossa dazwischen) eigentlich untragbar für die britische Position im östlichen Mittelmeer

- die unsichere weitere Haltung der Sowjetunion bei Ausdehnung des europäischen Krieges auf den Balkan

- und schließlich, rein operativ gedacht, aber zugleich wohl naheliegend: die griechische Postion erschien selbst bei einem deutschem Eingreifen (über Rumänien-Bulgarien) tatsächlich nicht unhaltbar (wegen der Mareth-Linie). Die Krise um Jugoslawien war im Januar 1941 nicht absehbar, selbst deutscherseits unvorhergesehen. Die direkte Folge: der Einfall nach Griechenland wurde durch Umgehung der Mareth-Linie erheblich erleichtert, Teile der Operation wichen über jugoslawisches Gebiet aus (dazu auch der Eintrag im Halder-Tagebuch, als "OPERATION 25" neben MARITA eingeschoben wurde (25.3.1941).

Das Urteil von Lidell Hart erscheint mir daher zu hart :)D) Er berücksichtigt nicht die überschaubaren Szenarien an der Jahreswende 1940/41. Dazu zB
Butler et al, Grand Strategy, September 1939-June 1941, Vol. II
Buckley, Christopher: Greece and Crete 1941
Playfair, The Mediterranean and the Middle East, Vol. I: The Early Successes Against Italy
 
Ich finde, ursprünglich war der Kräfteeinsatz für Nordafrika durchaus vertretbar gewesen. Eigentlich noch bis zur Schlacht von El Alamein lagen die deutschen Kräfte bei etwa der Hälfte des Afrika-Korps, also ca. 50 000 Mann. Heikel wurde es erst in der Schlussphase, als das OKW die Truppen in den Endkämpfen in Tunesien unnötig und auf riskantesten Nachschubwegen unter horrenden Verlusten noch einmal enorm verstärkte.

Mit der Betrachtung des Heeres hast Du sicherlich recht, das sieht überschaubar aus; allerdings ist auf den zweiten Blick zu bedenken, dass u.a. der Ausfall zahlreicher Panzerverbände (für den Mittelmeerraum) bereits in den Planungen des Rußlandfeldzuges 1940 dazu führte, den "zweiten Arm" der Heeresgruppe Süd, sozusagen die "Panzergruppe 5" für Rumänien fallen zu lassen. Das hatte weitreichende Folgen, die man im Juli 1941 bis Kiew sehen konnte.


Zu den übrigen Teilstreitkräften: die KM führte zur Jahreswende 1941/42 Diskussionen über die Entsendung von 30 U-Booten ins Mittelmeer, die Dönitz für die Atlantikschlacht nicht abzweigen wollte. Sie wurde schließllich vom OKW/Hitler dazu gezwungen. Hier geht es auf dem Höhepunkt um 1/3 der Frontkapazitäten.

Die Luftwaffe war in mehreren Phasen von Verlegungswellen betroffen:
- bis Juni 1941, danach Verlegung in den Osten, teilweise erst unmittelbar vor dem 22.6.
- November 1941: Rückholung ins Mittelmeer
- Mai 1942: Verlagerung in den Süden der Ostfront
- ab September 1942: Rückverlegung ins Mittelmeer.
Deutlicher kann eine Überdehnung nicht zum Ausdruck kommen.
 
Die "Griechenland-Idee" Churchills sollte man mE nachsichtig bewerten...
Das Urteil von Lidell Hart erscheint mir daher zu hart :)D) ...

Gut, wenn Dir soviel an C. liegt...:winke: [1]

Immerhin hatte die Truppenverlegung zur Folge, dass der britische Vormarsch am 12.2.41 abgebrochen wurde, obwohl die örtlichen Befehlshaber unisono davon überzeugt waren, dass damit eine große Chance vertan wurde. L.H. (S. 157) zitiert auch Warlimont:
Wir konnten damals nicht verstehen, warum die Engländer nicht die Schwierigkeiten der Italiener in der Cyrenaika ausnutzten und auf Tripilos vorstießen. Es gab niemanden, der sie hätte daran hindern können. Die paar italienischen Truppen, die noch dort geblieben waren, waren von Panik ergriffen und erwarteten jeden Augenblick das Auftauchen der britischen Panzer.
Rommels Karriere in Nordafrika ab März 1941 wäre dann mutmaßlich etwas zögerlicher verlaufen.


[1] Freilich nicht ohne übel nachzureden, dass C.s Affinität zur Ägäis schon 1915 schiefging...:still:
 
Immerhin hatte die Truppenverlegung zur Folge, dass der britische Vormarsch am 12.2.41 abgebrochen wurde, obwohl die örtlichen Befehlshaber unisono davon überzeugt waren, dass damit eine große Chance vertan wurde. L.H. (S. 157) zitiert auch Warlimont:

Naja, C. hat hier eine gewisse Weichenstellung verursacht, sicher nicht in der Tragweite geplant, :winke:
... aber immerhin, mit geringsten - den verfügbaren - Mitteln.

Wir hätten dann auch die grundsätzliche Abwägung: Tripolitanien (nach der Cyrenaika) versus Balkan. Was wäre in Tripolis im März 1941 gewonnen (Vermutung: nichts!), was in Griechenland (die Option erscheint mir nachvollziehbar, sogar aussichtsreich)?

Dazu ist die Zeitleiste wichtig: die Entscheidung für Giechenland lag nämlich früher. Der Aufbau der Position auf Kreta und dem Festland begann im Januar 1941, vor Beda Fromm. Und vom Standpunkt Februar 1941 aus wäre zu fragen: wie war der Zustand der britischen Truppen in der Cyrenaika:

- eine australische Division - aus der Mobilmachung (9.) - fragwürdig, im Nachzug
- 7. Panzerdivison: Vollverschleiss, benutzte bereits italienische Beutepanzer
- 4. indische Divison: abgezogen auf Abessinien/Italienisch-Ostafrika.
- 2. Panzerdivision: Neuaufstellung, die Qualität zeigte sich im März bei Rommels Vorstoß, sie verschwand aus der britischen OOB
- ansonsten: Fehlanzeige.
Dazu: bekannte, bevorstehende Verlegung der deutschen Verbände nach Tripolis im Februar.

Damit war am 15.2.1941 die Richtung Tripolis militärisch eine Illusion, ganz abgesehen von den entstehenden 1500 km Versorgungslinien - Rommels spätere Probleme vice cersa. Keine schönen Aussichten für ein Ziel, das wenig bringt, insbesondere eben keine Fesselung. Die Einzelheiten der britischen Situation waren Warlimont im OKW natürlich nicht bekannt.
 
Wir hätten dann auch die grundsätzliche Abwägung: Tripolitanien (nach der Cyrenaika) versus Balkan. ...
[a] Dazu ist die Zeitleiste wichtig: die Entscheidung für Giechenland lag nämlich früher. Der Aufbau der Position auf Kreta und dem Festland begann im Januar 1941, vor Beda Fromm. ...
Und vom Standpunkt Februar 1941 aus wäre zu fragen: wie war der Zustand der britischen Truppen in der Cyrenaika: ...
Damit war am 15.2.1941 die Richtung Tripolis militärisch eine Illusion, ganz abgesehen von den entstehenden 1500 km Versorgungslinien - Rommels spätere Probleme vice cersa.


In der Tat eine sehr grundsätzliche Frage - und eine sehr umstrittene, denn es hat Churchill viel Mühe gekostet, um seine Vorstellungen durchzusetzen.

[a] Der britische "Aufbau" begann sogar noch früher, nämlich im November 1940 (DRZW Bd. 3, S. 420), aber das waren Positionen, die man ohne größere Verluste und Aufwendungen auch wieder hätte räumen können. Jedenfalls zogen sich die britisch-griechischen Verhandlungen über ein deutlich größeres Kontingent bis Anfang März 1941 hin, während sich in der Cyrenaika gar nichts tat. Erst am 7.3. trafen in Piräus die ersten größeren Einheiten ein; bis Ende März waren das stattliche 58.000 Mann (aaO, S. 435), die dann im April mit in den Strudel gerissen wurden.

Wie frag-würdig Churchills Konzept war, geht auch daraus hervor, dass er "noch Anfang März deutlich (machte), daß der Verlust Griechenlands, und darüber hinaus des ganzen Balkanraumes, äußerst unangenehm, aber keine Katastrophe sei, wenn nur die Türkei ein ehrlicher Neutraler bleibe" (aaO., S. 434).

Zur Lage in der Cyrenaika selbst muss man natürlich die von Dir zitierten Erwägungen zu Stärke und Zustand der Truppen ernst nehmen. Aber die britischen Probleme waren nichts gegen die der Italiener, und die Deutschen waren noch weit entfernt: "Die Einschiffung der 5. Le.Div. konnte nicht vor dem 20. März beginnen und die der 15. Pz.Div. nicht vor Mai" (Cartier, Der Zweite Weltkrieg, Bd. 1, S. 298). Und vor allem: Die 58.000 Mann in Griechenland hätten auch gerade so gut (oder noch eher) auf den nordafrikanischen Schauplatz gebracht bzw. dort belassen werden können, was eine deutliche Überlegenheit verbürgt hätte!

Von daher habe ich Verständnis für Churchills Kritiker und ihren Optimismus: "Einzig und allein die Wüste leistete [im Februar] den Engländern Widerstand. [...] Die Panzer erlitten beträchtliche Verluste durch Verschleiß, aber der Siegesrausch trieb die Männer weiter. 1000 Kilometer von El Agheila bis Tripolis! Die tunesische Grenze war nicht mehr als 200 Kilometer entfernt. Die Eroberung des gesamten italienischen Nordafrikas wäre für die Engländer nur noch ein Kinderspiel gewesen" (Cartier, ebd.).

Stegemann (DRZW, S. 598) äußerst sich zu den Chancen nicht direkt, spricht aber von einer "folgenschweren" Entscheidung: "denn die zur Verfügung stehenden [britischen] Truppen waren zu schwach, um eine deutsche Invasion Griechenlands aufhalten zu können, und sie verloren bei dem Versuch - wie in Norwegen und Frankreich - den größten Teil ihrer Ausrüstung. In Nordafrika aber erhielten die Deutschen nun eine Gelegenheit, erfolgreich einzugreifen, und es dauerte noch mehr als zwei Jahre, bis die Briten, gemeinsam mit den Amerikanern, hier den endgültigen Sieg erkämpfen konnten, der ihnen im Februar 1941 so nah schien."

Sicher wären bei einem Vorstoß über weitere 1000 Kilometer die britischen Probleme so ähnlich gewesen wie später die von Rommel - mit dem Unterschied, dass sich kein "Malta" zwischen Etappe und Front befand und die Seeherrschaft im östlichen Mittelmeer unangefochten war; wenn die Deutschen ernsthaft versucht hätten, diese zu beseitigen, wäre das "Fesselungs"-Konzept eher aufgefangen als in Griechenland.

Nun ja, grau ist alle Theorie...:winke:
 
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