Amerikanischer Bürgerkrieg

Maschinenstürmer kamen von außerhalb eines Unternehmens, nicht aus den Reihen der Arbeiter, und idR waren das Leute, die ihr bisschen Wohlstand, die ihnen die vorindutrielle Wirtschaft ermöglichte, durch die Mechanisierung gefährdet sahen. Ich seh jetzt keinen Grund, warum Sklaven sich derart betätigen sollten.

Sabotage von Seiten der Arbeiter eines Unternehmens mag es gegeben haben, aber wenn das Unternehmen still stand oder gar pleite ging, standen die ohne Lohn und Lebensgrundlage auf der Straße, da man sie, im Gegegnsatz zu Sklaven, einfach entlassen konnte, selbst wenn sie unschuldig an der Sabotage waren oder nicht erwaischt wurden. Wer erwischt wurde hatte eh ein Problem, ob Sklave oder nicht..

Es kam so etwas sehr selten vor, es gab ja auch ein hohes Maß an sozialer Kontrolle unter Sklaven. Ein Arbeiter, der in einem Betrieb sabotierte oder etwas sabotieren wollte, riskierte, dass er seinen Arbeitsplatz verlor und auch keinen neuen fand, und ein Sklave, der seinen Herrn umbrachte, der den Baumwollschuppen anzündete, verbesserte dadurch nicht seine Lage, beschwor ein Strafgericht herauf auch für seine Mitsklaven. Ein Arbeiter, der sabotierte, gefährdete seine eigene Existenzgrundlage. Ein Sklave, der so etwas tat, gefährdete in gewisser Weise auch seine Existenz. Er riskierte verkauft zu werden. Selbst wenn seine Lage erbärmlich und sein Master ein Scheusal war, er riskierte, von seiner Familie, von Freunden, Verwandten getrennt zu werden.

Sicher die Verhältnisse zwischen einem Industriebetrieb und auf einer Plantage waren grundverschieden, aber sowohl Proletarier wie Sklaven konnten dadurch nicht unbedingt damit rechnen, ihre Lage zu verbessern, schadeten womöglich sich selbst.

Es waren daher Fälle von Sabotage , von militantem Widerstand überaus selten. Es waren Sklavenaufstände selten. Es kam nicht oft vor, dass Baumwollernten abbrannten, dass ein Sklave seinen Herrn umbrachte. Ich hatte dabei aber auch eher an stillen Widerstand, an passiven Widerstand gedacht. Auch dem schlimmsten Tyrannen fällt es schwer, ein 24/7 Tyrann zu sein. Es standen Haussklaven in enger Beziehung zur Herrschaft. Daraus ergaben sich zuweilen durchaus Möglichkeiten für Subversion. Durch Indiskretion, durch scheinbare Dummheit, durch absichtliches Missverstehen konnten Sklaven durchaus großen Schaden anrichten und in seltenen Fällen u. U. ihre eigene Lage verbessern.

Es waren Fälle von militanten Widerstand und Sabotage überaus selten. Es war die soziale Kontrolle groß unter Sklaven und es bestand bei so etwas immer die Gefahr, die eigene Lage noch zu verschlechtern und ein Strafgericht über alle Sklaven heraufzubeschwören.
Daher kam so etwas selten vor.

Stiller passiver Widerstand das kam aber durchaus vor. Es gab Sklavenhalter, denen bewusst war, dass sie größere Arbeitsleistungen aus Sklaven herausholten, wenn sie ihnen gewisse Freiräume ließen, wenn Sklaven einen Auftrag erhielten und nebenbei eigene Geschäfte tätigen konnten. Ein Sklave, der Aussicht hatte, womöglich in 20 Jahren sich selbst und seine Familie freizukaufen, unterließ alles, was diese Abmachung gefährden konnte.
 
...bevor mir wieder nachgesagt wird, ich würde Strohmänner unterschieben und "Kernaussagen" falsch wiedergeben, gar lächerlich machen, frage ich vorsichtshalber: was ist die Kernaussage von Amerikanischer Bürgerkrieg #101 ? Ich frage, weil ich nicht verstehe, was dieser Beitrag im Zusammenhang mit dem Sezessionskrieg darlegen will.
 
Ist mir schon klar, dafür war ja auf dem relativ kleinen Gebiet überhaupt kein Platz. Deswegenn hatte ich ja auch schon angeführt, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, dass mittelfristig auch ohne den Bürgerkrieg in Maryland und Delaware die Sklaverei auf Ebene der Einzelstaaten wahrscheinlich auf Dauer aufgegeben worden wäre, weil die wirtschaftlichen Strukturen eher dem Norden ähnelten.




Eigentlich nicht.
Einfach weil in den größeren Küstenstädten laufend Einwanderer aus Europa anlandeten, die auch Arbeit suchten.

Baltimore hatte dem Census von 1820 nach damals 62.000 Einwohner, 40 Jahre später 1860 sind es 212.000 Einwohner. Das ist nicht einfach die natürliche Zuwachsrate, wegen etwas besserer Versorgungslage und geringerer Kindersterblichkeit, dass ist auf massiven Zuzug zurück zu führen. Und der dürfte zu einem Großteil aus Europa gekommen sein, war nicht besonders vermögend und benötigte Arbeitsplätze.
Das in einer Stadt mit 200.000 Einwohnern der Aufbau von Industrien wegen extremer Konkurrenz um Arbeitskräfte nicht möglich gewesen wäre, haut so nicht hin.
Die meisten Städte im Ruhrgebiet und in Oberschlesien hatten noch zur Wende zum 20. Jahrhundert deutlich weniger Einwohner.
Die Verhältnisse in Baltimore sind aber wieder ganz andere, als etwa in Tuckahoe Maryland oder in St. Michaels. Die wiederum dann aber für Maryland dann wieder untypisch waren und eher an Zustände wie in Mississippi oder Louisiana erinnern.
Hilf mir auf die Sprünge, Sabotageakte, Maschinenstürmerei etc. hat es das in den kapitalistisch organisierten Industrien des 19. Jahrhunderts nicht gegeben, bis um die Jahrhundertwende zum 20. jahrhundert herum sich die Verhältenisse so weit gebessert hatten, dass das Darsein der Abreiter einigermaßen erträglich wurde, weil Löhne stiegen, Wohnraum und Hygiene besser wurden, Unfallversicherungen aufkamen und den schlimmsten Ausbeutungspraktiken in Sachen Arbeitszeit und Arbeitsschutz wenigstens rudimentäre Riegel vorgeschoben wurden?

Ich gebe ja gerne zu, dass Sklavenaufstände, abgebrannte Baumwollschuppen sehr selten waren, nicht zuletzt deshalb weil es durchaus ein hohes Maß von Kontrolle gab und Sklaven durch mutwillige Sabotage, Ungeschicklichkeit eben ihre Lage verschlechterten oder Kollektivstrafen heraufbeschworen.

Aber muss passiver Widerstand, stille Renitenz gleich so groß sein? Haussklaven kannten doch ihre Herrschaft zuweilen sehr gut, sie hatten Verantwortung über große Sachwerte und sie bekamen Dinge mit, die sie nicht unbedingt mitbekommen sollten.
 

Ich gebe ja gerne zu, dass Sklavenaufstände, abgebrannte Baumwollschuppen sehr selten waren, nicht zuletzt deshalb weil es durchaus ein hohes Maß von Kontrolle gab und Sklaven durch mutwillige Sabotage, Ungeschicklichkeit eben ihre Lage verschlechterten oder Kollektivstrafen heraufbeschworen.

Aber muss passiver Widerstand, stille Renitenz Subversion gleich so groß sein? Haussklaven kannten doch ihre Herrschaft zuweilen sehr gut, sie hatten Verantwortung über große Sachwerte und sie bekamen Dinge mit, die sie nicht unbedingt mitbekommen sollten.
 
Die Sklaven waren unfrei, dass ist richtig, aber es gab einen Markt mit Angebot und Nachfrage für Arbeitskräfte: Den Sklavenmarkt. Auch befanden sich sklaverei-nutzende Unternehmen im Grunde in einer Konkurrenzsituation mit solchen, die das nicht taten. Natürlich seh ich einen Unterschied zwischen Kapitalismus mit und ohne Sklaverei, mein Ausgangspunkt war ja, dass Sklaverei bei sonst gleichen Bedingungen den Prozess der Industrialisierung hemmt, aber es gibt mE genug Gemeinsamkeiten, um grundsätzlich beides als Kapitalismus zu qualifizieren.

Aber das ist eine viel grundsätzlichere Frage als die nach den Ursachen des amerikanischen Bürgerkriegs. ME kann man auch manche antike Gesellschaften grundsätzlich kapitalistisch nennen, wenn Sklaven frei gehandelt werden konnten (wie in Rom oder Athen), und nicht an das Land gebunden waren (wie in Sparta), oder die Landbevölkerung zwar nicht "Sklaven" genannt werden, aber dennoch unfrei waren (wie wohl in großen Teilen des persischen Reiches). Aber da werden mir wohl viele widersprechen, sowohl bürgerliche als auch marxistische Historiker... ;)

Die Südstaaten waren natürlich in eine globale kapitalistische Wirtschaft eingebunden, sie waren den Gesetzen von Angebot und Nachfrage von Wettbewerb und Konkurrenz unterworfen. Eigentlich war die ganze Institution der modernen Sklaverei ein Produkt des Frühkapitalismus. In Europa gab es Leibeigenschaft, Formen von Unfreiheit, aber eine solche Form er Sklaverei existierte in Europa so kaum noch oder gar nicht mehr. Leibeigene waren rechtsfähig- ein Sklave ist das nicht. Es war einzig der Bedarf an billigen Arbeitskräften für die Zuckerrohr, Tabak und Reisfelder, der innerhalb eines relativ kleinen Zeitfensters zur Institution der Sklaverei in Amerika und der Karibik führte.


Andererseits gibt es doch Unterschiede. Ein Sklavenhalter muss die Sklaven ernähren und kleiden, auch wenn er ihre Arbeitskraft im Moment nicht benötigt. Er kann sie allerdings vermieten oder mieten- wie es ja viele Landwirte taten wie erwähnter William Freeland es tat.

Nachdem der Sklavenhandel und die Einfuhr illegal geworden war, gab es keinen Nachschub mehr. Es gab tatsächlich Unternehmen, die Sklaven regelrecht züchteten. Es wurden Sklavinnen als "breeder" beworben. Der schon oft erwähnte Mr. Covey hatte eine einzige Sklavin namens Caroline. Die sperrte er mit einem Sklaven mehrere Nächte einsperrte, bis Caroline schwanger geworden war. Es gab Farmen, oft in Virginia oder Kentucky in gesundem Klima gelegen, wo Sklavenhändler Sklaven unterbrachten, bis sie eine Gang zusammengestellt hatten. Eine Gruppe von 6-12 Männern und Frauen, die dann in New Orleans oder Natchez verkauft wurden. Es gab Sklavinnen, die damit betraut wurden, Babys oder Kleinkinder aufzuziehen. Sklaven wurden häufig nicht nur gekauft, um sie für den eigenen Betrieb zu nutzen, sondern um sie weiterzuverkaufen. Kinder oder Babys waren häufig für sehr geringe Summen zu haben, und stiegen mit zunehmenden Alter an Wert. Die Sklaverei war durchaus ein gesamtamerikanisches Phänomen. Es gab Yankees, die Plantagen besaßen, es war nicht ungewöhnlich, wenn eine Bank aus dem Norden als Sicherheiten Sklaven akzeptierten.

Als Kennzeichen für Kapitalismus gelten Privateigentum der Produktionsmittel, Marktwirtschaft und freie Lohnarbeit.
 
...bevor mir wieder nachgesagt wird, ich würde Strohmänner unterschieben und "Kernaussagen" falsch wiedergeben, gar lächerlich machen, frage ich vorsichtshalber: was ist die Kernaussage von Amerikanischer Bürgerkrieg #101 ? Ich frage, weil ich nicht verstehe, was dieser Beitrag im Zusammenhang mit dem Sezessionskrieg darlegen will.
Ich gebe zu, dass ich ein bisschen überreagiert habe, und ich gebe zu dass es ungerecht ist, wenn du Forenurgestein es abbekommst.

Es ist ja tatsächlich so eine gewisse Tendenz da, dass manche aus Texten wirklich nur das rausziehen was sie herausziehen wollen. das oft mit dummstellen, absichtlichem Missverstehen Threads gekapert werden.
 
Kommt drauf an, von welcher Zeit man spricht. "Die meisten" würde ich nicht sagen, grade bei neueren Filmen, aber eine statistische Auswertung hab ich auch nicht vorgenommen...

Überwiegend ja, nur nein. Gettysburg bspw liegt in Pennsylvania.
Die Aggressivität tut nun wirklich nicht not!

Die Entfremdung zwischen den Nord- und den Südstaaten hatte viele Gründe. Wenn man allerdings diesen Gründen nachgeht, stößt man immer wieder auf die Institution der Sklaverei.
Die Sklaverei als ein Thema, das angegangen werden musste, als eine sehr schwere Hypothek war latent schon vorhanden, als die USA noch gar nicht geboren waren. Den Gründungsvätern, auch Thomas Jefferson war durchaus bewusst, dass die Unabhängigkeitserklärung und die Sklaverei einen enormen Widerspruch darstellten.
Jefferson, klassisch gebildet, zitierte ein antikes Sprichwort, als er sagte mit der Sklaverei sei es wie mit einem Mann, der einen Wolf bei den Ohren hält und weder loslassen wagt, noch fester zuzupacken. Jefferson hatte die Hoffnung, dass die Sklaverei von selbst ausstirbt und sich die Sache in 1-2 Generationen von selbst löst.

Durch den Louisiana Purchase wuchsen die US enorm, und die Erfindung der Cotton Gin sorgte dafür, dass die Produktivität eines Sklaven um das 50-Fache (!) gesteigert werden konnte. Damit begann der Siegeszug von "King Cotton", und da war natürlich keine Rede mehr davon, dass sich das Problem von selbst lösen konnte.

-Der Norden wuchs weit stärker, als der Süden. Die Tausenden von Einwanderern, Iren, Deutsche, Italiener fanden im Norden weitaus mehr Zukunftschancen, als in den Südstaaten. Mit jedem Territorium, das als Bundesstaat der Union beitrat, drohte das Gleichgewicht sich zugunsten des Nordens zu verschieben.

-Im Norden hatte die Industrielle Revolution Fahrt aufgenommen. Der Norden wünschte sich Schutzzölle, um gegen Konkurrenz bestehen zu können.

-Der Süden war agrarisch geprägt, Hauptabnehmer für Baumwolle, Tabak, Reis waren europäische Staaten wie GB oder F, und im Süden stammte die herrschende Klasse aus der Pflanzer-Aristokratie, die natürlich keine Schutzzölle wollten.

Tatsächlich besaß die überwältigende Mehrheit der Südstaatler keine Sklaven. Die Sklaverei machte so ziemlich alle arm, die nicht gerade Pflanzer waren. Kleinere Farmer konnten kaum mit der Konkurrenz der Pflanzer nicht mithalten.

Dennoch hat die Mehrheit im Süden die Konföderation unterstützt, obwohl sie in keiner Weise vom System profitierten. Da ist zu fragen, warum das so war.

- Das Einkommensgefälle in den Südstaaten war enorm, eigentlich würde man erwarten, dass dieses Gefälle massive Proteste zur Folge hatte. Die Rassentrennung und "white supremacy" trugen aber zu einer gewissen Akzeptanz bei. Selbst noch der ungebildetste Analphabet-Redneck konnte sich jedem schwarzen Sklaven überlegen fühlen.

- Die Angst vor einem Sklavenaufstand war immer latent vorhanden. Die Revolte von Nat Turner beförderte eine enorme Paranoia, es kam zu Lynchjustiz und Übergriffen.


- Auf Haiti war es zu einer erfolgreichen Revolte gekommen, ein nicht unerheblicher Teil der Pflanzer in Georgia und Louisiana war von Haiti dorthin geflohen, und hatte ihre Paranpoia vor einem Sklavenaufstand mit ins Exil genommen.

- Die Sklaven wurden zwar zu 3/4 der Einwohnerzahl eines Staates angerechnet, aber Bürger waren sie nicht. Es gab durchaus eine Reihe von qualifizierten Sklaven, die ein Handwerk gelernt hatten. Ihre Freilassung bedeutete, dass sie dann mit der Masse der weißen Lohnarbeiter um Jobs konkurriert hätten. Aus genau diesem Grund wünschten arme Weiße deren Freilassung nicht.

-Das mühsam austarierte Gleichgewicht das mit dem Missouri-Kompromiss noch einmal stabilisiert wurde, drohte sich mit jedem Bundesstaat zugunsten des Nordens zu verschieben.

Im Norden war man bereit, die Sklaverei dort zu dulden, wo sie bereits existierte, keinesfalls aber in den neuen Territorien.

- Nicht zuletzt würde ich auch dem Faktor soziale Kontrolle und Wir-Gefühl nicht unterschätzen. Die meisten Südstaatler wohnten in Dörfern und Kleinstädten, wo jeder alles über den anderen wusste, auch wusste wie der Einzelne über politische Fragen dachte. Von Nachbarn, Mitbewohnern geschnitten oder gar geächtet und ausgestoßen zu werden, konnte erhebliche soziale Folgen haben.

-Das, was Scarlett O´ Hara wirklich über die Konföderation, die alten Eliten, die Normen und Werte denkt, kann sie sich nicht leisten auszusprechen. Als sie endlich so reich geworden ist, dass sie darauf keine Rücksichten mehr zu nehmen braucht, ist sie sozial isoliert.


Im Prinzip wurde die Konföderation von Menschen verteidigt, die nicht nur keine Vorteile, sondern eigentlich nur Nachteile von der Sklaverei hatten.

Das ist doch recht bemerkenswert.
Dankeschön für die tolle Zusammenfassung. So hatte ich das nie gesehen. Ich habe mich mehr auf die triviale Geschichte konzentriert.
Ich versuche gerade für mein Projekt in der Schule die Filme und ihre politischen Aussagen (also ob mehr Süd oder Nord) in einer Art zeitlichen Abfolge zu sortieren.
 
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