Nun habe gerade ich in diesem Thread mehrmals Zweifel am Kausalitätskonzept geäußert und alternativ auf den Begriff der "bedingten Wahrscheinlichkeit" hingewiesen, da kannst du mir also nicht vorhalten, ich wolle "Kausalitäten herausstellen", was ja das genaue Gegenteil meiner Intention ist, siehe:
Das habe ich schon verstanden. gegebenenfalls habe ich mich hier nicht verständlich genug ausgedrückt:
Mir geht es einfach darum, dass die Feststellung, dass alles seiende auf vorherigem in welcher Art auch immer basiert (und das kann rein materiell gemeint sein oder sich auf einen vorher vorhandenen Willen beziehen), vollständig überflüssig ist, denn worauf sollte es sonst basieren?
Die Frage worum genau es sich dabei handelt ist eine gänzlich andere. Die Problemstllung in diesem Fall ist eben, dass es notwendig ist das auf sehr engem Raum abzuarbeiten, sprich es vollkommen egal ist, wie viel der Vorraussetzungen ergründet werden können.
Entsprechend kann man also entweder simplifiziern, sprich bekannte Faktoren unter den Tisch fallen lassen und damit den Gehalt der ganzen Angelegenheit verfälschen oder es weitgehend unterlassen. Das ist dann eine Gradwanderung.
Es stellt von meiner Seite her mitnichten eine Kritik am Prinzip der Kausalität da, sondern zieht nur für diesen speziellen Fall, der sich erkenntnistheoretischen Ansätzen dadurch entzieht, dass er auf Grund seiner engen umschränkung nicht ein wirklich freier Prozess ist, den Sinn einer allzu großen Ausbreitung der Kausalitäten in Zweifel.
Denn wenn man es anders hielte, wäre man die gesamte Ausarbeitung damit beschäftigt, was individuell passieren musste, damit die Geschichte so ablaufen konnte, wie sie ablief. Das wäre sicherlich ein äußerst interessantes Panorama um einmal zu veranschaulichen, wie sehr völlig alltägliche Abläufe den Gang der Geschichte, wenn die Vorraussetzungen danach sind massiv affektieren können, aber eben in diesem Sinne kein sinnvolles Konzept für eine Arbeit.
Eine erkenntnistheoretische Diskussion Materialismus vs. Idealismus wollte ich hier eigentlich nicht losgetreten haben.
Womit wir mit den beiden letzteren bei dem von dir angeregten Ansatz wären,
denn Montesquieus und Rousseaus Werke wurden vom jungen Napoleon bewundert und intensiv studiert. Nun habe auch ich in diesem Forum schon öfters auf die Bedeutung der aufklärerischen Philosophen für die FR hingewiesen, bei Napoleon scheint das aber nur bedingt Sinn zu machen, da ihm, z.B. von Stendhal, vorgeworfen wurde, Montesquieu entweder nicht adäquat verstanden oder seine Aussagen in "L´Esprit des Lois" bei einer Rede vor dem Senat bewusst in unpassenden Kontexten zitiert zu haben, um durch Montesquieus geistige Autorität politische Entscheidungen zu legitimieren, die ansonsten noch fragwürdiger gewirkt hätten, z.B. die Etablierung eines imperialen Regimes im Jahr 1804 und die damit einhergehende Etablierung einer neuen Aristokratie, bestehend aus Freunden und Verwandten des Kaisers. Der Urheber jener Aussagen wäre vom Anlass der Zitierungen und den Intentionen des Zitierers vermutlich nicht begeistert gewesen.
Dazu müsste man sich erst einmal Montesquieu und Rousseau in Betracht auf ihre jeweiligen Zeitumstände genauer ansehen, denn beide wirken ja doch ein gutes Stück vorher. Inzwischen (im Besonderen bei Montesquieu, der ja noch ein Kind des 17. Jahrhunderts ist und der zeitlich von der französischen Revolution etwa so weit weg ist, wie vom 30-Jährigen Kreig) waren ja doch ein paar Dekaden vergangen und die Gesellschaft stand sozial auf einer deutlich modifizierten Grundlage.
Insofern ist die Frage, ob ein Bezug zu einer deutlich früher wirkenden Person sinnvoll möglich ist zweifelhaft, so lange diese ihrerzeit nicht festgestellt hat, welche ihrer Ansichten sie als zeitloses Ideal betrachtet und welches als materielle Notwendigkeit, denn letzteres kann sich mit veränderter Grundsituation ja durchaus inzwischen gewandelt haben.
Mit anderen Worten, so lange schwer zu übersehen ist an welcher Stelle sich bei welchem Bezugsautoren auch immer strategische und idealistische Ebene von einander Trennen, dürfte es schwierig sein festzustellen wo nun die genaue Intention desselben lag.
Dann würde sich auch die Frage stellen, ob ein Napoleon seiner Zeit dies als ein aus früherer Zeit stammendes Bild und als Anregung verstanden hat oder aber als tagespolitische, aus dem Kontext ihrer Entstehungszeit gerissene Diskussion.
Dementsprechend halte ich nicht den Bezug oder auch nur peripher gegebenen Bezug auf die französischen Aufklärer des 17. und frühen 18. Jahrhunderts, sondern demgegenüber vor allem den Bezug zu den unmittelbar vor ihm wirkenden Granden der Revolutionszeit, den Robespierres, Dantons, Demoulins, Mirabeaus, Lafayettes etc. für wesentlich interessanter.
Was Rousseau betrifft, war Napoleon in jungen Jahren ein glühender Verehrer, hatte sich als Kaiser aber von ihm abgewandt und äußerte über den "Contrat Social", dass dieses Buch als Anleitung für die Führung seines Reiches völlig ungeeignet wäre, was natürlich zutrifft. Anlässlich eines Besuches von Rousseaus Grab hat Napoleon geäußert, es wäre für den Frieden Frankreichs besser gewesen, Rousseau hätte nie gelebt, weil er den Weg zur Revolution geebnet hat. Als ihn ein Begleiter darauf hinwies, dass gerade er, Napoleon, sich über die Revolution nicht beklagen sollte (siehe dazu auch nachfolgendes Zitat), meinte dieser, die Zukunft würde zeigen, ob es für den Frieden in der Welt nicht besser gewesen wäre, wenn Rousseau und er selbst nie gelebt hätten.
Was allerdings eine mehr als einseitige Sicht ist. Bedenken wir die Situation der Bevölkerung Frankreichs im Revolutionsjahr, war der Zündfunke des Umsturzes wohl kaum ein, für die damalige Zeit, hochgestochenes philosophisches Werk, dass weiten Teilen der zu erheblichen Teilen noch immer analphabetischen Bevölkerung en Detail überhaupt nicht bekannt war, sondern die materielle Not.
Und dementsprechend würde man ihm wohl entgegnen können, dass würden König, Adel und Klerus zur stabilisierung der Situation zeitweise auf ihre Pfründe und Privilegien verzichtet haben, es wohl ebenfalls nicht zur Revolution in diesem Sinne gekommen wäre und hätte Rousseau noch 1.000 weitere Bände "Contract Social" hinzugefügt.
Doch so oder so - ein rein ideengeschichtlicher Erklärungsansatz wäre extrem reduktionistisch, und um das zu erkennen, muss man kein Marxist sein [...]
Richtig. Aber angesichts der Aufgabenstellung ist Reduktionismus in diesem Sinne eine Notwendigkeit. Wenn du eine Idee hast, wie eine sinnvolle, ausgeweitete Betrachtung Napoleons und der späten Revolutionszeit in den Rahmen einer schulischen Leistung passen soll, wird der Eröffner des Fadens dir sicherlich sehr dankbar darum sein, wenn du das zum Besten gibst.
Es geht hier ja nicht darum aus Prinzip über Gebühr reduktionistisch zu arbeiten, sondern darum einer bestimmten Aufgabenstellung zu entsprechen.