In einem anderen Thread hatte ich schon mal ein Schlagwort in den Ring geworfen, das bei derartigen Spekulationen gern ignoriert wird: Bandbreite.
Nehmen wir an, die Römer hätten tatsächlich Nachrichten über weite Distanzen mithilfe solcher Signalturmketten übermittelt. Nehmen wir weiter an, die Römer hätten dazu einen Signalcode verwendet, der ähnlich effizient ist wie das neuzeitliche Morsen. Morsen per Lichtsignal wird auf Marineschiffen immer noch praktiziert. Laut
Wiki kommen die Signalgasten dabei auf Übertragungsgeschwindigkeiten von etwa 40 Zeichen pro Minute. Die Übermittlung einer SMS, also einer 160 Zeichen langen Nachricht, würde demnach vier Minuten dauern, wenn ich mich nicht verrechnet habe.
So, nun haben wir z.B. im Gask Ridge solche "Signaltürme" etwa alle 1000m. Entlang der Turmkette würde eine Nachricht im Umfang einer SMS alle vier Minuten 1km zurücklegen, innerhalb einer Sunde also gerade mal 15km. Eine Nachricht mit doppelter Länge wäre schon fast im Fußgängertempo unterwegs, das Signal käme bestenfalls knapp vor dem anrückenden Feind am Ziel an... Nicht sehr praktikabel, oder? Ein Meldereiter wäre allemal schneller und könnte dabei noch weitaus ausführlichere Botschaften transportieren.
Du gehst bei Deiner Rechnung davon aus, das jede Zwischenstation erst die komplette Nachricht speichern muss, bevor sie weitergeleitet wird ("store and forward" Verfahren).
Dafür gibt es aber keinen technischen Grund, wenn man die Zwischenstationen (Türme) mit mindestens zwei oder mehr Leuten besetzt. Angenommen es wäre tatsächlich Morsecode, sagt der Empfänger direkt dem Sender an, welches Symbol er weitermorsen soll: "Kurz, lang, lang, ...". ("cut through" Verfahren).
Damit wird entsprechend Deinem Beispiel die gesamte Nachricht am Ziel sein in: T = 4 min * N+[FONT="]∆[/FONT]t. Wobei N die Zahl der Zwischentürme ist und [FONT="]∆[/FONT]t die Zeit die es dauert ein einzelnes Symbol weiterzumorsen. Was von der verwendeten Signaltechnik abhängt (Feuer mit Klappblende, Fackel schwenken, Trommel, Spiegel, bewegliche Signalarme).
Das ist eine sehr naheliegende Erkenntnis die sich sofort einstellt, sobald man mit solchen Ketten experimentiert.
Angenommen zum Beispiel [FONT="]∆[/FONT]t = 6 Sekunden und N = 10, wäre die gesamte Nachricht in 5 Minuten am Ziel. Werte wie 40 Zeichen/Minute wurden aber sicherlich damals nicht erreicht.
Von französischen Flügeltelegraphen des 18./19.Jahrhunderts (Chappe-System) ist bekannt, dass die gesamte Latenz für ein Symbol z.B. auf einer Strecke mit 22 Stationen über 270 km zwischen Paris und Lille ca. 2 Minuten war. Ein Symbol war allerdings kein einzelner Buchstabe, sondern ein verschlüsselter Code (1 aus 92) und man konnte so ca. 8000 Wörter und Phrasen kodieren. Eine komplette typische Nachricht von Paris nach Lille brauchte insgesamt ca. 30 Minuten. In Frankreich wurde ein ganzes Netzwerk errichtet und Napoleon nutze das System in seinen Kriegen.
Ggf. kann das System auch fehlertoleranter gemacht werden, in dem pro Zwischenstation der Empfänger einer dritten Person die Symbole ansagt der sie "puffert", also parallel aufzeichnet. Eine vierte Person die genau daneben sitzt, sagt dann immer dem Sender das zu sendene Symbol an. Im Normalfall das gerade empfange, was die dritte Person gerade schreibt, bei Verzögerungen eins aus dem "Puffer" (also vom gleichen Papyrus weiter vorn). So kann auch resynchronisiert werden bzw. die Nachricht auch lokal in der Zwischenstation dekodiert und ausgewertet werden ("Ein Trupp Germanen ist gleich bei Eurem Turm, haut sofort ab!"
). Bei Chappe-System gab es auch eine Bestätigungs- und Flußkontolle.
Die dichte Abfolge von Türmen spricht eigentlich gegen die Funtion als Signalisierungskette, weil sie die Bandbreite so extrem reduziert. Neuzeitliche optische Signalstrecken hatten im Schnitt alle 10km einen Relaisturm, abhängig natürlich von der Topographie. Turmketten wie im Gask Ridge machen, sofern zur Signalübermittlung gedacht, eigentlich nur Sinn bei extrem kurzen Nachrichten < 50 Zeichen und kurzen Entfernungen.
Also die "Bandbreite" (im Sinne der Datenübertragungsrate) wird nicht reduziert durch mehr Türme.
Um bei dem theoretischen Beispiel zu bleiben: wird mit 40 Zeichen/Minute gesendet, kommen auch 40 Zeichen/Minute beim Empfänger an. Egal ob mit "Store and Forward" oder mit "Cut through" Verfahren. Die Frage ist nur wieviel Zeit vergeht zwischen dem Senden eines Symbols und dem Empfang am Ziel. Aber die Zahl der Türme hat keinen Einfluss darauf, dass der Sender konstant mit seinen 40 Zeichen/Minute die Nachricht die er abschicken will, lossenden kann.
Was mehr Türme verschlechtern, ist die Latenzzeit des Übertragungskanals. Jedes gesendete Symbol braucht mehr Zeit die Strecke zu durchlaufen, je mehr Türme da sind. Besonders schlecht wird es, wenn "Store and Forward" benutzt wird, wie oben beschrieben.
Bei einer bidirektionalen Kommunikation, also wenn eine Antwort erwartet wird, kann es natürlich sein, dass dann der Sender zeitweise nichts mehr zu senden hat, weil wegen der hohen Latenz durch viele Türme, die Nachricht zum Teil oder gar ganz noch auf der Strecke unterwegs ist. Der Sender könnte aber mit 40 Z/min weitersenden, z.B. das aktuelle Mittagsmenü in der Kantine im Kastell oder neuen Tratsch aus dem Kaiserhaus. D.h. die Bandbreite selber bleibt von der Zahl der Türme unberührt.
Diese ganzen Erwägungen gelten auch heute noch in der modernen Nachrichtenübertragung. Z.B. billigste Ethernet-Switches für den Heimgebrauch arbeiten z.T. noch mit "Store and Forward", bessere mit "Cut Through". Die Kenngröße "wieviele Daten auf die Leitung" passen spielt eine wichtige Rolle in den Internetprotokollen, wie beim TCP und wird dynamisch behandelt, da es eine Rolle spielt, ob man gerade auf einer Glasfaser durch den Atlantik überträgt oder nur zur nächsten Vermittlungsstelle.