Fakt ist viel mehr, dass sich jemand, der sich durch sein Handeln in dauerhaften programmatischen Gegensatz zu einer bestimmten Gruppierung setzt, nicht als jemand verstanden werden kann, der gemäß der Auffassung und Programmatik handelte.
Die Wahl von Parteien, deren Programmatik die Bereitschaft voraussetzt christliche Leitsätze und Regeln zu missachten, kann offensichtlich nicht
durch das Christentum motiviert sein, dessen Ansprüche und Lehren anders Handeln verlangt hätten.
Im Falle des Nationalsozialismus standen der ganzen Angelegenheit definitiv zu viele "du-sollst-nicht"s gegenüber, als dass es irgendjamandem, der die Regeln dieser Religion noch beherzigte hätte möglich sein können, sich für die Unterstützung dieser Bewegung herzugeben.
Wenn aber durch den offensichtlichen, nicht aufhebaren Widerspruch zwischen den beiden Lehren völlig klar ist, dass der Wille zur Unterstützung des NS nicht aus der christlichen Lehre selbst resultieren kann, da diese, Töten, Misshandeln, Beruaben, Verleumden etc. zumal von Angehörigen der eigenen Religion streng untersagt, der NS aber genau darauf hinaus lief, ist die Feststellung, das ein Großteil der NSDAP-Unterstützer auf dem Papier Christen waren im Hinblick auf ihre Beweggründe, ungefähr so aussagekräftig, wie die Aussage, dass ein Großteil der NSDAP-Unterstützer Sauerstoffatmer waren.
Dass sich Christen untereinander bekämpften und bekämpfen ist nichts Neues.
Diese Gleichsetzung von Aggressoren und Überfallenen in diesem Kontext, muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Wenn jemand überfallen wird und sein Recht auf Selbstverteidigung wahrnimmt oder einem Anderen Überfallenen dabei hilft dies zu tun, dann beweist das laut dir also, dass dieser Jemand ein Kriegstreiber und seine Religion damit heuchelei ist.
Ich denke darüber, was von solchen Ansichten zu halten ist, braucht man gar nicht viele Worte verlieren.
Kleriker unterstützten immer den sog. starken Mann an der Spitze des Staates, sofern dieser tat, was sie für richtig hielten
Einen grundsätzlichen Hang des Klerus den "starken Mann" zu unterstützten, kann ich in der Geschichte nicht erkennen.
Bei diversen Wahlen neuer Päpste im Mittelalter und der Rennaissance achteten die beteiligten Kardinäle darauf in keinem Fall jemanden zu wählen, der mächtig genug werden könnte sie aus dem Weg zu räumen.
Insofern gab es Misstrauen gegenüber dem "starken Mann" hier bereits, was die eigene Organisation angeht.
Auch andere Episoden der Geschichte gehen in vergleichbare Richtungen. Die Konzilsbewegung lief mit nichten auf den Ruf nach einem "starken Mann" hinaus, sondern auf eher auf ein pluralistisches System innerhalb des Klerus mit vergleichsweise flachen Hierarchien.
Geht man in die Neuzeit, findet man im Vorfeld der französischen Revolution einen niederen Klerus, der es bei den Generalständen zu einem großen Teil mit den Bürgerlichen hält, statt sich hinter den "Starken Mann" und die scharfen Hierarchien des alten Systems zu stellen, in Großbritannien, verfügte der hohe Klerus traditionell über eine ansehnliche Zahl von Sitzen im "House of Lords" und nahm in diesem Zusammenhang an der sich herausbildenden Demokratie teil usw. usw.
Es mag ja stimmen, dass seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sich die Kirchen und der Klerus diverser christlicher Konfessionen zu zunehmend reaktionären Veranstaltungen entwickelten, die eine auffallende Tendenz dazu hatten sich mit rechtskonservativen bis rechtsextremen Bewegungen zu verbünden und scharfe Hierarchien zu beführworten, Liberalisierung und Fortschritt eher feindlich entgegen zu stehen.
Aber zu behaupten, dass es immer so gewesen wäre und irgendwelcher der Religion innewohnender Grundsätze (die du im Übrigen nirgendwo plausibel benennen konntest) zu behaupten, dass das immer so gewesen wäre ist faktenwidrig.
Nach meiner Auffassung bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, mindestens aber bis ins Ausgehende 18. Jahrhhundert kann das in dieser Absolutheit in keinem Fall gelten.
Als Garibaldi den Päpsten den weltlichen Kirchenstaat, den sie sich durch eine Fälschung gesichert haben, wegnahm (wenn auch nicht ganz), wer hat das halbwegs wieder in Ordnung gebracht? Mussolini.
Versuche Verhandlungen wegen des Status des Vatikan und einer Lösung der "römischen Frage" zu führen wurden nicht erst seit Mussolini, sondern seit 1871 immer wieder unternommen.
In Anbetracht des Schadens, den die ungeklärte Frage Rom für den italienischen Staat, bei den Katholiken weltweit bedeutete, waren die italienischen Regierungen grundsätzlich daran interessiert, diese Frage abzuräumen und den Kompromiss hinsichtlich der Vatikanstadt, die vom Italienischen Staat ohnehin nie angetastet wurde, hätte sich sicherlich auch mit den Vorgänger Regierungen finden lassen.
Allein Pius IX., Leo III. und Pius X. lehnten solche Regelungen ab, bestanden viel mehr auf der Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papsttums.
Der Kompromiss, den die katholische Kirche am Ende mit Mussolini schloss, war entsprach weitgehend dem, was bereits andere italienische Regierungen anzubieten bereit waren, der Unterschied ist einfach der, dass Pius XI. im Gegensatz zu seinen Vorgängern bereit war die Realitäten anzuerkennen und einzusehen, dass sich die Zeit nicht um 60 Jahre zurückdrehen ließ, zumal die Mussolini-Diktatur, die sich um Recht und Gesetz nicht mehr scherte, die Möglichkeit hatte gegen die katholische Kirche in Italien vorzugehen und auch die bisherige de facto Souveränität des Papstes über die Vatikanstadt zu kassieren, wenn der Diktator bereit war den Immageschaden im Ausland, insbesondere in Frankreich hinzunehmen.
Und wer hat in Deutschland mit dem Vatikan das Konkordat geschlossen? Hitler.
Ja, nur dass dein Versuch daraus eine besondere Nähe zwischen Hitlerdiktatur und katholischer Kirche abzuleiten insofern nicht funktioniert, als dass das Regime die Arbeit katholischer Ofrganisationen, Parteien, Gewerkschaften etc. stärker behinderte, als das zu Zeiten der Republik oder auch des Bismarckreiches jemals passiert war.
Man wird einem Diktator, der binnen des ersten Jahres seiner Herrschaft alle christlichen Parteien und Gewerkschaften verbot kaum besondere ideologische Nähe zum Katholizismus nachsagen können.
Dem Vatikan wiederrum wird man das Konkordat als Versuch über internationale Verträge die Rechte der Katholiken und der katholischen Kirche zu schützen, kaum übel nehmen können, allenfalls könnte man ihm übel nehmen, es nicht gekündigt zu haben, als sichtbar wurde, dass das nicht viel brachte, wofür sich dann allerdings spätestens 1943 mit der deutschen Besetzung Italiens das Zeitfenster schloss.
Vatikan hat Kommunismus verdammt und dessen Schriften auf Index gesetzt, aber Hitlers „Mein Kampf“ durfte jeder Katholik lesen – die Protestanten sowieso.
Mit Verlaub, der Index Librorum Prohibitorum ist ein Instrument, dass der FNZ entstammte, als Druck und Vertrieb von Büchern noch einen so geringen Umfang hatten, dass das tatsächlich kontrollierbar war.
De facto musste sich doch 1920-1930 kein Mensch mehr darum kümmern, was auf diesem Index stand, denn durch den Massenvertrieb war für die Vertreter der Kirche doch ohnehin nicht mehr feststellbar, was ihre Schäfchen an Literatur konsumierten, geschweigedenn, dass die Kirche noch irgendwelche Mittel zur Verfügung gehabt hätte, entsprechende Werke zu beschlagnahmen oder ihre Mitglieder, die sich daran nicht hielten, mit besonders schlimmen Konsequenzen zu überziehen.
Das Hitler Pamphlet zunächst mal nicht auf diesem Index landete, mag daran liegen, dass es möglicherweise in der Flut der Publikationen der Zeit einfach untergegangen ist, eine besondere Wirkmächtigkeit als Schrift hat es ja nie erreicht.
Von dem her wäre die frage zu stellen, entging Hitlers Pamphlet dem Index, weil die katholische Kirche damit kein problem hatte oder einfach nur deswegen, weil man es wegen Überlastung oder zu geringer Bedeutung nicht auf dem Schirm hatte?
Zentrale Schriften des Kommunismus, dagegen, wenn man etwa an die Werke von Marx und Engels denkt, entstanden in einer Zeit, in der die Anzahl der Publikationen noch weit übersichtlicher war und erreichten bis Ende des 19. Jahrhunderts eine Wirkmächtigkeit, die man kaum noch übersehen konnte.