Gegenstempel und Varus-Schlachtfeld

Interessant zu der Frage, ob die Gegenstempel für bereits gezahltes oder nur für versprochenes Geld stehen, sind die Stempel-Imitationen.

so z.B. der Gegenstempel mit der Nummer 228:

Anhang anzeigen 15191

Werz beschreibt ihn wie folgt:
Die beiden von ihm herangezogenen Gegenstempel sehen wie folgt aus:
Anhang anzeigen 15189Anhang anzeigen 15190

Diese Imitationen gibt es nicht nur bei den Varus-Stempeln sondern tauchen gestreut über alle Stempel und Nutzungszeiten auf. In einem Fall wurde sogar der Stempel und die Trägermünze imitiert.

Aus meiner Sicht scheint damit die Betrugsanfälligkeit einer hypothetischen Schuld-Stempelung kein Gegenargument mehr zu sein. Sie wäre vielmehr erwiesene Realität. Gleichzeitig fällt es mir schwer glaubhafte Gründe zu erfinden, warum jemand einen Gegenstempel imitieren sollte, wenn dessen Sinn und Zweck nur dem Gedenken des Spenders geschuldet war.

Gruß
jchatt
Und damit sind wir wieder bei der Werterhöhung oder Werterhaltung angelangt.
 
Huhu,



Ist das Foto ein NEGATIV? (oder Bildbearbeitung (Farb- oder Kontrastumkehrung) z. B. um die Stempel besser lesen zu können).
Es sieht für mich so ganz anders aus als die anderen gegengestempelten Münzen, die ich bisher gesehen habe.

Technisch macht es für mich keinen Sinn, dass Gegenstempel erhöht (!) auf einer Münze auftauchen sollten (also das Rechteck des Gegenstempels).

Falls das eine Bearbeitung eines Negativ (oder auf Farb- bzw. Kontrastumkehrung des "Abzugs") beruht, dann wurde der VAR-Gegenstempel VOR dem AUC-Gegenstempel angebracht.

Ich habe von diesem Fund gelesen (muss gucken wo) und dass die Gegenstempelei darauf ursprünglich in der falschen Reihenfolge gesehen wurde, nach aktuellem Stand aber nix gegen zuerst Varus, dann (TIB)AUC spricht.

Meine 5 Cent dazu.

Wünsche Allen einen Schönen Abend

VG
Nemetona
Technisch ist ein erhabenes Rechteck nur machbar, wenn dabei der Rest der Münze plattgestempelt wird, wofür es aber keine Hinweise gibt. Ich hatte die schlechte Belichtung der Münze bereits bemängelt. Es handelt sich aber zweifelsfrei um eine Einsenkung.
 
Interessant zu der Frage, ob die Gegenstempel für bereits gezahltes oder nur für versprochenes Geld stehen, sind die Stempel-Imitationen. [...]
Diese Imitationen gibt es nicht nur bei den Varus-Stempeln sondern tauchen gestreut über alle Stempel und Nutzungszeiten auf. In einem Fall wurde sogar der Stempel und die Trägermünze imitiert.
Aus meiner Sicht scheint damit die Betrugsanfälligkeit einer hypothetischen Schuld-Stempelung kein Gegenargument mehr zu sein. Sie wäre vielmehr erwiesene Realität.
Womit sich also umso mehr die Frage aufdrängt, warum sich ein römisches Heer den Aufwand antun sollte, Pfandmarken auszugeben anstatt eine simple Liste zu führen. Keiner der Beteiligten würde etwas gewinnen bei so einem Wertmarkensystem, das ja auch nur ein bloßes Versprechen symbolisiert, durch den geringen Materialwert der Marken aber keine echte Verpfändung. Stattdessen eröffnet sich eine zusätzliche, leicht zugängliche Option für Betrugsversuche, da der niederwertige Rohling allgemein in Umlauf ist und ein vergleichsweise simpler Gegenstempel deutlich einfacher gefälscht werden kann als z.B. die beiden Prägestempel einer Münze mit ihren in der Regel deutlich komplexeren Motiven.
Oder hab' ich Deine These nur noch immer nicht wirklich verstanden?
Und damit sind wir wieder bei der Werterhöhung oder Werterhaltung angelangt.
So seh' ich das auch: Scheidemünzen ohne allgemein akzeptierten Materialwert werden skeptisch beäugt, wenn die Prägung neu und das geprägte Motiv dem Handelspartner noch nicht vertraut ist, oder wenn die Münze schon so abgegriffen ist, daß die Prägung nur noch mit Mühe überhaupt erkennbar ist. Ein amtlicher Gegenstempel drauf schafft dann eben das nötige Vertrauen, um ein Zahlungsmittel auf dem lokalen oder regionalen Markt zu etablieren.
Rentiert es sich, eine Münze zu fälschen oder mit gefälschtem Gegenstempel zu versehen, für deren Nominalwert ich mir gerade mal ein halbes Brot kaufen kann? Wage ich nicht zu beurteilen und ist sicherlich auch nicht vergleichbar mit modernem Geldfälschertum, das natürlich von den technischen Möglichkeiten zur billigen Massenproduktion profitiert; heutzutage wird ja gern eher geringerwertiges Geld gefälscht, weil da im Zahlungsverkehr seltener auf Echtheit geprüft wird.
Aber reden wir überhaupt von in Betrugsabsicht hergestellten Imitaten? So ganz eindeutig einzuordnen scheint das nicht zu sein, ist jedenfalls mein erster Eindruck nach oberflächlichem Scannen einiger Online-Artikel.
 
Die Frage die sich zuerst stellt ist doch die:
"Welchen Vorteil hat jemand einen Gegenstempel zu imitieren ?"

So seh' ich das auch: Scheidemünzen ohne allgemein akzeptierten Materialwert werden skeptisch beäugt, wenn die Prägung neu und das geprägte Motiv dem Handelspartner noch nicht vertraut ist, oder wenn die Münze schon so abgegriffen ist, daß die Prägung nur noch mit Mühe überhaupt erkennbar ist. Ein amtlicher Gegenstempel drauf schafft dann eben das nötige Vertrauen, um ein Zahlungsmittel auf dem lokalen oder regionalen Markt zu etablieren.
Der Anreiz zum Anbringen von gefälschten Gegenstempeln auf regulären Münzen kann doch nur sein, dass der Fälscher sich dadurch einen (materiellen?) Vorteil verspricht, der höher als der Eigenwert der Münze ist. Denn die Münze hat er ja schon.
Zudem schliesst Werz aus, das der Grund zum Anbringen der Gegenstempel eine Wertbestätigung ist. Zustand und Gewicht der gegengestempelten Münzen unterscheiden sich nicht von denen der Ungestempelten.
Es bleibt daher keine andere plausible Möglichkeit als die, dass die Münzen durch Gegenstempelung mit weiteren Vorteilen verbunden wurden.
Wenn wir also wie Werz davon ausgehen, dass die Stempelungen mit Schenkungen oder Soldzahlungen zusammenhängen, kann das nur Geld sein, dass noch nicht ausbezahlt wurde. Sonst hätte sich ja ein Betrugsversuch nicht mehr gelohnt.
Das Verfahren ist also identisch mit dem der nachgewiesenen Stempelungen zur Wertbestätigung von Scheidemünzen. Durch den Stempel wird ein vorher vereinbarter Wert dem Münzinhaber versprochen.


Womit sich also umso mehr die Frage aufdrängt, warum sich ein römisches Heer den Aufwand antun sollte, Pfandmarken auszugeben anstatt eine simple Liste zu führen.

Die Frage stellt sich eben nicht mehr. Denn ein römisches Heer hat gegengestempelt und diese Stempel wurden offenbar gefälscht und offensichtlich waren es Pfandmarken.

Gruß
jchatt
 
Es bleibt daher keine andere plausible Möglichkeit als die, dass die Münzen durch Gegenstempelung mit weiteren Vorteilen verbunden wurden.
Wenn wir also wie Werz davon ausgehen, dass die Stempelungen mit Schenkungen oder Soldzahlungen zusammenhängen, kann das nur Geld sein, dass noch nicht ausbezahlt wurde. Sonst hätte sich ja ein Betrugsversuch nicht mehr gelohnt.

Sold wird nicht ausgezahlt, um dann nicht weiterverwendet zu werden, sondern, um wieder ausgegeben zu werden.

Ich frage mich wie man Stempelfälschungen feststellen möchte...
 
Zudem schliesst Werz aus, das der Grund zum Anbringen der Gegenstempel eine Wertbestätigung ist. Zustand und Gewicht der gegengestempelten Münzen unterscheiden sich nicht von denen der Ungestempelten.
[...]
Das Verfahren ist also identisch mit dem der nachgewiesenen Stempelungen zur Wertbestätigung von Scheidemünzen.
Widerspricht sich das nicht?
offensichtlich waren es Pfandmarken.
So offensichtlich ist das für mich noch keineswegs. Ich bin weder Numismatiker, noch Ökonom. Vielleicht brummt mir deswegen auch der Schädel bei dem Versuch, mir eine Wirtschaftswelt vorzustellen, in der Scheidemünzen zwei verschiedene Nominalwerte (also versprochene Gegenwerte) haben können.
 
zu den Imitationen Wigg-Wolf:

"Die Barbarisierungsepidemien werden vor allem als Reaktion auf eine
Münzknappheit interpretiert, die durch kriegerische Störungen oder einen
Münzverruf ausgelöst wurde, oder aber entstanden ist, weil die offiziellen
Prägeanstalten geschlossen wurden bzw. ihren Ausstoß verringert hatten."

und weiter

"Bei der Münzprägung muss zwischen den zwei Ebenen der Produktion
und des Gebrauchs von Bronzemünzen unterschieden werden (Tab. 1). Bei
der kaiserlichen Münzprägung war die obere Ebene der Produktion und
der Münzversorgung eine offizielle, die in erster Linie die Politik der
zentralen Verwaltung widerspiegelt: In der Kaiserzeit wurden Münzen vor
allem deswegen vom Staat geprägt und ausgegeben, um dessen eigene
Ausgaben zu decken. Sie dienten selten der Steuerung der Wirtschaft bzw.
den Bedürfnissen der Verbraucher. Die zweite, untere Ebene betrifft die
Funktion der Münzen, nachdem sie vom Staat ausgegeben worden waren.
Dies bezeichnen wir im allgemeinen als Münzumlauf. Für die Bronzemün-
zen, um die es hier geht, war diese Ebene weitgehend der offiziellen Kontrolle
entzogen. Einmal in den Umlauf gebracht, interessierten Bronzemünzen
den Staat wenig. Sie flossen nicht als Steuer in die Staatskasse zurück und
werden selten offizielle Stellen durchlaufen haben. So spiegelt diese
zweite Ebene eher die alltäglichen Bedürfnisse und Gewohnheiten der Ver-
braucher wider."

und weiter

"Für die Barbarisierungen bleibt die zweite Ebene des Gebrauchs oder
Umlaufs die gleiche. Aber mit der ersten Ebene, die der Produktion und
der Versorgung, verhält es sich anders. Sie wird nicht mehr von der Politik
der zentralen Verwaltung gelenkt - obwohl sie, wie wir sehen werden,
davon beeinflusst werden konnte. Die Barbarisierungen waren ein ephe-
meres Phänomen mit chronologischen und geographischen Schwerpunkten.
Sie sind die Reaktion lokaler Instanzen auf eine bestimmte Situation vor
Ort; und sie konnten zum Teil von den Verbrauchern selbst geprägt
werden. Daher spiegelt bei den Imitationen auch die erste Ebene der Produk-
tion die lokalen Verhältnisse und damit gegebenenfalls auch die Bedürfnisse
der Verbraucher wider. Die Kopien wurden aus Anlässen, die unten unter-
sucht werden sollen, geprägt, weil die offizielle Münzversorgung lokale
Bedürfnisse nicht deckte. Als Herausgeber kommen u. a. das Militär,
städtische Behörden und Privatpersonen in Frage."

David Wigg-Wolf (2002)

Das lässt sich gut in Waldgirmes beobachten. Unter 100 Lugdunum I Assen befanden sich 8 Imitationen. Hier macht es auch Sinn, da ein Markt dafür vorhanden war. Auch in den Lagern wie in Haltern, wurden Notprägungen ausgegraben. Genauso verhält es sich auch mit subaeraten Denaren, welche man in der Germania Magna gefunden hatte. Diese waren keine Fälschungen!

Krisen in Germanien gab es in der Zeit der Lugdunum I Asse:

* Großer Krieg (1-5 n. Chr.)
* Varianischer Krieg (9-10 n. Chr.)

Grüße
 

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Zuletzt bearbeitet:
Zudem schliesst Werz aus, das der Grund zum Anbringen der Gegenstempel eine Wertbestätigung ist. Zustand und Gewicht der gegengestempelten Münzen unterscheiden sich nicht von denen der Ungestempelten.
[...]
Das Verfahren ist also identisch mit dem der nachgewiesenen Stempelungen zur Wertbestätigung von Scheidemünzen.

Widerspricht sich das nicht?

Nein. Das Verfahren ist identisch. Der zugrundeliegende Wert geht nur über den der Münze hinaus.

So offensichtlich ist das für mich noch keineswegs. Ich bin weder Numismatiker, noch Ökonom. Vielleicht brummt mir deswegen auch der Schädel bei dem Versuch, mir eine Wirtschaftswelt vorzustellen, in der Scheidemünzen zwei verschiedene Nominalwerte (also versprochene Gegenwerte) haben können.

Es ist vielleicht verständlicher, wenn man sich die damalige Situation vor Augen führt.
Die unter Augustus mit viel Aufwand aufgebaute Berufsarmee musste regelmäßig besoldet werden. Vorher wurden die Soldaten aus der Kriegsbeute oder direkt vom Feldherrn bezahlt. In den ersten Jahren hat Augustus diese Gelder noch aus der Privatkasse beglichen. Spätestens im Jahre 6 n.Chr. ist dieses Finanzierungsmodell an seine Grenzen gestossen und es musste eine eigene Kasse (aerarium militare) geschaffen werden, die unter anderem aus beim Volk unbeliebten Steuern finanziert werden sollte. Für diese Zeit gehen die Historiker von einer Krise aus. Zeitgleich erscheinen nun die Gegenstempel von Varus und Vala. Nach Suet. Aug. 25,3 hatten aber beide nicht das Recht Geschenke nach Belieben an die Truppe zuverteilen.Dieses Recht besassen nur Feldherren die bereits einen Triumph gefeiert hatten.
Zudem baut sich laut Werz die Gegenstempelei bei Drusus beginnend bis in augusteisch-tiberische Zeit auf und ebbt dann unter Tiberius zunächst wieder ab. Sie läuft also in etwa parallel zu den sich bis 6 n.Chr. verschärfenden Entsoldungsproblemen, die sich 14n.Chr in einer Meuterei entladen und in einer erpressten Erhöhung des Soldes gipfeln, bis dann Tiberius diese Vergünstigungen wieder zurücknimmt.
Es gibt also mehr Gründe die Gegenstempel mit einer finanziellen Krise in Verbindung zubringen als mit den, zumindest für Varus und Vala, rechtlich offenbar nicht legitimierten Geldgeschenken.

zu den Imitationen Wigg-Wolf:
"Die Barbarisierungsepidemien werden vor allem als Reaktion auf eine
Münzknappheit interpretiert, die durch kriegerische Störungen oder einen
Münzverruf ausgelöst wurde, oder aber entstanden ist, weil die offiziellen
Prägeanstalten geschlossen wurden bzw. ihren Ausstoß verringert hatten."

Die Kopien wurden aus Anlässen, die unten untersucht werden sollen, geprägt, weil die offizielle Münzversorgung lokale Bedürfnisse nicht deckte. Als Herausgeber kommen u. a. das Militär,städtische Behörden und Privatpersonen in Frage."

Danke für dieses Zitat!
Das passt sehr schön in mein bisher entwickeltes Bild. Die Barbarisierungen sind also möglicherweise auch ein Symptom der finanziellen Krise von 6 n.Chr.
Wenn die Imitation von Assen die Antwort auf offiziellen Kleingeldmangel war, dann sehe ich die Gegenstempelung von Assen als Notlösung für den Mangel an offiziellen Silbermünzen.



Gruss
jchatt
 
Wenn die Imitation von Assen die Antwort auf offiziellen Kleingeldmangel war, dann sehe ich die Gegenstempelung von Assen als Notlösung für den Mangel an offiziellen Silbermünzen.
Und genau da kann ich Dir eben nicht folgen: Wenn ich im Geldkreislauf ohnehin schon zuwenig geringwertige Münzen habe, welchen Sinn würde es dann machen, ausgerechnet Asse in Pfandmarken umzufunktionieren?
 
Und genau da kann ich Dir eben nicht folgen: Wenn ich im Geldkreislauf ohnehin schon zuwenig geringwertige Münzen habe, welchen Sinn würde es dann machen, ausgerechnet Asse in Pfandmarken umzufunktionieren?

Ich wuerde es eher andersherum sehen. Der akute Kleingeldmangel wurde erst durch die
Massenhaften Gegenstempelungen von 14n.chr ausgeloest. Der Bedarf fuer die zweite Altarserie entstand meiner Meinung nach erst danach.

Gruss
jchatt
 
Der Gegenstempel des Varus ist in Kalkriese vertreten. Das wird oft auch als Beweis für die Varusschlacht gesehen. Wenn man sich dazu aber die Verteilung dieser Stempel im Untersuchungsgebiet bei Werz anschaut wird man stutzig.

gegenstempel_Varus.png

Man sollte doch meinen, dass es da wo das größte Truppenkontingent des Varus untergegangen ist, auch die grösste Fundmenge seiner Gegenstempel existiert. Aber Pustekuchen.
Selbst im kleinen Lager Haltern, dessen Münzspektrum am besten zu Kalkriese passt gibt es mehr Gegenstempel des Varus. Mit der Annahme einer Gleichverteilung der Münzen, dürften demnach in Kalkriese weit weniger Truppen involviert gewesen sein als Legionäre in das Lager Haltern passen (ca. 6-8 Kohorten ). (Wie schon mal erwähnt müssten in Kalkriese ALLE Münzen verloren gegangen sein (Katastrophenfund), in Haltern hat man wahrscheinlich nur das gefunden, was die Soldaten aus ihren Taschen verloren haben.)

Es geht aber noch besser. In Vindonissa gibt es sogar 3mal mehr Varusstempel unter den Fundmünzen. Da dieses Lager nach aktuellem Forschungsstand erst 14n.Chr bezogen wurde, kann man vermuten, dass hier die Veteranen gelandet sind, die Germanicus aus dem Kölner Lager nach Raetien geschickt hat. Diese Annahme wird unterstützt durch Fundmünzen mit Stempelungen gleicher Stempeleisen in Köln und Vindonissa. In Köln waren zu besagtem Ereignis die Legionen V und XX stationiert. Nur die Soldaten der Legion V und evtl. Überlebende der Varuslegionen werden noch Münzen mit Varusstempeln gehabt haben. Die Legion XX hat in Pannonien gekämpft. Das heisst für mich, dass die Varusstempel in Vindonissa möglicherweise nur von den Veteranen einer einzigen Legion stammen. Bei einer durch Germanicus verkürzten Dienstzeit auf 16 Jahren ergibt sich also ein Truppenkontingent von 4800/16=300. Selbst wenn wir hier von ca. 1000 Veteranen ausgehen ergibt das für Kalkriese eine Truppenzahl von ca. 333 Soldaten, da sich die Varusstempelungen von Kalkriese und Vindonissa im Verhältnis 1:3 verteilen. Diese Berechnung beruht aber bisher nur auf den absoluten Zahlen. Berücksichtigt man nun, dass in Kalkriese wahrscheinlich weit mehr Münzen gefunden wurden als in Vindonissa, dann wird sich die Zahl für das Truppenkontingent in Kalkriese noch weiter verkleinern und sich immer mehr den 17 bisher anhand von Knochenfunden identifizierten Individuen annähern.

Bei dem pontes-longi-Szenario wären diese Überlegungen plausibler, da man hier weit weniger Verluste in Kalkriese vermuten würde.


Gruss
jchatt
 
Es geht aber noch besser. In Vindonissa gibt es sogar 3mal mehr Varusstempel unter den Fundmünzen. Da dieses Lager nach aktuellem Forschungsstand erst 14n.Chr bezogen wurde, kann man vermuten, dass hier die Veteranen gelandet sind, die Germanicus aus dem Kölner Lager nach Raetien geschickt hat. Diese Annahme wird unterstützt durch Fundmünzen mit Stempelungen gleicher Stempeleisen in Köln und Vindonissa. In Köln waren zu besagtem Ereignis die Legionen V und XX stationiert. Nur die Soldaten der Legion V und evtl. Überlebende der Varuslegionen werden noch Münzen mit Varusstempeln gehabt haben. Die Legion XX hat in Pannonien gekämpft. Das heisst für mich, dass die Varusstempel in Vindonissa möglicherweise nur von den Veteranen einer einzigen Legion stammen. Bei einer durch Germanicus verkürzten Dienstzeit auf 16 Jahren ergibt sich also ein Truppenkontingent von 4800/16=300. Selbst wenn wir hier von ca. 1000 Veteranen ausgehen ergibt das für Kalkriese eine Truppenzahl von ca. 333 Soldaten, da sich die Varusstempelungen von Kalkriese und Vindonissa im Verhältnis 1:3 verteilen. Diese Berechnung beruht aber bisher nur auf den absoluten Zahlen. Berücksichtigt man nun, dass in Kalkriese wahrscheinlich weit mehr Münzen gefunden wurden als in Vindonissa, dann wird sich die Zahl für das Truppenkontingent in Kalkriese noch weiter verkleinern und sich immer mehr den 17 bisher anhand von Knochenfunden identifizierten Individuen annähern.
Klingt erstmal logisch. Aber Vindinossa ist ein Lager, Kalkriese ein Schlachtfeld. In Vindinossa findet man was Legionäre verloren haben, in Kalkriese findet man was Plünderer übersehen haben. Keine Ahnung, wie das dei Fundwahrscheinlichkeiten verändert. Welchen Schluß ziehst du denn aus der ungewöhnlichen Verteilung?
 
in Kalkriese findet man was Plünderer übersehen haben.

- und zwar die Plünderer, die direkt nach der Schlacht alle verwertbaren Metallteile aufgesammelt haben...
- dann die Knochensammler, die ein paar Jahre später das Schlachtfeld abgesucht haben (und dabei sicher auch die eine oder andere Münze eingesteckt haben)...
- und all die Leute, die in den 2000 Jahren danach beim Pilzesammeln oder Pflügen oder Spazierengehen noch was gefunden haben...
- abzüglich dem, was in den 2000 Jahren schlicht verrottet ist...


jchatt schrieb:
Berücksichtigt man nun, dass in Kalkriese wahrscheinlich weit mehr Münzen gefunden wurden als in Vindonissa, dann wird sich die Zahl für das Truppenkontingent in Kalkriese noch weiter verkleinern und sich immer mehr den 17 bisher anhand von Knochenfunden identifizierten Individuen annähern.
Aber nur, wenn man allen Ernstes glaubt, dass alle Gegenstände, die vor 2000 Jahren auf dem Erdboden lagen, heute noch großteils oder gar vollständig auffindbar sein müssen.

Aus 17 anhand von Knochenfunden identifizierten Individuen zu schließen, dass nicht viel mehr als 17 Individuen anwesend gewesen sein können, ist absurd.

Wenn man diese "Logik" zu Ende denkt (die einzigen halbwegs erhaltenen Skelette stammen von zwei Maultieren), könnte man auch schließen, dass in Kalkriese ein Kampf zwischen zwei - mit Leichenteilen, Münzen und etwas Schrott beladenen - Maultieren stattgefunden hat.
 
Außerdem dürften die Münzen in Kalkriese auf ein wesentlich größeres Gebiet verstreut sein. Wir wissen eben noch nicht wo die Fluchtbewegungen endeten und wo, bzw. ob die Römer nach passieren der Engstelle ihr Lager errichteten.

Es ist geäußert worden, dass Münzbeutel mit Absicht weggeworfen wurden, um die Verfolger aufzuhalten. Wenn die Gegenstempel einen höheren Wert hatten, bzw. nur in der Heimatgarnison bei bestimmten Händlern eingelöst werden konnten, dürften diese bei einem Feldzug eher im Fahnenheiligtum zurückgeblieben sein. Denn der Legionär trug sein Barvermögen nicht komplett bei sich. Zur Sicherheit und als Rücklage wurde es zentral verwahrt und von den Signiferi 'verwaltet'. Für eine gewisse Summe geschah das sogar von Amts wegen. Das müsste bei Vegetius, Epitoma rei militaris 2, 20 stehen.

Es liegt nahe, dass diese Kasse nicht bei jedem Feldzug mitgeführt wurde. Da aber keiner mit einem Aufstand rechnete, mag es hier der Fall gewesen sein. Doch dann ist dieser Schatz entweder insgesamt erbeutet worden, oder noch an irgendeiner Stelle zu finden.

Wenn nun, wie schon angedeutet, aus irgendeinem Grund die gegengestempelten Münzen zu großen Teilen zentral verwahrt wurden, liegt es nahe, dass in Kalkriese wenige dieser Münzen gefunden wurden.

Es kann auch erklären, warum diese Münzen dann in Vindonissa wieder in großer Zahl auftauchen.
 
Klingt erstmal logisch. Aber Vindinossa ist ein Lager, Kalkriese ein Schlachtfeld. In Vindinossa findet man was Legionäre verloren haben, in Kalkriese findet man was Plünderer übersehen haben. Keine Ahnung, wie das dei Fundwahrscheinlichkeiten verändert. Welchen Schluß ziehst du denn aus der ungewöhnlichen Verteilung?

Der wesentlichste Unterschied zwischen Katastrophenfunden und Lagerfunden ist, dass der Katastrophenfund das Münzspektrum an einem bestimmten Zeitpunkt darstellt während sich im Lager die verlorenen Münzen über die Jahre ansammeln können.
Im Lager Vindonissa gehen wir aber von einer nachvarianischen Lagergründung aus. Das heisst für den Varsustempel, dass seit der Gründung des Lagers wahrscheinlich keine neuen Münzen damit kontermarkiert wurden. Alle dort gefundenen Varus-Münzen müssen also schon vorher im Umlauf gewesen sein.

Wenn meine Vermutung stimmt, dann haben die nach Raetien(Vindonissa) entlassenen Veteranen den Anteil der Varusmünzen bei der Legion V reduziert. Die verbliebenen jüngeren Legionäre werden prozentual weniger dieser Münzen gehabt haben, weil ein Teil erst nach Varus rekrutiert wurde.
Wenn diese Legion V, nach der Entlassung der Veteranen, in Kalkriese in Kampfhandlungen verwickelt wurde, dann sollten dort natürlich auch prozentual weniger Varusmünzen dort zu finden sein als die Veteranen mit nach Vindonissa genommen haben.

Gruss
jchatt
 
- und zwar die Plünderer, die direkt nach der Schlacht alle verwertbaren Metallteile aufgesammelt haben...
- dann die Knochensammler, die ein paar Jahre später das Schlachtfeld abgesucht haben (und dabei sicher auch die eine oder andere Münze eingesteckt haben)...
- und all die Leute, die in den 2000 Jahren danach beim Pilzesammeln oder Pflügen oder Spazierengehen noch was gefunden haben...
- abzüglich dem, was in den 2000 Jahren schlicht verrottet ist...

Egal ob beim Plündern übersehen, oder im Lager verloren. Ich gehe ersteinmal davon aus, dass beides nicht selektiv liegengeblieben oder verloren wurde. Und wenn im größten Münzfund aus dieser Zeit genau die Münzen fehlen, die man am ehesten für die Varusschlacht erwarten kann, dann brauch ich dafür eine Erklärung.
Die Annahme, dass ausgerechnet die Varusmünzen beim Plündern nicht übersehen wurden ist schon reichlich abenteuerlich.


Aus 17 anhand von Knochenfunden identifizierten Individuen zu schließen, dass nicht viel mehr als 17 Individuen anwesend gewesen sein können, ist absurd.

Dass nicht alle Opfer durch Knochen repräsentiert sein können ist klar.
Aber aus 17 identifizierten Opfern auf 20.000 hochzurechnen ...?
Das ist absurd.

Sicherlich werden in Kalkriese noch viele weitere Funde gemacht werden.
Möglicherweise wird man auch ein Lager, einen zerstörten Tumulus mitsamt den Gebeinen und hunderten Varusmünzen finden.
Aber wir können nur davon ausgehen was wir jetzt haben. Und für die Caecina-Schlacht und die Varusstempel brauche ich mir die realen Funde nicht schön reden.

Gruß
jchatt
 
Es ist geäußert worden, dass Münzbeutel mit Absicht weggeworfen wurden, um die Verfolger aufzuhalten. Wenn die Gegenstempel einen höheren Wert hatten, bzw. nur in der Heimatgarnison bei bestimmten Händlern eingelöst werden konnten, dürften diese bei einem Feldzug eher im Fahnenheiligtum zurückgeblieben sein. Denn der Legionär trug sein Barvermögen nicht komplett bei sich. Zur Sicherheit und als Rücklage wurde es zentral verwahrt und von den Signiferi 'verwaltet'. Für eine gewisse Summe geschah das sogar von Amts wegen. Das müsste bei Vegetius, Epitoma rei militaris 2, 20 stehen.

Bei dem Verfahren das Geld bei der Fahne oder beim Adler zu hinterlegen wissen wir erstens nicht ob es für augusteische Zeit schon angewendet wurde. Zweitens bin ich mir nicht sicher ob dieses Vorgehen nicht auch dem Zweck diente den Legionär vom Desertieren abzuhalten. Dann wäre es logisch wenn diese Gelder mit auf den Feldzug gingen.

Im Übrigen sprechen die hohen Münzfunde in Kalkriese, und da vor allem das Silber, dafür dass eben doch die wertvolle Barschaft mitgeführt wurde.

Gruß
jchatt
 
Natürlich gab ein Legionär nicht sein ganzes Geld ab. Schließlich war auch die 'Bank' auf einem Feldzug in Gefahr, verloren zu gehen.

Und auch in der Garnison darf sich ein Deserteur nicht mehr sehen lassen. Wie ich andeutete, gehe ich aber davon aus, dass die 'Bank' mitgeführt wurde, falls es sich bei Kalkriese um die Varusschlacht handelt.

In der Nacht kam mir aber noch eine ganz andere Perspektive in den Sinn:
Gegengestempeltes Geld muss vom Staat ja irgendwie wieder eingesammelt werden, wenn nicht auf Dauer Münzen existieren sollen, die für den Soldaten einen anderen Wert haben als für Zivilisten. Das erklärte auch das zügige Verschwinden desselben. Wenn man das nicht einschmelzen und neu prägen will, wird man es bei Bedarf erneut ausgeben, statt neu zu prägen. Eine Mahnung an die Soldaten, fleißig zu exerzieren, wenn sie nicht so enden wollen wie Varus, wäre ein Nebeneffekt. Oder habe ich ein falsches Bild von Verwendung und Verteilung des Gegengestempelten Geldes?
 
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