Wie weit in den Alltagleben reichte die Macht der Kirche(n)?

Deine Definition widerspricht der meinen nicht, soweit ich das überblicken kann. Der Einfluss der Aufklärer auf Zeitgenossen (gerade auf die breite Masse) wird meines Erachtens in der Tat überschätzt, doch lässt sich in meinen Augen auch nicht bestreiten, dass ihr Wirken im weiteren Verlauf der Geschichte Früchte trug. Eher schon würde ich hinterfragen wollen, ob das sogenannte Zeitalter der Aufklärung seine Bezeichnung insofern verdient, als Newton, Voltaire und Co. keine Philosophie der Rationalität aus dem Nichts erschufen, sondern ihrerseits auf den Schultern anderer standen.

Ich denke, schon, dass wir mit unserem Verständnis, was Aufklärung eigentlich ist etwas auseinanderliegen, weil du das Phänomen stärker in Beziehung zu Wissenschaften setzt, als ich das tue.

Ich weiß nicht, ob ich einen Newton als "Aufklärer" titulieren würde. Gerade wenn man Aufklärung als Aufbegehren gegen religiöse Lehrmeinungen verstehen möchte und bedenkt, welchen Hokuspokus Newton in Sachen, nennen wir es mal "Bibelexegese" so betrieb.

Ein Voltaire, ist für mich primär ein Philosoph mit einem relativ breiten Wirkungskreis, den ich schon eher unter die Aufklärer rechnen würde, aber was genau hat er unumstößlich nachgewiesen, dass kirchliche Lehrmeinungen unrettbar widerlegt hätte?

Der wissenschaftliche Fortschritt, den die Aufklärer so entscheidend vorantrieben, hat den Anspruch der Religionen unhaltbar gemacht, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein.

Naja, aber das war doch letztendlich nichts neues, dass die Aufklärer erfunden hätten. Den allgeinigen Wahrheitsanspruch der Religion haben ja schon lange vor dem, was man gewöhnlich als Aufklärung versteht Persönlickeiten, wie Kopernicus, Keppler, Galilei und Konsorten erfolgriech angegriffen und in Teilgebieten diskreditiert.

Während des 16. und 17. Jahrhunderts, vermehrt sich das Ausmaß der Erkenntnisse, die religiöse Dogmen wiederlegen, aber der exklusive Wahrheitsanspruch der Religion ist doch bereits in der Rennaissance nicht mehr zu halten.

Der materielle Fortschritt, der gestiegene Lebensstandard und, vor allem, die gesunkene Sterblichkeit haben sicherlich eine Rolle gespielt, aber ich bezweifle, dass sie die stärkere oder auch nur eine starke Triebfeder waren.

Ich denke da reden wir aneinander vorbei, ich meine Tatsächlich Transformation der Gesellschaft durch Veränderung ihrer materiellen Grundlagen, durch asymetrische Entwicklung von tradierter politischer und ökonomischer Macht und die Konflikte, die das mit sich bringt.

In Saudi-Arabien und anderen Öl-Staaten ist zwar der allgemeine Wohlstand massiv gestiegen, aber er beruht im Kern auf der Ausbeutung und dem Export von Rohstoffen, die sich weitgehend in der Hand entweder des Staates oder der jeweiligen Herrscherfamilien befinden.
Eine Elite, die es schafft, die ökonomische Macht bei sich zu monopolisieren und damit aus eigener Kraft herrschen kann, ohne groß Übereinkünfte mit einer Schicht aufstrebender Industrieller, die die ökonomische Macht allmählich an sich ziehen suchen zu müssen und die wohlhabend genug ist, trotz archaischer Verhältnisse die Loyalität der Bevölkerung zu diesem Zuständen mit sozialen Wohltaten erkaufen zu können, kann natürlich sehr vieles konservieren.

Das wird aber nicht für die Ewigkeit sein. Bodenschätze und den Profit daraus, kann ein Staat oder eine herrschende Dynastie ganz gut kontrollieren, wenn allerdings der Wohlstand daraus versiegt und/oder konkurrierend andere Wirtschaftszweige an Bedeutung gewinnen, die Staat und Herrscherfamilie nicht mehr in der Hand haben und die dafür sorgt, dass sich die wirtschaftliche Macht von der traditionellen Elite anderswohin verschiebt, wird das unweigerlich Machtkämpfe nach sich ziehen und die werden Liberalisierungen unumgänglich machen.
 
Trotzdem wäre jeder irritiert, wenn du von den Olympischen Spielen 1936 in der Weimarer Republik sprächest.

Gemäß der von Hugo Preuß maßgeblich geschriebenen Verfassung war die amtliche Bezeichnung für Deutschland damals Deutsches Reich. Der Begriff Weimarer Republik ist formal nicht korrekt; auch wenn dies der Ort der verfassungsgebenden Versammlung gewesen war.
 
Gemäß der von Hugo Preuß maßgeblich geschriebenen Verfassung war die amtliche Bezeichnung für Deutschland damals Deutsches Reich. Der Begriff Weimarer Republik ist formal nicht korrekt; auch wenn dies der Ort der verfassungsgebenden Versammlung gewesen war.
Das ist richtig, aber im Sprachgebrauch nun mal so fest etabliert. Manchmal wird ja sogar allein der Name des beschaulichen Weimar als pars pro toto für die Republik verwendet, obwohl es nur Ausweichort war.
 
Ich würde es anders formulieren: In intoleranten Zeiten* sind diese Worte wissentlich oder unwissentlich zum Nachteil der Juden interpretiert worden. Diese Lesart ist im Text angelegt, aber nicht zwingend. Die "neue" Übersetzung ändert daran m.E. nichts, auch wenn Prof. Kähler sich da windet.

Soweit ich weiß, gehen viele Exegeten davon aus, dass Matthäus sich auf die Zerstörung Jerusalems bezog, als er den Passus in seine Passionserzählung einfügte. Zumindest fällt ja auf, dass eine solche Selbstverfluchung in den übrigen Evangelien nicht auftaucht.

In dem Fall hätte der Evangelist es wohl schon auf das "ganze" Volk der Stadt und dessen Nachkommenschaft gemünzt. Die Selbstverfluchung wäre dann aber bereits um 70 herum erfüllt gewesen. Wie Du sagst, die Stelle wird sicherlich anhand der gegenwärtigen Haltung eines großen Teils der Gesellschaft gegenüber "den Juden" interpretiert worden sein; es spricht aber eigentlich nichts dafür, dass das Evangelium hier zwingend alle Juden durch die ganze Geschichte hindurch meint. Wie Nikias (?) schon sagte, wäre das auch einigermaßen absurd, weil die meisten jüdischen Zeitgenossen gar nicht vor Ort gewesen sein können.

Nachtrag: Ich sehe gerade, dass Clemens das bereits eingebracht hatte.
 
Die Zahlen in #336, @El Quijote, sagen in diesem Zusammenhang wenig, denn ich habe nicht gesagt, dass Christen mehrheitlich direkt die NSDAP wählten, sondern dass sie diese Partei an die Macht brachten - schließlich gab es auch andere Parteien, die sich christlich nannten und trotzdem die NSDAP in eine Position brachten, von der aus die schalten und walten konnte, wie sie wollte.

Du kannst es halten, wie du willst: Auf die eine oder andere Weise habe Christen (andere Religionsangehörige gab es in Deutschland kaum – die 5 % eben) NSDAP an die Macht gebracht. Das ist Fakt und durch keine Rechenkünste aus der Welt zu bringen. Es ist an der Zeit, dass auch du das begreifst – und nicht ständig versuchst, dagegen zu reden.

Wer handelte nun christlich und wer unchristlich, die Deutschen und Italiener, oder die Vielzahl der christlichen Nationen, die gegen sie zu Felde zogen?
Dass sich Christen untereinander bekämpften und bekämpfen ist nichts Neues. Und das Besondere: Alle nehmen für sich in Anspruch, Gott sei bei innen. Bei den Anhängern Mohameds ist es genauso. Was zeigt: Religionen sagen, wir sind für Frieden – und tun oft das Gegenteil. Nichts als Lippenbekennisse sind das.

Es stimmt ja, dass gerade der Klerikalismus eine Nähe zum Faschismus aufweist, trotzdem ist es absurd, den Faschismus zur Ausformung des Christentums zu machen.
Kleriker unterstützten immer den sog. starken Mann an der Spitze des Staates, sofern dieser tat, was sie für richtig hielten. Die katholische Kirche war gegen Aufklärung, gegen Liberalismus und gegen Demokratie. Das alles gipfelte im "Antimodernisten-Eid", den jeder katholischer Priester bis 1967 ablegen musste.

Als Garibaldi den Päpsten den weltlichen Kirchenstaat, den sie sich durch eine Fälschung gesichert haben, wegnahm (wenn auch nicht ganz), wer hat das halbwegs wieder in Ordnung gebracht? Mussolini. Und wer hat in Deutschland mit dem Vatikan das Konkordat geschlossen? Hitler. Vatikan hat Kommunismus verdammt und dessen Schriften auf Index gesetzt, aber Hitlers „Mein Kampf“ durfte jeder Katholik lesen – die Protestanten sowieso.

Über die frühzeitige und dauerhafte Unterstützung der katholischen Kirche für den Faschisten Franco in Spanien wurde hier schon gesprochen. Franco zeigte sich erkenntlich und berief in seine Regierung bis zu 10 Mitglieder des Opus Dei als Minister. Opus Dei ist ein erzkonservativer Orden, deren Mitglieder z.B. lügen dürfen, wenn sie gefragt werden, ob sie Mitglied des Opus Dei sind. Hier gilt: Der Zweck heiligt die Mittel. Man kann sagen, in Spanien regierte Kirche mit Hilfe eines Geheimbundes mit.

Deutsche Christen, die die Nazis unterstützten, handelten ihrer Religion zuwider, also müssen sie sie verworfen haben – oder sie schlossen aus antikommunistischen Motiven einen Pakt mit dem Teufel. Dies dürfte übrigens ein Hauptgrund für viele gläubige Christen und Kleriker gewesen sein, sich den Nazis anzudienen. Was nichts an der Unvereinbarkeit ihres Tuns mit den religiösen Dogmen ändert.
Das ist auch meine Meinung.

Was ihren Grad an Liberalität oder Illiberalität angeht, das mag man für eine Wertungsfrage halten, aber wenn diese Organisationen 2023 nicht liberaler wären als ihre Vorgänger 1923 oder 1823, so würden sie gewiss nicht unverheiratete Frauen in den Kongress wählen.
Du weißt so gut wie ich, dass Frauen eine wesentliche Stütze der evangelikalen Bewegung sind. Viele unterrichten Kinder zu Hause und sorgen so für unaufhörlichen Fluss junger überzeugter Evangelikaler, denn der Apfel fällt nicht weit vom Baum. Diese Arbeit muss belohnt werden – unvergessen die Kandidatur von Sarah Palin (Gouverneurin in Alaska) für die Vizepräsidentin der USA.

Der wissenschaftliche Fortschritt, den die Aufklärer so entscheidend vorantrieben, hat den Anspruch der Religionen unhaltbar gemacht, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein.
Für diese Aussage bekommst du von mir ein Daumen-Up.

Ich wollte diese Diskussion um die Nazis nicht, denn hier sollte um die Macht der Kirche gehen – ich habe das schon in #298 angeregt –, aber ihr lässt nicht locker im Bemühen, deutsche Christen als wahre Christen aussehen zu lassen.

Deswegen bringe ich noch was zum Thema Druck von Texten in arabischer Schrift. Dass das schwierig war, haben wir schon festgestellt, trotzdem gab es schon im 16. Jahrhundert zumindest eine Druckerei, die Texte auch in arabischer Sprache und Schrift druckte – Zitat:

Der Buchdruck mit beweglichen Lettern wurde in der osmanischen Kultur schon kurz nach seiner Erfindung bekannt, war aber nicht weit verbreitet. Einzelne westeuropäische Druckereien wie die 1584 gegründete Typographia Medicea in Rom produzierten überwiegend katholische Texte in arabischer, syrischer oder koptischer Sprache und Schrift, aber auch einzelne Werke islamischer, arabischsprachiger Autoren.

Es war also möglich, Texte in arabischer Schrift zu drucken, und dass das im Osmanischen Reich verboten war, geht auf den Sultan Bayezid II. zurück, der 1483 aufgrund religiöser Einwände das Drucken auf Arabisch im Osmanischen Reich bei Todesstrafe verbot.

Ich – und nicht nur ich - halte dieses Verbot für maßgeblich für das wissenschaftliche und technische Hinterherhinken des (muslemischen) Osmanischen Reiches hinter dem (christlichen) Europa, denn zuvor, also vor der Erfindung des Buchdrucks, waren wissenschaftliche Werke in arabischer Sprache und Schrift führend oder zumindest auf der gleichen Höhe wie die im Westen kursierten Werke in lateinischer Sprache.

es spricht aber eigentlich nichts dafür, dass das Evangelium hier zwingend alle Juden durch die ganze Geschichte hindurch meint.
Was das Evangelium möglicherweise meinte oder nicht meinte, spielt keine Rolle, denn das Evangelium diente durch die ganze Geschichte hindurch als Rechtfertigung der Ausgrenzung und der Verfolgung von Juden – die diesbezüglich aus dem Evangelium abgeleitete Sprüche sind Legion. Einer davon ist: Juden haben unseren Herrn umgebracht - also üben wir Vergeltung. Auf den Gedanken, dass wenn Juden das nicht getan hätten, es auch keinen Christus und auch keine Christen gäbe, sind sie wohl nicht gekommen. Ähnlich: Ohne Judas kein Christus. Judas hat sich für Christus und damit für das Christentum geopfert - und was bekam er für diesen Dienst? Verachtung.
 
Fakt ist viel mehr, dass sich jemand, der sich durch sein Handeln in dauerhaften programmatischen Gegensatz zu einer bestimmten Gruppierung setzt, nicht als jemand verstanden werden kann, der gemäß der Auffassung und Programmatik handelte.
Die Wahl von Parteien, deren Programmatik die Bereitschaft voraussetzt christliche Leitsätze und Regeln zu missachten, kann offensichtlich nicht durch das Christentum motiviert sein, dessen Ansprüche und Lehren anders Handeln verlangt hätten.

Im Falle des Nationalsozialismus standen der ganzen Angelegenheit definitiv zu viele "du-sollst-nicht"s gegenüber, als dass es irgendjamandem, der die Regeln dieser Religion noch beherzigte hätte möglich sein können, sich für die Unterstützung dieser Bewegung herzugeben.

Wenn aber durch den offensichtlichen, nicht aufhebaren Widerspruch zwischen den beiden Lehren völlig klar ist, dass der Wille zur Unterstützung des NS nicht aus der christlichen Lehre selbst resultieren kann, da diese, Töten, Misshandeln, Beruaben, Verleumden etc. zumal von Angehörigen der eigenen Religion streng untersagt, der NS aber genau darauf hinaus lief, ist die Feststellung, das ein Großteil der NSDAP-Unterstützer auf dem Papier Christen waren im Hinblick auf ihre Beweggründe, ungefähr so aussagekräftig, wie die Aussage, dass ein Großteil der NSDAP-Unterstützer Sauerstoffatmer waren.

Dass sich Christen untereinander bekämpften und bekämpfen ist nichts Neues.
Diese Gleichsetzung von Aggressoren und Überfallenen in diesem Kontext, muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Wenn jemand überfallen wird und sein Recht auf Selbstverteidigung wahrnimmt oder einem Anderen Überfallenen dabei hilft dies zu tun, dann beweist das laut dir also, dass dieser Jemand ein Kriegstreiber und seine Religion damit heuchelei ist.

Ich denke darüber, was von solchen Ansichten zu halten ist, braucht man gar nicht viele Worte verlieren.

Kleriker unterstützten immer den sog. starken Mann an der Spitze des Staates, sofern dieser tat, was sie für richtig hielten

Einen grundsätzlichen Hang des Klerus den "starken Mann" zu unterstützten, kann ich in der Geschichte nicht erkennen.

Bei diversen Wahlen neuer Päpste im Mittelalter und der Rennaissance achteten die beteiligten Kardinäle darauf in keinem Fall jemanden zu wählen, der mächtig genug werden könnte sie aus dem Weg zu räumen.
Insofern gab es Misstrauen gegenüber dem "starken Mann" hier bereits, was die eigene Organisation angeht.

Auch andere Episoden der Geschichte gehen in vergleichbare Richtungen. Die Konzilsbewegung lief mit nichten auf den Ruf nach einem "starken Mann" hinaus, sondern auf eher auf ein pluralistisches System innerhalb des Klerus mit vergleichsweise flachen Hierarchien.

Geht man in die Neuzeit, findet man im Vorfeld der französischen Revolution einen niederen Klerus, der es bei den Generalständen zu einem großen Teil mit den Bürgerlichen hält, statt sich hinter den "Starken Mann" und die scharfen Hierarchien des alten Systems zu stellen, in Großbritannien, verfügte der hohe Klerus traditionell über eine ansehnliche Zahl von Sitzen im "House of Lords" und nahm in diesem Zusammenhang an der sich herausbildenden Demokratie teil usw. usw.

Es mag ja stimmen, dass seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sich die Kirchen und der Klerus diverser christlicher Konfessionen zu zunehmend reaktionären Veranstaltungen entwickelten, die eine auffallende Tendenz dazu hatten sich mit rechtskonservativen bis rechtsextremen Bewegungen zu verbünden und scharfe Hierarchien zu beführworten, Liberalisierung und Fortschritt eher feindlich entgegen zu stehen.

Aber zu behaupten, dass es immer so gewesen wäre und irgendwelcher der Religion innewohnender Grundsätze (die du im Übrigen nirgendwo plausibel benennen konntest) zu behaupten, dass das immer so gewesen wäre ist faktenwidrig.
Nach meiner Auffassung bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, mindestens aber bis ins Ausgehende 18. Jahrhhundert kann das in dieser Absolutheit in keinem Fall gelten.

Als Garibaldi den Päpsten den weltlichen Kirchenstaat, den sie sich durch eine Fälschung gesichert haben, wegnahm (wenn auch nicht ganz), wer hat das halbwegs wieder in Ordnung gebracht? Mussolini.

Versuche Verhandlungen wegen des Status des Vatikan und einer Lösung der "römischen Frage" zu führen wurden nicht erst seit Mussolini, sondern seit 1871 immer wieder unternommen.

In Anbetracht des Schadens, den die ungeklärte Frage Rom für den italienischen Staat, bei den Katholiken weltweit bedeutete, waren die italienischen Regierungen grundsätzlich daran interessiert, diese Frage abzuräumen und den Kompromiss hinsichtlich der Vatikanstadt, die vom Italienischen Staat ohnehin nie angetastet wurde, hätte sich sicherlich auch mit den Vorgänger Regierungen finden lassen.
Allein Pius IX., Leo III. und Pius X. lehnten solche Regelungen ab, bestanden viel mehr auf der Wiederherstellung der weltlichen Macht des Papsttums.
Der Kompromiss, den die katholische Kirche am Ende mit Mussolini schloss, war entsprach weitgehend dem, was bereits andere italienische Regierungen anzubieten bereit waren, der Unterschied ist einfach der, dass Pius XI. im Gegensatz zu seinen Vorgängern bereit war die Realitäten anzuerkennen und einzusehen, dass sich die Zeit nicht um 60 Jahre zurückdrehen ließ, zumal die Mussolini-Diktatur, die sich um Recht und Gesetz nicht mehr scherte, die Möglichkeit hatte gegen die katholische Kirche in Italien vorzugehen und auch die bisherige de facto Souveränität des Papstes über die Vatikanstadt zu kassieren, wenn der Diktator bereit war den Immageschaden im Ausland, insbesondere in Frankreich hinzunehmen.

Und wer hat in Deutschland mit dem Vatikan das Konkordat geschlossen? Hitler.

Ja, nur dass dein Versuch daraus eine besondere Nähe zwischen Hitlerdiktatur und katholischer Kirche abzuleiten insofern nicht funktioniert, als dass das Regime die Arbeit katholischer Ofrganisationen, Parteien, Gewerkschaften etc. stärker behinderte, als das zu Zeiten der Republik oder auch des Bismarckreiches jemals passiert war.

Man wird einem Diktator, der binnen des ersten Jahres seiner Herrschaft alle christlichen Parteien und Gewerkschaften verbot kaum besondere ideologische Nähe zum Katholizismus nachsagen können.

Dem Vatikan wiederrum wird man das Konkordat als Versuch über internationale Verträge die Rechte der Katholiken und der katholischen Kirche zu schützen, kaum übel nehmen können, allenfalls könnte man ihm übel nehmen, es nicht gekündigt zu haben, als sichtbar wurde, dass das nicht viel brachte, wofür sich dann allerdings spätestens 1943 mit der deutschen Besetzung Italiens das Zeitfenster schloss.

Vatikan hat Kommunismus verdammt und dessen Schriften auf Index gesetzt, aber Hitlers „Mein Kampf“ durfte jeder Katholik lesen – die Protestanten sowieso.

Mit Verlaub, der Index Librorum Prohibitorum ist ein Instrument, dass der FNZ entstammte, als Druck und Vertrieb von Büchern noch einen so geringen Umfang hatten, dass das tatsächlich kontrollierbar war.

De facto musste sich doch 1920-1930 kein Mensch mehr darum kümmern, was auf diesem Index stand, denn durch den Massenvertrieb war für die Vertreter der Kirche doch ohnehin nicht mehr feststellbar, was ihre Schäfchen an Literatur konsumierten, geschweigedenn, dass die Kirche noch irgendwelche Mittel zur Verfügung gehabt hätte, entsprechende Werke zu beschlagnahmen oder ihre Mitglieder, die sich daran nicht hielten, mit besonders schlimmen Konsequenzen zu überziehen.

Das Hitler Pamphlet zunächst mal nicht auf diesem Index landete, mag daran liegen, dass es möglicherweise in der Flut der Publikationen der Zeit einfach untergegangen ist, eine besondere Wirkmächtigkeit als Schrift hat es ja nie erreicht.
Von dem her wäre die frage zu stellen, entging Hitlers Pamphlet dem Index, weil die katholische Kirche damit kein problem hatte oder einfach nur deswegen, weil man es wegen Überlastung oder zu geringer Bedeutung nicht auf dem Schirm hatte?

Zentrale Schriften des Kommunismus, dagegen, wenn man etwa an die Werke von Marx und Engels denkt, entstanden in einer Zeit, in der die Anzahl der Publikationen noch weit übersichtlicher war und erreichten bis Ende des 19. Jahrhunderts eine Wirkmächtigkeit, die man kaum noch übersehen konnte.
 
Über die frühzeitige und dauerhafte Unterstützung der katholischen Kirche für den Faschisten Franco in Spanien wurde hier schon gesprochen.

Du ignorierst geflisentlich denn Umstand, dass es bereits im Vorfeld des eigentlichen Krieges zur innergesellschaftlichen Frontenbildung und zu Gewaltakten kam, die dazu beitrugen, dass sich das rechte Lager in Spanien unter Einschluss der Kirche formierte, bevor die putschierenden Militärs überhaupt auf dem Plan traten.

Mal davon abgesehen, scheint Franco überhaupt ursprünglich überhaupt nicht der prädestinierte Anführer der meuternden Militärs gewsen zu sein, diese Rolle wird in den Meisten Darstellungen, die ich dazu bisher gelesen habe General José Sanjurjo y Sacanell zugeschrieben, der allerdings bereits im Sommer 1936 zu Beginn des Bürgerkriegs bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam.

Insofern, dass die katholische Kirche sich Frühzeitig Franco anschloss, ist ein Zerrbild.
Sie hätte sich frühzeitig (d.h. vor Beginn der eigentlichen Auseinandersetzungen) allenfalls Sanjurjo als Chef der konspirierenden Militärs anschließen können.
Wie dessen Herrschaft, wenn er am Leben geblieben wäre und sich durchgesetzt hätte ausgesehen hätte, wissen wir nicht.

Faktisch hatte die Kirche längst Partei bezogen, bevor die Militärs putschten und die Auseinandersetzungen hatten bereits vor der Militärrevolte begonnen.
Heißt im Endeffekt schloss sich nicht die katholische Kirche vorzeitig Franco an, sondern viel mehr schlossen sich die meuternden Militärs der Lager der politischen Rechten an, dass unter Einschluss der Kirche schon vor dem Bürgerkrieg betand und setzten sich hier einfach allmählich intern als stärkste Kraft durch.

Du weißt so gut wie ich, dass Frauen eine wesentliche Stütze der evangelikalen Bewegung sind.

Das relativiert nicht den Hinweis, darauf, dass eine stockkonservative christliche Bewegung, die zu jeglicher Reform unfähig wäre keine unverheirateten Frauen zu ihren Vertretern machen würde.
 
Ich wollte diese Diskussion um die Nazis nicht
Warum betreibst du sie dann?

aber ihr lässt nicht locker im Bemühen, deutsche Christen als wahre Christen aussehen zu lassen.
Wenn ich mir deine Bemühungen ansehe, den Nationalsozialismus troz aller unüberbrückbaren ideologischen Widersprüche mit dem Christentum auf ideologischer Ebene in nähere Verbindung setzten zu wollen, bist eher du derjenige, der uns die "Deutschen Christen" als die "wahren Christen" verkaufen möchte.

Deswegen bringe ich noch was zum Thema Druck von Texten in arabischer Schrift. Dass das schwierig war, haben wir schon festgestellt, trotzdem gab es schon im 16. Jahrhundert zumindest eine Druckerei, die Texte auch in arabischer Sprache und Schrift druckte

Wir werden es als gesichert annehmen dürfen, dass bereits vorher Druckereien gab, die auf Arabisch oder mindestens in arabischen Lettern druckten.
Denn dafür, dass für diesen Druck zweitweilig ein Verbot erging, wird es einen Anlass gegeben haben.
Worin würde der Sinn eines Verbotes von Dingen liegen, die es überhaupt nicht gibt?
Ein Gesetzgeber, der sich mit der Dekretierung von Verordnungen gegen Gespenster beschäfftigt, macht sich allenfalls lächerlich.

Es war also möglich, Texte in arabischer Schrift zu drucken, und dass das im Osmanischen Reich verboten war, geht auf den Sultan Bayezid II. zurück, der 1483 aufgrund religiöser Einwände das Drucken auf Arabisch im Osmanischen Reich bei Todesstrafe verbot.

Für die Todesstrafe wegen des Druckens mit arabischen Lettern hätte ich gern einen Beleg, ansonsten hatte dich bereits @El Quijote daruf hingewiesen, dass Erlass und Aufrechterhaltung dieses Verbots de facto durchaus etwas mit der traditionellen Bedeutung der Kalligraphie in der islamischen Welt zu tun haben kann und möglicherweise neben religiös motivierten Einwänden, auch mit Protsten professioneller Kalligraphen und Schreiber, die um ihren Lebensunterhalt fürchteten.
Wäre nicht die erste technische Neuerung gewesen, die verboten worden wäre um einzelne Berufszweige nicht um ihre Existenz zu bringen.

Ist dir im Übrigen, wo du den Druck mit arabischen Lettern in Rom bereits erwähnst eigentlich mal der Gedanke gekommen, dass ein Verbot von Drucken im Osmanischen Reich nicht verhinderte, dass entsprechende Drucke von außerhalb in das Osmanische Reich einsickerten und kursierten?

Denn mit welcher Absicht, wenn nicht um Adressaten in den Ländern zu erreichen, in denen dieses Schriftsystem gebräuchlich war, hätte man in Rom arabische Texte drucken sollen?
Was in Rom mit vorwiegend religiösen Texten ging, ging auch in anderen Gegenden außerhalb der Grenzen des Osmanischen Reiches mit anderen Themen.
Der Druck von im inland illegalen Schriften im Ausland und deren Einschleusen über den alltäglichen Grenzverkehr ist ja bis in die heutige Zeit eine gängige Praxis um zensorische Spielregeln zu umgehen.

Ich – und nicht nur ich - halte dieses Verbot für maßgeblich für das wissenschaftliche und technische Hinterherhinken des (muslemischen) Osmanischen Reiches hinter dem (christlichen) Europa, denn zuvor, also vor der Erfindung des Buchdrucks, waren wissenschaftliche Werke in arabischer Sprache und Schrift führend oder zumindest auf der gleichen Höhe wie die im Westen kursierten Werke in lateinischer Sprache.

Viel mehr bist du der Einzige, der Unbekannte und Tatsachen konsequent ausblendet und sich beharrlich weigert jeden Gedanken, der das eigene vorgefasste Bild ins Wanken bringen könnte, zu Ende zu denken.

Faktisch haben wir keine Ahnung, wie wirkmächtig dieses Verbot überhaupt durchgesetzt werden konnte.
Einem Dekret von dem wir nicht mal sicher sagen können, dass es realiter überhaupt besondere Wirkung entfaltete, weil durch diverse Taktiken (Umsetzung in andere Alphabete, klandestiner Druck im Innland, legaler Druck im Ausland und Einführung) zu umgehen entscheidende Wirkung für Entwicklungen zuzuschreiben, die erst Jahrhunnderte später eintraten, ist unter vernünftigen Gesichtspunkten völlig unhaltbar.

Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts war das Osmanische Reich gegenüber den Staaten des christlichen Europas durchaus keine durch besondere Rückständigkeit auffallende Erscheinung.
Dass das Osmanische Reich tatsächlich in bedeutenden Rückstand geriet, ist eine Entwicklung vor allem des späten 18. und des 19. Jahrhunderts, da war das Verbot des Drucks mit arabischen Lettern aber längst aufgehoben worden (1729).
Schaut man sich verglichen damit etwa die Parallelentwicklung in Russland an, wo erst mit Peter dem Großen, der erst 1682 auf den Thron kommt und erst ab 1696 Alleinherrscher ist, der Anschluss an Europa wirklich mit Macht gesucht wird und im 18. Jahrhundert, im Besonderen unter Peter I. und Katharina II. sich ein großes Reich binnen relativ kurzer Zeit von seinen traditionen abkehrt und sich binnen relativ kurzer Zeit an das lateinische Europa anschließt und zur Großmacht wird, beweist dass dass 1729 als das Verbot im Osmanischen Reich fiel der Zug für eine umfassende Modernisierung oder um etwaigen Rückstand aufzuholen lange nicht abgefahren war.

Im Hinblick auf die Eigenheiten des Osmanischen Reiches, und dein Posulat, dass die geistlichen Eliten schon immer mehr oder weniger die weltlichen gesteuert/beeherrscht hätten, ist abgesehen von der von der Unsinnigkeit dises Postulats darauf hinzuweisen, dass man diese Trennung im Osmanischen Reich insofern gar nicht klar postulieren kann, als dass es anders als im katholischen Europa eben kein vom Reich unabhängiges Papsttum oder eine vergleicbare religiös Instanz als unabhängiges Gegengewicht gegeben hätte.

De facto legten sich die osmanischen Sulaten spätestens ab dem 16. Jahrhundert Titulaturen zu, nach denen sie zunehmend auch die höchsten geistlichen Würden beanspruchten, letztendlich traten später die Osmanischen Sultane auch als Kalifen und damit religiöse Autoritäten auf.

Heißt, wenn 1729 auf Geheiß des Sultans der Druck in arabischen Lettern genehmigt wurde, wurde dass von einem Akteur durchgeführt, der durchaus auch Autorität im geistlichen Sektor beanspruchte.

Auf die Möglichkeit für die Gelehrten (und andere werden in der Regel des Lesens ohnehin nicht mächtig gewesen sein), Texte in anderen Sprachen zu beziehen und zu konsumieren, bist du hingewiesen worden, die stand der Möglichkeit gelehrte Texte (auf Latein oder griechisch) im christlichen Europa zu konsumieren oder zu verfielfältigen in nichts nach, ebenso hingewiesen wurdest du auf den vergleichsweise geringen Output an Neuerscheinungen, im 15. und 16. Jahrhundert, der sich rein quantitativ später ziemlich schnell aufholen ließ.

Vielleicht durchdenkst du das alles nochmal und überlegst warum du der Einzige bist, der dieses Postulat vertritt.
Könnte daran liegen, dass es gemessen an den vorliegenden Argumenten großer offensichtlich großer Unsinn ist.

Was das Evangelium möglicherweise meinte oder nicht meinte, spielt keine Rolle, denn das Evangelium diente durch die ganze Geschichte hindurch als Rechtfertigung der Ausgrenzung und der Verfolgung von Juden – die diesbezüglich aus dem Evangelium abgeleitete Sprüche sind Legion.

Natürlich spielt es eine Rolle, weil eine Begründung der Ausgrenzung und Verfolgung der Juden mindestens aus der von dir benannten Stelle offensichtlich nicht ableitbar ist.
Es könnte sich wenn überhaupt, auf in Jerusalem versammelte Personen bezogen haben und es musste jedem klar sein, dass damit nicht alle Juden per se gemeint sein konnten. Punktum.

Und selbstredend ist das nicht egal, der Autor eines Textes ist nur dafür verantwortlich, was er geschrieben hat, nicht dafür, wozu es später möglicherweise von Rezepienten inhaltswidrig pervertiert wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Hitler Pamphlet zunächst mal nicht auf diesem Index landete, mag daran liegen, dass es möglicherweise in der Flut der Publikationen der Zeit einfach untergegangen ist, eine besondere Wirkmächtigkeit als Schrift hat es ja nie erreicht.
Von dem her wäre die frage zu stellen, entging Hitlers Pamphlet dem Index, weil die katholische Kirche damit kein problem hatte oder einfach nur deswegen, weil man es wegen Überlastung oder zu geringer Bedeutung nicht auf dem Schirm hatte?
Auf den Schirm bekam man es schon, vielleicht zu spät: Immerhin wurde Rosenbergs "Mythus des 20. Jahrhunderts" noch auf den Index gesetzt, das war 1934.

"Warum nur dieser Chefideologe Hitlers und nicht dessen in Millionenauflagen verbreitetes Hauptwerk Mein Kampf? Vielleicht, weil er ein amtierendes Staatsoberhaupt war. Auch Mussolini, Lenin und Stalin suche man vergeblich, bedauert Wolf..."​
Kritik in Kürze

Vatikan hat Kommunismus verdammt und dessen Schriften auf Index gesetzt, aber Hitlers „Mein Kampf“ durfte jeder Katholik lesen
... Lenin und Stalin offensichtlich auch...
 
Über die frühzeitige und dauerhafte Unterstützung der katholischen Kirche für den Faschisten Franco in Spanien wurde hier schon gesprochen.
Da sollte man aber auch die Vorgeschichte nicht ausblenden, nämlich diverse kirchenfeindliche Aktivitäten in der "Zweiten Republik".
Z.B.: Als am 11. Mai 1931 in Madrid und in mehreren anderen spanischen Städten einige Kirchen in Brand gesteckt wurden, unternahm die Regierung zunächst nichts dagegen. Als die katholische Kirche dagegen protestierte, wurde der Erzbischof von Toledo von Bewaffneten zur Grenze gebracht und verbannt. Die Regierung ergriff mehrere antikatholische Maßnahmen, z.B. löste sie im Oktober 1931 alle geistliche Orden auf und wies die Jesuiten aus.

Aber schon in den Jahrzehnten davor gab es diverse Aktionen diverser linksgerichteter Gruppierungen gegen die Kirche.
Z.B. im Juli 1909 in Barcelona im Rahmen der "semana trágica". Binnen 5 Tagen wurden 22 Kirchen und 34 Klöster niedergebrannt und auch Geistliche ermordet.

Da braucht man sich nicht zu wundern, dass sie sich nach rettenden Verbündeten umsah.
 
Dass sich Christen untereinander bekämpften und bekämpfen ist nichts Neues. Und das Besondere: Alle nehmen für sich in Anspruch, Gott sei bei innen. […]
Du bist doch hoffentlich nicht kurz davor, aus der alliierten Antwort auf die Nazi-Aggression so etwas wie einen zweiten Katharer-Kreuzzug zu machen? Offen gesagt empfinde ich Deine Antwort als unhöflich, denn Du verweigerst die inhaltliche Auseinandersetzung und platzierst nur einen politischen Claim.

@Dion, folgendes Beispiel: Stellen wir uns vor, die FDP wollte plötzlich alles Privatvermögen abschaffen.

Was würde dann daraus folgen?

Dass der Kapitalismus das Recht auf Eigentum verneint (und immer schon verneint hat), oder aber, dass die FDP sich vom Kapitalismus abgewandt hat, kapitalistische Prinzipien verletzt und mithin nicht in Anspruch nehmen kann, eine kapitalistische Partei zu sein?

Die Antwort lautet: Selbstverständlich Letzteres. Denn jede Definition eines jeden Dinges muss objektiv geeigneten und unveränderlichen Maßstäben gehorchen, um reproduzierbare Feststellungen zu liefern.

Ebenso wenig, wie die FDP das kommunistische Manifest für kapitalistisch erklären kann; ebenso wenig, wie aus einem Apfel eine Banane wird, nur weil Du und ich uns auf diese Umbenennung geeinigt haben; genauso wenig wird auch aus dem Nationalsozialismus eine christliche Ideologie, nur weil die Nazis "Gott mit uns" auf die Koppelschlösser der Wehrmacht prägen ließen.

Diese Feststellung erzwingt nicht nur der offensichtliche Widerspruch zwischen der Ideologie und sämtlichen christlichen Dogmen, sondern auch die offen vorgetragene Ablehnung – und mit zunehmender Länge der Nazi-Herrschaft – Verfolgung aller, die tatsächlich christliche Werte vertraten.

Es gibt an den Religionen genug zu kritisieren, als dass man Kritikpunkte erfinden müsste.
 
Du kannst es halten, wie du willst: Auf die eine oder andere Weise habe Christen (andere Religionsangehörige gab es in Deutschland kaum – die 5 % eben) NSDAP an die Macht gebracht. Das ist Fakt und durch keine Rechenkünste aus der Welt zu bringen.
:rolleyes:
andere Religionsangehörige als Christen findet man im fraglichen Zeitraum auch in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Polen, Schweiz nicht in hoher Anzahl, das waren auch alles überwiegend Christen. Verblüffenderweise waren alle diese Christen nicht daran beteiligt, die NSDAP an die Macht zu bringen (ja sie zeichneten sich nicht einmal als signifikant "rechts gesonnen" aus).

Und nun gilt auch für diesen statistisch/demografischen Umstand:
Das ist Fakt und durch keine Rechenkünste aus der Welt zu bringen.
Zahlenmäßig ist im fraglichen Zeitraum die Summe der französischen + belgischen + niederländischen + dänischen + polnischen + eidgenössischen Christen größer als die der christlichen Einwohner des Deutschen Reichs. Betrachtet man die Landkarte noch etwas gr0ßzügiger, dann wird man noch viiieeel viiieeel mehr Christen finden, die mangels Interesse/Zustimmung und/oder mangels Wahlberechtigung im Deutschen Reich nicht daran beteiligt waren, die NSDAP an die Macht zu bringen.

Das hat jetzt leider auf der nüchternen Ebene banalster Syllogistik, aber auch aussagenlogisch betrübliche Konsequenzen für das "Argumentations"muster von dir @Dion und ,
Es ist an der Zeit, dass auch du das begreifst
denn: Christ zu sein, in der gesamten Bandbreite zwischen lediglich formal bis tiefgläubig-inbrünstig, ist keine notwendige Bedingung, um eine NSDAP an die Macht zu bringen (streng genommen nicht einmal für ein Faible für völkisch-nationale bis rechtsaußen gelagerte Gesinnung). Aber @Dion versucht, gegen jede banale Logik, ja gegen noch banalere Statistik/Demografie eine fiktive (!) Kausalkette Christ=>Nazi zu suggerieren.

Wenn man schon auf extrem banaler oberflächlicher Ebene Zusammenhänge (Kausalketten wäre zu hoch gegriffen) a la @Dion konstruieren oder suggerieren will, dann wäre eine Plattitüde wie "es waren wahlberechtigte mündige Staatsbürger des Deutschen Reichs (Weimarer Republik), welche die NSDAP an die Macht gebracht haben" zwar immer noch ziemlich oberflächlich, aber zumindest statistisch und (aussagen)logisch nicht falsch.
 
"Warum nur dieser Chefideologe Hitlers und nicht dessen in Millionenauflagen verbreitetes Hauptwerk Mein Kampf? Vielleicht, weil er ein amtierendes Staatsoberhaupt war. Auch Mussolini, Lenin und Stalin suche man vergeblich, bedauert Wolf..."



Ich würde insgesamt eher vermuten wollen, dass das nicht mehr stattfand, weil in der katholischen Kirche ohnehin die Erkenntnis allmählich gereift haben dürfte, dass der Index Librorum Prohibitorum vor dem Hintergrund sich entwickelnder Massenpolitik und neuer definitiv nicht mehr kontrollierbarer Medien einfach kein adäquates Mittel mehr war.

Was nutzte es noch Bücher mit aus katholischer Sicht verderblichen Lehren zu verbieten, wenn die in diversen Zeitungen/Zeitschriften, im Rundfunk und zunehmend auch in Lichtspielhäusern etc. in einer Geschwindigkeit verbreitet werden konnten, dass die eigenen Zensurbemühungen ohnehin nicht hinterher kamen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei manchen Beiträgen musste ich unwillkürlich an die späteren Bände von K. H. Deschners Opus Magnus "Die Kriminalgeschichte des Christentums denken, vor allem an die Bände, die sich mit dem 18. Jahrhundert beschäftigen.

Auch wenn man das Engagement- um das Wort Besessenheit zu vermeiden- und die Fleißarbeit, die Deschner in sein Projekt über Jahre investiert haben muss einem irgendwo Respekt abnötigt, und die ersten Bände trotz großer Polemik durchaus auch lesenswert waren, so erschöpfen sich die Bände über das 18. Jahrhundert in reinen Zustandsbeschreibungen, und der Leser fragt sich immer wieder, was das noch mit dem Christentum zu tun hat, ob man es wirklich auf das Christentum zurückzuführen ist, dass Prinz Eugen in den Türkenkriegen wenige Gefangene machte, dass Karl XII. Kälbern die Köpfe abschlug, Deschner nennt ihn denn auch den "Kälberköpfer", dass Peter I. seinen Strelitzen und seinen Sohn, den Zarewitsch Alexej exekutieren ließ und der große Friedrich seine Soldaten zu Helden prügelte.

Mit der Polemik ist es wie mit Fluchen oder Kraftausdrücken. Man verwendet sie, um etwas zu bekräftigen, um einen derben, aber treffenden Vergleich zu wählen, um durch Zuspitzung , mit den Mitteln der Ironie und des Sarkasmus einen Gedankengang herauszustellen. Wenn aber jedes dritte Wort ein Fluch, eine Obszönität, ein Kraftausdruck ist, dann nutzt sich das schnell ab und wird abgeschmackt, und genau so ist es auch mit überzogener Polemik.

Es fällt ja dann auch immer wieder auf, dass bei überzogener Polemik auch immer wieder vieles ausgeblendet wird und ausgeblendet werden muss, damit ein bestimmtes Narrativ stimmt.

Die Aufklärung, die ist doch nicht spurlos am Christentum, spurlos am Judentum vorbei gegangen. Wenn man Literatur zensieren will, dann muss man sich doch mit der Materie beschäftigen. Die Jesuiten z. B. Speerspitze der Gegenreformation die waren doch nicht wissenschaftsfeindlich! Jesuiten haben in der Regel Bücher geschrieben, die wissenschaftlich nicht zu beanstanden waren. Die von @Dion, durchaus zu Recht, bewunderte Renaissance und ihre Künstler und Autoren die haben ja auch in nicht unerheblichen Maß vom Mäzenatentum von Kirchenfürsten wie Riario, de la Rovere, Borgia u.a. profitiert.

Es haben im 18. Jahrhundert die von Erthals oder von Schönborns im Sinne eines aufgeklärten Absolutismus regiert und Gedankengut der Aufklärung gefördert.
Katholische Monarchen wie Kasimir von Polen haben geflüchteten Juden Asyl gewährt so wie protestantische Fürsten in Brandenburg-Preußen oder Hessen-Kassel die Hugenotten und die Salzburger Emigranten Asyl gewährten.

Wurde eigentlich in diesem Thread schon das Thema Kirchenzucht angesprochen? Das war zwar eher charakteristisch für protestantisch- reformierte Kirchen.

Es sollten Kinder und Jugendliche im christlichen Glauben unterwiesen werden, sie sollten etwas lernen, und als danach religiös Mündige ihr Bekenntnis bestätigen- daher die Konfirmation. Sie war bis weit ins 20. Jahrhundert ein wichtiger Lebensabschnitt, der in der Regel auch den Eintritt ins Berufsleben markierte.

Kirchenzucht sollte Ordnung und Lehre sicherstellen, durch Kirchenzucht konnte die Gemeinde, konnten Geistliche aber auch recht massiv in das Privatleben der Gemeindemitglieder eingreifen, und Kirchenzucht war auch ein Instrumentarium der Sozialdisziplinierung. Gemeindemitglieder , die nach Meinung der Gemeinde gefehlt hatten, mussten damit rechnen, dass ihr Verhalten öffentlich in der Gemeinde ausgebreitet wurde, und sie konnten mit Kirchenbußen belegt werden, die unter Umständen recht massive Auswirkungen haben konnten.

Das Los der Hesther Prynn in Nathaniel Hawthornes Roman "The Scarlet Letter" sagt zwar mehr über die Wertvorstellungen des puritanischen Bürgertums im 19. Jahrhundert, als über die Verhältnisse in der Kolonie Massachusetts Ende des 17. Jahrhunderts.

In protestantischen Freikirchen spielt Kirchenzucht bzw. Gemeindezucht heute noch eine bedeutende Rolle.

Bei den Amish People bekommen junge Leute, wenn sie erwachsen werden, 1 ganzes Jahr, in denen sie das sogenannte Rumspringa praktizieren können, in dem sie mit Drogen experimentieren und äußerst freizügige Sexualpartner-Wahl praktizieren dürfen, sprich, in dem sie alle Freiheit der Welt haben und diese auch gründlich missbrauchen und über die Stränge schlagen dürfen.

Danach aber erwartet man von ihnen, dass sie den Lebensstil und die Werte der Amish wieder übernehmen, andernfalls müssen sie die Gemeinschaft verlassen.

Kirchenzucht – Wikipedia
 
Da sollte man aber auch die Vorgeschichte nicht ausblenden, nämlich diverse kirchenfeindliche Aktivitäten in der "Zweiten Republik".
Ja, es gab diverse kirchenfeindliche Aktivitäten in der "Zweiten Republik". Aber wenn du schon diese Vorgeschichte als Grund für die Exzesse der Falangisten angibst, dann sollte man auch die Vorgeschichte der Zweiten Republik sehen – nur zur Illustration, in welchem Zustand sich Spanien befand: Als die Republik ausgerufen wurde, bestand die Bevölkerung zu einem Drittel aus Analphabeten. Und: Die katholische Kirche war die größte Grundbesitzerin im Land, denn eine Säkularisation, wie z.B. in Deutschland und Österreich Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhundert, fand in Spanien nicht statt. Aber die Republik war gewillt, dies zum Teil nachzuholen, was die katholische Kirche natürlich auf die Palme brachte. Etc.

ebenso wenig, wie aus einem Apfel eine Banane wird, nur weil Du und ich uns auf diese Umbenennung geeinigt haben; genauso wenig wird auch aus dem Nationalsozialismus eine christliche Ideologie, nur weil die Nazis "Gott mit uns" auf die Koppelschlösser der Wehrmacht prägen ließen.
Es wäre in der Tat zu einfach, aufgrund der Koppelschlösser dem Nationalsozialismus eine christliche Ideologie anzudichten, schließlich haben die Nazis einfach die Krone im Koppelschloss des Kaiserreichs durch den Hakenkreuzadler ersetzt und die Umschrift "Gott mit uns" so gelassen, wie sie war. Hier war eine gewisse Kontinuität zum zweiten Kaiserreich vorhanden, und das sicher mit Bedacht so gewählt. Allerdings habe ich diese einfach Gleichung oder nur Annährung „Nationalsozialismus = christliche Ideologie“ weder gedacht noch hier geäußert. Deswegen weiß ich nicht, warum du mir das vorwirfst.

Wenn man schon auf extrem banaler oberflächlicher Ebene Zusammenhänge (Kausalketten wäre zu hoch gegriffen) a la @Dion konstruieren oder suggerieren will, dann wäre eine Plattitüde wie "es waren wahlberechtigte mündige Staatsbürger des Deutschen Reichs (Weimarer Republik), welche die NSDAP an die Macht gebracht haben" zwar immer noch ziemlich oberflächlich, aber zumindest statistisch und (aussagen)logisch nicht falsch.
Deine Plattitüde (von mir unterstrichen) ist ja noch „schlimmer“ als meine, denn sie unterstellt, dass die Wähler im vollen Bewusstsein dessen wählten, was sie erwartete, wenn sie diese oder jene Partei wählten; meine lässt zumindest die Möglichkeit zu, dass sie nicht wussten, was sie taten.

Und dass diese wahlberechtigte mündige Staatsbürger zu 95 % oder meinetwegen auch nur zu 90 % Christen waren, bleibt weiterhin wahr.

Die Jesuiten z. B. Speerspitze der Gegenreformation die waren doch nicht wissenschaftsfeindlich! Jesuiten haben in der Regel Bücher geschrieben, die wissenschaftlich nicht zu beanstanden waren.
Ja, das haben sie, schließlich haben sie Gegenreformation ausgerufen, wozu sie intelligente und gut ausgebildete Leute brauchten. Aber das war dem Vatikan, rückwärtsgewandt wie er damals war und ist, nicht geheuer, also wurden Jesuiten verboten.

Katholische Monarchen wie Kasimir von Polen haben geflüchteten Juden Asyl gewährt so wie protestantische Fürsten in Brandenburg-Preußen oder Hessen-Kassel die Hugenotten und die Salzburger Emigranten Asyl gewährten.
Was sollte das? Hast du vergessen, dass andere katholische Monarchen wie der in Frankreich („Der König will es!“) Massenmord an Hugenotten befahlen? Wollen wir hier Aufrechnung bzw. Relativierung betreiben, welche Religion oder Ideologie mehr Menschenleben auf dem Gewissen hat?

Es sollten Kinder und Jugendliche im christlichen Glauben unterwiesen werden, sie sollten etwas lernen, und als danach religiös Mündige ihr Bekenntnis bestätigen- daher die Konfirmation. Sie war bis weit ins 20. Jahrhundert ein wichtiger Lebensabschnitt, der in der Regel auch den Eintritt ins Berufsleben markierte.
Ja, aber das brachte offenbar nicht viel, wenn man das Wahlverhalten der Protestanten in dem Jahr 1932 betrachtet – bitte hier keine neue Diskussion darüber.
 
Zentrale Schriften des Kommunismus, dagegen, wenn man etwa an die Werke von Marx und Engels denkt, entstanden in einer Zeit, in der die Anzahl der Publikationen noch weit übersichtlicher war und erreichten bis Ende des 19. Jahrhunderts eine Wirkmächtigkeit, die man kaum noch übersehen konnte.

Doch auch die Werke von Marx und Engels landeten nicht auf den Index librorum prohibitorum.

Ich würde insgesamt eher vermuten wollen, dass das nicht mehr stattfand, weil in der katholischen Kirche ohnehin die Erkenntnis allmählich gereift haben dürfte, dass der Index Librorum Prohibitorum vor dem Hintergrund sich entwickelnder Massenpolitik und neuer definitiv nicht mehr kontrollierbarer Medien einfach kein adäquates Mittel mehr war.

Andererseits wurden ja weiter Bücher untersucht und indiziert, und noch 1948 erschien eine neue 500-seitige Ausgabe des Index librorum prohibitorum.

Mit dem Nationalsozialismus stand der katholischen Kirche seit den 1920er-Jahren eine neuartige kirchenfeindliche Weltanschauung gegenüber. Für großes Aufsehen sorgte 1934 die Indizierung des "Mythus des 20. Jahrhunderts" des nationalsozialistischen "Chefideologen" Alfred Rosenberg (1893-1946). Dominik Burkard hat die Umstände und Hintergründe des Verfahrens untersucht. Er sieht die Indizierung als symbolischen Akt, mit dem der Vatikan gegenüber der nationalsozialistischen Idee Stellung bezog. Adolf Hitlers "Mein Kampf" hingegen wurde zwar in der Inquisition intensiv gelesen, aber nie auf den Index gesetzt, und auch die Initiative zu einem "neuen Syllabus" gegen Rassismus und Antisemitismus versandete. Endgültig werden die Gründe für diese Entscheidung voraussichtlich erst nach der Offnung der Archivbestände aus dem Pontifikat Pius' XII. (1939-1958) nachzuzeichnen sein.

Hubert Wolf und Holger Arning, Die Münsteraner Forschung zum "Index der verbotenen Bücher": Eine Zwischenbilanz zum DFG-Langfristvorhaben "Buchzensur durch Römische Inquisition und Indexkongregation in der Neuzeit (1542-1966)", in: Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 12 (2010)
 
Ja, es gab diverse kirchenfeindliche Aktivitäten in der "Zweiten Republik". Aber wenn du schon diese Vorgeschichte als Grund für die Exzesse der Falangisten angibst....

Hör auf dauernd deinen Mitdiskutanten das Wort im Mund umzudrehen.

@Ravenik hat entgegen deiner Behauptungen nicht in der Vorgeschichte Gründe für die Exzesse der Falangisten gesucht, sondern nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, dass es angesichts der kirchenfeindlichen Übergriffe in der damals jüngeren spanischen Geschichte, die teilweise vom linken politischen Lager toleriert wurden, durchaus tiefere Gründe dafür gab, warum die katholische Kirche in Spanien en gros dazu tendierte ihr Heil eher in einer Allianz mit der politischen Rechten zu suchen, die sich erstmal objektiv abseits ideologischer Einstellungen darbieten.

Als die Republik ausgerufen wurde, bestand die Bevölkerung zu einem Drittel aus Analphabeten. Und: Die katholische Kirche war die größte Grundbesitzerin im Land, denn eine Säkularisation, wie z.B. in Deutschland und Österreich Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhundert, fand in Spanien nicht statt. Aber die Republik war gewillt, dies zum Teil nachzuholen, was die katholische Kirche natürlich auf die Palme brachte.

1. Die Analphabetenquote in Spanien war verglichen mit Großbritannnien, Frankreich und Deutschland relativ hoch, sicherlich auch verglichen mit den kleineren Staaten Zentraleuropas, wie den Niederlanden oder Österreich, verglichen mit anderen Regionen Europas, wie Italien oder diversen Balkan-Ländern, verglichen auch mit Portugal fiel Spanien in den 1910er und 1920er Jahren durchaus nicht besonders ab.

2. Säkularisation, hat nichts mit Landbesitz zu tun. Säkularisation meint die Zurückdrängung des Einflusses der Kirche auf die Angelegenheiten des Staates und das fand im Verlauf des 19. Jahrhunderts durchaus auch in Spanien in gewissem Maße statt, z.B. in Form der Verfügung der Auflösung verschiedener christlicher Ordensgemeinschaften.

3. Was den Landbesitz der Kirche in Spanien angeht, gab es durchaus durch das 19. Jahrhundert hindurch immer wider Enteignungen von Teilen des kirchlichen Landbesitzes, im Besondere auch der aufgelösten Orden.
Das eine Organnisation, die landesweit über Millionen zahlender Mitglieder verfügt, im Besonderen, wenn sie noch Aktivitäten in der Armenführsorger, der Elementarbildung, der Krankenpflege etc. übernimmt naturgemäß zu den größten Grundbesitzern des Landes gehört, ist kein wunder und stellt durchaus nicht unbedingt einen himmelschreienden Misstand dar, im Besonderen, wenn sie keine staatlichen Zuschüsse erhält und einen Großteil ihres Personals und ihrer Aufgaben selbst finanzieren muss.

Spanien war verglichen mit Zentraleuropa, Großbritannien und Frankreich einmal ein Nachzügler, was die industrielle Entwicklung angeht, was mit daran gelegen haben mag, dass Spanien wirtschaftlich sehr lange auf seine überseeischen Kolonien fixiert war, so dass ein so umfassender Wohlfahrtsstaat, wie in anderen Teilen Europas schlicht noch nicht finanzierbar und damit die Arbeit der Kirche in bestimmten Bereichen auch noch nicht volltändig verzichtbar war.

Lange Rede kurzer Sinn, weder vorhandener kirchlicher Grundbesitz noch eine niedrige Alphabesisierungsrate sind eine Erklärung oder eine Rechtfertigung für das Niederbrennen von Kirchen und Konventen oder das Misshandeln oder gar Töten von Geistlichen.
Wenn die Staatsmacht nicht in der Lage oder Willens ist, die elementaren Sicherheitsbedürfnisse von Personen oder Organisationen, die unter ihrem Schutz stehen, weil sie sich auf ihrem Staatsgebiet befinden, zu gewährleisten, ist es nicht verwunderlich, wenn sich Personen und Organisationen, die diese Erfahrungen machen, von der Staatsmacht abwenden.

Und dass diese wahlberechtigte mündige Staatsbürger zu 95 % oder meinetwegen auch nur zu 90 % Christen waren, bleibt weiterhin wahr.

Genau so, wie der von dir weiterhin ignorierte Umstand, dass Christentum und Nationalsozialismus auf ideologischer Ebene nicht zusammengehen, gerade auch, weil die nationalsozialistischen Bluttaten und der Terror der SA bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten sehr deutlich machten, womit man es zu tun hatte.

Wer sich für den Nationalsozialismus entschied, entschied sich damit gegen diverse christliche Regeln und Dogmen und wandte sich damit durch sein Handeln vom Christentum ab.
Die Christlichen Gebote, nicht zu töten, nicht zu verletzen, nicht zu verleumden, nicht zu berauben etc. standen allem entgegen wofür die Nazis standen und Bibelstellen, in denen der NSDAP, der SA und anderen Nazi-Organisationen ein Dispens von diesen Regeln zugesprochen würde, wird man vergeblich suchen.

Da beide Ideologien im nicht auflösbaren Widerspruch stehen, dass Christentum als Weltanschauung somit nicht für das Handeln der Nazis verantwortlich gemacht werden kann, ist @dekumatland s Polemik hinsichtlich der Aussagekraft deiner Einlassungen noch untertrieben.

Der passendere Vergleich um die Richtigkeit wie Inhaltslosigkeit deiner Einlassung aufzuzeigen, wäre der Satz:

"Es waren kohlenstoffbasierte Lebensformen, die die Nazis wählten".

Der Satz ist inhaltlich ebenfalls nicht zu beanstanden und sagt uns über die Beweggründe der Handelnden ungefähr so viel wie deine Einlassung, dass vor allem nominelle Christen die Nazis unterstützten.
Wer denn auch sonst, in einer Gesellschaft, die jedenfalls auf dem Papier zu 90-95% aus Mitgliedern der christlichen Kirchen bestand.

Übrigens auch sämtliche anderen Parteien, einschließlich der Kommunisten dürften überweigens von eingetragenen Mitgliedern der christlichen Kirchen unterstützt/gwählt worden sein.

Was hätten wir nun also deiner Meinung nach daraus zu schließen? Folgte man deiner bisherigen Argumentationsweise, müsste man daraus ja folgern, dass die christliche Religion eine Tendenz zum Nationalsozialismus, zum Kommunismus, zum Liberalismus, zum Konservatismus und zum Sozialismus zugleich habe.
Folglich müsste es sich beim Christen sozusagen um einen "Mann ohne Eigenschaften" handeln, gegenüber dem hinsichtlich ideologischer Vorstellungen letztendlich keine allein gültigen Aussagen in eine bestimmte Richtung getroffen werden könnten.

Was für ein Quatsch das inhaltlich ist, merkst du hoffentlich selbst.
 
Ja, das haben sie, schließlich haben sie Gegenreformation ausgerufen, wozu sie intelligente und gut ausgebildete Leute brauchten. Aber das war dem Vatikan, rückwärtsgewandt wie er damals war und ist, nicht geheuer, also wurden Jesuiten verboten.

Zunächst mal wurden die Jesuiten von Rom durchaus gefördert und die Repressionen und Verbote des Jesuitenordens gingen zunächst mal von weltlicher Seite, nicht von Seiten des Vatikans aus.
Die Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clmens XIV. 1773 kam vor allem durch Druck zustande, den die bourbonisch regierten Staaten, auf den Kirschenstaat ausübten.
1814, also in einem Zeitabschnitt, der in die europäischen Geschichtsschreibung als Zeit der "Restauration" und der tendenziellen Bekämpfung gesellschaftlichen Fortschritts eingeganen ist, ließ Pius VII. den Jesuitenorden wieder zu, bekämpft und repressiert wurde er in der Folge von weltlichen/staatlichen Akteuren, wie etwa von Preußen-Deutschland, aber nicht von der katholischen Kirche.

Jesuiten – Wikipedia

Das die katholische Kirche die Jesuiten verboten hätte, weil sie gegen deren positives Verhältnis zur Wissenschaft etwas einzuwenden gehabt hätte, ist genu so Unfug, wie die Behauptung, dass man die Jesuiten nur für die Gegenreformation benötigt hätte.
Wäre dem so gewesen, hätte man den Orden entweder erst gar nicht gefördert, ihn viel früher wieder verboten und erst recht hätte man ihn nicht wieder zugelassen.

Im Übrigen, du den Kirchenstatt (der Vatikan ist das erst seit 1929) bzw. die katholische Kirche als stramm rückwärtsgewandt betrachten möchtest, dann müsstest du die Reformation demgegenüber ja für einen Fortschritt halten.
Mal abgesehen davon, dass eigentlich weniger der katholizismus als viel mehr Luthers Anspruch eine vom rechten Weg abgekommene Kirche wieder auf die Linie einer imaginierten und idealisierten Vergangenheit festlegen zu wollen, rückwärtsgewandt und reaktionär war, als die Haltung der katholischen Kirche, wie passt dass zu den Anwürfen, die du Luther und den Protstanten gegenüber machst?

Da geht mal wieder einiges nicht zusammen.

Was sollte das? Hast du vergessen, dass andere katholische Monarchen wie der in Frankreich („Der König will es!“) Massenmord an Hugenotten befahlen? Wollen wir hier Aufrechnung bzw. Relativierung betreiben, welche Religion oder Ideologie mehr Menschenleben auf dem Gewissen hat?

Der einzige, der dauernd aufrechnen und in diese Aufrechnung sehr gerne auch faktenwidrige, Anwürfe einbringen möchte, bist doch du.

Ja, aber das brachte offenbar nicht viel, wenn man das Wahlverhalten der Protestanten in dem Jahr 1932 betrachtet – bitte hier keine neue Diskussion darüber.

Da du es erwähnst.........

Ich komme nochmal auf obiges zurück:

Oben hast du der katholischen Kirche eine Rückwärtsgewandte Haltung zugesprochen, die ein gewisses Maß an Fortschritt deiner Meiung nach nur zuließ, um der Reformation etwas entgegensetzen zu können.
Wenn du davon ausgehst, dass die Katholishce Kirche ein gewisses Maß an Modernisierung benötigte, um gegenüber dem Protestantismus wieder an Attraktivität zu gewinnen, müsstest du ja davon ausgehen, dass Reformation und Protestantismus der Bevölkerung genau das boten, nämlich Fortschrittlichkeit, ein gewisses Maß an Liberalität und Aufgeschlossenheit gegenüber wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Wie geht das zusammen mit deinen Anwürfen, dass dem Protestantismus an und für sich ein tendenzieller Hang zum Antisemitismus und letztendlich zum Nationalsozialismus innewohnte und somit ein Martin Luther als Wegberiter Hitlers und des Holocausts anzusehen sei?

Wenn man den Umstand, dass man um deine Postulate hinsichtlich der Notwendigkeit der Jesuiten und die Beweggründe für ihre Förderung und Toleranz seitens Rom tragbar zu machen, nicht anders kann, als Reformation und Protestantismus als grundsätzlich fortschrittlich zu betrachten mit deinen Anwürfen hisichtlich dessen Träger von was der Protstantismus so alles gewesen sei, in Verbindung bringt, zu welchem Ergebnis müsste man dann unweigerlich kommen?

Ich formuliere das mal neutral, weil ich nicht als persönlichen Anwurf an deine Adresse verstanden haben möchte, sondern nur aufzeigen möchte, wohin das führt, wenn man deine andauernden unbegründeten Ausfälle in Richtung Kirche mal erst nehmen und in Bezieehung zueinander setzen würde:


Wenn A postuliert, die Katholische Kirche habe die Jsuiten nur geduldet, weil sie fortschrittliche Köpfe brauchte um Reformation und Protestantismus etwas entgegensetzen zu können, müsste A voraussetzen, dass es ein gesellschaftliches Fortschrittsbedürfnis gab, dass der Protestantismus besser erfüllte, als der an sich rückwärtsgewandte Katholizismus.
Mithin müsste A also anehmen, dass der Protstantismus eine fortschrittliche Strömung gewesen sein.

Wenn nun A weiterhin postuliert, dass der Protestantismus eine Strömung gewesen sei, in der von Anfang an, Antisemitismus und eine Tendenz zum Nationalsozialismus in den Grundfesten ideologisch angelegt seinen um Martin Luther als Begründer diser Strömung zum Wegbereiter des Nationalsozialismus und des Holocaust erklären zu können, dann würde aus der Kombination dieser Postulate ja folgen, dass A Antisemitismus und Nationalsozialismus für gesellschaftlichen Fortschritt halten müsste.

Wie gesagt, ich möchte dir das explizit nicht vorhalten, weil ich einfach davon ausgehe, dass du nicht weiter als über das einzelne Postulat hinaus gedacht und nicht versucht hast deine eigenen Postulate zu verschiedenen Themn des gleichen Kontextes in ein kohärentes System zu übeerführen.

Vielleicht wäre es in deinem eigenen Interesse allerdings angezeigt mal darüber nachzudenken, ob es nicht sinnvoll wäre, das künftig zu tun.

Jedenfalls wäre es im Sinne des Diskussionsklimas und nebenher auch in Sinne deiner eigenen Agenda, der du mit deinem Diskussionsverhalten regelmäßig Bärendienste erweist angezeigt, du würdest endlich aufhören, dauernd mit haltlosen Unterstellungen um dich zu werfen und deinen Mitdiskutanten damit auf die Füße zu treten ihnen dauernd das Wort im Mund umzudrehen, ihre Beiträge durch Ignoranz von deren Inhalten einfach mit Missachtung zu behadeln und ihnen haltlose persönliche weltanschauliche Anwürfe zu machen.

Mir selbst geht es auf den Sender, andauernd die Kirchen und Religionsgemeinschaften von denen im Allgemeinen privat eine ganz andere Meinung habe gegen deine überzogenen Angriffe verteidigen zu müssen, anderen dürfte es ähnlich gehen.
Warum zwingst du deine Mitdiskutanten regelmäßig völlig entgegen deiner eigenen Interessen so zu handeln, in dem du dich, regelmäßig genau der Methoden bedienst, die jeder vernünftige Mensch als veritable Kritikpunkte am historischen Verhalten von Religionsgemeinschaften und Institutionen betrachten kann und wird?

Du tischst hier regelmäßig, wenn es um Kirchen und Religion geht in deinen Beiträgen, Inhalte auf, die von bewussten Verzerrungen über haltlose Unterstellungen, bis zum Teil zum Wiederkäuen historischer Gräuelpropaganda geht.
So berechtigt dein Anliegen Religionen und Kirchn zu kritisieren insgsamt sein mag, das geht zu weit und der Zweck heiligt nicht grundsätzlich die Mittel.
 
Deine Plattitüde (von mir unterstrichen) ist ja noch „schlimmer“ als meine, denn sie unterstellt, dass die Wähler im vollen Bewusstsein dessen wählten, was sie erwartete, wenn sie diese oder jene Partei wählten
?????
@Dion du bist doch ein Meister des Wortes, des Umgangs mit Worten: kannst du mir kleinem Licht erläutern, wo diese (blödsinnige!) Unterstellung in meiner Plattitüdenvariante stattfindet?

Ich hatte als exemplarische Plattitüde geschrieben:
"es waren wahlberechtigte mündige Staatsbürger des Deutschen Reichs (Weimarer Republik), welche die NSDAP an die Macht gebracht haben"
Kannst du mir in diesem Satz bitte die von dir entdeckte "schlimmere" Unterstellung unterstreichen oder markieren, damit ich lernen kann, mit meinen Formulierungen vorsichtiger oder präziser umzugehen?

Ich verrate dir was: das wird dir nicht gelingen. Dein weitschweifiges "Blabla-schlimmer-unterstellt" ist einfach nur peinlich unsinnig.

(nebenbei: der Satz "eine Mehrheit mündiger wahlberechtigter deutscher Staatsbürger machte Dr. Kohl zum Bundeskanzler" unterstellt oder impliziert nicht, dass diese Mehrheit bei ihrer Wahlentscheidung wusste, was für Kapriolen a la Bimbes, Blackout, Ehrenwort noch kommen würden)
 
Auf den Schirm bekam man es schon, vielleicht zu spät: Immerhin wurde Rosenbergs "Mythus des 20. Jahrhunderts" noch auf den Index gesetzt, das war 1934.

"Warum nur dieser Chefideologe Hitlers und nicht dessen in Millionenauflagen verbreitetes Hauptwerk Mein Kampf? Vielleicht, weil er ein amtierendes Staatsoberhaupt war. Auch Mussolini, Lenin und Stalin suche man vergeblich, bedauert Wolf..."Kritik in Kürze
Diese Begründung ("Vielleicht, weil er ein amtierendes Staatsoberhaupt war."), warum man Hitlers Mein Kampf nicht verbot, ist an den Haaren herbeigezogen, denn als das Werk (1925/26) erschien, war Hitler noch kein Staatsoberhaupt. Und wenn man sieht, dass Vatikan für das Verbot von Rosenbergs "Mythus des 20. Jahrhunderts" nur 4 Jahre brauchte, dann hätte man Hitlers Werk auch schon 1929/30 verbieten können - wenn man wollte.

Ich hatte als exemplarische Plattitüde geschrieben:
"es waren wahlberechtigte mündige Staatsbürger des Deutschen Reichs (Weimarer Republik), welche die NSDAP an die Macht gebracht haben"
Kannst du mir in diesem Satz bitte die von dir entdeckte "schlimmere" Unterstellung unterstreichen oder markieren, damit ich lernen kann, mit meinen Formulierungen vorsichtiger oder präziser umzugehen?
Das habe ich schon gesagt, aber wenn du darauf bestehst, sage ich es noch einmal: Die "wahlberechtigte(n) mündige(n) Staatsbürger des Deutschen Reichs" handelten im Bewusstsein dessen, was kommen würde, schließlich wurde das groß angekündigt – z.B. "es würden Köpfe rollen" –, und dann gab es auch noch "Mein Kampf" und genügend Warnungen von namhaften Personen vor Hitler. Aber das Volk hat das nicht lesen und hören wollen und hat bei den Wahlen im Juli 1932 NSDAP zur stärksten Partei gewählt.
 
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