Was Du im zweiten Absatz schreibst, vermute ich auch. Beim ersten habe ich allerdings Bedenken:
Es gibt da eine ganze Reihe von Fragen, die gestellt werden müssen. Was ist ein König? Ein Alleinherrscher! Im Gegensatz zu einem Tyrannen ein Herrscher, dessen Macht gesetzlich sanktioniert ist und auf einer rechtlichen Grundlage besteht.
In Caesars Fall wäre aber eher das Gegenteil der Fall gewesen: Die verschiedenen Kompetenzen und die Machtfülle, die Caesar zur Zeit seines Todes hatte, verstießen zwar in mancherlei Hinsicht gegen die Verfassung (z. B. die Dauer der Dictatur), bewegten sich aber doch noch einigermaßen im Rahmen des Herkömmlichen (Konsulat, Dictatur etc.). Die Verleihung der Königswürde aber hätte, sofern sie auch für Rom selbst gegolten hätte, die Verfassung endgültig umgestürzt, insbesondere dann, wenn Caesar die Proklamation durch Teile des Volkes oder seinen Mitkonsul angenommen hätte. Aber auch eine Verleihung durch den Senat ging weit über das hinaus, was mit Recht und Gewohnheit zu vereinbaren war. Es stand also Caesars Dictatur/Tyrannis eher auf einer rechtlichen Grundlage als sein Königtum. Das Königtum war vielen Römern außerdem von Alters her absolut verhasst und wäre von ihnen als viel schlimmer empfunden worden als eine bloß faktische Alleinherrschaft (Tyrannis).
Hätte er aber dazu einen Grund gehabt? Cui bono? Wie schon gesagt, die Machtkompetenzen hatte er mit der dauerhaften Diktatur bereits und nutzte sie auch ausführlich. Die Maßnahmen Caesars zeigen aber, daß es sich um eine bewußte Formung des Staatswesens handelte und nicht um eine temporäre Einrichtung eines bestimmten Status Quo. Das heißt, er mußte sich mit dem Gedanken tragen, seinen Maßnahmen eine Zukunftssicherung zu gewähren, und dies konnte natürlich nur gehen, wenn er einen Einfluß auf seine Nachfolge, und zwar in einem langfristigen Rahmen, ausüben konnte. Die Vererbung von Macht ist aber ein Grundgedanke des Königtums (unabhängig von der Frage, daß es Wahlmonarchien gibt), und somit wäre es dem gedanklichen Konzept Caesars durchaus zuzutrauen, daß er den alten Königsbegriff reaktivieren wollte, im Vertrauen darauf, daß der negative Eindruck sich aus uralten historischen Gründen ergab und durch eine neue, von ihm als positiv dargestellte Konnotation neutralisieren könnte.
Genau das ist für mich aber die Frage, ob Caesar wirklich so langfristig dachte und ein System schaffen wollte, das über seinen Tod hinaus Bestand haben würde.
Sehen wir uns einmal den Punkt mit der Vererbung an: Dafür braucht man einen Erben. Damit beeilte sich Caesar aber nicht übermäßig: Zwar setzte er seinen Großneffen Octavius als Haupterben ein, aber er adoptierte ihn erst testamentarisch und gab sich auch sonst zu seinen Lebzeiten noch keine allzu große Mühe, ihn zum Nachfolger aufzubauen. Das ist schon etwas seltsam, zumal Caesar weder der jüngste noch der gesündeste noch der ungefährdetste war. Stattdessen förderte er potentielle Rivalen Octavius' wie Antonius, Lepidus oder Dolabella, denen er wichtige Positionen und Kommandos anvertraute - dem Dolabella verschaffte er sogar unter Verstoß gegen mehrere gesetzliche Vorschriften (zu jung, keine Praetur) das Konsulat. Da hätte er den Octavius zumindest schon mal zum Quaestor machen können. Grundsätzlich ist es für einen Alleinherrscher zwar gefährlich, jemanden allzu eindeutig zum Nachfolger aufzubauen, aber vom 18-jährigen, zwar intelligenten, aber eher unscheinbaren Octavius hatte er wohl auf absehbare Zeit nichts zu befürchten. Ich bin daher nicht überzeugt, ob Caesar in Octavius wirklich den Erben seiner politischen Stellung sah. Das wirft wieder die Frage auf, ob er seine Stellung wirklich vererben wollte oder aber nicht doch nur Reformen durchführen und (im Unterschied zu Sulla) auf Lebenszeit im Amt bleiben.
Außerdem bringt der Königstitel allein noch nicht viel, er ist nur ein Titel, der erst mit Kompetenzen ausgefüllt werden muss. Der Senat sollte am 15.3.44 aber anscheinend nur beschließen, dass Caesar in den Provinzen den Titel führen durfte. Seine Macht hätte aber weiterhin auf seinen sonstigen Kompetenzen basiert, nicht auf dem Titel. Zur Vererbung seiner Stellung wäre der Königstitel nur tauglich gewesen, wenn er auch in Rom gegolten hätte und die Kompetenzen unmittelbar an den Titel geknüpft worden wären, also zumindest ein Gesetz erlassen worden wäre, das die Kompetenzen eines Dictators unmittelbar und dauerhaft auf den König überträgt. Ob so etwas für die Zukunft noch geplant war, muss Spekulation bleiben.
Alles in allem scheint es mir daher am wahrscheinlichsten zu sein, dass Caesar den Königstitel tatsächlich nur in Hinblick auf seine östlichen Untertanen und Klientelfürsten anstrebte, schon hinsichtlich des Partherfeldzuges.