Ogrim
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Ganz sicher war der Landbote nicht an das Bildungsbürgertum, sondern an den einfachen Landmann gerichtet. Und der konnte im 19. Jahrhundert durchaus lesen, Volksschulen waren ja seit dem 18. Jahrhundert eingeführt. Diese Bauern stellten ein nur durch Pfarrer instruiertes, revolutionäres Potential dar, das Weidig mit zahlreichen Bibelsprüchen versucht hat, da abzuholen, wo es stand.Sie versuchten nun die Bevölkerung, besser gesagt das Bildungsbürgertum, denn an dieses war der Hessische Landbote gerichtet, mit sehr ausdrucksstarken Worten aufzurütteln
Das sehe ich anders. Weidig hat als ausgebildeter Pfarrer diese Schrift nachhaltig verändert, nicht umsonst wollte Büchner mit dem gedruckten Landboten nichts mehr zu tun haben. Dennoch sollten beide gemeinsam erwähnt werden, da hab ich nichts dagegen, alleine schon, damit an das skandalöse Ende von Weidig erinnert werden kann. Übrigens steht in seinem Arbeitsort nur ein Stein mit seinen Geburts- und Sterbedaten, bis heute erinnert dort nichts mehr an den berühmtesten "Sohn" der Stadt Butzbach.Also für mich wäre es ein Unding Weidig im zusammenhang mit dem Landboten nicht zu erwähnen. Er war es doch, der der Schrift den letzten Schliff gegeben hat. - Easy rider
Der Student, dessen Name mir gerade nicht einfällt, der am Giessener "Selterstor" mit dem Landboten verhaftet wurde, führte einige hundert Exemplare mit sich. Auf diesem Weg der persönlichen Verteilung wurde der Landbote in die wichtigsten Städte und grösseren Dörfer gebracht. Viele Exemplare dürften es wegen der Kürze der Zeit und der nötigen Geheimhaltung sicher nicht gewesen sein. Aber sie wurden weiter gereicht.Du meinst, dass er nicht alle Menschen erreichen konnte? Wie verbreitet war denn überhaupt "Der Hessische Landbote"? Ich las bis jetzt eher von einer geringen Auflage von weniger als 2000 Exemplaren.
Das frage ich dich auch. Es gibt ja den berühmten "Brief an die Familie" aus dem Straßburger (Luxus-)Exil. Darin schreibt Büchner, dass er sich an keiner revolutionären Bewegung beteiligen würde. Er war in meinen Augen ein Feigling, es sei denn, er hätte sich soviel Gedanken um eine mögliche Überwachung gemacht, dass er diesen Text absichtlich geschrieben hätte, um abzulenken. Die Revolution von 48 war sicher nicht "Büchners Revolution", aber er hätte sich darüber gefreut und wäre zurück gekommen. Vermutlich nur, um genauso verhaftet zu werden wie Weidig oder wieder ins Exil fliehen zu müssen. Nur eine Annahme, natürlich.Ich finde, deine Ausgangsfrage ist nicht korrekt. Wieso kommst du darauf, dass Büchner gescheitert sei? (Und was meinst du eigentlich mit "seine" Revolution?
Das Massaker von Södel war vor allem für Weidig als damaligen Befehlshaber wichtig. Bitte überseht nicht, dass Büchner damals erst seit kurzem (Studienbeginn) in Oberhessen wohnhaft war, ob er bereits in Darmstadt von Södel gehört hat, weiss ich nicht.Einer der Anlässe, waurm Büchner den Landboten schrieb war ja u.a. das Massaker von Södel, also die militärische und außerst brutale Niederschlagung eines Bauernaufstandes. Nachdem sich Büchner lediglich vier Jahre später an eben genau diese Bauern wendet und sie mit seiner Schrift erneut zu einer Revolution aufruft und sogar noch auf Södel verweist, finde ich es nicht sonderlich verwunderlich, dass es eben zu keinem Aufstand kam. Zum einen dürften die Folgen der letzten Aktion noch sehr präsent im kollektiven Gedächtnis vorhanden und damit eine gewisse Vorsicht einer der Hauptmotivatoren gewesen sein. Zum anderen erweitert Büchner den "Gegnerkreis" auch noch direkt um das Bürgertum, welches die aufständische Landbevölkerung bei Södel mehr oder minder verraten oder zumindest im Stich gelassen hat. Welche Aussichten auf Erfolg hätte den so eine bäuerliche Revolte überhaupt gehabt? Wie schon mehrfach erwähnt, möchte ich auch nochmal unterstreichen, dass es nicht an den "ugebildeten Landeiern" lag, dass nichts passiert ist. Ich finde es sogar rational, dass es auf Grundlage des Landboten zu keinen Aufständen kam. -lili
Gerade der Zug auf Södel war ja eben ein Erfolg der bäuerlichen Revolution, vorher hatte man nämlich den Bürgermeister von Nidda öffentlich geschmäht und die Rathäuser besetzt. Alles eine Revolte von hungernden Bauern. Ich hätte in der damaligen Zeit, nach allem was ich weiss, die Aussichten für eine solche Revolution oder Revolte für sehr gut gehalten, Weidig und Büchner sicher auch, sonst hätten sie sich die Arbeit nicht gemacht.
Dem gibt es nichts hinzuzufügen.Der Vormärz, sowohl der literarische als auch der politische, mündeten schließlich in der März-Revolution von 1848. Wenn das kein Erfolg ist?!
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