Nach Vouillé: Ostgotische Suprematie über die Westgoten

Thrakische Goten und Franken an den Toren Spaniens

@silesia: Schon gut. Ich wollte nur Feedback. Wenn ich mir schon Mühe mache und auf Punkte eingehe, sind 2 Halbsätze pro Argument durchaus frustrierend.

Leider ignorierst du hier die in Thrakien siedelenden Greutungen, die später unter der Führung des Theoderich Strabo in Erscheinung traten.
Römische Quellen unterscheiden zwischen den verschiedenen Goten nicht, genauere Zuordnungen sind Spekulation.

Nun sind wir immer in Zeit und Raum gefangen... Adrianopel war 378, die berühmte Ansiedlung der Goten unter den besonderen Verträgen Kaiser Theodosius fand 382 statt...

Theoderich Strabo war Zeitgenosse des jungen Theoderich d. Gr., wurde bekannt als magister militium etwa ab 473 und kam während des Konfliktes mit diesem Namensvetter im Jahre 481 ums Leben.
theoderich_strabo_481
Da sind gute 100 Jahre dazwischen:
- Jahre, in denen die Westgoten unter Alarich nach Westen zogen
- ...in denen das hunnische Großreich in Pannonien erst geschaffen wurde, das alle Völker durcheinanderwirbelte UND nach Attilas Tod 453/454 selbst wieder unterging.
- Jahre in denen Vandalen, Sueben, die (meist gotisch genannten) Völker des Radagais und viele weitere mehr gegen- oder in das Reich einströmten.
- Jahre, in denen mehrfach römische Siege auch aus dem hunnischen Machtbereich gotische Gruppen herauslösten und bei sich ansiedelten... (so auch Heather)
- Jahre, in denen das Weströmische Reich unterging!
- Jahre, in denen etwa auch noch hunnisch/gotisch/sonstige Mischgruppen in Thrakien angesiedelt wurden. Darunter auch die Gruppe unter dem Attilasohn Ernak, die vertraglich angesiedelt wurde. Aber auch (etwa) jene Hunnen und Goten, die seinem Bruder Dengizich gefolgt waren, der 469 bei seinem Einfall in Thrakien sein Leben ließ - Seine Gefolgschaft fand sich teils als unterworfene dediticii später in römischen Diensten.... Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

Ganz wichtig auch: Zu Zeiten Theoderich Strabos sprach man eigentlich nicht mehr von Greutungen. Seine Leute werden gewöhnlich als Ostgoten bezeichnet.

Da in der zur Debatte stehenden Zeit nur drei bekannte Gotengruppen auf Reichsgebiet angesiedelt worden waren (die Unterworfenen Goten in Phrygien, die "Fritigern-Gruppe" in Thrakien mit ihrem Kern aus Terwingen und eben die greutungische Gotengruppe der beiden duces im Weströmischen Reich), ist meine Zuordnung alles Andere als gewagt oder gar spekulativ. Zweifelhafter ist es imho eher, die Goten des Theoderich Strabo als Greutungen identifizieren zu wollen.

Schon reichlich unverschämt, den Verweis auf die spanischen Besitztümer zu ignorieren.
Aber darauf habe ich doch mehrfach selbst hingewiesen! Dein „Verweis“ war eine Reaktion darauf, bestehend aus 4 Fragesätzen...
[FONT=&quot]Der spanische Teil wurde zu dem Zeitpunkt nicht angegriffen, sehr wohl aber etwas später (533/534 n. Chr.). Die dort angesiedelten Goten wurden vertrieben. 542 n. Chr. gab es den nächsten Anlauf, die Franken eroberten Pamplona und bestürmten Saragossa. Damit wird das ursprüngliche Ziel Chlodwigs ganz deutlich. Seine Nachfolger haben es wieder versucht.[/FONT]


Vor dem Eingreifen Theoderichs waren die „Reste“ der Westgoten wie gelähmt und nicht mehr koordiniert. Selbst die zeitweilige Thronerhebung Gesalechs fand meines Wissens erst statt, als das ostgotische Heer den Druck durch die Franken von den Westgoten nahm. Ob und wie weit die Franken ein „Restreich“ der Westgoten irgendwo akzeptiert hätten, muss fraglich oder offen bleiben, da sich mit dem Eintreffen der Ostgoten auf dem Kriegsschauplatz die Karten völlig neu verteilten. Es gelang den Franken nicht vorher vollendete Tatsachen zu machen. Ihr Abzug vor den belagerten Städten Arles und Carcassonne (mit dem westgotischen Thronschatz) bei Auftauchen der Ostgoten beendete ihre Anstrengungen. Carcassonne markiert also den Wendepunkt der fränkischen, militärischen Expansion in Richtung auf Spanien. Welche Pläne darüber hinaus es auch immer gegeben haben mag, sie scheiterten mit der Belagerung.
Bei alle dem behaupten zu wollen, Theoderichs Eingreifen habe „den Westgoten nichts gebracht“, ist schon… verstörend.

Aber vielleicht kann man mir ja Kapitel aus Büchern nennen, in denen die Vorgänge anders beschrieben werden?
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann zitiere ich mal, was heather dazu schreibt ("The Goths")
Peter Heather schrieb:
Even in 395, therefore, Alaric is best understood as the most powerful
leader of the Goths settled under the treaty of 382, ab probably already controlled most of the Tervingi and Greuthungi. Only Ammianus distinguishes between these originally separated groups, and most writers of the 390s and 400s talk if only one group of Goths crossed the danube in 376.
This reflects a transformation of fundamental importance. In the years after 376, Tervingi and Greuthungi had become one. As early as the hardianople campaign, they were already cooperating in the face of Roman power, not least in circumventing Valens' attempt to divide them
by admitting one and not the other in 376.


Ganz wichtig auch: Zu Zeiten Theoderich Strabos sprach man eigentlich nicht mehr von Greutungen. Seine Leute werden gewöhnlich als Ostgoten bezeichnet.

Sehr richtig, man sprach nicht mehr von Greutungen, aber auch noch nicht von Ostgoten, sondern eben schlicht von Goten.


Wenn du im Bezug auf Spanien schreibst, dass die Franken dort vorrückten, frage ich mich, was diese dort eigentlich angriffen, wenn es angeblich noch gar keine westgotische Herrschaft in Spanien gab.
 
Ich weiß immer noch nicht, was Heather in diesem Thread zu suchen hat. Bleiben wir doch bei den Folgen von Vouillé!
 
Ich weiß immer noch nicht, was Heather in diesem Thread zu suchen hat. Bleiben wir doch bei den Folgen von Vouillé!

Ok, dann die Rückfrage: Wieso bezeichnest du die visigotische Präsenz in Spanien nach den Eroberungen des Eurich als "Polizeiaufgaben"? Polizeiaufgaben für wen? Gab es noch nennenswerte weströmische Truppen in Spanien? Doch wohl kaum.
 
Ok, dann die Rückfrage: Wieso bezeichnest du die visigotische Präsenz in Spanien nach den Eroberungen des Eurich als "Polizeiaufgaben"? Polizeiaufgaben für wen? Gab es noch nennenswerte weströmische Truppen in Spanien? Doch wohl kaum.

Von mir aus kannst du die Eroberungen des Eurich auch als westgotische Expansion sehen. Das war nicht der Kern meiner Äußerungen:

Genau das ist ja die Krux! Ein spanisches Westgotenreich gab es zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht richtig. Zwar hatten die Westgoten vor Vouillé Polizeiaufgaben in Spanien übernommen und es gab wohl auch schon gotische Ansiedlungen, aber das regnum wisigothicae befand sich im heutigen Südfrankreich.

Die Tarraconense war die Peripherie des Westgotenreiches. Zentralspanien, die Meseta, die nach Vouillé das neue Zentrum des Westgotenreiches bildete, mit Toledo als der neuen Stadt der Königserhebung, gehörten noch nicht zum Westgotenreich.
 
Die Tarraconense war die Peripherie des Westgotenreiches. Zentralspanien, die Meseta, die nach Vouillé das neue Zentrum des Westgotenreiches bildete, mit Toledo als der neuen Stadt der Königserhebung, gehörten noch nicht zum Westgotenreich.

Es hat ja niemand angezweifelt, dass Toulouse die Hauptstadt der Westgoten war, nach Vouillé dann zunächst Narbonne, schließlich Barcelona. Toledo wurde wohl erst nach Amalarichs Tod zur Hauptstadt.
Aber es ging doch darum, ob die Goten schon Spanien beherrschten oder nicht. Und dieses war doch schon in den 470-er Jahren von Eurich erobert worden. Aus Wiki findet man den Satz "The Roman citizens of Hispania then pledged their allegiance to Euric, recognizing him as their king." - leider ohne Quellenangabe. Jedenfalls lässt das den Schluss zu, dass der größte Teil Spaniens 507 gotisch war - eine andere Macht gab es in der Region doch auch nicht mehr.
 
[FONT=&quot]Ich kann Heather auch nicht fragen, sehr wohl aber dich, da du anscheinend mehr von ihm gelesen hast, als ich (?). Wissenschaftliche Werke zu zitieren und als Argument zu verwenden ist üblich und legitim. Man kann sie freilich hinterfragen, am besten mit einer Begründung. [/FONT]

Ich befasse mich gerade mit Peter Heathers Untergang des Römischen Weltreichs, 2005/2010 London-Stuttgart, ISBN 978-3- 400-62665-4, und kann nur davor warnen, ihn als Maß aller Dinge zu sehen, nur weil er die gegenwärtig aktuellste Publikation vorgelegt hat. So ist z.B. seine Kernthese, Westrom sei durch die von den Hunnen ausgelöste Völkerwanderung untergegangen und nicht wegen seiner inneren Schwäche zum Scheitern verurteilt gewesen, ein uralter Hut. Diese Behauptung war die Standarderklärung der Forschung im 19. Jh. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, während danach nahezu alle Wissenschaftler auch wirtschaftlichen, sozialen und gesellschatlichen Ursachen den gebührenden Rang einräumten.

Dieser Ansatz ist durch Heathers Publikation natürlich nicht einfach vom Tisch gewischt, sondern es stehen sich damit - wie so häufig - verschiedene wissenschaftliche Lager gegenüber. Historiker wie Walter Pohl, Wolfram Herwig, Alexander Demandt oder Patrick Geary vertreten da mit guten Gründen eine gemäßigtere Linie, die die Komplexität des Geschehens betont und nicht einseitig auf eine ereignisgeschichtliche politische Linie setzt.
 
So ist z.B. seine Kernthese, Westrom sei durch die von den Hunnen ausgelöste Völkerwanderung untergegangen und nicht wegen seiner inneren Schwäche zum Scheitern verurteilt gewesen, ein uralter Hut.

Da solltest du aber nochmal genauer nachlesen. Er hebt sehr stark auf den Verlust der Steuereinnahmen aus Nordafrika und die gesellschaftlichen Veränderungen bei den Germanen ab. Allerdings vertritt er die Ansicht, dass ohne die Hunnen als Auslöser die Situation vielleicht noch in den Griff zu bekommen gewesen wäre. So abwegig bzw. überholt erscheint das nun nicht.
In seinem neueren Buch "Invasion der Barbaren - Die Entstehung Europas" geht er noch detaillierter auf die Problematik ein.
 
Es hat ja niemand angezweifelt, dass Toulouse die Hauptstadt der Westgoten war, nach Vouillé dann zunächst Narbonne, schließlich Barcelona. Toledo wurde wohl erst nach Amalarichs Tod zur Hauptstadt.
Aber es ging doch darum, ob die Goten schon Spanien beherrschten oder nicht. Und dieses war doch schon in den 470-er Jahren von Eurich erobert worden. Aus Wiki findet man den Satz "The Roman citizens of Hispania then pledged their allegiance to Euric, recognizing him as their king." - leider ohne Quellenangabe. Jedenfalls lässt das den Schluss zu, dass der größte Teil Spaniens 507 gotisch war - eine andere Macht gab es in der Region doch auch nicht mehr.

Sie beherrschten nicht Spanien, sondern das Ebrotal, welches an der Peripherie ihres Königreiches lag.

Ausgangspunkt der Diskussion war ja, was wohl aus den Westgoten hätte werden sollen, wenn Theoderich nicht eingegriffen hätte. Ob das bisschen Peripherie ein Überleben des Westgotenreiches gesichert hätte, ist doch mehr als fraglich.

Was richtig ist, ist, dass es vor Justians Rückeroberung des Westreiches, abgesehen vielleicht von den eher schwachen Sueben, keine militärische Macht auf der iberischen Halbinsel außer den Goten gab. Das macht aber die iberische Halbinsel nicht zum von den Westgoten beherrschten Gebiet.
 
Da solltest du aber nochmal genauer nachlesen. Er hebt sehr stark auf den Verlust der Steuereinnahmen aus Nordafrika und die gesellschaftlichen Veränderungen bei den Germanen ab. Allerdings vertritt er die Ansicht, dass ohne die Hunnen als Auslöser die Situation vielleicht noch in den Griff zu bekommen gewesen wäre. So abwegig bzw. überholt erscheint das nun nicht.

Du hast mich ganz falsch verstanden, Stilicho, denn natürlich ist der Einbruch der Hunnen der zentrale Auslöser für die germanische Völkerwanderung, in deren Verlauf das Weströmische Reich unterging. Allerdings ist das nun keine neue These, sondern - mit Verlaub - ein uralter Hut. Dennoch sollten wirtschaftliche, soziale, fiskalische und gesellschaftliche Faktoren nicht so pauschal von der Hand gewiesen werden, wie das in sehr zugespitzter Form Heather tut, der eine innere Schwäche oder einen inneren Zerfall Westroms kategorisch ablehnt.

Im übrigen ist Heathers "Untergang des römischen Weltreichs" natürlich ein lesenswertes und zuweilen sogar spannendes Buch, auch wenn man sich nicht mit all seinen Hypothesen einverstanden erklären muss. :winke:
 
Ausgangspunkt der Diskussion war ja, was wohl aus den Westgoten hätte werden sollen, wenn Theoderich nicht eingegriffen hätte. Ob das bisschen Peripherie ein Überleben des Westgotenreiches gesichert hätte, ist doch mehr als fraglich.

Das Gebiet von Pamplona bis Barcelona und Tarraco ist doch flächenmäßig nur unwesentlich kleiner als ihr voriges "Reich" in Aquitanien. "Bisschen Peripherie" ist doch etwas untertrieben für Städte wie Cesaracosta, Barcelona und Tarraco. Zudem ist äußerst unklar, wie weit nach Süden die Herrschaft tatsächlich ging.
 
Heather und die Goten nach Adrianopel

Ich befasse mich gerade mit Peter Heathers Untergang des Römischen Weltreichs,...

Danke Dieter. Exakt so sehe ich das auch, da möchte ich jedes einzelne Wort unterstreichen. Das genannte Buch ist sehr lesenswert! Man sollte sich von seinem mitreißenden Stil aber vielleicht nicht so weit mittragen lassen, dass die gegenläufige Strömung (Transformation statt Untergang) davon völlig Überdeckt, oder gar verworfen wird. Heather geht sogar noch weiter: Nicht direkt die Völkerwanderung (von den Hunnen ausgelöst) war seiner Ansicht die wichtigste Ursache für den Niedergang Roms, sondern die autonomen, im Reich angesiedelten Barbarengruppen seien das eigentliche Übel gewesen, da durch sie die römische Welt ihre Einheitlichkeit verloren habe (meine Formulierung, es wird bessere geben…). Das von Stilicho ergänzte „Steuerargument“ subsumiere ich unter die halbautonomen – sprich foederierten Barbarenreiche oder andere erfolgreiche Reichsgründungen.

Gerade mit den Namen Wolfram oder Pohl ist ein deutlich weniger linear gesehener Prozess bei den Goten verbunden. Wie in Stilichos dankenswertem Zitat von Heather beschrieben, setzt dieser auf eine sehr frühe, gemeinsame Ethnogese von Terwingen und Greutungen nach Adrianopel, die zur Entstehung der Westgoten führte. H. Wolfram, wohl basierend auf dem genauen Beobachter Ammianus, beschreibt ursprünglich nur zeitweilige Zweckbündnisse zwischen beiden gotischen Gruppen, sowie Splittern der Alanen und Hunnen. Die Gruppe von Greutungen, Alanen und Hunnen unter den beiden duces, wird traditionell im deutschsprachigen Raum als „3-Völker-Koalition“ bezeichnet. Ein Komplex, der von Heather im oben genannten Buch (UdRR) mit wenigen Worten als zu akademisch verworfen wird.
Heather taucht immer wieder in der Diskussion auf, weil er wohl der prominenteste Vertreter einer eher „vereinfachenden Sichtweise“ ist und die Greutungen-Splitter der beiden duces sehr schnell zum „integralen Gründungsbestandteil“ der entstehenden Westgoten werden lässt. Wie durch Stilichos aufschlussreiches Zitat gut erkennbar wird.
– Aber vielleicht passt dieses Thema doch besser in einen anderen Thread. Den Amalerthread vielleicht?
 
Neues Westgotisches Reich in Spanien aus den Trümmern von Vouillé

EQ hat wirklich hervorragend die eher lockere und indirekt/periphere Herrschaft der Westgoten südlich der Pyrenäen charakterisiert. Diese Herrschaft basierte nicht auf Ansiedlung, sondern auf indirekte Machtausübung über das Gebirge hinweg nach Süden. Ermöglicht durch das relative Machtvakuum in Spanien selbst. Nach der Niederlage gegen die Franken hatten die Westgoten ihre eigene Machtbasis weitgehend verloren: Die Franken standen bereits am Fuße der Pyrenäen und belagerten Carcassonne (keine 70 km vom zukünftigen Zentrum Narbonne entfernt!).

Die heutige Strecke von Carcassonne bis zur alten Hauptstadt Toulouse ist ebenfalls nur knapp 100 km. Das ist alles sehr kompakt und unterstreicht den Überlebenswillen der Westgoten, die sich nun auf ihre Festungen stützten mussten. Ohne Entsatz waren die Aussichten auf lange Sicht für sie nicht eben rosig zu nennen... Die Verteidiger von Arles stützten sich weitgehend auf lokale Verteidiger, bis die Ostgoten Entsatz brachten… So ist der vielleicht „verwunderliche Eifer“ der Burgunder zu verstehen, welche an der Seite der Franken begonnen hatten, sich ihren Teil an der vermeintlichen, westgotischen Beute zu sichern.

Der Vorstoß der Ostgoten von Arles weiter in Richtung Carcassonne diente damit auch sehr direkt dem Schutz von Narbonne und ebenso der üblichen und direkten Verbindungslinie zwischen Narbonne und Barcelona. Im Übrigen soll Amalarich nach der Niederlage seines Vaters nach Spanien gegangen sein. Das Kind wurde damit aus dem Zentrum der Ereignisse herausgehalten – eben Peripherie! Ostgotische Truppen schützen durch ihre Bewegungen direkt den Kern des späteren Septimanien/Gothia auf heute französischer Seite.

Vereinfacht: Septimanien bildete den verbliebenen westgotischen Kern, von dem aus die neue Reichsbildung ausging. Die direkte Kontrolle der Masse Spaniens wurde weiterhin nur möglich durch den Zuwachs an ostgotischen Kriegern, durch deren Eingreifen (Theoderich) der Krieg mit den Franken und Burgundern ein Ende fand. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet, ermöglichte das ostgotische Eingreifen das Überleben eines westgotischen Volkes und leitete eine weitere, neue Phase seiner Ethnogese ein…

Ob bei der neuen Reichsbildung, mit sich nach Spanien verlagernden Kernes, die Fläche des vorher dort bereits beherrschten Gebietes nun größer/gleich war, als das vorherige Kerngebiet der Westgoten an der Garonne, ist völlig unerheblich. Die Zentren der Westgoten und Wohnsitz ihrer Familien lagen fast ausschließlich nördlich der Pyrenäen. Um einen krassen Vergleich zu ziehen: Die Fläche, welche die deutsche Wehrmacht bei ihrer Kapitulation 1945 noch in Europa besetzt hielt, war ebenfalls „vergleichbar“ mit der Fläche des Deutschen Reichs bei Machtantritt Adolf Hitlers – und musste trotzdem erkennen dass sie ausgespielt hatte - ihrer Machtbasis beraubt… Ostgotischer Zuwachs und die Protektion Theoderichs (welche den Frieden mit Franken und Burgundern erzwang) ermöglichten die Gründung eines neuen westgotischen Reichs. Das ist der springende Punkt imho.
 
Dann frage ich mich immer noch, welches Spanien Eurich nun in den 470ern erobert hat, wenn es nicht das Spanien südlich der Pyrenäen war. Und welche Romanen ihn dort als König anerkannten. Oder warum man den Sohn des gefallenen Königs nach Barcelona "in Sicherheit" schaffte, wenn man die Gegend um Barcelona nur locker beherrschte. Und wer um alles in der Welt denn damals in Spanien herrschte, bzw. wie die Westgoten jemals ein Toledanisches Reich gründen konnten.

Schon Theudis konnte in Ceuta eine Garnison stationieren und Toledo zur Hauptstadt machen, Theudigisel und Agila kämpften in Sevilla und Cordoba.

Kurz gesagt, war der überwiegende Teil Spaniens seit Eurich und seinem Sohn Alarich II schon Visigotisch gewesen, die Nachfolger dehnten es nur um die Randgebiete aus.

Dazu Wolfram in die Goten, Seite 190 über die Eroberung des Eurich:
Wolfram schrieb:
Mit Ausnahme des suevischen Nordwestens und einiger baskischer "Reservationen" im Norden stand damit ganz Spanien unter gotischer Herrschaft

Nachtrag: Heather beschreibt bezugnehmend auf die "Chronik von Caesaraugusta" eine massive Siedlung der Goten in Spanien ab den 490er Jahren. Als Ursache vermutet er den zunehmenden Druck der Franken auf das tolosanische Reich, die Eroberung von Bordeaux in 498 verbunden mit möglichen Tributzahlungen sowie ganz allgemein die besseren Entfaltungsmöglichkeiten in Spanien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Ebrotal ist auch ein Teil Spaniens. Dass das Ebrotal erobert wurde, hat niemand bestritten. Das ändert jedoch nichts daran, dass Spanien vor Vouillé Peripherie und nach Vouillé Rettung der Westgoten war, oder dass es für Theudis relativ leicht war - mangels militärischen Widerstands - Spanien relativ leicht zu erobern.
Alle spanischen Ortsnamen, die in der Crónica de Zaragoza vor 507 erwähnt werden, liegen im Ebrotal: Caesarauguste (Zaragoza) und Dertosa (Tortosa).
Selbst danach: Barcelona, Gerona, Tarraco - alles Städte des Ebrotales.
Wenn man die Crónica de Zaragoza als alleinige Grundlage nähme, müsste man sogar annehmen, dass Südspanien erst 60 Jahre nach Vouillé erobert worden sei, denn erst für 568 vermerkt die Crónica, dass Sevilla belagert und erobert worden sei und Córdoba gleich mit.
 
Wenn man die Crónica de Zaragoza als alleinige Grundlage nähme, müsste man sogar annehmen, dass Südspanien erst 60 Jahre nach Vouillé erobert worden sei, denn erst für 568 vermerkt die Crónica, dass Sevilla belagert und erobert worden sei und Córdoba gleich mit.

Wenn man allerdings berücksichtigt, dass schon 483 Zeno, Bischoff von Merida, mit einem gotischen Verwaltungsbeamten (Salla) zusammenarbeitete, kommt man zu einem ganz anderen Bild.
 
Wenn man die Crónica de Zaragoza als alleinige Grundlage nähme, müsste man sogar annehmen, dass Südspanien erst 60 Jahre nach Vouillé erobert worden sei, denn erst für 568 vermerkt die Crónica, dass Sevilla belagert und erobert worden sei und Córdoba gleich mit.

Davon kann man ziemlich sicher ausgehen, wobei wir angesichts der dürftigen Quellenlage nur vermuten können, wie weit die Goten etwa 50 Jahre nach Vouillé nicht nur nach Spanien hineingestoßen sind, sondern sich niedergelassen haben und siedelten.

Es scheint auch müßig zu sein, das nun heute noch so exakt datieren zu wollen. Auf jeden Fall kann man davon ausgehen, dass die Westgoten Spanien bis Ende des 6. Jh. vollständig in Besitz genommen hatten - sieht man vom Reich der Sueben in der galicischen Nordwestecke einmal ab.
 
Davon kann man ziemlich sicher ausgehen, wobei wir angesichts der dürftigen Quellenlage nur vermuten können, wie weit die Goten etwa 50 Jahre nach Vouillé nicht nur nach Spanien hineingestoßen sind, sondern sich niedergelassen haben und siedelten.

Der strittige Punkt ist allerdings der gotische Vorstoß nach Spanien vor Vouillé.
 
Der strittige Punkt ist allerdings der gotische Vorstoß nach Spanien vor Vouillé.

Folgt man Walter Pohl [1], so erstreckte sich das Tolosanische Reich der Westgoten zunächst nur über einen Bereich, der sich, ausgehend vom Kerngebiet um Toulouse und Bordeaux, von den Pyrenäern bis zur Loiremündung erstreckte. Das war die ihnen von den Römern zugewiesene Region. Bis Mitte des 5. Jh. weiteten sie ihren Machtbereich zeitweise Richtung Spanien aus, wo sie in kaiserlichem Auftrag immer wieder gegen Sueben und zunächst auch Vandalen kämpften.

König Eurich tat schließlich nach seinem Regierungsantritt 466 den entscheidenden Schritt, brach den Foedus, besetzte die Städte Merida und Tarragona und kontrollierte von nun an große Teile Spaniens.

[1] Walter Pohl, Die Völkerwanderung. Eroberung und Integration, Stuttgart 2002/2005, S. 60, 63
 
Folgt man Walter Pohl [1], so erstreckte sich das Tolosanische Reich der Westgoten zunächst nur über einen Bereich, der sich, ausgehend vom Kerngebiet um Toulouse und Bordeaux, von den Pyrenäern bis zur Loiremündung erstreckte. Das war die ihnen von den Römern zugewiesene Region. Bis Mitte des 5. Jh. weiteten sie ihren Machtbereich zeitweise Richtung Spanien aus, wo sie in kaiserlichem Auftrag immer wieder gegen Sueben und zunächst auch Vandalen kämpften.

König Eurich tat schließlich nach seinem Regierungsantritt 466 den entscheidenden Schritt, brach den Foedus, besetzte die Städte Merida und Tarragona und kontrollierte von nun an große Teile Spaniens.

[1] Walter Pohl, Die Völkerwanderung. Eroberung und Integration, Stuttgart 2002/2005, S. 60, 63

Und wie kommt er auf Mérida? Das lag nämlich tatsächlich an der Grenze der Lusitania (+/- Portugal + Extremadura) - deren Hauptstadt Mérida (Emerita Augusta) war - zur Baetica (+/- Andalusien).
 
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